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Subjekt - Person - Ich
Zur Frage: Ist die Person bzw. das Subjekt eine Einheit? Was spricht für die
Einheit der Person?
Einmal gibt es den zusammenhängenden Körper, der durch die Haut begrenzt ist
(Ausnahme: Siamesische Zwillinge).
Weiterhin gibt es das zentralisierte Nervensystem.
Angenommen, ich halte
zusammen mit jemand anderem meine Hand durch einen Schlitz. Ich sehe auf einem
Videomonitor die zwei bewegungslosen Hände, ohne dass ich weiß, welche davon
meine ist.
Dies kann ich schnell feststellen, indem ich absichtlich meine Hand zu Faust
balle. Da ich den Vorgang auf dem Monitor sehe, kann ich sagen: die zur Faust
geballte Hand ist meine.
Was zu mir und meinem Körper gehört, zeigt sich auch an den Empfindungen: Wenn
jemand auf eine der beiden Hände drückt, so ist es meine Hand, wenn ich den Druck
spüre.
Der Mensch ist kein von einem genialen Erfinder konstruierter
Automat, sondern er ist Ergebnis von Milliarden Jahren Entwicklung über
Billionen aufeinander folgender Generationen.
An der Struktur unseres Nervensystems ist ablesbar, wie sich von den einfachen
Nervenknoten eines Wurmes immer kompliziertere Systeme entwickelt haben, wobei
die älteren Systeme nicht verschwanden, sondern integriert und überlagert wurden
durch neue Steuerungssysteme. Und so haben wir in uns sowohl einfachste
Reiz-Reaktions-Muster wie ein Wurm, als auch autonom arbeitende Systeme wie das
vegetative Nervensystem und die hormonale Steuerung, als auch zentralisierte
willkürliche Systeme wie das motorische System bis hin zu den hochkomplexen
Funktionszentren des Großhirns, wovon jedes aus 100 Millionen Zellen und mehr
besteht.
Da wir die alten Steuerungssysteme weiter in uns tragen, ist die Einheit der
Person keine einfache Sache. Die Überlagerung und Umfunktionierung der
älteren Systeme muss nicht immer gelingen.
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Zum methodischen Vorgehen: Es bringt wenig, den Begriff des Subjekts oder der Person als solchen bestimmen zu wollen, wenn nicht geklärt ist, welche Konsequenzen mit dem Status als Subjekt oder Person verbunden sind (z. B. niemals nur als Mittel sondern immer auch als Träger von zu Interessen berücksichtigt zu werden).
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Mit der Entbindung aus dem Mutterleib wird der Mensch ein
körperlich abgegrenzte Wesen, das sich eigenständig verhält. Insofern ist ein
Mensch
eine Einheit.
Die innere Steuerung dieses Wesens erfolgt nun keineswegs von einem
übergeordneten Zentrum aus, dem "Ich", das will, das entscheidet und das
handelt, sondern die Herstellung der inneren Einheit der Persönlichkeit und die
Herausbildung eines Willens ist ein komplexer Prozess, in dem die verschiedenen
ererbten Steuerungssysteme reflexartiger, triebhafter, emotionaler und
berechnender Art nicht immer harmonieren.
Jeder kennt das:
--- Mein Herz sagt ja, doch mein Verstand sagt nein,
--- Mir ist nicht wohl bei dieser Entscheidung, aber ich kann nicht sagen
warum.
--- zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust usw. usf.
Diese physiologischen Grundlagen unseres Denkens und Handelns sind
Eigenschaften, die wir als "Wesen" haben. Und auch als rechtsfähige Personen
bleiben wir diese Wesen mit diesen Eigenschaften.
Sie konstituieren natürlich noch kein Rechtssubjekt und keine mündige Person,
denn das Gesagte gilt in eingeschränkter Form auch für andere Lebewesen.
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Damit ein Wesen zum moralischen Subjekt wird, muss es einen Willen ausgebildet haben. Es muss zu diesem Willen als eigenem stehen (Verantwortlichkeit bzw. Zurechnungsfähigkeit). Es muss diesen Willen selbständig ausdrücken können (Mündigkeit).
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"Subjekt" :
Wesen, das eigenständig wollen, wahrnehmen, denken und sich mitteilen
kann.
Dieser Begriff von Subjekt
impliziert u. a.:
1. dass es mehrere Subjekte
geben kann,
2. dass ein Subjekt zum Gegenstand (Objekt) der eigenen Wahrnehmung und des
eigenen Denkens werden kann.
Siehe auch
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
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Letzte Bearbeitung 10.04.2007 / Eberhard Wesche
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