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Aus meinen Notizb�chern: Heft II

Heft II

Vorbemerkung:
Die folgenden Texte, meine Notizb�cher, habe ich nicht für die Ver�ffentlichung sondern für mich selber geschrieben, um meine eigenen Gedanken festzuhalten und zu klären. Sie haben deshalb einen vorl�ufigen Charakter, insbesondere was die benutzte Terminologie betrifft. Trotz z. T. grundlegender überarbeitung sind diese Notizen auch in der Formulierung holpriger als andere Texte der Ethik-Werkstatt. Es sind m. E. darin jedoch Gedanken enthalten, die für die Entwicklung einer normativen Theorie der kollektiven Entscheidung und für die Ethik allgemein von Interesse sein können. Wo ich heute anderer Ansicht bin als damals, habe ich dies manchmal in eckigen Klammern hinzugef�gt und begr�ndet.  



*II-1*
Das Gemeinsame aller normativen S�tze ist die darin enthaltene Verhaltensvorschrift, das "Sollen". Enth�lt der Satz ein "Sollen", so ist er normativ. Aufgabe ist es also, alle sinnvollen normativen S�tze so zu formulieren, dass dies "Sollen" explizit gemacht wird.

*II-2*
Verhaltensvorschriften beziehen sich auf Individuen bzw. Personen, die sich in einer bestimmten Weise verhalten sollen, die Normadressaten (alle sollen , er soll, wir sollen, ich soll, Du sollst, niemand soll usw.).

*II-3*
Verhaltensvorschriften können die verschiedensten Verhaltensweisen vorschreiben ("Du sollst arbeiten!", "Er soll gehorchen", "Du sollst nicht zu sp�t kommen" usw.)

*II-4*
Wenn man die von der Norm angesprochenen Individuen (die Adressaten) mit dem Symbol Mi bezeichnet und die vorgeschriebenen Verhaltensweisen mit dem Symbol Vj, so hat der einfache normative Satz die allgemeine Form: "Mi soll Vj tun".
Alle normativen S�tze m�ssen tautologische Umformulierungen, Erweiterungen oder Differenzierungen des Satzes "M soll V tun" sein. Für diese normativen S�tze wird nach einem gemeinsamen Kriterium ihrer G�ltigkeit gesucht.

*II-5*
Unabh�ngig von der Frage nach ihrer G�ltigkeit gibt es bestimmte elementare Anforderungen an normative S�tze. Wenn normative S�tze einen eindeutigen Sinn haben sollen, so erfordert dies die Angabe der Bedingungen, unter denen die Verhaltensvorschrift Anwendung findet. Mi soll Vj tun, zum Beispiel: "immer", "jetzt", "niemals", "wenn das Signal z gegeben wird", "so oft wie m�glich", "jeden Morgen", "in der Situation s" usw. Für diese verschiedenen Bedingungen soll das Symbol Bk stehen. Die allgemeine Form des normativen Satzes lautet somit: "Unter den Bedingungen Bk sollen die Mi Vj tun".

*II-6*
Die Bedingungen Bk sind manchmal nur implizit im normativen Satz enthalten. In dem normativen Satz "Du sollst Deine Eltern ehren!" ist keine Bedingung explizit angegeben. Offenbar ist die zutreffende Bedingung "immer". Aber das k�nnte hei�en, dass man nur dies tun solle und nichts anderes. Dies kann wohl nicht gemeint sein. Richtiger ist wohl: "Immer, wenn du vor die Alternative gestellt bist, deine Eltern zu ehren oder sie zu missachten, sollst du sie ehren."

*II-7*
Positive Gebote unterscheiden oft nicht explizit zwischen "M soll V tun" und "M soll nur V tun". Solche positiven Gebote beziehen sich jedoch auf bestimmte Handlungsalternativen. Dies wird in der Umformulierung als Verbot deutlicher: "Du sollst Deine Eltern niemals missachten". über alle anderen Verhaltensweisen sagt die negative Formulierung nichts aus. Ein anderes Beispiel hierfür ist die Norm: "Du sollst nicht (niemals) t�ten!" Sie bezieht sich nur auf Entscheidungen zwischen Leben und Tod.

*II-8*
Neben solchen allgemeinen normativen Sätzen gibt es auch singul�re normative S�tze wie "T�te ihn nicht!" Sie beziehen sich nur auf die bestimmte Situation und beinhalten nur eine Vorschrift für eine bestimmte singul�re Entscheidung wie z. B.: "Du sollst hier und jetzt V tun!"

*II-9*
Die Erlaubnis: "Du darfst V tun" lässt sich umformulieren als: "Die S�tze 'Du sollst V tun' und 'Du sollst V nicht tun' gelten nicht". Umgangssprachlich: "In Bezug auf V kannst Du tun und lassen, was Du willst." (Allerdings nur, wenn gilt: "Was nicht verboten ist, das ist erlaubt.")

*II-10*
Ähnlich ist es beim subjektiven Recht: "Du hast das Recht auf eine unparteiische Behandlung". Dies Recht bezieht sich nicht auf das Verhalten des Angesprochenen, sondern stellt eine Verhaltensvorschrift für Dritte dar, von deren Verhalten der Angesprochene betroffen ist. Umformuliert hei�t das: "Die verantwortlichen Individuen sollen dich unparteiisch behandeln". Da aber nicht diese Individuen angesprochen werden, also deren Verhalten dadurch auch nicht direkt beeinflusst wird, so liegt der Sinn des Satzes wohl in einer Berechtigung für den Angesprochenen: "Du hast das Recht, von den Anderen zu fordern, dass sie dich unparteiisch behandeln".

*II-11*
Es gibt normative S�tze, die dem angesprochenen Individuum A das Recht zur Setzung von Normen für andere zusprechen: "Du hast das Recht, dem Individuum B Befehle zu erteilen". Hierin ist einmal eine Berechtigung für den Angesprochenen enthalten: "Du hast das Recht, dem Individuum B zu befehlen" und au�erdem eine Verhaltensvorschrift für das Individuum B: "Du sollst den Befehlen von A gehorchen!".

*II-12*
Die Norms�tze "A hat das Recht, B zu befehlen" und "B hat die Pflicht, A zu gehorchen" erg�nzen einander. Sie geh�ren zusammen und sind als einzelne Norms�tze ohne den anderen Normsatz unvollst�ndig. Derartige Erm�chtigungen enthalten keine Festlegung bez�glich des Inhalts. Es sind verfahrensbezogene normative S�tze im Gegensatz zu den sachbezogenen normativen Sätzen, die sich auf ein bestimmtes inhaltlich beschriebenes Verhalten beziehen.

*II-13*
Erm�chtigungen regeln die Beziehungen zwischen verschiedenen Akteuren, insofern sie Normsetzer oder Normadressaten sind. Sie legen fest, ob und wie das Individuum A gegenüber dem Individuum X als Normgeber auftreten darf. Solche S�tze beziehen sich immer auf bestehende soziale Institutionen mit unterschiedlichen Rollen (�mtern, Funktionen).

*II-14*
Umgangssprachlich gibt es vielf�ltige M�glichkeiten, normative S�tze zu formulieren. Deshalb kann es leicht zu Fehlschl�ssen kommen. Au�erdem sind manche W�rter mehrdeutig. So können die W�rter "m�ssen", "Notwendigkeit" und "Zwang" sowohl eine faktische Regelm��igkeit als auch eine normative Vorschrift ausdr�cken. Das Wort "können" kann sowohl eine faktische wie eine normative M�glichkeit ausdr�cken (wie der vorstehende Satz selber es tut).

*II-15*
Normen sollen das Verhalten in bestimmter Weise beeinflussen. Zur Erzeugung der Motivation zur Einhaltung der Norm werden Sanktionen eingesetzt (Belohnungen für normgerechtes Verhalten, Strafen für normwidriges Verhalten). Aus diesem Grunde werden Normen oft mit Angaben über die zu erwartende Sanktion bei Verletzung der Norn verbunden. Dies kann die �bliche Soll-Form ersetzen. Statt zu sagen: "Du sollst nicht t�ten!" kann es hei�en: "Wer einen Menschen t�tet, der wird mit mindestens 10 Jahren Freiheitsentzug bestraft". Die Sanktion verkn�pft das jeweilige Handeln des Normadressaten mit einem bestimmten institutionellen Handeln des Normgebers, und zwar in der Weise, dass manches Verhalten gefürdert, anderes verhindert wird.

Die Verkn�pfung bestimmter Handlungen mit Sanktionen erfolgt normalerweise in der Form des Konditionalsatzes: "Wenn du V tust, dann wirst Du dafür mit S bestraft."

*II-16*
Es gibt auch ein normatives Futur: "Du wirst V tun!". Es handelt sich hier nicht um eine faktische Prognose, sondern um ein Gebot: "Tue V!", das sich in die grammatische Form des Indikativs im Futur (der Aussage über Zuk�nftiges) kleidet. Dies dr�ckt Macht über die Zukunft des Normadressaten aus ("Zwang" in kausalem und im normativen Sinn). Der normative Charakter dieses Satzes wird deutlich, wenn er mit einer Strafandrohung verbunden wird: "Du wirst V tun, oder du erh�ltst die Strafe S." Normgerechtes Verhalten und Bestrafung werden als Alternativen formuliert.
Es gibt auch ein normatives Pr�sens. Man sagt: "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik" anstatt zu sagen: "Der Bundeskanzler hat das Recht, die Richtlinien der Politik zu bestimmen." Ein anderes Beispiel: "Eine Dame l�uft nicht" anstatt "Eine Dame sollte niemals laufen." Das normative Pr�senz kleidet pr�skriptive Inhalte in deskriptive Grammatik. (Es handelt sich um Rollenbeschreibungen, die für die Rolleninhaber Normen bedeuten.)

*II-17*
Die Sanktionsank�ndigung gleicht sprachlich der Hypothese für empirische Regelm��igkeiten "Wenn a, dann b": "Wenn du V tust, wirst Du bestraft". Dass eine Sanktionsank�ndigung keine empirische Regelm��igkeit beschreibt, wird daran deutlich, dass sie nicht dadurch falsifiziert wird, dass ein T�ter für seine Tat nicht bestraft wird (etwa weil der T�ter unbekannt bleibt). Die Sanktionsank�ndigung dr�ckt ein Sollen aus: "Wer V tut, der soll mit B bestraft werden." Darin ist implizit bereits die M�glichkeit enthalten, dass die Bestrafung u. U. nicht durchgef�hrt wird. Dies ist nicht explizit gemacht in der Formulierung "Wer V tut, wird mit B bestraft". 

*II-18*
Weder aus einem Soll-Satz noch aus einer Willens�u�erung lässt sich unmittelbar folgern, dass das, was B soll oder was A will, tats�chlich eintreten wird. Ein solcher Satz wird nicht falsch, wenn die Sanktion nicht eintritt.
Soll-Satz und Willens�u�erung dr�cken eine Forderung in Bezug auf das Verhalten von Individuen aus. (Frage: "Wer fordert (will), dass V getan wird?") Von dorther lässt sich sagen: Alle Soll-S�tze lassen sich auf Willens�u�erungen zur�ckf�hren. Sie stellen eine Umformulierung dar, die die Bedeutung des Satzes nicht ver�ndert. Oder richtiger: Sie enthalten beide eine Verhaltensforderung. Insofern diese Forderung identisch ist, sind Willens�u�erungen und Sollaussagen gleichzusetzen in Bezug auf die Verhaltensforderung. Sie lassen sich ohne Bedeutungsver�nderung umformulieren bzw. tautologisch transformieren.
Aber besteht nicht zwischen meinem Wollen in Bezug auf die Handlungen eines andern und meinem Gebot, wie der andere handeln soll, ein Unterschied? A sagt zu X: "Ich will nicht, dass Du mich besuchst" und "Ich verbiete Dir, mich zu besuchen". Der zweite Satz macht erst Sinn, wenn A das Recht hat, X ein solches Gebot zu setzen. Insofern geht der zweite Satz über den ersten Satz hinaus. Er enth�lt zus�tzlich den Sprechakt der Normsetzung.

*II-19*
Das Pr�dikat "gut" kann auch auf Ph�nomene angewandt werden, die kein Verhalten darstellen. Ich kann sagen: "Dies Buch ist gut". Ich kann aber auch sagen: "Mut ist gut" (bezogen auf eine Charaktereigenschaft) oder auch: "Das Wetter ist gut" (bezogen auf ein Naturereignis). Am letzten Beispiel wird deutlich, dass Wertaussagen sich auch auf Ph�nomene beziehen, die nicht durch eine Regelung menschlichen Verhaltens beeinflusst werden können.

Man kann zum Beispiel sagen: "Erdbeben sind schlecht". Erdbeben lassen sich zwar nicht verbieten, aber sie lassen sich negativ bewerten. Wenn ein Verbot von Erdbeben sinnlos ist, welchen Sinn hat dann die negative Bewertung? Der obige Satz lässt sich umformulieren in den Satz "Erdbeben sollen nicht sein". (Immer 'ceteris paribus'.) Lassen sich aus diesem Satz sinnvolle Verhaltensnormen ableiten? Offenbar nicht, denn welches Verhalten auch immer gezeigt wird: Da sich Erdbeben durch menschliches Handeln nicht vermeiden lassen, erscheint jedes Verhalten als gleich gut oder schlecht.

Das Problem lässt sich l�sen, wenn man ber�cksichtigt, dass es nicht das Erdbeben an sich ist, das negativ bewertet wird, sondern die h�ufig damit verbundenen Folgen wie erschlagene Menschen, einst�rzende H�user, brechende D�mme, Flutkatastrophen oder ertrinkendes Vieh. Ein Erdbeben, das in der unbewohnten und ungenutzten Antarktis stattfindet und keine der genannten schlimmen Folgen hat, ist zum Beispiel nicht schlecht sondern bewertungsneutral. (Deshalb die Unterscheidung zwischen intrinsischem und extrinsischem Wert.)

*II-20*
Ein Einwand gegen jede normative Methodologie, bei der die Folgen einer Handlung eine Rolle spielen, lautet: "Ein solches Verfahren ist unm�glich, weil es unm�glich ist, die Folgen einer Handlung bis in alle Zukunft zu verfolgen." Das Gegenargument lautet, dass das gar nicht notwendig ist. Normen können im Bereich der m�glichen und vorhandenen Erkenntnis diskutiert werden, ohne die Voraussetzung einer "vollkommenen" Erkenntnis der Welt.

*II-21*
Bei demokratischen Verfahren der Normsetzung tritt für die Minderheit der Fall ein, dass sie einerseits die durch Mehrheitsbeschluss zu Stande gekommene Norm als verbindlich anerkennen soll, dass sie jedoch ihre abweichende Normvorstellung weiterhin für richtig halten kann. Hier tritt also G�ltigkeit in zwei verschiedenen Formen gleichzeitig auf. Diese Unterscheidung muss unbedingt ber�cksichtigt werden. [Ich habe sp�ter zwischen "verbindlich gesetzten Normen" und "argumentativ als g�ltig erkannten Normen" unterschieden.]

*II-22*
Wichtig ist die Analyse der verschiedenen Ebenen, auf denen normative S�tze diskutiert werden können. So kann man fragen ...
1. ob sich jemand so verhalten soll,
2. ob ein anderer dies Verhalten von ihm fordern soll,
3. ob ein Dritter diese Forderung kritisieren soll etc.

*II-23*
Die Normen für das Handeln von Instanzen, die mehrere Individuen vertreten (Regierungen, Vorst�nde etc.), sind ein besonderer Fall. Wenn die Meinungen auseinandergehen, wird zwischen den Individuen um die Entscheidung der Vertretungsinstanz gestritten. Das Handeln solcher Vertretungsinstanzen kann auch als Institutionalisierung des gemeinsamen Handelns verstanden werde.

*II-24*
"Sollen" wird sprachlich auch für die Bezeichnung von Funktionen gebraucht, wie z. B.: "Omnibusse sollen Menschen befürdern" im Sinne von "dienen dazu", "sind vorgesehen für", "haben die Aufgabe" etc. Solche S�tze beziehen sich zwar auch auf ein Wollen (eine Absicht), sind aber nicht allgemein normativ.

*II-25*
Es ist zu unterscheiden zwischen SollSätzen, die ein Verhalten vorschreiben ("Du sollst V tun") und solchen, die einen Zustand vorschreiben ("Es soll die Sonne scheinen").
Bei den Sätzen, die einen Zustand vorschreiben, muss unterschieden werden zwischen verschiedenen M�glichkeiten, diesen Zustand zu bestimmen. Er kann einmal empirisch-objektiv formuliert sein ("Die Sonne soll scheint"). Zum anderen kann er definiert sein unter Bezugnahme auf subjektive Zust�nde: ("Du sollst gl�cklich sein").

*II-26*
Wenn Willens�u�erungen das gewollte Ziel empirisch definieren, lassen sich mithilfe empirischer Wissenschaft M�glichkeiten (oder deren Fehlen) zur Realisierung dieses Zieles angeben. Wenn das gewollte Ziel nur über subjektives Empfinden ("gl�cklich sein") definiert ist, so ist dies nicht m�glich, weil das Ziel damit noch nicht empirisch eindeutig gegeben ist. Es m�ssen immer noch zus�tzliche empirische Bestimmungen hinzukommen, die festlegen, was den genannten Empfindungen entspricht. Aus dem Satz: "Ich will gl�cklich sein" kann man noch kein Handeln ableiten. Dazu m�ssten S�tze kommen wie: "Eine sexuelle Beziehung macht mich gl�cklich" oder "Eine Krankheit macht mich ungl�cklich". Erst dann kann das Handeln entsprechend bestimmt werden. Definitionen des Ziels durch subjektive Empfindungen bestimmen also als zu realisierende Ziele des Handelns eine unbestimmte Zahl von empirischen Zust�nden, die diese Empfindungen ausl�sen können.

*II-27*
Wenn das Kriterium "Gl�ck" gegeben wird, so handelt es sich hier eigentlich nicht um empirisch definierbare Empfindungen, die Gl�ck ausmachen, sondern um eine Wertaussage: "Alle positiven (guten) Empfindungen fürdern das Gl�ck". Was jedoch positiv ist, ist wiederum keine empirische Frage. Ich kann niemandem beweisen, dass ein bestimmtes Ph�nomen positive Empfindungen in mir ausl�st (Es liegt hier eine Analogie zur Basissatz-Problematik in den empirischen Wissenschaften vor.)

*II-28*
"Was ist gut für mich?" ist als solches keine Frage, die einen Streit wert ist. Der eine Mensch h�lt dies für gut und der andere jenes. Darin liegt ja ebensowenig ein Grund, sich zu streiten, wie in der Tatsache, dass der eine braune und der andere blonde Haare hat.
Das Problem f�ngt da an, wo behauptet wird, etwas sei gut für andere oder gut für alle, und wo daraus Verhaltensvorschriften für andere abgeleitet werden. Das hei�t: Erst bei den praktischen Ma�nahmen zur Verwirklichung des als für alle als gut Angenommenen kommt es zu Widerspr�chen und Streit zwischen Subjekten mit verschiedenen Vorstellungen vom Guten.

*II-29*
Was hei�t "subjektiv anerkennbar"? lässt sich das überhaupt ohne Bezug zum Willen anderer Subjekte definieren? Ist "subjektiv anerkennbar" nur derjenige Zustand, in dem das Individuum über maximale Befriedigungsm�glichkeiten verf�gt, das individuelle Optimum?

*II-30*
Solange das Ziel des Willens nicht in dem angestrebten faktischen Zustand definiert ist, lassen sich keine Verhaltensvorschriften daraus ableiten. Die Art der Formulierung des subjektiven Willens stellt einen wichtigen Gegenstand der Analyse dar, weil darauf alles weitere aufbaut. Die verschiedenen Formen, seinen Willen auszudr�cken, m�ssen daraufhin analysiert werden, was sie aussagen: Beschreiben sie einen faktischen Zustand? Zeitlich begrenzt? Unbegrenzt? Einmalig? Dauernd? Beschreiben sie wertend oder rein empirisch? Beschreiben sie einen subjektiven Zustand?
Der eine sagt: "Ich m�chte ein wohlschmeckendes Mittagessen". Der andere sagt: "Ich m�chte ein Wiener Schnitzel mit Champignons und Pommes Frites." Das eine Mal wird subjektiv wertend bestimmt (Wohlgeschmack), das andere Mal empirisch.

*II-31*
Der Zusammenhang zwischen empirisch bestimmten Zielvorstellungen und wertend bestimmten Zielvorstellungen analysieren. Da es keine festen und angeborenen Beziehungen zwischen empirischen Zust�nden und den Reaktionen des Individuums gibt, muss erst durch Erfahrung dieser Zusammenhang festgestellt werden. Der Wille, der sich auf bestimmte Zust�nde richtet, ist insofern von Erfahrung abh�ngig und hypothetisch: "Ich nehme aufgrund bisheriger Erfahrungen an, dass mich der Zielzustand x befriedigt".

Ich kann dessen aber nicht vollst�ndig sicher sein. Es handelt sich bei dieser Annahme ja um eine Generalisierung bisheriger Erfahrung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ich den gleichen Zustand jetzt anders wahrnehme. Die m�glichen Gr�nde dafür m�ssen weiter analysiert werden, als da sind: unendliche Mannigfaltigkeit des Realen, ver�nderte Begrifflichkeit und Wahrnehmungsstruktur, subjektive Ver�nderung der Triebstruktur durch Lernen in der Zwischenzeit, unvollst�ndige Repr�sentation des Zielzustandes in der Vorstellung, Vernachl�ssigung wertrelevanter Differenzen durch das Abstraktionsniveau der allgemeinen Begriffe, in denen das Ziel beschrieben und mit erlebten Situationen verglichen wird.

Ein weiteres Problem: Ich kann einen Zustand wollen, den ich nicht selber als positiv erlebt habe, nur auf Empfehlung anderer. Hier können subjektive Verschiedenheiten, Fehlinformationen und MissVerständnisse auftreten. Wie kann ich wissen, dass ich einen Zustand positiv empfinde werde? Durch eigene oder fremde Erfahrung (die Differenz von ex-ante-Wunsch und ex-post-Befriedigung ber�cksichtigen!)

*II-32*
Die Zielzust�nde werden bisher von mir diskutiert, als wenn sie selber alles Gute enthalten, und nicht auch die empirischen Folgezust�nde (intrinsischer oder extrinscher Wert).

*II-33*
 Alle allgemeinen Normen von der Form: "Du sollst x tun!" enthalten eigentlich den unausgesprochenen Zusatz "..., sofern dem nicht ein wichtigeres Gebot entgegensteht."

*II-34*
Es stellt sich die Frage, von welcher Struktur eine normative Theorie sein muss, um überhaupt Entscheidungen bestimmen zu können. Muss man Werte, Tugenden formulieren, die zu verwirklichen sind? Kommt man von dort aus überhaupt zu widerspruchsfreien Kriterien? Oder bleibt es beim H� und Hott der g�ngigen Volksweisheiten, bei denen man auch immer ein Gegenbeispiel findet? Ergebnis muss eine Methode der Normfindung- bzw. -überpr�fung sein, bei deren Durchf�hrung verschiedene Individuen zum gleichen Ergebnis kommen, ähnlich wie bei der empirischen Methodologie.

*II-35*
Normen dr�cken keine Empfindungen aus. Zum Beispiel kann ich eine Norm für rechtens und verbindlich für mich halten, obwohl sie meinen Empfindungen nicht entspricht, etwa wenn ich Demokrat bin und die Norm aufgrund einer Mehrheitsentscheidung gegen mein Votum zu Stande gekommen ist.

*II-36*
Gibt es die M�glichkeit, dass eine Norm zu Recht gilt und doch nicht inhaltlich g�ltig ist? In der Demokratie ist es so, dass ich die Mehrheitsentscheidung als verbindlich anerkenne und sie doch gleichzeitig inhaltlich für falsch halten kann.

Dies Problem h�ngt mit der Frage zusammen, ob der W�hler bei der Wahl sein subjektives eigenes Interesse formuliert oder aber seine Meinung vom Gesamtinteresse. Wie sind diese beiden Ebenen methodisch auseinander zuhalten: das klare Bewusstsein der eigenen Interessen und die Absicht, eine intersubjektiv akzeptable L�sung zu erreichen?

*II-37*
Wenn man eine mehrheitlich beschlossene Norm für nicht verbindlich h�lt, so muss man als Demokrat einen Fehler im Verfahren aufzeigen können. Die Tatsache, dass die Mehrheit einen anderen Willen hat als ich, ist kein hinreichender Grund zur Nicht-Befolgung der Norm.

*II-38*
Wie beschreibt man fremde Willensinhalte?  "Man will von mir, verlangt von mir, fordert von mir, befiehlt mir, r�t mir, empfiehlt mir, bittet mich, beschw�rt mich, gebietet mir, weist mich an ... x zu tun". Diese Formulierungen enthalten auf unterschiedliche Weise, dass ich etwas tun soll. Die Unterschiede lassen sich im einzelnen analysieren. Ein wichtiger Punkt ist, inwieweit die Anwendung von Sanktionen impliziert ist (bei "raten" kaum, bei "befehlen" st�rker), wie stark der Wille des Adressaten und wie stark der fremde Wille betont ist, wie dringlich der fremde Wille ist.

Was ist mit Formulierungen wie: "Es treibt mich, es reizt mich, mir ist danach, etwas in mir zwingt mich, es dr�ngt mich, es ist mehr ein Bed�rfnis, ich habe Lust, es macht mir Spa�, ich liebe es, ich kann nicht anders als, man zwingt mich, ich stimme zu, ich w�hle, ich finde es gut" etc.? Sind es Willens�u�erungen oder empirische Aussage über das von mir Gewollte, eine Beschreibung meines Willens?

*II-39*
Ein "Sollen" tritt auch bei der Wiedergabe von Imperativen in der indirekten Rede auf:
Ingrid: "Geh nachhause, Karl!" (Befehl).
"Ingrid sagt, Karl solle nachhause gehen" (Wiedergabe des Befehls in indirekter Rede).

Ein "Sollen" tritt auch bei selbstst�ndigen Imperativen auf:
"Du sollst nachhause gehen!".

*II-40*
Jede Wahl bzw. Entscheidung findet statt vor dem Hintergrund der jeweiligen Gesamtbedingungen, und je nach den gegebenen Gesamtbedingungen ver�ndert sich der Nutzenbetrag einer bestimmten Alternative. Wenn ich z. B. bereits einen Mercedes fahre, so bedeutet mir ein angebotener VW weniger, als wenn ich aktuell nur ein Fahrrad habe. Auf ein einzelnes Subjekt bezogen scheinen die Nutzenbetr�ge naturaler G�ter sehr stark zu schwanken. Der Grenznutzen zus�tzlicher Einheiten ver�ndert sich rapide.
Unter diesen Bedingungen erscheint es m��ig, nach einer empirisch definierten naturalen Einheit als Nutzenma�stab zu suchen. Es gibt kaum ein Gut, das nicht durch Ver�nderung der Bedingungen das wertvollste aller G�ter für mich werden kann. Nur bei Ver�nderungen an der Grenze - und bei gleichbleibender Versorgung mit substitutiven und komplement�ren G�tern - stellen natural gleiche Einheiten auch nutzenm��ig gleiche Einheiten dar.

*II-41*
Es geht bei Entscheidungsproblemen meist nicht um die Gr��e des "absoluten" Gesamtnutzens. Es ist zum Beispiel v�llig irrelevant, dass das lebensnotwendige Sauerstoffminimum von x Litern pro Minute bereits einen unendlich gro�en Nutzenbetrag enth�lt. Diejenigen faktischen Bedingungen, die bei allen zur Entscheidung stehenden Alternativen identisch sind, können bei der Nutzenkalkulation als Ausgangsbasis (Nullpunkt) genommen werden, ohne dass man deren absoluten Nutzenbetrag bestimmen muss. Sie bilden nur den empirischen Hintergrund für die Bewertung der Alternativen, die unterschiedliche Bedingungen schaffen. Insofern stellt sich auch für ein einzelnes Individuum das Problem der Nutzenmessung als eine Messung "an der Grenze" dar, was eine gewisse Parallelit�t zwischen den Gr��en der naturalen Einheiten und der entsprechender Nutzeneinheiten bedeuten w�rde.

*II-42*
Wie lie�e sich der Nutzen verschiedener G�termengen für ein Individuum bestimmen? Wie lie�e sich die Nutzendifferenz von zwei G�termengen bestimmen?

G�termenge I: 6 �pfel, 10 Schnitten Brot, 1 l Milch

G�termenge II: 4 �pfel, 12 Schnitten Brot, 2 l Milch

Hierbei geht es also um zus�tzliche G�ter bei gleichen Ausgangsbedingungen.

Man k�nnte als erstes zur Vereinfachung die bei beiden Alternativen gleichen G�ter (beide G�termengen enthalten 4 �pfel, 10  Schnitten Brot und 1 Liter Milch) zu den Ausgangsbedingungen rechnen, so dass sich die folgenden alternativen Mengen ergeben:

Menge I: 2 �pfel

Menge II: 2 Schnitten Brot, 1 l Milch

Das individuelle Entscheidungsproblem wäre jetzt l�sbar durch die Frage nach der Pr�ferenz zwischen beiden Mengen. Da wir jedoch an Nutzenmessung interessiert sind, ben�tigen wir eine Nutzeneinheit. Man k�nnte eine der naturalen G�tereinheiten (z. B.: 1 Schnitte Brot) als Nutzeneinheit w�hlen und fragen: "Wie viele Schnitten Brot ist dir unter den gegebenen Ausgangsbedingungen 1 Apfel wert?" Fiktive Antwort: "3 Schnitten Brot".

"Wie viele Schnitten Brot ist der unter den gegebenen Ausgangsbedingungen 1 Liter Milch wert?" Fiktive Antwort: "2 Schnitten Brot".

Man k�nnte jetzt den Nutzen der beiden Mengen für das Individuum in der naturalen Einheit "Brotscheiben" ausdr�cken:

Menge I: 2 mal 3 Schnitten Brot = 6 Schnitten Brot

Menge II: 2 Schnitten Brot plus 2 Schnitten Brot = 4 Schnitten Brot.

Menge I wäre der Menge II um den Nutzen von 2 Schnitten Brot überlegen. Oder, wenn Brotschnitten die Nutzeneinheit wären:
Menge I enth�lt 2 Nutzeneinheiten mehr als Menge II.

Bei einer solchen Rechnung wird unzul�ssiger Weise zwischen den G�tern ein konstantes NutzenVerhältnis angenommen, das hei�t: Der erste Apfel ist genau so viele Brotschnitten wert wie der zweite Apfel.

Genau genommen m�sste man nach dem Eintauschen des ersten Apfels gegen 2 Schnitten Brot aufgrund der ver�nderten Ausgangsbedingungen (plus 1 Apfel, minus 2 Schnitten Brot) erneut die Frage stellen: Wieviel Schnitten Brot ist Dir jetzt ein Apfel wert?" Hier k�nnte sich jetzt ein anderes NutzenVerhältnis ergeben. Solche sukzessive Bewertungen sollten zu dem gleichen Gesamtergebnis kommen wie eine pauschale Bewertung: ("Wieviele Schnitten Brot sind Dir die 2 �pfel wert?" Frage am Rande: Inwiefern wird hierbei eine m�gliche Substitutions- oder Komplementarit�tsbeziehung unter den einzelnen G�tern ber�cksichtigt?)

Da beim ersteren Verfahren ein konstantes NutzenVerhältnis zwischen den G�tern angenommen werden muss, sind solche Verfahren wohl nur "an der Grenze" als Ann�herungsverfahren sinnvoll, weil man die Indifferenzkurve auf dieser kurzen Strecke durch eine Gerade ann�hern kann. Die Frage ist jedoch, ob man auch beim Nutzen gr��erer G�termengen und ihrer Umrechnung auf eine einzige G�terart noch von der Annahme eines konstanten NutzenVerhältnisses ausgehen kann, da das Individuum von dieser G�terart dann schlie�lich sehr viel mehr besitzen w�rde, als unter den Ausgangsbedingungen, etwa wenn der Nutzen einer G�termenge III bei Annahme konstanter NutzenVerhältnisse auf 100.000 Brotscheiben (beziehungsweise Nutzeneinheiten) gemessen wird:
Menge III: "1 Fahrrad, 1 Wohnung für einen Monat, 1 Mantel, 2 Paar Schuhe, 3 kg �pfel, 10 l Milch" entspricht dem Nutzen von 100.000 Brotscheiben.

Wenn man dies genau nimmt, so verk�rpert die 100.000ste Scheiben genauso viel Nutzen wie die erste Scheibe. Realistischerweise wird für das Individuum die 100.000ste Scheibe praktisch gar keinen Nutzen haben, weil das Individuum sie gar nicht mehr konsumieren kann (Aufbewahrung über l�ngere Zeit ausgeschlossen. Dies unter der Bedingung, dass ansonsten kein Tausch stattfindet.) Bei solch gro�en Nutzendifferenzen (also keine Bewegungen "an der Grenze") ist die normative Entscheidung allerdings eher leicht zu treffen.

*II-43*
Die Unterscheidung zwischen "values" und "tastes" klären. Gibt es ein eindeutiges Kriterium für die Unterscheidung? (Dasselbe bei "egoistischen" und "altruistischen" Pr�ferenzen.)

*II-44*
Den Begriff der "Allgemeing�ltigkeit" von Normen klären, ebenso den Begriff der "Anerkennbarkeit" von Normen. Hierzu wäre heranzuziehen die Diskussion in der empirischen Methodologie um "Verifizierbarkeit", "Falsifizierbarkeit" und "Wahrheit".
Meine bisherige Analogie zwischen "intersubjektiv überpr�fbar" (empirische Methodologie) und "intersubjektiv anerkennbar" (normative Methodologie) ist wohl zu korrigieren, weil das erstere als Abgrenzungskriterium zur Metaphysik verstanden wird, w�hrend ich das letztere als Wahrheitskriterium (besser: Richtigkeitskriterium) verstehen will. Hier ist noch eine Menge zu tun.
Ein Abgrenzungskriterium zur Metaphysik ist für normative Theorien nicht so wichtig - weil metaphysische Argumente bereits durch die empirische Methodologie ausgeschieden werden können ("Gottes Wille" als Teil eines Begr�ndungszusammenhangs ist bereits als empirische Annahme nicht akzeptabel. S. Alberts Br�ckenprinzipien.)
Wichtiger sind in diesem Zusammenhang wohl Immunisierungsstrategien, durch die die M�glichkeit von Kritik ausgeschlossen wird (siehe das Beispiel der Unm�ndigkeit). Um jedoch die "intersubjektive Anerkennbarkeit" zu klären, muss die Analogie zum Wahrheitskriterium hergestellt werden.

*II-45*
Wenn ich sage: "Diese Aussage ist wahr", dann impliziere ich damit: "Dieser Aussage soll (kann?) jedermann zustimmen". Wie ist das bei Normen? Wenn ich sage: "Diese Norm ist richtig" impliziere ich damit: "Dieser Norm soll jedermann zustimmen"? Oder impliziere ich nur: "Diese Norm soll jedermann befolgen"? [Hier muss zwischen "verbindlich" und "inhaltlich richtig" unterschieden werden.

*II-46*
Man kann den individuellen Nutzen an den verschiedensten Indikatoren operationalisieren. Wie kann man aber der v�lligen Beliebigkeit entgehen und damit auch der Unm�glichkeit, sich zu einigen? In der empirischen Methodologie gibt es das Kriterium der theoretischen Fruchtbarkeit, das vor einer v�lligen Beliebigkeit der Definitionen sch�tzt. Wie ist das beim Nutzenbegriff? Er dient nicht zur Prognose und Erkl�rung sondern hat eine entscheidungsleitende Funktion. Also entf�llt dies Kriterium. Mithilfe des Nutzenbegriffes kommen verschiedene Einzelentscheidung zustande. Unter Umst�nden k�nnte man den allgemeinen Nutzenma�stab anhand der Einzelentscheidungen überpr�fen, also die Frage stellen: "F�hrt dieser Nutzenma�stab zu anerkennbaren ("inhaltlich richtigen") Einzelentscheidungen?" Allerdings stellt sich dann die Frage, woher die Kriterien für die Einzelentscheidung kommen.

*II-47*
Empirische Zielbestimmungen sind "materiale" Entscheidungskriterien, Wahlmechanismen beziehungsweise Pr�ferenzamalgationen sind "formale" Entscheidungskriterien. Das Verhältnis von material und formal klären.

*II-48*
Anstatt sich lang und breit darüber zu streiten, was Normen sind, was ihr Wesen, ihre Natur ist, sollte man den Begriff der Norm bewusst von einem bestimmten praktischen Probleme der konstruieren. Es geht um das praktische Problem, wie sich Menschen verhalten sollen. Es geht um richtiges und falsches Verhalten. Auf der sprachlichen Ebene geht es um entsprechende S�tze, die ein bestimmtes menschliches Verhalten vorschreiben. Von dieser Problemstellung aus wird festgesetzt: "Alle S�tze, die menschliches Verhalten vorschreiben bzw. aus denen Vorschriften für menschliches Verhalten logisch ableiten lassen, werden "Normen" genannt.

Das Problem stellt sich nun so: "Welches sind die Kriterien für die Richtigkeit von Normen?" Damit ist das Problem klargestellt und der ganze Wust einer vieldeutigen, unklaren Umgangssprache ist eliminiert. Praktisches Ziel ist es dann, Normensysteme zu konstruieren, die richtige und praktisch brauchbare Verhaltensvorschriften enthalten.

Was ist mit "praktisch brauchbar" gemeint?
1.) Normensysteme m�ssen logisch widerspruchsfrei sein. Sie d�rfen nicht logisch widersprüchliche oder empirisch inkompatible Vorschriften enthalten.
2.) Normensysteme m�ssen vollst�ndig sein (vielleicht besser: l�ckenlos), d. h. sie m�ssen für alle F�lle kontroverser Verhaltensforderungen eine Entscheidung erm�glichen. (Das hei�t nicht, dass jedes Verhalten normativ geregelt sein muss).
3.) Normensysteme m�ssen intersubjektiv eindeutig das geforderte Verhalten bestimmen. Aus ihnen m�ssen letztlich empirisch beschreibbare Verhaltensweisen logisch ableitbar sein oder es m�ssen Verfahren beschrieben werden, die das geforderte Verhalten empirisch eindeutig bestimmen). Dazu geh�ren Aussagen darüber:
 - an wen die Verhaltensforderung gerichtet ist (Festlegung des Normadressaten),
 - unter welchen Bedingungen das Verhalten gefordert ist,
 - welches Verhalten gefordert ist,
4.) Daraus ergibt sich weiter die Notwendigkeit, ein Verfahren der Auslegung und Anwendung zu schaffen, insofern diese Eindeutigkeit nicht gew�hrleistet ist.
5.) Insofern die Richtigkeit von Normen die Aufforderung zu ihrer Realisierung impliziert, leitet sich aus einem Normensystem die Notwendigkeit von Verfahren zur Durchsetzung der Normen ab. Diese Verfahren sind wiederum normativ zu beurteilen. (Dabei ist zu beachten, dass die Durchsetzung bestimmter Normen mit so gro�en Nachteilen verbunden, ist dass sie die Vorteile der Durchsetzung mehr als aufwiegen.)
Zur Realisierung sind wiederum verschiedene Bedingungen notwendig: Formulierung der Normen, Information der Adressaten und der Kontrolleure über die Normen, Information über Normenverst��e, Auslegung der Norm in Bezug auf das Verhalten, Entscheidung über die zu treffenden Ma�nahmen, Durchf�hrung der betreffenden Ma�nahmen etc.

*II-49*
Welche Unterschiede bestehen zwischen moralischen, politischen und �konomischen Normen?

*II-50*
Viele normative Probleme l�sen sich dadurch in nichts auf, dass man sie auf die reale Problemstellung - die Suche nach der richtigen kollektiven Entscheidung - zur�ckf�hrt.
Damit scheiden zum Beispiel Fragen aus, ob K�he gl�cklicher sind als Menschen. Denn die Antwort hierauf ist überhaupt nicht handlungsrelevant, es sei denn, es g�be die M�glichkeit, dass wir uns in K�he verwandeln. ähnlich sinnlos sind Fragen, ob die Menschen fr�herer Zeiten oder andere Kulturen gl�cklicher waren als die heutigen Menschen. Auch die Antwort hierauf ist nicht handlungsrelevant, denn wir können uns nicht in fremde V�lker verwandeln. Man k�nnte die Frage umformulieren und fragen, ob wir ein Leben unter den fremden Bedingungen einem Leben unter unseren jetzt bestehenden Bedingungen vorziehen w�rden (Dabei wird nur noch vorausgesetzt, dass eine Ver�nderung unserer Lebensbedingungen in diese Richtung m�glich ist).

In entsprechender Weise ist es als solches kein handlungsrelevantes Problem, ob es einem fr�her besser ging als heute (Indexproblematik), es sei denn, man versteht die Frage so, dass man vor der Wahl steht, die damaligen oder die heutigen Lebensbedingungen vorzuziehen.

Ein ähnliches Scheinproblem liegt vor, wenn man meint, man ben�tige zur Entscheidung irgendwelche absoluten Nutzenwerte und man  versucht nun, diese zu messen. Entscheidungen zwischen Alternativen finden statt angesichts einer unendlichen Menge gleicher Situationsmerkmale, vor deren Hintergrund nur die Unterschiede bewertet werden m�ssen. Die bei allen Alternativen gleichen Bestimmungen brauchen nicht bewertet zu werden, denn als empirisch gleiche sind sie auch nutzenm��ig gleich. Bewerten muss man nur die Unterschiede zwischen den Alternativen (wobei allerdings die Gesamtsituation gleicher Bedingungen diese Bewertung mit beeinflussen kann).

*II-51*
Ich kann auch das heute noch Unm�gliche, z. B. den Flug zum Mars, anstreben und auch bewerten, denn es kann ja eines Tages m�glich werden. Ich kann sogar daraufhinwirken, dass es m�glich wird.

*II-52*
Warum sind empirisch gleiche Alternativen notwendigerweise auch nutzengleich? (Sie sind es natürlich nicht für verschiedene Individuen oder für dasselbe Individuen zu verschiedenen Zeitpunkten.) Also: Warum sind empirisch gleiche Alternativen für das gleiche Individuum zum gleichen Zeitpunkt notwendigerweise nutzengleich? Weil Bewertungen immer Bewertungen realer (bzw. als real angenommener) Dinge sind und nur als solche Sinn haben. D. h. ein vollst�ndiges Werturteil enth�lt immer die Bestimmung eines Objektes und dessen Bewertung. Wenn x das Objekt ist und "gut" die Bewertung, so lautet das Werturteil: "x ist gut". Ein v�llig gleiches Objekt wäre aber ebenfalls ein x, denn um unterschiedliche Begriffe anwenden zu können, muss ich ja die Objekte unterscheiden können. Damit muss für das zweite Objekt das gleiche Werturteil gelten: "x ist gut".
(Was ist, wenn x ein Individualname ist? Es handelt sich dann nicht um dasselbe Objekt, sondern um ein in jeder Beziehung gleiches Objekt und es gibt dann zwei Namen x und y. Ich k�nnte dann x mit y gleichsetzen. Wenn ich jemanden frage, warum er x anders bewertet als y, so muss er auf empirische Unterschiede zwischen x und y hinweisen, oder aber seine unterschiedliche Bewertung wird für mich sinnlos.)

*II-53*
Logische Konsistenz der Pr�ferenzen hei�t nicht, dass die Pr�ferenzen immer gleich bleiben m�ssen. Eine Ver�nderung der Pr�ferenzen ist ohne weiteres rational (etwa wenn aufgrund ver�nderter Umst�nde bestimmte Dinge unwichtiger werden). Man muss jedoch solche rationalen Ver�nderung der Pr�ferenzen von anderen Ver�nderungen unterscheiden, die eine Korrektur der vergangenen Pr�ferenzen erfordern, wenn man nicht inkonsistent sein will.
Etwa wenn ich von der Sch�dlichkeit eines bisher von mir bevorzugten Getr�nks erfahre. Ich �ndere dann meine Pr�ferenzen dahingehend, dass das Getr�nk für mich statt eines positiven Nutzens einen negativen Nutzen erh�lt. Insofern das Getr�nk auch zuvor schon und ohne mein Wissen sch�dlich war, muss ich auf dem Hintergrund meines heutigen Wissens meine damalige Pr�ferenz für das Getr�nk korrigieren. Anders anders wäre es, wenn ich aufgrund ver�nderter Jahreszeiten weniger Durst auf das Getr�nk habe. Ich muss dann meine damalige Pr�ferenz nicht korrigieren, d. h. ich kann unter gleichen Umst�nden ohne Inkonsistenz die gleichen Pr�ferenzen wieder haben.

*II-54*
Die Unterscheidung klären zwischen "A ist berechtigt, x zu tun" und "A hat das Recht, x zu tun". Beides klafft auseinander, wenn ich zwar einen Vorsitzenden mehrheitlich gew�hlt habe, aber mit einer Einzelentscheidung von ihm nicht einverstanden bin, weil ich sie für falsch halte.

*II-55*
Bei der Entscheidung zwischen zwei konkurrierenden Normen ist nicht nur zu ber�cksichtigen, welcher der beiden - durch die Norm jeweilige Norm - beschriebenen Zust�nde vorzuziehen ist, sondern es ist auch in Betracht zu ziehen, mit welchen Kosten die Realisierung einer Norm jeweils verbunden ist. Eine Norm z. B., die einen riesigen überwachungs- und Sanktionsapparat erfordert und trotzdem noch in 50 % aller F�lle straflos übertreten wird, mag inhaltlich ("an sich") noch so gut sein, sie kommt nicht in Frage.

*II-56*
Ist die Abstimmung nach dem Mehrheitsprinzip ein "zuverl�ssiges" Messinstrument
Dies gilt insbesondere, wenn die Entscheidung ...
 - zwischen sehr vielen Alternativen zu treffen ist,
 - wenn die einzelnen Alternativen sehr komplex sind
 - wenn die Nutzendifferenzen nur schwach ausgepr�gt sind.

"Nicht zuverl�ssig" hei�t hier, dass das gleiche Individuum bei gleicher Pr�ferenzstruktur und gleichen Alternativen zu unterschiedlichen Rangordnungen kommt und unterschiedlich abstimmt. Dies wäre analog zur Zuverl�ssigkeit in der empirischen Messung. Ebenso wie dort stellt sich auch bei diesen Zuverl�ssigkeitstests das Problem, ob wirklich das Gleiche gemessen wird, d.h., ob sowohl die Alternativen als auch die Pr�ferenzstruktur gleich geblieben sind. - Man k�nnte die Verfahren des rationalen Entscheidungsmodells als Prozeduren ansehen, die die Zuverl�ssigkeit der Entscheidung erh�hen (systematisches Vorgehen).

*II-57*
Bei allen Normenprobleme ist ein Moment ihrer Praktikabilit�t zu ber�cksichtigen, das mit der Konsensf�higkeit zusammenh�ngt. Die Kriterien m�ssen intersubjektiv zug�nglich sein, niemand darf seine Situation unkontrollierbar verbessern können, etwa indem er seine Pr�ferenzintensit�ten h�her angibt, falsche introspektive oder innerpsychische Aussagen macht.

*II-58*
Zum Wohlfahrtsansatz bei inhaltlich bestimmten Bed�rfnissen (S�ttigung, Schlaf, Sicherheit, Sexualit�t etc.) Solche Untersuchungen sind sicherlich n�tzlich, insofern sie jedoch sich nicht willensm��ig ausdr�cken, wird es problematisch. Zu sagen: "Dies ist das Grundbed�rfnis aller Menschen", w�hrend zugleich niemand einen entsprechenden Willen zeigt ist, nicht akzeptabel. Denn dann muss gegen den Willen der Individuen entschieden werden im Sinne des postulierten Bed�rfnisses. Das ist im Prinzip diktatorisch, es sei denn, man bezieht sich wenigstens indirekt auf den Willen im Sinne seiner Unaufgekl�rtheit. Ohne dies ist es eine blo�e Rechtfertigungsideologie.

*II-59*
Ein Fall: Ich sehe, wie ein anderer Mensch sich anschickt, eine Handlung zu begehen, die für ihn einen schweren Nachteil mit sich bringt. Es ist keine Zeit oder M�glichkeiten zu informieren oder aufzuklären, jedoch kann ich ihn an der Handlung hindern. Soll ich dies dann tun? Ist es gerechtfertigt?
Es wäre ja ein diktatorisches Vorgehen, insofern gegen (ohne?) seinen Willen über den Betreffenden entschieden wird. Anderseits k�nnte man sagen: "Ich werde es ihm nachtr�glich erklären und er wird mir dann sicher Recht geben". In Antizipation seiner Zustimmung wäre mein Vorgehen dann nicht mehr diktatorisch. (ähnlich liegt der Fall, wenn für jemand anders entschieden werden muss, der aber nicht nach seinem Willen gefragt werden kann. Man k�nnte dann versuchen zu rekonstruieren, wie er sich entscheiden w�rde. Auch dies wäre eine stellvertretende Interessenwahrnehmung.)

*II-60*
Der Hinweis auf die M�glichkeit der unaufgekl�rten Entscheidung des Individuums ist kein Argument, um prinzipiell die Ber�cksichtigung individueller Pr�ferenzen als Kriterium abzulehnen. Denn niemand wird so weit gehen wollen, bei der Normgebung überhaupt nicht mehr zu ber�cksichtigen, was die Menschen wollen. Wie kann er selber denn sicher sein, dass er das Richtige will? Es m�ssen also immer die konkreten Bedingungen der Aufkl�rung untersucht werden, um die Qualit�t einer faktischen Pr�ferenz zu beurteilen.

*II-61*
Das Problem der nachtr�glichen Zustimmung ergibt sich politisch daraus, dass es sich bei der Errichtung diktatorischer Macht um einen nicht so ohne weiteres umkehrbaren Prozess handelt. Der Diktator kann soziale Bedingungen schaffen, die eine freie Artikulation der Pr�ferenzen gar nicht mehr zulassen bzw. seinerseits die Jugend manipulieren. Er wird aufgrund seiner privilegierten Stellung ein Interesse an der Fortsetzung der diktatorischen Struktur entwickeln und selbst bei fehlender Zustimmung wird er sich an der Macht zu halten versuchen: "Deutsches Volk! Gib mir vier Jahre Zeit, dann kannst Du selbst entscheiden ..." Nach den vier Jahren hatte das Volk nichts mehr zu w�hlen.

*II-62*
ich kann mich fragen: "Was will ich wirklich? Wie soll ich mich entscheiden? Welche Alternative ist für mich die beste?"
Solche Fragen sind nur sinnvoll, wenn es auch falsche Entscheidungen gibt, d.h., dass die tats�chlichen Pr�ferenzen nicht notwendig als richtige Daten des Willens genommen werden können.

*II-63*
Man kann am tats�chlichen Verhalten die richtigen Pr�ferenzen ablesen. Man kann z�hlen, wie viele Leute eine bestimmte Stra�en nutzen und daraus schlie�en, dass ihre Existenz von diesen Leuten gewollt wird.

*II-64* [74]
Bewerten setzt Kennen bzw. Erfahren voraus. Im Sinne der Lernpsychologie kann nur ein Verhalten bekr�ftigt werden, das ausgef�hrt wird. (Bei Menschen jedoch ist symbolisches Kennen und Bewerten m�glich, durch verbale Beschreibung und Bewertung seitens anderer).

*II-65*
Das gro�e Problem bei der Erschlie�ung von Pr�ferenzstrukturen aus Verhalten besteht darin, dass man nicht die Alternativen direkt erschlie�en kann, die für das Individuum bestanden haben. Ein Arbeiter am Pressluftbohrer legt seinen Ohrenschutz nicht an, obwohl er es k�nnte. Wir schlie�en daraus, dass er diese Alternative vorzieht. Ist es deshalb besser für ihn? Es kann der Fall sein, dass er nur Angst hat, von seinen Arbeitskollegen bel�chelt zu werden, wenn er den Ohrenschutz tr�gt. Wobei als zus�tzliche Komplikation hinzu kommt, dass diese Angst wiederum halb bewusst oder verdr�ngt sein kann, so dass auf Befragen diese Angst gar nicht verbalisierbar ist. Unter Umst�nden wird dieses Motiv vom �u�eren Beobachter also nicht erfasst. (Auf Befragen mag der Arbeiter dagegen sagen, der Schutz st�re ihn bei der Arbeit).

Falls ich bestimmte Gesichtspunkte nicht ber�cksichtige und die Pr�ferenz, den Ohrenschutz nicht zu tragen, auf eine andere Situation übertrage, in der die Angst bel�chelt zu werden, keine Rolle mehr spielt, so wird die Pr�ferenz falsch, denn nun w�rde er den Ohrenschutz tragen wollen. Das Problem liegt also darin, zu kontrollieren, dass wirklich die gleiche Situation bei der Wahl existiert, um die Ergebnisse hinsichtlich der gezeigten Pr�ferenz verallgemeinern zu können. Ich muss dazu alle Faktoren, die für die Pr�ferenz relevant sind, kontrollieren.
In der Theorie des Konsumentenverhaltens wird meist das abstrakte Modell: "Wahl zwischen zwei G�tern" diskutiert, wobei vorausgesetzt werden muss, dass die Wahl nur von der Beschaffenheit der beiden G�ter sowie der individuellen Pr�ferenzstruktur determiniert wird (also eine Art Ceteris-Paribus-Voraussetzung). Wollte ich jedoch empirische Indifferenzkurven ermitteln, so w�rden weitere Faktoren ins Spiel kommen, zum Beispiel dass ich die G�ter in zwei verschiedenen Gesch�fte kaufen muss und in dem einen mir die Bedienung besser gef�llt. (Die Probleme entsprechen der Problematik des Experiments).

*II-66*
Mit zunehmender Befriedigung lebensnotwendiger Bed�rfnisse wird eine biologisch-anthropologische Bestimmung der menschlichen Bed�rfnisse immer problematischer (�sthetische, geistige, luxurierende, psychisch-emotionale Bed�rfnisse etc.)

*II-67*
Gleiche Interessen bedeuten nicht Interessenharmonie: Wenn alle sich für das gleiche Fu�ballspiel interessieren, so passen unter Umst�nden nicht alle in das Stadion. Diese Probleme treten immer bei Verteilung knapper G�ter auf. Wenn alle sonntags ins Gr�ne fahren wollen, verstopfen sie sich gegenseitig die Stra�en. (Die gleichen Individuen haben unterschiedliche Interessen im Laufe ihres Lebens, je nach ihren Lebensumst�nden, Reifungsprozessen usw.)

*II-68*
Praktizierter interpersonaler Nutzenvergleich: "Dir macht es nicht viel aus, mir wäre es aber sehr wichtig".
Dies ist die Grundstruktur moralischer Argumentation.
Bei egoistischer Argumentation w�rde man sagen: "Es wäre doch auch für dich vorteilhaft, wenn ..."

*II-69*
Gewisse Ergebnisse k�nnte man aus einer Analyse tats�chlicher moralischer Argumentation ziehen, sowohl aus dem allt�glichen Bereich wie auch aus der Literatur. Welche Argumentationsmuster treten auf? Welche logische Struktur haben sie? Was sind die nicht mehr n�her bestimmten Grundbegriffe?

*II-70*
"Wenn es dir nichts ausmacht, würdech dich bitten, das und das zu tun"

*II-71*
Bei Luhmann stellt sich das Normenproblem dar als die Stabilisierung von Verhaltensweisen, um (wechselseitige) Erwartungen über das Verhalten des anderen zu erm�glichen. Damit bewegte er sich allein auf der Ebene der Koordinationsproblematik ("im Stra�enverkehr rechts fahren") und blendet den Aspekt der Interessenkonflikte und ihrer Entscheidung durch Normen v�llig aus. Normenverletzungen sind dann nur St�rung der Koordination, Sanktionen sind Koordinationsbem�hungen.

*II-72*
R�cksichtslosigkeit - Nichtber�cksichtigung fremder Bed�rfnisse als moralischer Vorwurf, wobei man noch unterscheiden m�sste zwischen R�cksichtslosigkeit aus Gedankenlosigkeit, B�swilligkeit oder Egoismus.

*II-73*
Die Unterscheidung zwischen Konstitution (Verfassung) und "sozialen Wohlfahrtsfunktionen" klären (zum Beispiel bei Arrow und Winch)

*II-75*
Die Wohlfahrts�konomie basiert auf dem Paretianischen Werturteil, sie entwickelt dessen Implikationen. Insofern muss zentraler Punkt dieser Arbeit die Auseinandersetzung mit dem Paretoprinzip sein. Dabei m�ssen Markt und Tausch immer auf dem Hintergrund der Eigentumsrechte und ihres Umfangs diskutiert werden. Es macht eben einen erheblichen Unterschied, ob Menschen, Boden, sachliche Produktionsmittel, eigene Arbeitskraft oder Konsumg�ter Eigentum sein können oder nicht.

*II-76*
Ein Monopol ist nicht pareto-optimal, insofern als der Monopolist zuwenig G�ter produziert. Aber kann das Paretoprinzip die Beseitigung des Monopols rechtfertigen, wodurch der Monopolist schlechter gestellt w�rde?
 
Hinter der formalen wohlfahrts�konomischen Nutzenfunktion verbirgt sich alles Gl�ck und Leid der Individuen: eine zu kleine Wohnung, der unerf�llte Wunsch nach einem Auto, die anstrengende Arbeit, der geringe Stundenlohn, die Angst vor der Entlassung usw. usf.. Hinter den Begriffen "Pr�ferenz", "Nutzen", "Kosten" etc. verschwinden die inhaltlichen Interessen ebenso wie hinter dem Prinzip der Mehrheitswahl die Probleme verschwinden, über die abgestimmt wird. Aber deshalb sind diese formalen Betrachtungsebenen nicht falsch.

*II-77*
Unterschiedlichen Pr�ferenzintensit�ten wird in der Praxis auch durch Abgrenzung der entscheidungsberechtigten Individuen Rechnung getragen: Engl�nder entscheiden über englische Politik, Hamburger über Hamburger Politik, weil sie davon jeweils am st�rksten betroffen sind (wenn auch nicht allein).

Wenn jemand das Ziel allgemeing�ltiger Kriterien für Normen nicht teilt, so schlie�e ich daraus, dass seine Diskussion mit mir nur ein Beeinflussungsversuch in seinem Interesse ist und dass er auf meine Interessen nicht eingehen wird, es sei denn, ich kann ihn dazu zwingen oder meine Interessen stimmen mit seinen Interessen überein.

*II-7�*
Verkehrte Welt: Wenn die Reichen und Privilegierten enteignet werden, verlangt man Entsch�digung, anstatt umgekehrt zu verlangen, dass die Armen für ihre vergangene Benachteiligung entsch�digt werden. (Das liegt an der Status-quo-Regel.)

*II-79*
Angelpunkt der normativen Theorie kollektiver Entscheidungen ist es, die Bedingungen für die anerkennbare subjektive Entscheidung zu bestimmen bzw. bei Fehlen dieser Bedingungen oder Unkenntnis der individuellen Entscheidung die individuelle Entscheidung "objektiv" zu rekonstruieren. Vor allem auf die Rekonstruktionsversuche habe ich bisher zu wenig Gewicht gelegt. Die verschiedenen Arten der Rekonstruktion muss ich zusammenstellen und diskutieren. (�brigens lassen sich die Aggregationsregeln sowohl auf faktische wie auf rekonstruierte individuelle Entscheidungen anwenden.) Die rekonstruierten Entscheidungen m�ssen in einem intersubjektiv nachvollziehbaren Zusammenhang mit den faktischen Entscheidungen stehen, das hei�t es muss angegeben werden, unter welchen Bedingungen die faktische individuelle Entscheidung der rekonstruierten entsprechen w�rde. Hiermit wäre eine Art Falsifikationskriterium für die Rekonstruktion gegeben.

*II-81*
Ich muss mich mit dem Einwand auseinandersetzen, dass die Bestimmung "g�ltiger Normen" ein idealistischer Versuch sei, denn über die Durchsetzung von Normen entscheide allein gesellschaftliche Macht. Deshalb sei es sinnvoller, für die Durchsetzung der eigenen Ziele seine Bataillone zu verst�rken als am gr�nen Tisch eine gerechte Gesellschaftsordnung zu entwerfen.

*II-82*
Verfahren zur Rekonstruktion der individuellen Entscheidung  (Unkenntnis ...):
1. Deduktion aus bekannten Entscheidungen des Individuums (Pr�zedenzf�lle, analoge F�lle, übertragbarkeit der damaligen Entscheidung auf die heutige Situation. Sind die Situationen und die Alternativen vergleichbar? Hat sich seitdem die Pr�ferenzstruktur ge�ndert? Wie w�rde sich das Individuum in dieser Situation entscheiden?
2. Ersatz der Entscheidung des Individuums durch einen Vertreter, der von ihm selbst dafür bestimmt wurde; der von ihm zur Rechenschaft gezogen und kontrolliert werden kann; der die gleichen Interessen hat wie das Individuum; durch einen "ehrlichen Makler", der kein Interesse an einer Sch�digung des Individuums besitzt beziehungsweise keinen Interessengegensatz zum vertretenen Individuum hat ("der unbeteiligte Dritte")

Bei nicht-anerkennbaren Bedingungen für die Entscheidung ("Unm�ndigkeit")

1. Ersatz des Individuums durch einen Vertreter, der bei Vorliegen der erforderlichen Bedingungen die gleichen Interessen hat; der sich nach erfolgter Aufkl�rung des Individuums zur Rechenschaft ziehen lässt.

2. Rekonstruktion der Entscheidung aufgrund anthropologischer Erkenntnisse über Grundbed�rfnisse, krankmachende Lebensbedingungen, erlernte Bed�rfnisse, sch�digende beziehungsweise fürdernde Lebensbedingungen; aufgrund von interkulturellen Vergleichen, Vergleiche mit anderen S�ugetierarten; aufgrund von Kenntnissen über manipulative Wirkungen von Lebensbedingungen. Problematisch ist hier, inwieweit dabei statistische Durchschnittswerte unzul�ssig zur Norm erkl�rt werden, obwohl eine starke Streuung vorliegt; wie kann man mit solchen Verfahren Extremwerten gerecht werden? Inwiefern können historisch neu entstandene Bed�rfnisse ber�cksichtigt werden?

*II-83*
Die Kritik am Wahlvorgang ("nur Stimmzettel ankreuzen"), verbunden mit dem Hinweis auf die Unm�ndigkeit der Individuen, übersieht im allgemeinen, dass damit ja auch andere Formen der Willens�u�erung (Ja-Wort bei der Heirat, Unterschrift) derselben Kritik ("unm�ndig") unterliegen, so dass man sich nicht darauf berufen kann.

*II-84*
Die Kritik am Stimmzettelverfahren enth�lt manchmal unterschwellig den problematischen Anspruch auf weihevollere Verfahren.

*II-85*
Zur überpr�fung der G�ltigkeit der Feststellung der Entscheidung kann man auf die methodologischen Vorarbeiten der empirischen Wissenschaftstheorie zur�ckgreifen. Wenn zum Beispiel verschiedene Verfahren der Pr�ferenzfeststellung zu unterschiedlichen Ergebnissen f�hren, so ist die G�ltigkeit mindestens eines Verfahrens (oder beider) nicht gegeben. Wenn einunddasselbe Verfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen f�hrt, so ist die Zuverl�ssigkeit des Verfahrens problematisch. Zur Kl�rung lassen sich experimentelle Anordnungen und statistische Ma�zahlen verwenden.

*II-87*
Bei Kolonisten in unerschlossenen Gebieten dauert es Generationen, bis die Fr�chte der Entbehrungen zum Tragen kommen: "Des Ersten Tod, des Zweiten Not, des Dritten Brot". Was ist der richtige Zeithorizont? Solche Opfer zu Gunsten zuk�nftiger Generationen gibt es tats�chlich. Kann man sie fordern?

*II-88*
Der faktische Konsens aller kann kein unbedingtes Ziel sein, weil ein Mensch seine eigene faktische Entscheidung kritisieren kann. (Analog dazu entscheidet in der empirischen Methodologie nicht die faktische Zustimmung sondern die intersubjektive überpr�fbarkeit)

*II-89*
Vor allem die Vertretungstheorie ist zu analysieren: Repr�sentation, imperatives Mandat, nur dem eigenen Gewissen verpflichtet etc.. Bei Vertretung aufgrund von Informationsproblemen der B�rger kommt es auf eine Konstruktion an, die zu einer übereinstimmung der Entscheidungen von Vertreter und Vertretenen f�hrt. Bei Unm�ndigkeit gelten andere Richtlinien (unter Umst�nden Abschirmung von den faktischen Pr�ferenzen der Vertretenen. Analog dazu die Bestimmungen bei Entzug der Gesch�ftsf�higkeit und M�ndigkeit im privatrechtlichen Bereich). Zur prinzipiellen Kritik am Vertretungsprinzip ist zu sagen, dass man dann auch daran zweifeln muss, dass der Prokurist im Interesse des Firmeninhabers entscheiden darf.

*II-90*
Die zur Rekonstruktion der individuellen Entscheidung bei Unm�ndigkeit herangezogenen Kenntnisse sollte natürlich m�glichst in die Entscheidung der Individuen selber eingebracht werden, denn die Rekonstruktion der Entscheidung durch andere ist immer nur ein Behelf.

Die Psychoanalyse liefert Erkenntnisse über die widersprüchlichkeit von faktischen Handeln, emotionalem Reagieren und andererseits gedanklichem Wollen. Ein Mann mag eine Frau ansprechen wollen, aber faktisch ist er gehemmt und hat starke Angst. Was will er?  (dazu: "revealed preferences")

*II-92*
Unter welchem Gesichtspunkt sollen die Individuen abstimmen? Sollen sie mit der Stimmabgabe ihre individuellen Interessen (und Werte?) ausdr�cken oder soll ihre Entscheidung bereits das Gemeinwohl ausdr�cken, so wie sie es verstehen? Hier spielen offensichtlich Koalitionen eine gro�e Rolle. Wenn jeder nur an seinen Interessen orientiert wäre ("Ich will der reichste und m�chtigste sein"), so g�be es keine Mehrheiten sondern soviel gew�hlte Alternativen wie Individuen.

*II-93*
für Buchanan ist  die Einstimmigkeitsregel zentral. Sie allein verhindert eine Vergewaltigung der Minderheit durch die Mehrheit. Gegen den Vorwurf der St�tzung des Status quo wendet er ein, dass Individuen ja auch 'altruistisch'  einer Verschlechterung ihrer Position zugunsten anderer zustimmen können und dass dies faktisch auch vorkommt. (Wohlt�tigkeit? Dabei b��t man Geld ein, aber gewinnt Loyalit�t.)

*II-94*
Das Problem stellvertretender Herrschaft wird bei Marx formuliert in der Frage: "Wer erzieht die Erzieher?"

*II-95*
Ein Falsifikationskriterium für die Rekonstruktion der Entscheidung bei Unm�ndigkeit: Nach Beseitigung aller Faktoren der Unm�ndigkeit muss das Individuum zu der gleichen Entscheidung kommen wie die Rekonstruktion. (Dies Kriterium ist sehr theoretisch und bedarf noch der Konkretisierung und Operationalisierung.)

*II-96*
Zur Darstellung: insofern alle Probleme auf die Rangfolge von Alternativen reduziert werden, fehlt jede inhaltliche Benennung der Probleme. Es muss erkl�rt werden, warum die Beschr�nkung auf allgemeine - und deshalb notwendig von konkreten Inhalten abstrahierende - Regeln der kollektiven Entscheidung notwendig ist.

*II-98*
Was hei�t es: "die gleichen Bed�rfnisse (Interessen) haben"?  Angenommen, ich habe kein Auto und m�chte eines haben. Nun bekomme ich eins und w�nsche mir bessere Stra�en. Die Beschaffenheit meiner W�nsche hat sich offensichtlich ge�ndert. Aber inwiefern ist es sinnvoll, von einer Ver�nderung der Bed�rfnisse zu sprechen? Sicherlich hat sich die Befriedigung meiner Bed�rfnisse ge�ndert. Aber es wäre sinnvoll, auch  ein Wort für das zu behalten, was sich nicht ge�ndert hat, obwohl es ver�nderlich wäre.

Das Bed�rfnis nach einem Auto ist auch nach dem Erwerb des Autos potentiell vorhanden, denn wenn das Auto fehlen w�rde, w�rde es wiederum gew�nscht beziehungsweise es besteht gegenw�rtig der ad�quate Wunsch, das Auto nicht zu verlieren. In diesem Sinne  sind trotz �nderung der W�nsche bestimmte Bed�rfnisstrukturen gleich geblieben: In der gleichen Situation w�rden die gleichen Bed�rfnisse existieren.  (Etwas anderes wäre es, wenn der Autobesitzer sagen w�rde: "Ich w�rde mir nicht wieder ein Auto anschaffen.")
 
Dies Beispiel war auf ein Individuum in verschiedenen Situationen bezogen, aber es lie�e sich auch anwenden auf zwei verschiedene Individuen in verschiedenen Situationen:  A sei ohne Auto und B mit Auto. In den meisten F�llen ist die (empirisch überpr�fbare) Annahme berechtigt, dass die unterschiedlichen W�nsche von A und B auf die unterschiedlichen Grade von Befriedigung verschiedener Bed�rfnisse zur�ckzuf�hren sind, jedoch nicht auf unterschiedliche Bed�rfnisstrukturen (Insofern existiert eine gegenseitige M�glichkeit des "Verständnisses für die Bed�rfnisse des andern".)

*II-99"*
Wenn man mit der Hierarchie der Bed�rfnisse entsprechend einer "Natur des Menschen" ernst macht, so w�rde das einer absoluten Gleichheit aller Individuen hinsichtlich ihrer Bedingungen der Bed�rfnisbefriedigung bedeuten, denn wenn bei A aber nicht bei B ein grundlegendes Bed�rfnis unbefriedigt ist, so hat dessen Befriedigung Priorit�t vor jeder weiteren Befriedigung des Bed�rfnisses von B.

*II-100*
Unterschiedliche Bedingungen der Bed�rfnisbefriedigung lassen sich empirisch erfassen und messen. Wie ist es mit unterschiedlichen Bed�rfnissen beziehungsweise Bed�rfnisintensit�ten? Wie lassen sich hier die individuelle Verschiedenheiten messen?
 - durch unterschiedliche Pr�ferenzen hinsichtlich verschiedener G�ter der Bed�rfnisbefriedigung? Die Individuen ordnen die Alternativen nicht in der gleichen Reihenfolge.
 - durch empirisches Messen der maximalen Konsumkapazit�t (h�here Kapazit�t gleich h�herer Bedarf);
 - durch Messung von Entzugsfolgen und deren Vergleich (Wer st�rkere Entzugsfolgen zeigt, hat gr��eren Bedarf).

*II-101*
Bei einer für alle gleichen Priorit�t (Hierarchie) der Bed�rfnisse d�rfte man von niemandem den Einsatz seines Lebens fordern, es sei denn zur Rettung fremden Lebens. (Es erg�be sich eine Art lexikografische Ordnung der Bed�rfnisbefriedigung). Hier z�hlt dann die Zahl der Individuen nicht sondern es z�hlt nur die Position des Bed�rfnisses. Es kann dann keiner der Befriedigung eines wichtigeren Bed�rfnisses beraubt werden, um vielen ein weniger wichtiges Bed�rfnis zu befriedigen.

*II-102*
Das Lamentieren darüber, dass alles k�uflich geworden ist, übersieht oft,  dass es noch schlimmer ist, wenn G�ter überhaupt nicht verf�gbar sind.

*II-103*
Nicht nur die reale G�terausstattung z�hlt, sondern auch die Gefahr (bzw. die Hoffnung) zuk�nftiger Verluste (Gewinne). Wenn jemand st�ndig in Kriegsfurcht lebt, dann beeintr�chtigt das auch seine Wohlfahrt - trotz Frieden.

*II-104*
Vertragsfreiheit auf der Grundlage gegenseitiger Zustimmung. Hier wird immer der Status quo beg�nstigt, denn trotz sich �ndernder Umst�nde und Pr�ferenzen der Individuen soll der Vertrag bestehen bleiben bis zum n�chsten Vertrag.

Nach dem Pareto-Prinzip gibt es immer nur das Veto gegen eine Ver�nderung, niemals das Veto gegen eine Beibehaltung des Status quo. Wenn das damit gerechtfertigt wird, dass der Status quo seinerseits auf Grundlage eines Konsens zu Stande gekommen ist, so wird dies fraglich, da sich die damaligen Umst�nde und Pr�ferenzen ver�ndert haben können. Dazu k�nnte man sagen, dass diese Ver�nderungen beim Vertragsabschluss von den Parteien zu ber�cksichtigen sind nach der Devise: "Selber schuld!". Dann m�sste man allerdings auch bei allen Parteien die gleichen F�higkeiten der Vorausschau voraussetzen.

*II-105*
Wichtig ist, dass der Mensch ein bed�rftiges Wesen ist, das einer st�ndigen Versorgung mit Lebensmitteln bedarf. Bei Strafe des Untergangs m�ssen diese G�ter dem Menschen st�ndig neu verf�gbar sein. Von dorther besteht die M�glichkeit, dass jemand alles, auch das für ihn Nachteiligste zu tun bereit ist, um diese G�ter zu erhalten und nicht unterzugehen.

Deshalb spielt Zeit - Zeit zu warten - bei Vertragsverhandlungen eine entscheidende Rolle, denn die Pr�ferenzen bleiben nicht konstant, sondern sie verschieben sich - die Bed�rfnisse werden dringlicher, wenn keine neuen G�ter mehr verf�gbar sind. Diejenigen, die nicht warten können, werden folglich auch zu den für sie schlechteren Bedingungen einen Arbeitsvertrag eingehen m�ssen.

für die weitere Analyse des LohnarbeiterVerhältnisses ist es wichtig zu untersuchen, welche der Parteien des Vertrags warten kann, für wen also die Zeit "arbeitet". Man k�nnte sagen, dass auch der Kapitalist nicht warten kann, da bei Fehlen der Lohnarbeiter das nicht genutzte Kapital Opportunit�tskosten verursacht. Deshalb trifft ein Streik den Kapitalisten.

*II-106*
Was macht die Allgemeinheit einer Entscheidung aus? Wenn man von einer Entscheidung "der" Gesellschaft spricht, muss man deswegen noch kein besonderes Wesen "Gesellschaft" annehmen. "Allgemeine Entscheidung" hei�t erstmal nur, dass die Entscheidung für alle verbindlich ist, nicht dass sie von allen getroffen wird. Das erstere setzt keinerlei "organizistische Metaphysik" voraus, wie Buchanan meint.

*II-107*
Vielleicht gibt es gar keine "allgemein menschliche" beste Sozialordnung. Die beste Ordnung wird vielleicht je nach der Verschiedenheit der Individuen in verschiedenen, ihnen jeweils entsprechenden Ordnungen erreicht (aber es wären dann immer noch die Unterschiede und ihre Konsequenzen zu bestimmen). Vielleicht mag jemand unter einer Diktatur leben und es geht ihm dort am besten ...

*II-108*
Pareto-Optimalit�t: Da bei der formalen Darstellung der Pr�ferenzen (oder Indifferenzen) jede inhaltliche Bestimmung der G�ter ausgeklammert wird, kann es sich dabei um den gr��ten Mist handeln, dessen Verteilung - etwa in der Edgeworth-Box -  dann optimiert wird. Man sieht, dass es zus�tzlich zum Tauschoptimum wichtig ist, dass die getauschten G�ter selber "gut" sind. Wie wird die Herstellung "guter G�ter" garantiert?

*II-109*
Eine Unklarheit: Was beinhaltet die Mehrheitsregel? Eine absolute Mehrheit, also mehr als die H�lfte aller Stimmen? Oder mehr als die H�lfte aller Stimmberechtigten? Oder nur der Abstimmenden? Oder abz�glich der Indifferenten oder der Nichtw�hler?
Oder wird nur eine relative Mehrheit gefordert, also mehr Stimmen als für irgendeine andere Alternative? 
Bei mehr als zwei Alternativen gibt es nicht notwendig eine absolute Mehrheit  für eine Alternative. Bei relativer Mehrheit kann eine Minderheit bestimmen und u.U. eine zersplitterte Mehrheit übert�lpeln, die keine rationale Koalition eingegangen ist.

*II-110*
Die Anwendung des Pareto-Optimums auf den Tausch ist nicht gleichzusetzen mit der Anwendung der Einstimmigkeitsregel, denn das Erstere setzt vollst�ndige Abgrenzungen voraus, weil jeder nur über sein Eigentum verf�gen darf. Deshalb die ge�lte Tauschmaschinerie im Gegensatz zu stockenden und h�ufig blockierten Kollektiven mit Veto-Rechten.

*II-111*
Das Wahlverfahren durch die Vergabe von Punkten entsprechend den Rangpl�tzen (1. Platz 3 Punkte,  2. Platz 2 Punkte, 3. Platz 1 Punkt) verletzt die Bedingung der Unabh�ngigkeit von irrelevanten Alternativen. Wenn man diese Pl�tze kardinal interpretieren w�rde, wäre das anders.

*II-112*
Mueller weist auf die Probleme des strategischen Vorgehens bei Wahlen durch die Vergabe von Punkten hin. Die Punkteverteilung wird dann nicht die Pr�ferenzintensit�ten widerspiegeln sondern ist von der erwarteten Gesamtpunktzahl der Alternativen abh�ngig: Jeder wird seine Punkte auf die als unsicher eingesch�tzten Alternativen konzentrieren, um diese über die 50 % H�rde zu bringen bzw. diese in die Gruppe der erfolgreichen Alternativen zu bringen. Zus�tzliche Punkte für sowieso erfolgreiche Alternativen wären dann verschenkt. Gibt es Verfahren zur Unterbindung solcher Strategien?
ähnlich ist es beim Spekulationsproblem beim Tausch: Jemand prognostiziert besser als andere zuk�nftige Knappheiten bestimmter G�ter. Er hortet diese und verkauft sie dann zu einem viel h�heren Preis.

*II-113*
Inwiefern kann das marxistische Kriterium der "Ausbeutung" (in der Aneignung fremder Arbeitskraft) als ein normatives Kriterium angesehen werden? Was ist mit dem Begriff der "Klassenherrschaft"?

*II-114*
Zur Bedingtheit von normativen Prinzipien: z. B. wird die Anwendung des Leistungsprinzips in dem Ma�e obsolet, wie die Sanktionen nicht mehr zur Steigerung des Ergebnisses beitragen (zum Beispiel bei Invaliden, Alten, bei freiwilliger Motivation und bei Determiniertheit des Ergebnisses durch objektive Faktoren).
Das gleiche gilt, wenn die Steigerung des Ergebnisses selbst unwichtig geworden ist (überflussgesellschaft).

*II-115*
Ein Aspekt des Minderheitenschutzes in der Demokratie ist die Gefahr von übergriffen durch eine Mehrheit. Negativ sind nicht nur tats�chliche übergriffe. Minderheitenrechte schaffen da Sicherheit.

*II-116*
Stimmentausch und Stimmenkauf unterscheiden: Beim Ersteren tauschen sich nur Stimmen aus. Damit sind alle Individuen gleich ausgestattet. Beim Stimmenkauf kann jedoch Geld eingesetzt werden. Davon haben manche viel und andere wenig.

*II-117*
Was ist der Grund dafür, dass man die Nichtber�cksichtigung von Pr�ferenzintensit�ten als ungerecht empfinden?

*II-118*
Inwiefern gibt es einen rationalen Zeithorizont? Warum soll man nicht in den Tag hinein leben? Vor allem ergibt sich ein gro�er Vorteil dadurch, dass man sorgenfrei lebt, weil man sich keine Gedanken darüber macht, wie man morgen leben wird.
Lassen sich Beeintr�chtigungen der Wohlfahrt durch Sorgen messen? Durch die Eintrittswahrscheinlichkeit? Kriegsangst? Angst vor Krankheit, Arbeitslosigkeit, Bankrott des Unternehmers usw.?

*II-119*
Bei überlegungen nach dem Muster: "Was würdech empfinden, wenn ich an seiner Stelle wäre?" ergibt sich die Frage, ob dabei auch pers�nliche Eigenschaften als austauschbar angesehen werden. Wo ist die Grenze?

*II-120*
Je reicher jemand ist, desto mehr Angst hat er vor einem einem Verlust (Diebstahl, Einbruch etc.) und desto mehr muss er Neid und Aggressionen der anderen befürchten.

*II-121*
Man spricht von "schwerwiegenden Argumenten", das hei�t man nimmt eine Gewichtung vor, ein Abw�gen des "für-und-Wider". Man spricht auch von "durchschlagenden Argumenten".

*II-122*
Warum muss man den zuk�nftigen Nutzen auf die Gegenwart hin abzinsen? Liegt es an den Produktionssteigerungen, an der Unsicherheit der Zukunft? An der Kurzsichtigkeit der Menschen? Am natürlichen Egoismus gegenüber den zuk�nftigen Generationen?

*II-123*
Die Befriedigung durch die Arbeit kann nicht an der H�he des Lohnes sichtbar werden. Selbst wenn jemand umsonst, d. h. unentgeltlich arbeiten wollte, so kann er dies nicht, denn irgendwie muss er seinen Lebensunterhalt bestreiten. Nur wenn der Lebensunterhalt unabh�ngig von der Arbeit gesichert wäre, k�nnten sich die Individuen ihre Arbeit nur nach der Befriedigung durch die Arbeit aussuchen (von Qualifikations- und und Anreizprobleme einmal abgesehen).

*II-124*
Ist eine kollektive Entscheidung, die mit knapper Mehrheit gef�llt wurde, weniger "wert" als eine Entscheidung, die mit überw�ltigender Mehrheit gef�llt wurde? Vielleicht muss man die Aspekte Relevanz und Wahrheit auseinanderhalten: Die mit gro�er Mehrheit gef�llte Entscheidung mag legitimiert sein, aber sie muss nicht relevant sein.
Analoges gibt es in der empirischen Methodologie, wo eine Aussage zwar wahr aber irrelevant sein kann, w�hrend eine andere Aussage weniger gut überpr�ft aber sehr relevant sein kann.

*II-125*
Wie wird gekl�rt, ob es sich bei einer Abstimmung tats�chlich um Alternativen handelt?

*II-126*
Wenn das Gemeinwohl (das Allgemeininteresse) definiert wird als die "allen Individuen gemeinsamen Interessen", so entspricht das der Konsens-Regel. Ver�nderungen, die dem Gemeinwohl entsprechen, sind dann per Definition konsensf�hig.

*II-127*
Wahrscheinlich ist es falsch zu sagen: Je mehr Bedingungen einer aufgekl�rten Entscheidung gegeben sind, desto aufgekl�rter die Entscheidung. Zum Beispiel kann formale Demokratisierung zu chaotischen Ergebnissen f�hren, wenn die Individuen emotional gest�rt sind.

*II-128*
Was bedeutet "Konsistenz" der Pr�ferenzen? Dass man nicht gleichzeitig x gegenüber y und y gegenüber x vorziehen kann.

*II-129*
Wie kann man Pr�ferenzen am Verhalten feststellen? Es tritt immer das Problem der Isolierung der Objekte der Pr�ferenz auf, falls die �brigen Bedingungen nicht konstant gehalten werden können. Hat A den roten Pullover gegenüber dem blauen vorgezogen, oder hat ihm nur das eine Pullovergesch�ft besser gefallen als das andere? Die Problematik ist analog zum Problem beim Experiment. 

*II-130*
Rein technisch g�be es weitere M�glichkeiten kollektiver Nutzung von G�tern, zum Beispiel bei Autos, die h�ufig nur 1/10 der Zeit von ihrem Privateigent�mer benutzt werden. So w�rden 10 Leute wahrscheinlich nur 5 Autos ben�tigen, die sie kollektiv n�tzen. Warum wird das nicht gemacht ? Welche Gegengr�nde gibt es? W�rden die Kollektivautos weniger geschont? K�me es zu weitaus h�heren Unterhaltungskosten? Wie sollten unterschiedliche Nutzungsquanten ausgeglichen werden? Jemand zieht um, scheidet aus: auszahlen? Kosten st�ndiger Kollektiventscheidungen? Bei Existenz von Benutzungsspitzen, zum Beispiel: Wochenendtour, Urlaubszeit, Knappheit an Autos? Individuelle Haftung für Unf�lle, Strafen etc. Problem der Kontrolle, unterschiedliche Standards in Bezug auf Autokonsum: Gr��e, Schnelligkeit, Bequemlichkeit, Sauberkeit, Sch�nheit, die nun angeglichen werden m�ssen?

*II-131*
Wird Gleichheit bereits im Nutzen erfasst oder ist es ein zus�tzliches Kriterium?

*II-132*
Konflikte aufgrund mehrerer Rollen (Freund, Kollege, Chef, Staatsb�rger, Parteimitglied etc.). An die Rollen werden Erwartungen gekn�pft, die manchmal nicht miteinander zu vereinbaren sind.

*II-133*
Grundpr�misse: Wir wollen uns einigen ohne Gewalt und ohne Status quo Klausel.

*II-134*
Fragt man wird wirklich nach den subjektiven Pr�ferenzen? M�sste dann nicht jeder w�nschen, Diktator über alle anderen zu sein, weil er dann seine W�nsche maximal befriedigen k�nnte? Wodurch kommt es, dass immer schon modifizierte und gem��igte Pr�ferenzen ge�u�ert werden? Liegt es an der Moral oder an der Art der Entscheidungsregel, die zum Beispiel nur mehrheitsf�hige oder verhandlungsf�hige Pr�ferenzen realistisch sein lässt? .

*II-135*
Ein interessantes Auktionsverfahren: Die Preise beginnen hoch und werden solange gesenkt, bis jemand den Preis akzeptiert. Kommen dabei andere Preise zustande als bei der Versteigerung nach dem Prinzip des Meistbietenden? Beim Letzteren gibt es Konsumentenrenten.
Auch beim Ersteren? Auf den ersten Blick nicht, es sei denn bei taktischem Verhalten: Man wartet, bis der Preis weiter f�llt. Wenn man diesen Versteigerungsposten nicht bekommt, so kann man immer noch den n�chsten erwerben. Voraussetzung bei beiden Versteigerungsverfahren ist Konkurrenz unter den Kaufinteressenten. Interessant ist der unterschiedliche Zeitbedarf der Verfahren, das lässt unterschiedliche Verfahrenskosten erwarten. Das Besondere ist hierbei, dass die Meinung über die Zahlungsbereitschaft der andern eine gro�e Rolle spielt.

*II-136*
Wenn jemand (B) sagt: "A sollte nicht so handeln!", so ist das nur dann ein Vorwurf, wenn dabei impliziert ist: "Ich (B) an seiner Stelle w�rde nicht so handeln". Wenn B dies nicht impliziert, dann postuliert er eine Norm, die er auf sich selber nicht anwenden w�rde, oder richtiger: die er für sich selbst nicht anerkennen w�rde.

Wie kann man jedoch garantieren, dass jeder bei der Entscheidungsfindung vom Grundsatz der Personunabh�ngigkeit ausgeht? Ein Vorschlag hierfür ist die Gleichwahrscheinlichkeit für jeden, in irgendeine der sozialen Positionen zu kommen. Aber dann m�sste man die Positionen anschlie�end auslosen. In der Praxis wird dies kaum m�glich sein, weil nicht jeder gleich geeignet ist, jede der Positionen einzunehmen.

Ein weiteres Problem: Wonach beurteilt der Einzelne dann die Norm? Offensichtlich nach seinem Nutzenniveau in den verschiedenen Positionen. Wichtig wäre jedoch die Beurteilung nach dem Nutzenniveau derjenigen, die tats�chlich diese Position einnehmen werden.

*II-137*
"Eine intensivere Pr�ferenz soll gegenüber einer weniger intensiven Pr�ferenz den Vorzug erhalten."  Das ist die grundlegende Norm des Pr�ferenzkalk�ls. Wie misst man nun die Intensit�t bzw. die St�rke einer Pr�ferenz? Dies ist kein rein empirisches Messproblem, denn das Ziel ist ja nicht eine wahre Prognose, sondern eine richtige kollektive Entscheidung. Deshalb sind auch die verschiedensten Operationalisierungen des Begriffs "Pr�ferenzintensit�t" m�glich (Zahlungsbereitschaft, Bereitschaft zu warten, sprachlicher Ausdruck, mimischer Ausdruck, Bereitschaft zu entbehren...)

*II-138*
Wie setzt man sich mit �u�erungen auseinander, wie: "Die kapitalistische Gesellschaft ist eine antagonistische Klassengesellschaft", die als Argumente gegen den Versuch auftreten, eine allgemein g�ltige normative Theorie zu entwickeln?
Erst einmal sollte man vielleicht sagen: "Na und?", um den Kritiker zu zwingen, sein Argument soweit zu entfalten, dass eine explizite Widerlegung vorliegt. "Antagonistisch" bedeutet wohl: "todfeindlich" oder "unversähnlich". Nach dem philosophischen W�rterbuch bedeutet es im Griechischen: "das K�mpfen gegeneinander; Widerstreit, Gegensatz". In der marxistischen Philosophie bedeutet der Begriff "Antagonismus" "eine besondere Art des dialektischen Widerspruchs im gesellschaftlichen Bereich, der an die Existenz der Klassengesellschaft gebunden ist und auf dem unversähnlichen Gegensatz zwischen den Interessen verschiedener gesellschaftlicher Klassen oder sozialer Gruppen beruht."
Die erstgenannte Aussage w�rde dann lauten: "Eine kapitalistische Gesellschaft besteht aus Klassen mit unversähnlichen InteressengegenSätzen."

Was ist das nun für eine Behauptung? Wie k�nnte man ihre G�ltigkeit überpr�fen? Diese Aussage setzt offensichtlich Aussagen über die Interessen der genannten Klassen (Bourgeoisie und Proletariat) voraus, um dann den unversähnlichen Gegensatz feststellen zu können.

Wie kann man das Interesse einer Klasse feststellen? Hier wird die Sache offensichtlich kompliziert, denn der Interessenbegriff ist selber mehrdeutig und wird unterschiedlich definiert. So unterscheidet zum Beispiel das 'Philosophische W�rterbuch' der DDR zwischen "objektiven Interessen" und "subjektiven Interessen", die nicht notwendig zusammenfallen. "Interessen m�ssen als Gerichtetheit in der praktischen gesellschaftlichen T�tigkeit der Menschen aufgefasst werden. Diese Gerichtetheit ist einerseits grundlegend bestimmt durch die objektiven gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen ... Diese Seite der Vermittlung von den objektiven Verhältnissen zum menschlichen Subjekt kann als objektives Interesse von gesellschaftlichen Formationen, Klassenkr�ften oder Individuen bezeichnet werden. Andererseits ist die Gerichtetheit der T�tigkeit durch eine Gesamtheit von W�nschen, Absichten, Motiven und ähnlichem bedingt, die in letzter Instanz die materiellen Verhältnisse widerspiegeln, jedoch notwendige Faktoren ihrer Realisierung und ihrer Entwicklung darstellen, indem sie zielsetzend, mobilisierend, organisierend auf die T�tigkeit der Menschen wirken. Diese Seite der Vermittlung kann als subjektives Interesse bezeichnet werden." (Phil.W. Seite 536)

Solche Begriffsbestimmungen helfen jedoch kaum, schon allein wegen ihrer geringen Pr�zision, denn wie kann man aufgrund dieser Bestimmungen das objektive Interesse einer Klasse inhaltlich genau ausmachen? Um nicht in beliebigen Begriffsbestimmungen zu enden, ist auch dieses Problem dadurch zu klären, dass man vorweg nach der Funktion des zu bestimmenden Begriffs, also nach der Problemlage fragt. Der Begriff 'Interesse' hat offenbar die Funktion, bestimmte Handlungen vor anderen auszuzeichnen, insofern sie im Interesse eines Subjekts sind oder nicht. Mithilfe dieses Begriffs sollen gesellschaftliche Ordnungen und politische Handlungen allgemein gerechtfertigt beziehungsweise kritisiert werden. Der Begriff 'proletarisches Klasseninteresse' m�sste also so bestimmt werden, dass er diesen normativen Implikationen gerecht wird, dass er also diejenigen politischen Ordnungen beziehungsweise Handlungen bezeichnet, die vom Proletariat zu billigen sind (als in seinem Klasseninteresse liegend).
Man kommt dann sehr schnell auf das Problem der Aufgekl�rtheit der Pr�ferenzen und ihrer Ermittlung, was hier nicht weiter verfolgt werden soll: Was ist gut für das Proletariat? Wie lässt sich dies feststellen? Unabh�ngig vom Willen der einzelnen Proletarier? Was ist bei Verschiedenheit der Individuen? etc. etc. Am besten kl�rt man das Problem weiter, indem man von konkreten Beispielen ausgeht und diese analysiert etwa: "Es ist im Interesse des Proletariats, dass die L�hne steigen." Hier sieht man dann auch sehr schnell, dass Interessen immer nur in Bezug auf reale Verhältnisse formuliert werden können, das hei�t: in Bezug auf die M�glichkeiten und Gesetzm��igkeiten einer bestimmten Situation, und dass die Bestimmung von Interessen letztlich nicht unabh�ngig vom aufgekl�rten Willen der Subjekte getroffen werden darf.

*II-139*
Der Begriff der individuellen Pr�ferenz muss n�her gekl�rt werden. Praktisch gibt es das ja gar nicht: W�nsche �u�ern ohne jede Beschr�nkung durch die W�nsche anderer. Dann will jeder Million�r sein, die sch�nsten Frauen beziehungsweise M�nner lieben etc. etc. Diese W�nsche kommen dann schnell in den Bereich des schwer Vorstellbaren, ähnlich wie die Paradiesvorstellungen der Religionen und man fragt sich, ob man das wirklich will etc. Die Pr�ferenzen werden schwammig und unbestimmter, je weiter sie sich von der erfahrenen Realit�t entfernen.

*II-140*
Die individuellen Pr�ferenzen sind immer schon durch das soziale Entscheidungssystem geformt. So kreisen die individuellen Pr�ferenzen unter den Bedingungen der Mehrheitsabstimmung um mehrheitsf�hige Alternativen, beim Vetorecht um konsensf�hige Ver�nderungen, beim Vertragssystem um zustimmungsf�hige Verhandlungsangebote etc. etc. Es wird also von vornherein der Bereich der W�nsche entsprechend eingeengt.

 *II-141*
Das Problem des Konsensus ist das Problem der Kompatibilit�t der W�nsche. Kompatibilit�t bedeutet jedoch nicht: Gleichartigkeit der W�nsche im normalen Sinne. Beispiel: Es soll aus 11 Leuten eine Fu�ballmannschaft gebildet werden. Es kann nur einer Torwart sein. Wenn zwei Leute den gleichen Wunsch haben - n�mlich Torwart zu sein - so sind diese "gleichen W�nsche" nicht kompatibel, denn sie w�nschen sich nicht die gleiche Mannschaft. Sie w�nschen sich verschiedene Mannschaften, denn sie w�nschen sich verschiedene Torwarte. U.U. garantiert also gerade die Verschiedenartigkeit der Bed�rfnisse die Kompatibilit�t, z. B. auch bei den sexuellen Bed�rfnissen.
Wenn alle Menschen M�nner als Sexualpartner w�nschten - d.h. wenn es nur homosexuelle M�nner und heterosexuelle Frauen g�be - so w�rden unter der Bedingung von Paarbeziehungen viele Individuen keinen Partner bekommen.
Andererseits kann man sagen: Wenn alle Menschen die gleichen heterosexuellen Bed�rfnisse haben, bekommen alle einen Partner. Gleichheit ist ein trickreicher Begriff: gleich unter welchen Kriterien?
Ebenso die Klassifizierung von Bed�rfnissen: Man kann sie vom Zielzustand her definieren ("einen Mann als Sexualpartner" oder "eine heterosexuelle Beziehung" oder mit subjektiv bezogenen Begriffen wie "ich" beschreiben, die die Gleichartigkeit von Bed�rfnissen anzeigen, die jedoch u. U. Inkompatibilit�t bedeuten. V�llige Gleichartigkeit von Bed�rfnissen wäre �brigens auch �konomisch ein Problem, weil ja neue Bed�rfnisse schlagartig bei allen Individuen - also millionenfach gleichzeitig auftauchen w�rden.
Kompatibilit�t der Bed�rfnisse ist nicht nur ein Problem der Bed�rfnisse allein, sondern auch der Realit�tsbeherrschung. Bei Beseitigung von Knappheit können bisher unvereinbare Bed�rfnisse vereinbar werden.


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(Ende von Heft II)

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