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(Diskussion bei PhilTalk)
PhilTalk Philosophieforen Praktische
Philosophie >> Ethik >> Darf man sich selbst zugrunde richten?
(Thema begonnen von: Eberhard am 31. Aug. 2005, 10:49 Uhr)
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Darf
man sich selbst zugrunde richten? I
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Titel: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 31.
Aug. 2005, 10:49 Uhr
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Hallo allerseits,
eine Frage, die ich unter den heutigen Verhältnissen
für besonders diskussionswürdig halte, ist die, ob jeder das Recht haben sollte,
über sich selbst zu bestimmen bis hin zu der Freiheit, sich selbst zugrunde zu
richten.
Es ist für mich keineswegs entschieden, wo die Grenzen der
Verfügung des Einzelnen über sich selber liegen sollten. Einerseits heißt
es:"Jeder Mensch weiß selber am besten, was für ihn gut ist“. Andererseits kann
es einer Gesellschaft doch wohl nicht gleichgültig sein, was aus ihren
Mitgliedern wird.
Die Haltung in dieser Frage hat Konsequenzen für die
Behandlung zahlreicher Einzelprobleme wie: Anschnallpflicht im Auto, Freigabe
von Rauschmitteln und Genussgiften, Werbung für Suchtmittel, Zwangsentzug für
Süchtige, erhöhte Krankenversicherungsbeiträge für Raucher, Verlust des
Versicherungsschutzes bei bestimmten Sportarten, Obdachlosigkeit als Folge von
Alkoholismus, Verbot von Medien wegen schädlicher Inhalte, Altersgrenze für die
Mündigkeit in Bezug auf Wahlberechtigung und Geschäftsfähigkeit, Entmündigung
von geistig behinderten oder verwirrten Personen, Bewertung der Selbsttötung als
Selbstmord oder Freitod, Freigabe von Glücksspielen, u.a.m..
Ich denke,
dass anhand dieses Themas Fragen wie: „Kann ein Mensch sich selbst steuern?“
„Hat er verschiedene Handlungsalternativen?“ eine konkrete Bedeutung erhalten.
Mit diesem Thema begeben wir uns offensichtlich auf das Gebiet der
normativen Ethik. Nach vorherrschender Meinung können Fragen der normativen
Ethik nicht allgemeingültig beantwortet werden. Deshalb wird es von besonderer
Bedeutung sein, sich klarzumachen, von welcher Art die von den
Diskussionsteilnehmern eingebrachten Argumente sind und insbesondere zu fragen,
inwieweit die vorgetragenen Argumente allgemein nachvollziehbar sind.
Also: Soll jeder die Freiheit haben über sich selbst zu bestimmen, auch wenn er
sich dabei selber zugrunde richtet?
fragt Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 31. Aug.
2005, 13:20 Uhr
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hallo eberhard
du sagst doch selber dass man das nicht allgemeingültig
beantworten kann. in deinen angeführten beispielen wird das ja auch sehr
unterschiedlich beantwortet. oftmal kollidieren die einzelinteressen auch so
dass selbst bei einem eindeutigen ja oder nein auf deine frage letztlich daraus
keine handlungsanleitungen abzuleiten sind. was erwartest du denn dann als
antwort auf deine frage?
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 31.
Aug. 2005, 14:34 Uhr
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Hallo Eberhard,
auch gut, wenn Du das Thema extra diakutieren willst.
Du
beziehst das Thema auf den Friedenszzustand.
Im Kriegszustand verlangt die
Gesellschaftsmoral vom Individuum, sich für das Wohl der Gesellschaft zugrunde
zu richten, sich im Krieg zu opfern und möglichst viele Feinde dabei zu töten.
Einige religiös definierte Gesellschaften auf der Erde befinden sich im
Kriegszustand und verlangen von ihren Individuen Selbstmordattentate.
Das
Individuum, das sich gesellschaftlich anerkannten Regeln unterwirft, handelt in
meinen Augen nicht frei, wenn es sich im Auftrag der Gesellschaft selbst als
Soldat oder Selbstmordattentäter zugrunde richtet.
Aber zurück zum
Frieden. Der Auftrag der Gesellschaft ist zu solche Zeiten der gegenteilige.
Lebe gesund, erhalte Deine Arbeitskraft und setze sie zum Wohl aller (Mitglieder
deiner Gesellschaft) ein. Die Freiheit, sich selbst zugrunde zu richten, steht
dem entgegen.
Meine Antwort resultiert natürlich aus meiner Philosophie
und die besagt, dass kein Individuum (hier lebendes System Mensch) den
natürlichen Impuls hat, sich zugrunde zu richten.
Jeder Mensch hat als
lebendes System die Selbsterhaltungs- und die Selbstentfaltungstendenz.
Aus
diesen beiden Kräften resultieren zwar Handlungen, die anderen Individuen
Schaden zufügen können, wogegen diese sich wehren können und man sich auf
allgemeinverbindliche Umgangsformen einigt,
aber kein lebendes System würde
sich ohne Einwirkung von außen selbst schädigen (genauso, wie kein
physikalischer Körper ohne Einwirkung von außen seine Bewegungsrichtung ändern
würde.)
Beobachte ich also an einem Menschen selbstschädigende Handlungen,
wie zum Beispiel auch an mir, dann müssen diese irgendwie durch Einwirkung von
außen verursacht worden sein (wie z.B. eine Infektionskrankheit durch die
Invasion von Bakterien in den Körper). Eine Selbstschädigende Handlung ist also
Indiz für Unfreiheit.
Deshalb enthält Dein Fragesatz für mich einen inneren
Widerspruch:
Eine freie Bestimmung über sich selbst kann nicht zu einer
Verkleinerung des Selbst führen (es sei denn, sie wäre vorübergehend oder
taktisch), ein Sich-selbst-zugrunde-richten kann per se nicht auf freier
Entscheidung beruhen.
Wie Du siehst, benötige ich nicht die Konstruktion
einer Rücksichtnahme auf die Mitmenschen.
Dass Selbstschädigung gesetzmäßig
auch eine Schädigung der Gesellschaft enthält, hält nach meiner Beobachtung
niemanden davon ab, sich zugrunde zu richten.
Insofern enthält
Selbstschädigung auch immer eine Rachetendenz gegen die Gesellschaft.
Da kann
man natürlich sagen, wer die Gesellschaft schädigen will, kann das tun, selbst
wenn es verboten wäre, er das also nicht darf. Schädigung der Gesellschaft durch
Selbstzerstümmelung ist jedenfalls nicht strafbar, weil das Motiv nicht
nachweisbar ist.
Wenn Du "frei" so definierst, dass dies eine Entscheidung
wäre, die dem natürlichen Ablauf widerspricht, wäre eine solche Entscheidung
auch frei.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
31. Aug. 2005, 15:00 Uhr
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Hallo an Alle,
Rudi schreibt: "ein Sich-selbst-zugrunde-richten kann per
se nicht auf freier Entscheidung beruhen."
Vorausgesetzt, es gibt so
etwas ähnliches wie eine freie Entscheidung, so ist diese Aussage falsch. Ein
Raucher kann sich frei für das Rauchen entscheiden, mit dem Argument: Lieber 40
Jahre rauchen, als 60 Jahre nichtrauchen.
Die Frage, wie lange jemand leben
will, sollte seine freie Entscheidung sein und die Gesellschaft sollte nicht die
Dreistigkeit haben, das den Menschen vorzuschreiben.
Anders formuliert:
Die Freiheit des Einzelnen werte ich als höheres Gut als den Egoismus der
Gesellschaft.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 31. Aug.
2005, 15:17 Uhr
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hallo rudi,
beantwortet das die frage?
"ber zurück zum Frieden.
Der Auftrag der Gesellschaft ist zu solche Zeiten der gegenteilige.
Lebe
gesund, erhalte Deine Arbeitskraft und setze sie zum Wohl aller (Mitglieder
deiner Gesellschaft) ein. Die Freiheit, sich selbst zugrunde zu richten, steht
dem entgegen. "
also allgemeingültig ist das ja nicht, das heldentum hast
du ja schon ausgeklammert, ansonsten sind ja auch viele situationen vorstellbar
in denen es besser für die gesellschaft wäre wenn jemand von der klippe springt.
nicht umsonst sperrt man ja manche menschen weg. oder richtet sie gar hin. also
wird die anwesenheit mancher menschen durchaus auch in friedenszeiten für
überflüssig gehalten. die gemeinschaft jedenfalls trauerte einem mehrfachen
kinderschänder sicherlich nicht nach wenn er selbstmord beginge.
" Meine
Antwort resultiert natürlich aus meiner Philosophie und die besagt, dass kein
Individuum (hier lebendes System Mensch) den natürlichen Impuls hat, sich
zugrunde zu richten."
also ganz ehrlich, das ist eine einfache
beobachtung und erfahrung, eine philosophische erkenntnis kann man daraus nicht
striken.
" aber kein lebendes System würde sich ohne Einwirkung von außen
selbst schädigen (genauso, wie kein physikalischer Körper ohne Einwirkung von
außen seine Bewegungsrichtung ändern würde.) "
streng genommen kann man
das sytem gar nicht von den äusseren einwirkungen trennen. wenn man aber einen
selbstzerstörerischen impuls meint, so muss der nicht im intentionalen sinne von
aussen kommen. wieso auch. das physikalsch mit der trägheit begründen zu wollen
ist ja hanebüchen. der trägheit fehlt jede intention. über die physikalische
aussage könnte man sich ohnehin streiten wenn man sie so allgemein benutzt.
" Beobachte ich also an einem Menschen selbstschädigende Handlungen, wie zum
Beispiel auch an mir, dann müssen diese irgendwie durch Einwirkung von außen
verursacht worden sein (wie z.B. eine Infektionskrankheit durch die Invasion von
Bakterien in den Körper)."
krankheit als handlung??? das kann nicht dein
ernst sein.
" Eine freie Bestimmung über sich selbst kann nicht zu einer
Verkleinerung des Selbst führen (es sei denn, sie wäre vorübergehend oder
taktisch), ein Sich-selbst-zugrunde-richten kann per se nicht auf freier
Entscheidung beruhen. "
es ist eine ziemlich ausgelutschte erkenntnis,
dass man begriffe wie "entsscheidungsfreiheit" zu tode reiten kann. irgenwann
wird auch die stolzeste freiheit zum klepper. eine freie entscheidung gibt es
natürlich in ihrer eigentlichsten bedeutung nicht. das hat aber mit
selbstschädigung gar nix zu tun.
" Dass Selbstschädigung gesetzmäßig auch
eine Schädigung der Gesellschaft enthält"
wenn das überhaupt stimmt, dann
nur per definition. und definitionen die handlungen allgemeine eigenschaften
unter allen umständen zuschreiben scheitern immer.
" Da kann man
natürlich sagen, wer die Gesellschaft schädigen will, kann das tun, selbst wenn
es verboten wäre, er das also nicht darf. Schädigung der Gesellschaft durch
Selbstzerstümmelung ist jedenfalls nicht strafbar, weil das Motiv nicht
nachweisbar ist.
Wenn Du "frei" so definierst, dass dies eine Entscheidung
wäre, die dem natürlichen Ablauf widerspricht, wäre eine solche Entscheidung
auch frei. "
das ist ja richtig gruselig. die gesellschaft schädigen, dem
natürlichen ablauf widersprechen... na, wenn das nicht der schöne und
jugendfrohe anfang einer schreckensideologie ist...
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 31. Aug.
2005, 15:18 Uhr
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hallo rudi,
beantwortet das die frage?
"ber zurück zum Frieden.
Der Auftrag der Gesellschaft ist zu solche Zeiten der gegenteilige.
Lebe
gesund, erhalte Deine Arbeitskraft und setze sie zum Wohl aller (Mitglieder
deiner Gesellschaft) ein. Die Freiheit, sich selbst zugrunde zu richten, steht
dem entgegen. "
also allgemeingültig ist das ja nicht, das heldentum hast
du ja schon ausgeklammert, ansonsten sind ja auch viele situationen vorstellbar
in denen es besser für die gesellschaft wäre wenn jemand von der klippe springt.
nicht umsonst sperrt man ja manche menschen weg. oder richtet sie gar hin. also
wird die anwesenheit mancher menschen durchaus auch in friedenszeiten für
überflüssig gehalten. die gemeinschaft jedenfalls trauerte einem mehrfachen
kinderschänder sicherlich nicht nach wenn er selbstmord beginge.
" Meine
Antwort resultiert natürlich aus meiner Philosophie und die besagt, dass kein
Individuum (hier lebendes System Mensch) den natürlichen Impuls hat, sich
zugrunde zu richten."
also ganz ehrlich, das ist eine einfache
beobachtung und erfahrung, eine philosophische erkenntnis kann man daraus nicht
striken.
" aber kein lebendes System würde sich ohne Einwirkung von außen
selbst schädigen (genauso, wie kein physikalischer Körper ohne Einwirkung von
außen seine Bewegungsrichtung ändern würde.) "
streng genommen kann man
das sytem gar nicht von den äusseren einwirkungen trennen. wenn man aber einen
selbstzerstörerischen impuls meint, so muss der nicht im intentionalen sinne von
aussen kommen. wieso auch. das physikalsch mit der trägheit begründen zu wollen
ist ja hanebüchen. der trägheit fehlt jede intention. über die physikalische
aussage könnte man sich ohnehin streiten wenn man sie so allgemein benutzt.
" Beobachte ich also an einem Menschen selbstschädigende Handlungen, wie zum
Beispiel auch an mir, dann müssen diese irgendwie durch Einwirkung von außen
verursacht worden sein (wie z.B. eine Infektionskrankheit durch die Invasion von
Bakterien in den Körper)."
krankheit als handlung??? das kann nicht dein
ernst sein.
" Eine freie Bestimmung über sich selbst kann nicht zu einer
Verkleinerung des Selbst führen (es sei denn, sie wäre vorübergehend oder
taktisch), ein Sich-selbst-zugrunde-richten kann per se nicht auf freier
Entscheidung beruhen. "
es ist eine ziemlich ausgelutschte erkenntnis,
dass man begriffe wie "entsscheidungsfreiheit" zu tode reiten kann. irgenwann
wird auch die stolzeste freiheit zum klepper. eine freie entscheidung gibt es
natürlich in ihrer eigentlichsten bedeutung nicht. das hat aber mit
selbstschädigung gar nix zu tun.
" Dass Selbstschädigung gesetzmäßig auch
eine Schädigung der Gesellschaft enthält"
wenn das überhaupt stimmt, dann
nur per definition. und definitionen die handlungen allgemeine eigenschaften
unter allen umständen zuschreiben scheitern immer.
" Da kann man
natürlich sagen, wer die Gesellschaft schädigen will, kann das tun, selbst wenn
es verboten wäre, er das also nicht darf. Schädigung der Gesellschaft durch
Selbstzerstümmelung ist jedenfalls nicht strafbar, weil das Motiv nicht
nachweisbar ist.
Wenn Du "frei" so definierst, dass dies eine Entscheidung
wäre, die dem natürlichen Ablauf widerspricht, wäre eine solche Entscheidung
auch frei. "
das ist ja richtig gruselig. die gesellschaft schädigen, dem
natürlichen ablauf widersprechen... na, wenn das nicht der schöne und
jugendfrohe anfang einer schreckensideologie ist...
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 31.
Aug. 2005, 17:13 Uhr
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Hallo psi,
die Titelfrage ist sicherlich noch unpräzise. Genauer
formuliert geht es mir um die Frage, ob es Grenzen der Selbstbestimmung des
Einzelnen über sich selbst geben sollte, und wenn ja, wo diese Grenzen liegen.
Auf diese Frage suche ich nach einer allgemeingültigen Antwort.
Eine
Antwort ist für mich dann allgemeingültig, wenn sie durch Argumente begründet
werden kann, die für jedermann nachvollziehbar und teilbar sind, der das Ziel
einer gewaltfreien Einigung teilt.
Mal sehen, wie weit wir dabei kommen.
Hallo rudi,
Du meinst, dass die Selbstzerstörung eines Individuums
eine logische Unmöglichkeit ist.
Was ist es dann, wenn ein 16jähriger
Junge auf den Dachboden geht, ein Seil aufhängt, eine Schlinge macht und sich
erhängt?
Oder wenn ein Heroinabhängiger sich den „goldenen Schuss“ gibt?
Hallo Hanspeter,
schön mal wieder die verbalen Klingen zu kreuzen. Du
plädierst für die Freiheit des Einzelnen inklusive der Freiheit, seinem Leben
ein Ende zu setzen. Gibt es dafür auch Argumente? Man könnte ja dagegenhalten,
dass schon mancher bereut hat, dass er nicht auf fremden Rat gehört hat. Ein
‚Ratschlag ist zwar kein Befehl, aber es zeigt doch, dass die Freiheit ihre
Gefahren hat.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Sheelina am 31.
Aug. 2005, 17:59 Uhr
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"Soll jeder die Freiheit haben über sich selbst zu bestimmen, auch wenn er sich
dabei selber zugrunde richtet?" (Eberhard)
Ja.
Meine Begründung
zum äußersten Extrem des Selbstmordes siehe hier:
http://66.249.93.104/search?q=cache:THr5J7MZIAAJ:www.philtalk.de/msg/1003355229.htm+sheelina+selbstmord&hl=de&lr=lang_de
Gruß
Lina
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Sheelina am 31.
Aug. 2005, 18:05 Uhr
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PS: und hier http://www.philtalk.de/msg/1051200598.htm
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
01. Sept. 2005, 03:06 Uhr
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Hallo Eberhard,
jaja, die allgemein gültigen Antworten! ;-)
Die
Gefahren der Freiheit: Natürlich birgt Freiheit auch ein Risiko. Aber man kann
doch niemand ins Gefängnis sperren mit dem Argument, dadurch wird er sicher von
Verkehrsunfällen geschützt.
Konkret, wenn ich deine Frage richtig
verstehe, geht es doch um das Phänomen des Paternalismus. Genau genommen um
innerstaatlichen Paternalismus. Gibt es also den mündigen Bürger oder ist es
Aufgabe des Staates, als Übervater für das Gute zu sorgen, notfalls mit Gewalt.
Eine allgemeingültige Antwort kann es nicht geben, weil, wie wir schon
bei anderer Gelegenheit feststellen mussten, eine allgemein gültige Moral nicht
exisitert. Gäbe es diese, wäre es einleuchtend, dass der Staat sie durchsetzt.
Da es sie aber nicht gibt, muss der Staat seinen Bürgern eine gewisse
Entscheidungsfreiheit zubilligen.
Wenn also jemand den Wunsch hat, seinem
Leben ein Ende zu setzen, so mag der Staat zwar gewisse Hilfen anbieten
(psychologische Beratung) doch wenn der Entschluss feststeht, sollte er ihn auch
akzeptieren. Auch wenn er feststellen muss, dass diese Person insgesamt für ihn
ein Verlustgeschäft war.
Oder würdest du es für sinnvoll halten, wie
weiland die Katholische Kirche, Selbstmörder zu bestrafen, indem man sie in
ungeweihter Erde begräbt?
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 01.
Sept. 2005, 10:32 Uhr
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Hallo allerseits,
Die Frage lautet präzisiert:
Soll es Grenzen
der Selbstbestimmung des Einzelnen über sich selbst geben und wenn ja, wo sollen
sie liegen?
Gesucht sind Antworten auf diese Frage, die allgemein
nachvollziehbar und akzeptabel begründet werden können.
Gegen den
Pessimismus derer, die jetzt schon wissen, dass sich solche Antworten nicht
(er)finden lassen, bin ich der Meinung, dass wir durch den Austausch von
Argumenten einem vernünftigen Konsens zumindest näher kommen können. Es wäre
deshalb kein Misserfolg, wenn am Ende dieser Diskussion immer noch
unterschiedliche Antworten rational vertretbar blieben.
Zur Fragestellung
ist noch Folgendes zu bedenken. .
Die gestellte Frage fällt in den
Bereich der normativen Ethik oder normativen Moralphilosophie.
Die
normative Ethik – so wie ich sie verstehe - sucht nach Antworten auf die Frage:
Wie sollen Menschen in bestimmten Situationen handeln? Welche Handlungen sind
angesichts bestimmter Umstände ethisch geboten, verboten oder erlaubt?
Ein Recht auf Selbstbestimmung ist eine Erlaubnis, bestimmte Handlungen zu tun.
Auch eine Erlaubnis enthält ein Sollen, zwar nicht für diejenige Person, die
eine Erlaubnis besitzt, aber für die andern: Ihnen ist es verboten, diese Person
daran zu hindern, etwas Erlaubtes zu tun.
Die ethische Frage: „Wie sollen
Menschen in bestimmten Situationen handeln?“ ist nicht gleichzusetzen mit der
rechtspolitischen Frage: „Welche staatlichen Gesetze sollten für diese
Situationen gelten?“, obwohl hier natürlich ein enger Zusammenhang besteht.
Durch die zwei unterschiedlichen normativen Systeme des Rechts und der Moral
ergibt sich allerdings eine Komplikation. Wenn bereits eine anerkannte
Rechtsordnung existiert, die eine entsprechende Rechtsnorm enthält, z.B. die
Anschnallpflicht im Auto, dann ist auch die allgemeine moralische Verpflichtung
des Staatsbürgers zur Gesetzestreue zu berücksichtigen. Wenn gefragt wird, ob
jemand in einer bestimmten Situation sich anschnallen soll oder nicht, macht es
also einen Unterschied, ob es dazu bereits eine einschlägige Rechtsnorm gibt
oder nicht.
Um den damit verbundenen besonderen Einfluss des rechtlichen
Status quo auszuschalten, schlage ich vor, dass wir bei unserer Diskussion
annehmen, dass auch die rechtlichen Normen zur Disposition stehen.
Damit
soll es genug sein mit den Vorbemerkungen. Ich hoffe jedoch, dass damit eine
Reihe von möglichen Missverständnissen von vornherein ausgeräumt werden konnte.
Aber kommen wir zur Sache
meint Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 01.
Sept. 2005, 11:10 Uhr
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hallo eberhard,
" Eine Antwort ist für mich dann allgemeingültig, wenn
sie durch Argumente begründet werden kann, die für jedermann nachvollziehbar und
teilbar sind, der das Ziel einer gewaltfreien Einigung teilt. "
das mag
vielleicht ein bisschen technisch sein, aber das ist einfach nicht das was man
unter allgemeingültig versteht. eine allgemeingültige lösung ist wie der name
schon selber sagt eine lösung die allgemein, das heisst unter allen bedingungen,
gilt bzw richtig ist. nachvollziehbarkeit ist dabei eigentlich kein kriterium.
wenn ich eine lösung habe die für jeden fall das richtige ergebniss ausspuckt,
dann ist es doch egal ob ich verstehe warum sie das tut...
" Soll es
Grenzen der Selbstbestimmung des Einzelnen über sich selbst geben und wenn ja,
wo sollen sie liegen? "
irgendwie hört sich das so an wie wenn es keine
grenzen der selbstbestimmung gäbe und du wölltest über welche nachdenken. die
grenzen werden doch tagtäglich gesetzt. wenn man mal davon absieht, dass defacto
natürlich dem stärkeren keine einschränkungen auferlegt werden können, so ist
doch klar dass das recht des einen dort endet wo das recht des anderen
beeinträchtigt wird. handlungshilfen kann man daraus aber nicht ableiten.
abwägungsfragen kann man halt nicht allgemeingültig behandeln sonst könnte man
sich den richter ja sparen. ganz abgesehen davon, dass man ja nicht einmal
richtig sagen kann was der selbstbestimmte wille nun tatsächlich genau ist. ist
es das was ich heute will, oder morgen, ist es meiner laune entsprungen oder ist
es eine überzeugung. sterbehilfe wäre ja kein so ein drama wenn es allgemein
lösbar wäre.
" Ein Recht auf Selbstbestimmung ist eine Erlaubnis,
bestimmte Handlungen zu tun."
das kommt mir doch schon sehr gesetzlich daher.
natürlicherweise ist in dem sinne alles erlaubt was man eben vermag. hängt doch
nirgends ein schild mit "diese pflanze bitte nicht ausreissen".
das heisst
einschränkungen müssen begründet werden und nicht andersherum. ich kann
natürlich an etwas gehindert werden und mir kann etwas anderes erlaubt werden.
aber eben nach dem racht des stärkeren und nicht nach einer natürlichen ethik.
von natur aus ist jeder frei zu tun und zu lassen wie er es eben vermag. alles
weitere sind konzessionen an die umstände.
für eine jede
allgemeingültige lösung braucht man kriterien die die handlungen klassifizieren.
sonst kann ich ja nicht entscheiden. solche kriterien können aber niemals
absolut sein sondern sind immer abhängig von der situation in der sich der
einzelne befindet. es gibt keine übergeordnete sicht die tatsächlich alles
einteilt so dass es der intuition eines jeden entspricht. was für den einen
ungerecht ist ist für den anderen gerecht. nach der gleichen definition.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
01. Sept. 2005, 11:29 Uhr
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..... es kann kein recht auf zer störung geben !
aber wenn eine
ganze welt nur immer zer stört
physikalisch und psychisch
dann kann
sich der einzelne davon er lösen
so er kann es nicht mehr er tragen
.........
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
01. Sept. 2005, 14:59 Uhr
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Hallo Eberhard,
"Soll es Grenzen der Selbstbestimmung des Einzelnen über
sich selbst geben und wenn ja, wo sollen sie liegen?"
So ganz präzise ist
die Formulierung dann doch nicht. "Selbstbestimmung über sich selbst". Was ist
das?
1. Freitod?
2. Drogenkonsum?
3. Verzicht auf Extremsportarten?
4. Verzicht auf Arbeit (soll die Gesellschaft für mich aufkommen!)?
Also,
was genau rechnest du dazu?
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Sheelina am 01.
Sept. 2005, 16:17 Uhr
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Hanspeter sollte einfach schweigen von den Dingen von denen er keine Ahnung
hat.[u]
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 01.
Sept. 2005, 16:34 Uhr
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Hallo,
ich werde gefragt:
"Was ist es dann, wenn ein 16jähriger Junge auf
den Dachboden geht, ein Seil aufhängt, eine Schlinge macht und sich erhängt?
Oder wenn ein Heroinabhängiger sich den „goldenen Schuss“ gibt?
In
meinen Augen ist dies keine freie Selbstbestimmung, sondern Fremdbestimmung.
Freiwillig macht das keiner, nur aus Not.
Und Notsituationen widersprechen
der freiwillligen Selbstbestimmung.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 01.
Sept. 2005, 17:42 Uhr
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eigentlich schon schwireig zu sagen wann denn etwas selbstbestimmt ist und wann
nicht. das eine extrem ist die totale determiniertheit, das ist es sicher nicht
, das andere extrem ist die totale regellosigkeit, das ist es auch nicht
unbedingt was man darunter versteht. irgendwo in der mitte.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 01.
Sept. 2005, 21:59 Uhr
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Hallo allerseits,
danke für die zahlreichen Beiträge. Ich will mich bemühen,
auf alle Fragen und Krtiken einzugehen, bitte allerdings um etwas Geduld.
Zur Fragestellung. Gemeint ist z.B. der Fall, dass Individuum A Schnaps in
Mengen konsumiert, die sein Gehirn schädigen und seine Gesundheit ruinieren.
Wir haben also generell Konsumfreiheit (die Begründung hierfür wäre zu
klären), und wir haben Schädigungen des Konsumenten. Frage: Ist das seine Sache
oder bin ich oder die Allgemeinheit verpflichtet, den Alkoholiker daran zu
hindern, sich und sein Leben zu ruinieren?
Hallo psi,
ein Anspruch
auf Richtigkeit, der für mich nicht nachvollziehbar begründet und überprüfbar
ist, bleibt eine bloße Glaubensforderung. Ein derart dogmatischer Anspruch auf
Allgemeingültigkeit ist wissenschaftlich unbrauchbar.
Demnächst mehr von
Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 00:33 Uhr
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hallo eberhard,
die antwort auf solch eine frage wie mit dem alkoholiker
ist entweder eine wirtschaftliche oder eine geschmacksfrage. es gibt dadzu keine
allgemeingültige "natürliche" antwort.
na, das ergebniss muss schon auf
seine richtigkeit hin überprüfbar sein. aber der mechanismus nachdem das
funktioniert muss nicht eingesehen werden können. und schon gar nicht von jedem.
es wird doch sicher dinge geben die du benutzt, deren funktionsweise du aber
nicht durchschaust, oder?
das berühmteste beispiel für so etwas ist ja eine
black box. man weiss nicht was innendrin abläuft, es interessiert auch gar
nicht, man weiss aber aus erfahrung in welcher beziehung eingabe und ausgabe
stehen.
und die richtigkeit des ergebnisses ist dann eben nicht davon
abhängig ob jemand das nachvollziehen kann oder nicht.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
02. Sept. 2005, 02:46 Uhr
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Hallo Eberhard,
Es geht also um das Beispiel Drogenkonsum. Denn ob
Schnaps, Hasch, Ecstasy oder Kokain etc. ist ja im Prinzip gleich.
Es ist
wohl unbestritten, dass es Aufgabe des Staates ist, die Bürger über die Gefahren
von Drogen aufzuklären. Die Frage lautet also nur:
Soll der Staat, soll der
Einzelne versuchen, Drogenkonsum zu verhindern?
1. Der Einzelne: Ich
denke, hier muss man unterscheiden, ob der Betroffene im Verantwortungsbereich
des Einzelnen liegt. Selbstverständlich haben die Eltern eine Verantwortung
gegenüber ihren Kindern. Man kann eine gewisse Verantwortlichkeit gegenüber
nahen Verwandten postulieren. Schwierig, wohl abhängig vom Einzelfall. Gegenüber
Fremden sehe ich keine Verpflichtung.
2. Der Staat: Ich halte es für
falsch, Drogenkonsum zu bestrafen. Die Aufgabe des Staates ist es, die Menschen
vor einander zu schützen, nicht die Menschen vor sich selbst. Denn letzteres
würde dies die die Freiheit des Meschen beeinträchtigen.
Die Freiheit des
Menschen darf nur eingeschränkt werden, wenn eine menschliche Handlung die
Freiheit anderer einschränkt.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 02.
Sept. 2005, 09:20 Uhr
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Hi,
der bisherige Verlauf dieser Diskussion zeigt, dass sie aus zwei
Perspektiven geführt wird, die imho beide falsch sind.
Zum einen wird vom
Staat gesprochen. Staat ist ein abstrakter Begriff, keine zur Handlung fähige
Person. Handeln können nur konkrete Objekte. Folglich ist es unsinnig, den Staat
als handelnde Person einzubringen.
Der Staat ist die Organisation einer
Gesellschaft, also die Form, in der die einzelnen Personen, die eine
Gesellschaft umfasst, mehr oder minder freiwillig organisiert ist. Wenn es also
um den Willen (Gesetze) eines Staates geht, ist immer zu fragen, welche
konkreten Personen bzw. welche Gruppen von konkreten Personen ihren Willen
gegenüber der Gesamtgesellschaft als maßgebend durchgesetzt haben.
Zum
anderen wird vom Einzelnen gesprochen, als wäre der Einzelne ein autonomes
Individuum, das unbeeinflusst auf einer einsamen Insel haust. Tatsächlich aber
lebt jeder Mensch in sozialer Gemeinschaft mit anderen Menschen, ist ohne sie
überhaupt nicht lebensfähig, da er in sie hineingeboren wurde und sogar noch vor
seiner Geburt von ihr geprägt und beeinflusst wurde. Daher ist es imho unsinnig,
über normative Ethik zu sprechen, ohne zu beachten, dass Normen immer die
Beziehung des Einzelnen zur Welt betreffen, zu der seine soziale Gemeinschaft
gehört, in der er agiert und unter deren Aktionen er (als Passiv gesehen)
leidet.
Die Frage nach der Freiheit zur Selbstzerstörung kann also nicht
zutreffend beantwortet werden, ohne die Frage nach den Konsequenzen einer
solchen Aktion für die soziale Gemeinschaft einzubeziehen. Sprich, was bedeutet
das, was ich aktiv tue, passiv für meine soziale Gemeinschaft.
Konkret:
wer für die Freiheit zur Selbstzerstörung plädiert, möge bitte erklären, wie
dies seiner Ansicht nach aussieht, wenn ein Alkoholiker Familie hat, seine Frau
prügelt und seine Kinder in Lumpen und ohne Frühstück, weil mittellos, in die
Schule schickt. Oder wie die Sache aussieht, wenn eine Mutter mit zwei kleinen
Kindern sich aus Liebeskummer mit Schlaftabletten vergiftet.
Grüße
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
02. Sept. 2005, 10:19 Uhr
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> welche konkreten Personen bzw. welche Gruppen von konkreten Personen ihren
Willen gegenüber der Gesamtgesellschaft als maßgebend durchgesetzt haben.
....... das heißt dann
das dies kein rechts staat
orientiert
am gg
sondern eine diktatur
der macht !
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 11:21 Uhr
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on 09/02/05 um 09:20:55, Abrazo wrote:Hi,
der bisherige Verlauf
dieser Diskussion zeigt, dass sie aus zwei Perspektiven geführt wird, die imho
beide falsch sind.
Zum einen wird vom Staat gesprochen. Staat ist ein
abstrakter Begriff, keine zur Handlung fähige Person. Handeln können nur
konkrete Objekte. Folglich ist es unsinnig, den Staat als handelnde Person
einzubringen.
hey, abrazo, viel feinsinniger als eine
rodungsarbeit war das auch nicht
klar ist staat ein abstrakter bedriff.
kennst du einen der nicht abstrakt ist? "konkretes objekt" ist doch genauso
abstrakt und in dem fall tautologisch zu staat. "handeln" selber ist auch nicht
besonders konkret denn es beinhaltet ja keine spezielle handlung sondern
allgemeine. also damit dehst du dich doch im kreis.
alles nicht nur sich
selbst repräsentierende ist abstrakt. wenn man etwas konkreter ausdrückt benutzt
man ja auch nicht im eigentlichen sinne weniger abstrakte begriffe sonder solche
mit eingeschränkter bedeutung. das ist ja doch was anderes.
es gibt
überhaupt keinen grund nicht vom staat zu sprechen.
selber benutzt du ja
ausdrücke wie soziale gemeinschaft. als ob das was anderes wäre...
und
dass man niemand als selbstverwirklichung prügeln darf, soweit waren wir schon
nach den deinermeinung nach imho falschen ergebnissen.
es ist doch
wirklich sinnlos fortgesetzt offensichtliche beispiele anzuschleppen die ganz
einfach in übereinstimmung entschieden werden können. aus solchen extremwerten
kann ich doch keine allgemeingültige regel ableiten. und darum ging es ja hier.
nicht um den "wife beater" sondern um eine generelle handlungsanleitung.
und
die gibts halt nicht.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 11:25 Uhr
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on 09/02/05 um 02:46:14, Hanspeter wrote:Hallo Eberhard,
Es geht also
um das Beispiel Drogenkonsum. Denn ob Schnaps, Hasch, Ecstasy oder Kokain etc.
ist ja im Prinzip gleich.
das kann wohl nicht dein ernst sein
oder?
wenn man verallgemeinert um schlüsse zu ziehen ist es ganz hilfreich
sich an fakten zu halten und nicht an ideologien. zumindest wenn man ergebnisse
erwartet.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 02.
Sept. 2005, 11:29 Uhr
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Hallo allerseits,
die um der Klarheit willen weiter zugespitzte Frage
lautet also:
„Darf man durch Drogenkonsum die eigene Gesundheit
zerstören?“
Es wird nicht danach gefragt, ob man dies nach geltendem
Recht oder nach vorherrschender Moral darf, sondern ob man das überhaupt darf.
Die Frage ist eine moralische Frage so wie die Frage: „Darf man Tiere
schlachten, um sie zu essen?“
Auf diese Frage wird eine richtige Antwort
gesucht.
Die gesuchte Antwort muss dabei nicht ein einfaches „ja“ oder
„nein“ sein, sondern sie kann auch differenziert ausfallen und auf die
jeweiligen Umstände Bezug nehmen.
“Richtig“ heißt dabei: „allgemein
richtig“, nicht nur richtig für mich sondern auch für Dich, und nicht nur heute
richtig sondern auch morgen richtig.
Wenn ich psi richtig verstehe,
bezweifelt er, dass es auf diese Frage eine in diesem Sinne allgemein richtige
Antwort geben kann.
Aber ist die Frage: „Darf man durch Drogenkonsum die
eigene Gesundheit zerstören?“ eine reine Geschmacksfrage so wie die Frage:
„Schmecken Weinbergschnecken gut?“, auf die jeder eine andere Antwort geben
kann, ohne dass dies ein Problem darstellt?
Wenn jemand sagt: „Jeder darf
über sich und seinen Körper allein verfügen. Dies beinhaltet, dass er auch seine
Gesundheit zerstören darf“, so behauptet er etwas, das auch für mich Geltung
beansprucht. Er fordert damit mich und jeden beliebigen anderen zur
(dauerhaften) Bejahung des Satzes auf. Kurz gesagt: er beansprucht für den Satz
allgemeine Geltung.
Wenn dieser Anspruch auf allgemeine Anerkennung nicht
rein dogmatisch sein soll, dann muss er begründet werden. Das heißt, es müssen
Argumente genannt werden, die nachvollziehbar und akzeptabel sind.
Diese
Argumente können nicht in einer „Black Box“ geliefert werden nach der Art „Alles
was der Papst ex cathedra verkündet, ist wahr“.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 02.
Sept. 2005, 05:25 Uhr
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Hi, Psi,
wenn du mich fragst, was Handeln ist, kann ich dir verschiedene
Beispiele zeigen (laufen, essen, Auto fahren), indem ich mit dem Finger darauf
weise und sage: handeln ist z.B. das.
Wenn du mich fragst, was eine
soziale Gemeinschaft ist, kann ich auf die Leute weisen, mit denen ich gerade
zusammen bin und sagen, eine soziale Gemeinschaft ist z.B. das.
Mach das
mal mit dem Staat.
Gruß
--------------------------------------------------------------------------------
Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 05:36 Uhr
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lieber eberhard,
natürlich hat drogenkonsum mit weinbergschnecken nichts
zu tun.
warum denkst du dass das fragen sind die bis jetzt nicht
allgemein beantwortet sind? warum glaubst du dass das fragen sind die mit dogmen
beantwortet werden?
weil es eben nicht natürliches dazu gibt an dem man
sowas ablesen kann. wenn du sagst begründet, dann ist das schön. aber eine
brgründung funktioniert immer in einem system das auf annahmen gegründet ist.
die "richtigkeit" bzw die "sinnhaftigkeit" dieser annahmen kann nur intuitiv
eingesehen werden. es gibt dazu keine tafeln die vom himmel fallen auf denen die
lösungen stehen. und da fängts doch schon an dass in diesem bereich die
vorstellungen die intuitiv erlangt werden doch sehr unterschiedlich sind.
schau dir die abtreibungsfrage an. klassisches beispiel eines solchen
interessenkonflikts. im falle einer indikation bei der davon ausgegengen werden
muss dass das austragen des kindes den tod der mutter bedeutet (keinesfalls eine
hypothetische konstruktion) darf ganz klar legal abgetrieben werden weil der
gesetzgeber dem leben der mutter vorrang vor dem leben des kindes gewährt. die
katholische position dazu ist diametral entgegengesetzt. beide positionen lassen
sich durchaus begründen. letztlich ist es aber eine "geschmacksfrage" welcher
argumentation man folgt. wie wöllte man das denn objektiv entscheiden?
du schreibst die argumentation müsste akzeptabel sein. das kann doch wohl nur
ein witz-kriterium sein. letztlich kann doch jeder akzeptieren was er will. und
das wird isch nach der tatsächlichen oder vermeintlichen interessenlage richten.
alles muss auf etwas gegründet sein. in der mathematik wird durch
formale ableitung die lösung gefunden und wenn etwas formal ableitbar ist, dann
ist es auch wahr.
im wirklichen leben ist das etwas anders. eine regel ist
nicht deshalb gültig weil sie einsehbar abgeleitet wurde sondern weil sie
überprüfbar sinnvolle ergebnisse liefert.
man kann es verneinen, aber wenn
man die tasse loslässt fällt sie runter und zerschellt am boden.
bei der
abtreibungsfrage und allen anderen fragen dieser art ist es aber eine frage der
akzeptanz der ergebnisse die nichts mit naturgesetzen zu tun hat. deshalb wird
in einzelfragen jeweils ein konsens gesucht und gefunden werden müssen.
und
nicht umsonst werden diese fragen durch raum und zeit hinweg ja höchst
unterschiedlich beantwortet.
es gibt keine allgemeingültige anweisung für
richtiges handeln.
aber das ist eigentlich schon seit den griechen bekannt.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 12:45 Uhr
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on 09/02/05 um 05:25:11, Abrazo wrote:Hi, Psi,
wenn du mich fragst,
was Handeln ist, kann ich dir verschiedene Beispiele zeigen (laufen, essen, Auto
fahren), indem ich mit dem Finger darauf weise und sage: handeln ist z.B. das.
Wenn du mich fragst, was eine soziale Gemeinschaft ist, kann ich auf die
Leute weisen, mit denen ich gerade zusammen bin und sagen, eine soziale
Gemeinschaft ist z.B. das.
Mach das mal mit dem Staat.
Gruß
du willst nicht behaupten dass man staat nicht erklären kann,
oder? denn erklären findet ja immer so statt dass man zumindest im übertragenen
sinne mit dem finger auf etwas zeigt und sagt das ist das und das...
wir
können gern mal aufs amt gehen und ich zeig dir die menschendort und erklär dir
ihre funktion indem wir sie beobachten...und dann gehen wir zur polizie und aufs
gericht und ich zeige dir wie der statt handelt. und dann gehen wir nach berlin
und schauen uns mal die grossen institutioinen und ihrer vertreter an...
warum auch nicht...
nur weil etwas grösser ist ist es deshalb nicht
abstrakter. stein ist nicht abstrakter als planet.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 02.
Sept. 2005, 13:25 Uhr
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Hi, Psi,
die Meldehalle ist also der Staat? Und auch der Reichstag mit
den minder oder mehr vorhandenen Abgeordneten drin? Oder die Polizei und die Art
und Weise, wie sie handelt (die Frage nach dem Warum wäre doch wohl wichtiger,
oder)? Und gar die Gerichte? Da sehe ich ein gewaltiges Problem, denn da gibt es
ja recht unterschiedliche Leute, die recht unterschiedlich handeln: nen Richter,
der im Namen des Volkes (bitte nicht mit Staat verwechseln - Volk kannste schon
eher zeigen!) urteilt, dann den Staatsanwalt, der zweifellos was mit dem Staat
zu tun hat, aber was? Kann ich das hören und sehen? Dann den Angeklagten,
Verteidiger, Zeugen, Gutachter ... wat willste da zeigen, um einem zu erklären,
was Staat ist? Denn - Funktion erklären, dat is wat anderes. Das ist nicht mehr
konkretes Zeigen!
Gruß
:-)
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 02.
Sept. 2005, 14:38 Uhr
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warum zweifelt ihr die Beobachtung an, dass der Staat eine handelnde Einheit
ist.
Und alles was als eine Einheit handelt, ist ein lebendes System, ist
begrenzt und offen. Nach innen hat es einen homöostatischen Zustand und tauscht
seine Bausteine ständig aus. Die Bausteine des Staats sind u.a. wir, solange wir
leben, aber die Sterbeqote wird in etwa durch die Geburtenrate ersetzt. Wie
jedes lebende System hat auch der Staat eine ständige Wachstumstendenz und
versucht, sich zu vergrößern, erhöht sein Bruttosozialprodukt oder führt Kriege.
Er erfüllt alle Kriterien eines lebenden Systems.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 14:39 Uhr
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on 09/02/05 um 13:25:15, Abrazo wrote:Hi, Psi,
die Meldehalle ist
also der Staat? Und auch der Reichstag mit den minder oder mehr vorhandenen
Abgeordneten drin? Oder die Polizei und die Art und Weise, wie sie handelt (die
Frage nach dem Warum wäre doch wohl wichtiger, oder)? Und gar die Gerichte? Da
sehe ich ein gewaltiges Problem, denn da gibt es ja recht unterschiedliche
Leute, die recht unterschiedlich handeln: nen Richter, der im Namen des Volkes
(bitte nicht mit Staat verwechseln - Volk kannste schon eher zeigen!) urteilt,
dann den Staatsanwalt, der zweifellos was mit dem Staat zu tun hat, aber was?
Kann ich das hören und sehen? Dann den Angeklagten, Verteidiger, Zeugen,
Gutachter ... wat willste da zeigen, um einem zu erklären, was Staat ist? Denn -
Funktion erklären, dat is wat anderes. Das ist nicht mehr konkretes Zeigen!
Gruß
:-)
ja, das stimmt. aber es gilt ja ganz
allgemein das auch die von dir angeführten begriffe wie handeln und gemeinschaft
nicht nur aus dem bestehen was man zeigen kann. denn in ihrer allgemeinheit
umfangen sie ja alle möglichen fälle dieser art. du kannst nicht auf alle
möglichkeite zu handeln real zeigen um handeln zu erklären. der
verständnissschritt muss immer erfolgen egal bei was. und den verstand eines
zehnjährigen hab ich jetzt einfach mal vorausgesetzt.
selbst eine konkrete
gemeinschaft erschöpft sich ja keineswegs einfach in einer ansammlung an
menschen. die ansammlung schon, zur gemeinschaft gehört genauso funktionelles
wie zum staat auch. und natürlich erschöpft sich handeln in keiner handlung auf
die du zeigen kannst.
wie gesagt, ein bisschen transferleistung und
erkenntnisfähigkeit wird immer vorausgesetzt.
du fragst "kann ich das hören
oder sehen". was soll denn der quatsch? weil ich einen aspekt von "handeln"
nämlich eine bestimmte handlung sehen kann, deshalb kann ich doch "handeln" noch
nicht sehen. genauso ist alles was man sehen kann vom staat ein bestimmter
aspekt des staates. na und?
das ist eine lächerliche diskussion.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 02.
Sept. 2005, 15:26 Uhr
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Hi, doc rudi und psi,
da Staat ein Begriff ist, ist er klar definierbar.
Ein Staat (aus lat. status Zustand, Verfassung) ist ein Gebilde, das laut
der Konvention von Montevideo folgende Eigenschaften aufweist:
eine mehr
oder weniger stabile Kernbevölkerung (Staatsvolk);
einen klar abgegrenzten
oder definierten Landbesitz (Staatsgebiet, Territorium);
eine Regierung, die
eine Staatsgewalt ausüben kann;
[smiley=schilder0307.gif]
--------------------------------------------------------------------------------
Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
02. Sept. 2005, 15:37 Uhr
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Hallo Eberhard,
Thema Drogenkonsum.
Diese moralische Frage kann
nur beantwortet werden, wenn über das moralische Ziel Einigkeit besteht.
Wenn das oberste Ziel einer Moral die persönliche Selbstverwirklichung ist,
ist die Verwendung von Drogen aller Art erlaubt.
Wenn das oberste
moralische Ziel die Erfüllung der Worte des Propheten Mohammed ist, dann sind
Drogen aller Art verboten.
Wenn du die katholische Moral vertrittst,
wird es etwas komplizierter. Dort genießt die Droge Alkohol naturgemäß eine
Sonderrolle. Papst Benedikt nennt Drogenkonsum eine schwere sittliche
Verfehlung, akzeptiert aber den Genuss von Alkohol. Ein Übermaß an Alkohol
sollte seiner Ansicht nach allerdings vermieden werden.
Wenn du die
derzeit übliche Staatsmoral vertrittst, dann darfst du saufen, soviel du willst,
solange du niemand anderen schädigst. Ist die Leber kaputt, zahlt die
Krankenkasse.
Die Verwendung und die Beschaffung der übrigen Drogen wird
teilweise bestraft.
Die Droge, die die häufigsten Todesfälle verursacht,
nämlich das Zigarettenrauchen, wird vom Staat ambivalent beurteilt. Einerseits
ist es am Arbeitsplatz verboten, andererseits leisten die Raucher einen
wichtigen Beitrag zur Terroristenbekämpfung und zur Sanierung der Rentenkasse.
Wenn du keine der hier aufgeführten Moralen vertrittst, dann musst du mir
erst deine persönliche Moral genauer erklären.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 15:52 Uhr
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on 09/02/05 um 15:26:17, Abrazo wrote:Hi, doc rudi und psi,
da Staat
ein Begriff ist, ist er klar definierbar.
Ein Staat (aus lat. status
Zustand, Verfassung) ist ein Gebilde, das laut der Konvention von Montevideo
folgende Eigenschaften aufweist:
eine mehr oder weniger stabile
Kernbevölkerung (Staatsvolk);
einen klar abgegrenzten oder definierten
Landbesitz (Staatsgebiet, Territorium);
eine Regierung, die eine
Staatsgewalt ausüben kann;
[smiley=schilder0307.gif]
jaaaa....und? was sagt uns das jetzt? hat jemand was anderes behauptet? da
hast du doch deine handelnde regierung. auf die kann man und muss man sogar mit
dem finger zeigen...
gruss
--------------------------------------------------------------------------------
Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 02.
Sept. 2005, 16:40 Uhr
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Hallo allerseits,
Ich hatte die Frage gestellt: „Darf man sich selbst
zugrunde richten?“ und hatte diese Frage konkretisiert: „Darf man durch
Drogenkonsum die eigene Gesundheit zerstören?“
Gesucht ist damit die
Antwort auf diese Frage, wobei es nicht um irgendeine Antwort geht, sondern um
die richtige.
Dass eine bestimmte Antwort richtig ist, soll nicht nur
behauptet, sondern auch begründet werden. Dazu sind Argumente nötig, die vom
Diskussionspartner eingesehen und akzeptiert werden können. Wer nur monologisch
Behauptung an Behauptung reihen will, ohne sich zu fragen, inwieweit diese von
anderen geteilt werden können, der sollte nicht an erkenntnisorientierten
Diskussionen teilnehmen. Was hier zählt sind allein gute Argumente, die mögliche
Antworten stützen oder erschüttern, und die nicht durch Gegenargumente
entkräftet werden können. Was allein zählt sind Argumente zur Sache, denen man
folgen kann – oder besser noch: folgen muss.
Wer allerdings der Meinung
ist, es könne keine richtige Antwort auf die gestellte Frage geben, man könne
nicht das Für und Wider in Bezug auf mögliche Antworten sinnvoll erörtern, der
sollte den Beweis der Unmöglichkeit antreten oder - besser noch – der sollte
sich Fragen zuwenden, die er für beantwortbar hält.
Reine Wertungen von
Äußerungen können keine Argumente zur Sache sein und sollten deshalb möglichst
unterbleiben, Zu solchen Nicht-Argumenten zähle ich Sätze wie
-
ist ja
hanebüchen
eine philosophische erkenntnis kann man daraus nicht stricken
das kann nicht dein ernst sein
es ist eine ziemlich ausgelutschte erkenntnis
na, wenn das nicht der schöne und jugendfrohe anfang einer schreckensideologie
ist.
damit drehst du dich doch im kreis.
das kann wohl nicht dein ernst
sein oder?
das kann doch wohl nur ein witz-kriterium sein
das ist
eigentlich schon seit den griechen bekannt
was soll denn der quatsch?
na
und?
Das ist eine lächerliche Diskussion
Unbrauchbar sind auch
Entgegnungen, bei denen unklar ist, gegen welche Aussage des andern sie sich
richten. Der Satz: „Natürlich hat drogenkonsum mit weinbergschnecken nichts zu
tun“ mag richtig sein, aber gegen welche Behauptung soll er denn ein Argument
sein?
Störend sind Bemerkungen, die Diskussionsteilnehmer herabsetzen,
wie: „Den verstand eines zehnjährigen hab ich jetzt einfach mal vorausgesetzt.“
Soviel zur Methode, zur Sache demnächst mehr von Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 02.
Sept. 2005, 18:29 Uhr
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eberhard,
" Dass eine bestimmte Antwort richtig ist, soll nicht nur
behauptet, sondern auch begründet werden. Dazu sind Argumente nötig, die vom
Diskussionspartner eingesehen und akzeptiert werden können. Wer nur monologisch
Behauptung an Behauptung reihen will, ohne sich zu fragen, inwieweit diese von
anderen geteilt werden können, der sollte nicht an erkenntnisorientierten
Diskussionen teilnehmen. Was hier zählt sind allein gute Argumente, die mögliche
Antworten stützen oder erschüttern, und die nicht durch Gegenargumente
entkräftet werden können. Was allein zählt sind Argumente zur Sache, denen man
folgen kann – oder besser noch: folgen muss. "
zwingend schliessen, kann
man nur in einem axiomatischen system. die grundlagen müssen von dem anerkannt
sein den man zum schluss zwingen will. bringt man ein nicht ableitbares argument
ein kann man versuchen übereinstimmung in der einschätzung des arguments zu
finden, zwingend kann es nicht sein. sicher können sich über derartige fragen
zwei einig sein, sogar beliebig viele einig sein. allgemein zwingend kann es nie
werden weil irgendein ausgangspunkt vorhanden sein muss, auf den kann man
niemand zwingen.
warum es meiner meinung nach auch unmöglich ist das ein
solcher allgemeiner ausgangspunkt existiert hab ich ja auch ausgeführt.
die unsachlichen bemerkungen waren auf unsachliche argumente bezogen.
zwingende sachliche argumente gegen eine allgemeingültige lösung hab ich ja
gebracht. das kannst du gerne mal versuchen zu bezwingen. sachlich.
gruss
den vergleich mit den weinbergschnecken hast du selber gemacht. ich hab nur
gesagt dass das offensichtlich nichts miteinander zu tun hat.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 02.
Sept. 2005, 21:15 Uhr
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Hallo allerseits,
gar nicht so einfach, eine moralische Frage zu
diskutieren wie „Darf man durch übermäßigen Alkoholkonsum seine Gesundheit
zugrunde richten?“
Hanspeter hat offenbar eine entschiedene Meinung zu
der Frage, aber er will sich nicht auf die Suche nach einer richtigen Antwort
einlassen. Er kann sich die Sache nur so vorstellen, dass ich meine subjektive
Meinung dazu hier zum Besten gebe, wenn er schreibt: „Wenn du keine der hier
aufgeführten Moralen vertrittst, dann musst du mir erst deine persönliche Moral
genauer erklären.“
Immerhin gibt es für ihn eine Möglichkeit, zu einer
gemeinsamen Antwort zu kommen, wenn man sich über ein oberstes Ziel einigt.
psi ist der Meinung, dass er „zwingende sachliche Gründe gegen eine
allgemeingültige Lösung gebracht“ habe. Ich kann diese Gründe nicht entdecken.
Die Argumente, die gegen das Bemühen um eine allgemeingültige Beantwortung
ethischer Fragen vorgebracht werden, treffen auch auf die empirischen
Fragestellungen zu. Auch hier gibt es Dissens und unterschiedliche Erklärungen
(z.B. bei den Ursachen von Krebs), auch hier gibt es keine logisch zwingenden
Beweise, auch hier gibt es Fragen, die bisher nicht beantwortet werden können.
In der letzten Woche hat hier in Berlin ein 17jähriger Junge einen 7jährigen
auf dem Spielplatz totgeschlagen. Die Gewalt- und Rohheitsdelikte in unserer
Gesellschaft nehmen zu. Für mich ist es schwer zu begreifen, dass so viele klar
denkende Menschen sich nicht auf die Aufgabe einlassen wollen, nach allgemein
akzeptablen Normen zu suchen, denen im Prinzip jeder zustimmen kann, der dieses
Ziel teilt.
Ist die moralische Stellungnahme zu der genannten Tat
wirklich subjektiv beliebig? Ist das Geschmacksache? Gibt es keine
intersubjektiv nachvollziehbaren Argumente für oder gegen diese Tat?
Wenn
mir gegenüber jemand die Position vertritt, moralische Urteile seien subjektiv
beliebig und es sei sinnlos, nach einem allgemeinen Konsens zu suchen, dann
impliziert dies, dass es für ihn keinen Grund gibt, meine Interessen zu achten,
falls sie den seinen in die Quere kommen. Es gibt für ihn kein moralisches
Problem. Er wird mich notfalls umbringen, wenn er dies unerkannt und straflos
tun kann.
Dies ist letztlich die Konsequenz aus der Haltung, dass
moralische Normen etwas subjektiv Beliebiges sind. Das muss man sich ganz klar
machen. Entsprechend stelle ich mich darauf ein, dass es bei Konflikten mit ihm,
der keine begründeten moralischen Vorwürfe kennt, nichts zu argumentieren gibt,
sondern dass ich mich stattdessen gegen ihn wappnen muss.
Wer nicht
bereit ist, sich mit mir gewaltlos und allein mittels einsichtiger Argumenten
darüber zu einigen, wie wir beide miteinander umgehen wollen, der hat sich damit
zu meinem potentiellen Feind erklärt, vor dem ich auf der Hut sein muss.
Ist dies schlüssig?
fragt Eberhard.
Hallo Abrazo,
In Deinem ersten Beitrag hast Du geschrieben: "Die Frage nach der Freiheit zur
Selbstzerstörung kann also nicht zutreffend beantwortet werden, ohne die Frage
nach den Konsequenzen einer solchen Aktion für die soziale Gemeinschaft
einzubeziehen. Sprich, was bedeutet das, was ich aktiv tue, passiv für meine
soziale Gemeinschaft.“
Ich bin da vollkommen mit Dir einer Meinung. Es
ist für mich selbstverständlich, dass man diese Zusammenhänge bei der
Beantwortung der Frage berücksichtigen muss. Ich wüsste auch nicht, dass ich das
durch eine „falsche Perspektive“ ausgeschlossen hätte.
Es grüßt Dich
Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von res1 am 02.
Sept. 2005, 21:40 Uhr
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Ob man sich nun zu Grunde richten darf bleibt allein bei der Prioritätensetzung.
Mir ist die Freiheit des Individuums wichtiger als Scheinsicherheiten.
Wie lächerlich und undurchsetzbar wäre denn so ein Gesetz, dass keiner mehr als
1 Glas Wein täglich trinken oder keine Drogen nehmen dürfte? Wer bezahlt die
Riesenkosten der Screenings beim Arzt für jeden Einwohner?
Dazu kommt
einfach generell, dass meiner Ansicht nach der Wille des Individuums wichtiger
ist als Scheinsicherheiten.
Das ist genau wie die zukünftige
Kameraüberwachung, das SIS-System und Fingerabdruck-Scanns. Dass Terroranschläge
passieren werden, wenn Terroristen dies wollen, wird so sein, denn dumm sind die
gaar nicht. Und wenn sich einer zu Grunde richten will, wieso sollte er das
nicht machen dürfen... er kann es ja sowieso.
Und was bringt uns ein
solches Überwachungs-/Erfassungssystem , welches alle toll finden und sich drauf
verlassen, wenn der sich nicht registriert. Oh sorry - There's no fingerprint
scanner in Kirgistan.
Das alles war nur meine Meinung, kein Angriff oder
so. Gesetze gibt es nur, weil wir versagt haben und darum wirds sie auch
weiterhin geben. Die Wurzel des Übels (warum machen sie es...usw) interessiert
kaum einen und da wird auch nix gegen gemacht.
[guard] [bounce]
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 02.
Sept. 2005, 21:59 Uhr
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Hi, Eberhard,
die meisten, die die Freiheit des Einzelnen über alles
stellen, nehmen die Perspektive ein, als stünde das autonome Individuum einer
gesichtslosen Gesellschaft gegenüber.
Diese Perspektive ist falsch. Und
natürlich sind deswegen auch die damit begründeten Antworten falsch.
Falsch ist diese Perspektive aus zwei Gründen: zum einen, weil, wie ich schon
sagte, das Individuum nur teilweise autonom ist. Es wird in eine soziale
Gemeinschaft hineingeboren und übernimmt von dieser Gemeinschaft
Verhaltensweisen, Kultur, und, am wichtigsten, die Sprache, die sein Denken
entscheidend mit bestimmt. All dies, was seine Persönlichkeit wesentlich prägt,
ist also nicht von ihm selbst geschaffen, er hat es sich nicht ausgesucht, es
war keine Willensentscheidung, sondern andere haben ihn damit geprägt, so, wie
sie selbst davon geprägt sind. Natürlich ändert sich die Kultur laufend, aber
eben auf der zuvor von anderen festgelegten Basis.
Zum zweiten ist die
Gesellschaft - ich spreche lieber von sozialer Gemeinschaft, um den
Begriffscharakter etwas nieder zu halten, der mit dem Wort Gesellschaft
automatisch ins Spiel kommt - kein gesichtsloses Wesen, sondern sie ist quasi
die Bezeichnung einer Menge, die aus Individuen als Elemente besteht; eines
dieser Elemente bin ich selbst. Wenn ich also von der sozialen Gemeinschaft
spreche und mich selbst dabei ausnehme, dann rede ich über einen Sachverhalt,
der nicht besteht. Das Element einer Menge kann nicht außerhalb der Menge sein.
So schade ich niemals der Gesellschaft, sondern immer nur Elementen, aus
denen diese Gesellschaft besteht.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 02.
Sept. 2005, 22:46 Uhr
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Hi, Psi,
zwingend schliessen, kann man nur in einem axiomatischen system.
die grundlagen müssen von dem anerkannt sein den man zum schluss zwingen will.
Vor nicht allzu langer Zeit musste die GmbH eng zusammen gehend an einem
heißen Tag durch den vollen Hauptbahnhof. Da begab es sich, dass ein
kurzbehoster Mann, offensichtlich in der Ansicht, er habe mehr Rechte auf
Schnelles Weiterkommen als andere, ohne seine Aufmerksamkeit auf das zu richten,
was um ihn herum vorging sich durchzudrängeln trachtete. Da seiner subjektiven
Auffassung und deswegen wohl auch Wahrnehmung nach Herr Hund nicht existierte,
trat er ihm auf den Fuß. Happs.
Nicht, dass etwas passiert wäre, in
solchen Fällen zwickt der Herr mal schnell in die Wade ohne Spuren zu
hinterlassen, aber aufgrund der Schreckensreaktion habe ich allen Grund
anzunehmen, dass Herr Hund ihn vermittels Argument seiner Zähne zu dem Schluss
gezwungen hat, seine Existenz anzuerkennen.
Jetzt würde mich
interessieren, kraft welchen axiomatischen Systems, dessen Grundlage der
Drängler anerkannt hat, Herr Hund den Drängler zur Anerkennung seiner Existenz
gezwungen hat.
Gruß
--------------------------------------------------------------------------------
Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 02.
Sept. 2005, 23:55 Uhr
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jedes lebende System hat eine ständig wirkende Vergrößerungstendenz und wächst
auch weiter, wenn sein Körper "erwachsen" ist.
Zum Menschen gehört u.a. auch
sein weiter wachsendes Eigentum. Auch Herr Hund versucht, sein Revier zu
vergrößern. Das merkt Herr Drängler bereits, wenn er angebellt wird, nicht erst,
wenn er in die Wade gezwickt wird.
Diese Vergrößerungskraft ist der Trägheit
einer Masse vergleichbar. Eine Verkleinerung des lebenden Systems ist stets
Folge einer Einwirkung von außen - durch einen stärkeren Hund. Die Reviergrenzen
sind dann abgesteckt, wenn die beiden Kräfte gleich sind, deshalb hat der
stärkere Hund ein größeres Revier (die Kraft nimmt mit dem Quadrat der
Entfernung ab).
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 03.
Sept. 2005, 00:38 Uhr
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Hi, doc rudi,
[smiley=lol.gif]
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
03. Sept. 2005, 03:14 Uhr
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Hallo Eberhard,
du schreibst: "Wenn mir gegenüber jemand die Position
vertritt, moralische Urteile seien subjektiv beliebig und es sei sinnlos, nach
einem allgemeinen Konsens zu suchen, dann impliziert dies, dass es für ihn
keinen Grund gibt, meine Interessen zu achten, falls sie den seinen in die Quere
kommen."
Hier sind zwei Aussagen zu präzisieren.
1. Beliebigkeit.
In einem gegebenen System sind moralische Aussagen keineswegs beliebig. Wenn
jemand in einem bestimmten Staat lebt, kann und wird dieser seine moralischen
Vorstellungen teilweise in gültiges Recht umwandeln und dieses auch nachhaltig
einfordern.
Du kannst also argumentieren: "Wer im selben Staat lebt wie ich
hat auch die in diesem Staat gültigen moralischen Normen zu achten".
2.
Toleranz. In einem Staat gibt es außer dem gültigen Recht (= Basismoral) auch
noch eine gewisse moralische Toleranz. Innerhalb dieser kann jeder seine eigene
persönliche Moral entwickeln, die ja auch ein wesentlicher Bestandteil seines
Charakters ist. Zur Basismoral gehört aber verbindlich die Achtung der Rechte
anderer.
Noch einmal: Wir müssen de facto feststellen, dass es weltweit
unterschiedliche moralische Ziele gibt. Die Frage, ob eines davon richtig und
die anderen falsch sind, können wir zwar stellen, doch das wäre eine andere
Diskussionsebene. Es gibt aber gewichtige Gründe zur Annahme, dass dabei keine
allgemein gültige Antwort gefunden wird. Ohne eine allgemein verbindliche
moralische Zielvorgabe können wir aber nicht den richtigen Weg finden.
Trotzdem halte ich diese Diskussion über Drogen für ergiebig - sofern sie
sachlich geführt wird - weil sie die eigene, persönliche Moral auf den Prüfstand
legt.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
03. Sept. 2005, 10:33 Uhr
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.... solange ihr nur die lügen propaganda
euerer ge meinen schafft
von euch ....................
werdet ihr keinen rechts staat haben können
sondern nur ein aus sterbendes arbeits lager
sehet euch nur eueren chef
an ..........
>>> wer mehr arbeit schaffen will braucht mut <<<
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 03.
Sept. 2005, 12:21 Uhr
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on 09/02/05 um 21:15:55, Eberhard wrote:Hallo allerseits,
psi
ist der Meinung, dass er „zwingende sachliche Gründe gegen eine allgemeingültige
Lösung gebracht“ habe. Ich kann diese Gründe nicht entdecken.
In
der letzten Woche hat hier in Berlin ein 17jähriger Junge einen 7jährigen auf
dem Spielplatz totgeschlagen. Die Gewalt- und Rohheitsdelikte in unserer
Gesellschaft nehmen zu. Für mich ist es schwer zu begreifen, dass so viele klar
denkende Menschen sich nicht auf die Aufgabe einlassen wollen, nach allgemein
akzeptablen Normen zu suchen, denen im Prinzip jeder zustimmen kann, der dieses
Ziel teilt.
eberhard,
genau im letzten satz stimmst du
mir doch zu. denn du schränkst die zustimmung von jederman erstens ein mit einem
"kann" das heisst streng genommen "nicht muss", und du schränkst weiterhin ein
mit " der dieses ziel teilt". ganz offensichtlich teilen eben nicht alle die
gleichen ziele, schon gar nicht so ein ziel der gewaltlosigkeit. sonst müsste
man es ja nicht mit gewalt durchsetzen. was wiederum eine einschränkung der
gewaltlosigkeit bedeutet. kein prinzip kann man in der praxis bis zur
eigentlichkeit exerzieren. jeder versuch das zu tun endet in zwangs und
gewaltherrschaft.
es ist ja nicht so dass einer hier, auch ich nicht, sagte
es wäre VÖLLIG beliebig. man kann sich ja über weite bereiche einigen. WIR sind
uns ja auch in der beurteilung der oben angesprochenen tat durchaus einig. aber
doch offensichtlich der täter nicht.
und selbst wenn es utopischerweise dazu
käme dass rational alle einem gedanken folgten diesbezüglich, so wäre das
verhalten und die handlungsmotivation immer noch nicht nur rational. und es gäbe
weiterhin von dieser norm abweichendes verhalten.
alles was ich sage ist
dass eine absolute allgemeingültigkeit nicht erreicht werden kann. mit deinen
einschränkungen oben sagst du das auch selber.
ansonsten gibt es schon
eine norm diesbezüglich, allgemein akzeptiert(nicht im sinne von absolut),
nämlich das tötungsverbot. darauf hat man sich schon geeinigt. trotzdem folgen
nicht alle, warum auch.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 03.
Sept. 2005, 12:34 Uhr
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on 09/02/05 um 22:46:27, Abrazo wrote:Hi, Psi,
zwingend schliessen,
kann man nur in einem axiomatischen system. die grundlagen müssen von dem
anerkannt sein den man zum schluss zwingen will.
Vor nicht allzu langer
Zeit musste die GmbH eng zusammen gehend an einem heißen Tag durch den vollen
Hauptbahnhof. Da begab es sich, dass ein kurzbehoster Mann, offensichtlich in
der Ansicht, er habe mehr Rechte auf Schnelles Weiterkommen als andere, ohne
seine Aufmerksamkeit auf das zu richten, was um ihn herum vorging sich
durchzudrängeln trachtete. Da seiner subjektiven Auffassung und deswegen wohl
auch Wahrnehmung nach Herr Hund nicht existierte, trat er ihm auf den Fuß.
Happs.
Nicht, dass etwas passiert wäre, in solchen Fällen zwickt der Herr
mal schnell in die Wade ohne Spuren zu hinterlassen, aber aufgrund der
Schreckensreaktion habe ich allen Grund anzunehmen, dass Herr Hund ihn
vermittels Argument seiner Zähne zu dem Schluss gezwungen hat, seine Existenz
anzuerkennen.
Jetzt würde mich interessieren, kraft welchen axiomatischen
Systems, dessen Grundlage der Drängler anerkannt hat, Herr Hund den Drängler zur
Anerkennung seiner Existenz gezwungen hat.
Gruß
sehr fein
bemerkt, abrazo.
erfahrungstatsachen wie du sie angesprochen hast sind ja
eben gerade in axiomen verarbeitet in den formalen systemen die man benutzt um
sich in der welt zurechtzufinden. und bis zu einem gewissen grad ist es ja auch
tatsächlich so dass "moralische" gesetzte dadurch entstehen als dass sie ein
funktionierendes gemeinwesen erst ermöglichen und demzufolge aus den
gegebenheiten durch erfahrungen abgeleitet werden können. aber genau da trifft
man eben auf die interessen. denn "du sollst nicht töten" funktioniert eben weil
im prinzip niemand getötet werden will. das finden also erst mal alle gut. bis
es einen interessenkonflikt gibt. und absolute gültigkeit für jede
handlungssituation muss sich eben auch an extremfällen messen lassen. so ist
töten eben dann schon erlaubt wenn es dem schutz des eigenen oder eines dritten
notwendig erscheinen lässt. ausnahme, allgemeine gültigkeit gebrochen. so
einfach ist das. und auf die gefahr hin wieder unsachlich genannt zu werden, es
ist schon lange unter verständigen leuten bekannt dass aus der natur moralische
gesetze ableiten zu wollen ins unglück führt.
ich bin kein ausgesprochener
brecht fan, aber eines seiner besten werke ist sicher der gute mensch von
sezuan. die einwände die dort aufgefahren werden gegen eine absolute
entscheidbarkeit "guten handelns" sind durchaus prinzipieller(zwingender) natur
und sehr nachvollziehbar für alle leute die einen hundebiss nicht für illusion
halten.
desweitern, was ich mit den griechen auch gemeint hatte, die gründe
die in den platonischen dialogen aufgezeigt werden warum die beantwortung von
fragen nach "gutem handeln" nicht allgemein gelöst werden konnen sind auch
prinzipieller natur und sehr nachvollziehbar.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von res1 am 03.
Sept. 2005, 20:01 Uhr
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Eberhart, zum Topic:
Tatsache ist schlichtweg, dass manche Leute einfach
den Hang haben, sich zu Grunde zu richten. Dies jetzt hier mehrfach erwähnt, am
Beispiel des Drogenkonsums.
Definition Drogen siehe www.wissen.de. Dinge,
die das ZNS stimulieren wie Schnaps, Koks, Kaffee mit Koffein, Nikotin, Shore,
LSD und Konsorte, usw...
Die Frage, ob Drogen nun "schlecht" sind, wird
wohl kaum einer so mit Ja beantworten. Denn Drogen sind nicht schlecht, siehe
med. Anwendung, siehe Heilpraktiken. Es liegt immer am Umgang.
Denn jeder
Mensch richtet sein Körper und/oder seine Psyche irgendwo bischen zu Grunde. Nur
wieviel darf man also?????
Wenn Leute in ihrer Freizeit ausschliesslich
TVen, soll da nicht auch der Staat eingreifen? Wenn Leute ausschliesslich
Playstation oder PC-Games spielen...... soll dann der Staat auch eingreifen?
Die Moral sollte sein, das wir erkennen, wo die WURZEL DES PROBLEMS liegt
und sie liegt eben nicht im Stoff, sondern im Umgang.
Wenn ich mit 120
km/h innerorts durch ne Kleinstadt fahre,... kann ich mit Autos auch nicht
umgehen und bin auf dem besten Wege, mich und andere zu Grunde zu richten.
Einer, der täglich 2Gram Koffein trinkt, wird auch kein langes Leben
haben....
Geht man davon aus, dass es nur am Umgang liegt, können wir
ausser einer Legalisierung aller Drogen nichts mehr dagegen tun. Junkies sind
ein Teil unserer Gesellschaft und wir sollten sie akzeptieren als Teil unserer
Gesellschaft und nicht diskriminieren/ausschliessen.
Dies sage ich eben
auch, weil in Ländern mit drakonischen Strafen (Erhängen/Tod wegen kleinen
Mengen) wie Singapur oder Thailand, der Drogenkonsum mehr ansteigt als in
bspweise Deutschland.
Jeder, der sich mit Drogenproblematik tiefgründig
befasst, erkennt schnell, dass an einer Liberalisierung (kontrollierte Abgabe)
nichts vorbeiführt.
H-Junkies. Alkoholiker und Selbstzerstörer wird es
geben, wenn Drogen legal sind und auch wenn der Besitz mit dem Tod bestraft
wird.
Daher kann eine vorgeschriebene Moral in Form eines Gesetzes nie
erfolgreich sein. Es überdeckt Probleme, die später in aktives Elend ausarten,
weil niemand was dagegen gemacht hat.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 03.
Sept. 2005, 21:35 Uhr
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Hallo allerseits,
so gefällt mir die Diskussion. Wenn wir weiter nach dem
Motto verfahren: Kritik nur an Positionen, nicht an Personen, werden wir die
besten Resultate haben.
Die Diskussion verläuft an zwei Schwerpunkten.
Der eine Schwerpunkt ist das konkrete moralische Problem der
Selbstzerstörung.
Hier gibt es einerseits die Position „Die Freiheit des
Menschen darf nur eingeschränkt werden, wenn eine menschliche Handlung die
Freiheit anderer einschränkt.“
Auf der anderen Seite steht die Position:
„Die Frage nach der Freiheit zur Selbstzerstörung kann nicht zutreffend
beantwortet werden, ohne die Frage nach den Konsequenzen einer solchen Aktion
für die soziale Gemeinschaft einzubeziehen.“
Außerdem gibt es das
Spannungsverhältnis zwischen Moral und ihrer Umsetzung in Rechtsnormen.
Der andere Diskussionsschwerpunkt ist die erkenntnistheoretische (oder wie
ich sagen würde) die methodologische Frage, ob und wie sich moralische Fragen
richtig beantworten lassen.
Hier stehen sich zwei Positionen gegenüber:
die eine sieht keine Möglichkeit zur allgemeingültigen Beantwortung moralischer
Fragen, die andere plädiert für diese Möglichkeit.
Ich will noch einmal
darlegen, wie ich mir Letzteres vorstelle.
Moralische und rechtliche
Normen werden benötigt, um soziale Konflikte (A tut etwas, was B nicht will) und
deren schädliche Folgen (Streit, Kampf, Krieg, Unterdrückung) zu beschränken.
Außerdem werden sie benötigt, um koordiniertes Handeln (Kooperation) und
dessen Vorteile (Planungssicherheit in Bezug auf die Zukunft, Arbeitsteilung und
Spezialisierung) zu fördern.
Es bestehen in Bezug auf die Behandlung
sozialer Konflikte zwei grundlegende Möglichkeiten: Entweder, man trägt die
Konflikte – notfalls gewaltsam – aus, oder man versucht, sich gewaltlos zu
einigen und nach Regelungen des Handelns zu suchen, die für alle Beteiligten
akzeptabel sind.
Wenn man sich dafür entscheidet, einen allgemeinen
Konsens zu suchen, dann verzichtet man auf jede Form des Zwanges bei der
Bestimmung der anzuwendenden Normen, man hat als Mittel der Auseinandersetzung
nur Argumente, die an die Einsicht der Beteiligten appellieren.
Wenn man
so will, ist der einzige Zwang der Zwang zum Konsens. Ziel ist die Bestimmung
moralischer und rechtlicher Normen, deren faktische Geltung „vernünftig“, d.h.
durch einsichtige Argumente begründet werden kann.
Ähnlich, wie bei
empirischen Fragen entscheidend ist, was alle übereinstimmend wahrnehmen, so ist
bei normativen Fragen das entscheidend, was alle gemeinsam wollen, (ob man es
nun „volonté générale“ nennt oder „Gemeinwohl“ oder „Gesamtinteresse“).
Es ist ohne weiteres möglich, sich gegen die Suche nach einem begründeten
Konsens zu entscheiden. Aber derjenige, der dies macht, verliert damit
gleichzeitig die Möglichkeit, in irgendeiner Weise in Bezug auf Normen des
Handelns „recht“ zu haben, wenn „Rechthaben“ mehr sein soll als die Verkündung
eines Dogmas, das geglaubt und befolgt werden soll. Er hat die Ebene der
Argumentation von sich aus aufgekündigt, aber ohne einsichtige Argumente lassen
sich Geltungsansprüche für Normen weder rechtfertigen noch kritisieren.
Wenn dieser Gedankengang richtig ist, dann haben wir mit dem angestrebten,
allein auf einsichtigen Argumenten beruhenden Konsens ein – sicherlich noch
präzisierungsbedürftiges - Kriterium, um gute von schlechten Argumenten zu
unterscheiden und richtige von falschen Antworten zu unterscheiden.
Ich
hoffe, ich habe mich verständlich machen können. Der dargelegte Gedankengang ist
für mich das entscheidende Fundament jeglicher rationalen, wissenschaftlichen
Erkenntnis – entschuldigt die pathetischen Worte – aber wer diesen Gedankengang
nicht nachvollzogen und verstanden hat, kann alles spätere nur halb verstehen –
gleichgültig ob er dem nun zustimmt oder nicht.
Es grüßt alle
Interessierten Eberhard.
p.s.: Zur konkreten Frage komme ich
(hoffentlich) noch ...
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von paul am 04.
Sept. 2005, 01:33 Uhr
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ich frage mich,
ob die Selbstzerstörung überhaupt etwas mit Moral zu tun hat.
In England ist Selbstmord(versuch) strafbar, in Deutschland nicht. Psychiater
sehen im Selbstmordversuch eine unangemessene Reaktion auf subjektive Probleme
(abgesehen von dem seltenen rationalen "Bilanzselbstmord") und betrachten ihn
folglich als eine psychische Erkrankung.
In Analogie zum Komputer könnte man
von einem Programmfehler mit potentiellem Systemabsturz sprechen.
Gruss
Paul
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
04. Sept. 2005, 02:16 Uhr
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Hallo Eberhard,
wenn ich das richtig sehe, läuft die Diskussion:
"Inwieweit tangiert das Sichselbstzugrunderichten die Interessen der
Gemeinschaft."
auf eine Güterabwägung hinaus:
Wie res1
richtig bemerkte, kann man ziemlich viele Handlungsweisen als ein
Sichzugrunderichten interpretieren. Was wäre die Konsequenz? Ein von der
Gesellschaft ausgeklügelter Lebensplan, der eine maximale Lebensdauer bei bester
Gesundheit garantiert? Das wäre Diktatur pur. Nebenbei bemerkt, im Interesse der
Gesellschaft ist es, nach Beendigung der für sie nützlichen Tätigkeit - sprich
mit dem Erreichen des Rentenalters - abzunibbeln.
Andererseits haben
Eltern unmündiger Kinder die moralische Verpflichtung, für diese zu sorgen.
Daraus folgt, sie haben das eigene Sichzugrunderichten dahingehend
einzuschränken, dass dieser Verpflichtung Rechung getragen werden kannn.
Irgendwo zwischen Selbstverwirklichung und Verantwortung liegt wohl der
richtige Weg.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von paul am 04.
Sept. 2005, 02:39 Uhr
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on 09/04/05 um 02:16:35, Hanspeter wrote:Hallo Eberhard,
....Nebenbei
bemerkt, im Interesse der Gesellschaft ist es, nach Beendigung der für sie
nützlichen Tätigkeit - sprich mit dem Erreichen des Rentenalters - abzunibbeln.
....
Ich weiss, dass Du nicht der einzige bist der diese
unverschämte, miese, unmoralische und unmenschliche Meinung vertritt, reine
Dollarmentalität, schäm dich was! Der Mensch ist wohl ein bischen mehr als ein
Wahrenproduktionsfaktor,
Du Mörder!!!!!!!!
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
04. Sept. 2005, 15:47 Uhr
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Wer sagt, dass das meine Meinung ist?
Ich bin nicht "die Gesellschaft".
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
05. Sept. 2005, 09:59 Uhr
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> „Die Freiheit des Menschen darf nur eingeschränkt werden, wenn eine
menschliche Handlung die Freiheit anderer einschränkt.“
... wäret
ihr menschen
dann würde es bei euch um menschen würde gehen
nicht um
frei heit .........
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 05.
Sept. 2005, 11:00 Uhr
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on 09/03/05 um 21:35:28, Eberhard wrote:Wenn dieser Gedankengang richtig
ist, dann haben wir mit dem angestrebten, allein auf einsichtigen Argumenten
beruhenden Konsens ein – sicherlich noch präzisierungsbedürftiges - Kriterium,
um gute von schlechten Argumenten zu unterscheiden und richtige von falschen
Antworten zu unterscheiden.
eberhard, das war schon klar wie du das
meinst. natürlich kann ich kriterien aufstellen um gut von schlecht, richtig von
falsch zu unterscheiden.
die frage die sich dann jedoch stellt ob eine
deiner richtigen antworten denn auch etwas mit der wirklichkeit zu tun hat. und
das kann eben nicht durch übereinkunft erkundet oder festgelegt werden. ob sich
zwei einigen oder ob der eine dem anderen ein dogma (wenn du im übrigen glaubst,
dogmen wären argumentativ unbegründet, dann unterschätzst du die katholische
kirche gewaltig, nicht umsonst finden sich die urspründe der universitäten in
den theologischen fakultäten) aufzwingt, im verhältnis zur realität ist das
gleich.
das schönste beispiel ist doch die aussage des aristoteles dass
unterschiedlich schwere körper unterschiedlich schwer fallen. schön hat er das
begründet. nachvollziehbar. mit argumenten die man nur als wahr und richtig
erkenen kann. leider hat sich die natur nicht daran gehalten.
für die
tauglichkeit in der praxis ist doch nicht entscheidend ob etwas nachvollziehbar
ist oder nicht sondern ob es die verhältnisse richtig beschreibt so dass
sinnvolle aussagen aus der allgemeinen regel für konkrete fälle gemacht werden
können.
die wirklichken verhältnisse müssen doch der massstab sein an denen
sich richtig und falsch messen lassen müssen.
nochmal, es ist völlig
unerheblich ob jemand das newtonsche gravitationsgesetz für einsichtig begründet
hält oder nicht. es funktioniert. es ist völlig egal ob jemand das fallgesetz
des aristoteles für nachvollziehbar hält. es ist falsch.
ich will nicht sagen
dass eine argumentative suche nach der wahrheit völlig sinnlos und unmöglich
ist. im gegenteil. es ist nur so dass der letzte prüfstein für die güte des
ergebnisses die überprüfung in der wirklichkeit ist und eben nicht die schönheit
der argumentation. und wenn etwas funktioniert und keiner weiss warum, so
funktioniert es eben trotzdem.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 05.
Sept. 2005, 16:35 Uhr
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Hallo psi,
Ich habe die Auffassung vertreten, dass eine Behauptung, für
die Wahrheit im Sinne von allgemeiner Gültigkeit beansprucht wird, durch
nachvollziehbare Argumente begründet sein muss, wenn es kein bloßes Dogma sein
soll, das Glauben fordert.
Dagegen schreibst Du: „die wirklichken
verhältnisse müssen doch der massstab sein an denen sich richtig und falsch
messen lassen müssen. es ist völlig unerheblich ob jemand das newtonsche
gravitationsgesetz für einsichtig begründet hält oder nicht. es funktioniert.“
Meine Frage: Woher wissen wir denn, dass es funktioniert? Wie begründet denn
der Physiker die Gravitationstheorie? Er sagt letztlich: „Miss doch selber nach
und überzeuge Dich doch mit Deinen eigenen Augen davon, dass es so ist, wie die
Theorie besagt!“
Dadurch, dass wir übereinstimmend wahrnehmen, dass ein
freier Fall - wie von der Theorie vorhergesagt - z.B. 12 Sekunden gedauert hat,
ergibt sich die Möglichkeit eines zwanglosen, nachvollziehbaren Konsenses in
empirischen Fragen.
Schließlich: Ich habe versucht, meine Position in
logischen Schritten aufzubauen. Wo ist diese Argumentation für Dich nicht
nachvollziehbar und akzeptabel, welchen Schritt machst Du nicht mit – und warum
nicht?
fragt Dich – und nicht nur Dich – Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 05.
Sept. 2005, 18:38 Uhr
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hallo eberhard,
ich hab schon ein problem damit dass du "nachvollziehbare
argumentation" und "dogma" gegeneinander setzt. wie gesagt, obwohl dogmen in der
tat glaubenssätze sind, sind sie keineswegs unbegründet. und jede argumentation
fusst auf einem fundament das nicht weiter durch argumente unterstützt werden
kann sondern dessen kernaussagen erkannt oder eben geglaubt werden müssen. ich
will damit nicht sagen dass die axiome der euklidischen geometrie für mich
wirklich denselben stellenwert haben wie katholische dogmen, aber das ist nicht
der punkt.
die unterscheidung findet dann aber erst durch die überprüfbar
sinnvolle anwendung in der wirklichkeit statt. dessen entziehen sich dogmen.
das zwanglose übereinkommen in punkto experimenteller überprüfung, das du
ansprichst, ist so eine sache. die kardinäle haben sehr wohl durch galileos
fernrohr gesehen dass der mond nicht perfekt ist. dabei konnte es sich nach
übereinstimmender meinung aber nur um eine verhexung des apparats handeln....
nun, heute tut man sich leichter damit, haarig bleibt es aber wenn es um einen
selber geht bzw um eigene existentielle interessen.
nimm das tötungsverbot.
allgemeine handlungsvorschrift. was ist wenn ich mein eigenes leben oder das
dritter nur durch das töten eine anderen schützen kann? versagt da nicht die
allgemeine regel? stell dir nur eine sekunde eine derartige allgemeine regel vor
die ohne rücksicht auf ausnahmen durchgesetzt würde. da muss es einen doch
gruseln!
ich folge deiner argumentation in allen schritten. das ist gar
nicht der punkt. aber das fundament steht notwendigerweise auf tönernen füssen.
was du willst, das ist letztlich nichts anderes als ein gesetz. ein gesetz des
richtigen handelns. denn nur das wäre in der lage deine frage zu beantworten.
gesetze, normen, moral, ethik. das ist menschenwerk. und an irgendeinem punkt
versagt das beste gesetz. wenn gesetze zum wohl aller menschen da sind, dann
muss es einzelfallentscheidungen geben denn kein gesetz kann einer solchen
massgabe auch nur annähernd allgemein gerecht werden.
eingangs hast du
ja auch selber gesagt dass die vorherrschende meinung dazu ist dass es keine
allgemeinen lösungen derartiger probleme gibt.
dazu kommt man ja nicht
ohne grund.
alles andere ist unerträglich in der praxis.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 05.
Sept. 2005, 22:10 Uhr
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stell dir nur eine sekunde eine derartige allgemeine regel vor die ohne
rücksicht auf ausnahmen durchgesetzt würde. da muss es einen doch gruseln!
Die Frage nach der Ethik ist die Frage danach, warum einen das eigentlich
gruseln sollte.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 05.
Sept. 2005, 22:13 Uhr
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Hallo psy,
ich unterscheide zwischen einem Wahrheitsanspruch für eine
Behauptung, der an eine intersubjektiv nachvollziehbare Begründung gebunden ist
(dies nenne ich einen „wissenschaftlichen Wahrheitsanspruch“) und einem
Wahrheitsanspruch für eine Behauptung, der Glauben verlangt, ohne sich zugleich
zu einer nachvollziehbaren Begründung zu verpflichten (dies nenne ich einen
„dogmatischen Wahrheitsanspruch“).
Wenn Du das Wort „dogmatisch“ als
unpassend empfindest, dann mach einen anderen terminologischen Vorschlag, Mir
kommt es nur auf die Möglichkeit an, eine begriffliche Unterscheidung zwischen
beiden Arten von Wahrheitsansprüchen zu schaffen, da dieser Unterschied
folgenreich ist.
Auch dogmatische Wahrheitsansprüche können von ihren
Verfechtern begründet werden. So wurden unter der Diktatur Stalins in der
Sowjetunion hunderte von Büchern gedruckt, die den historischen und
dialektischen Materialismus begründen sollten. Aber dem Kriterium
intersubjektiver Nachvollziehbarkeit wurden diese Pamphlete sämtlich nicht
gerecht.
Noch zu einem Missverständnis in Bezug auf das Wort „allgemein“,
das sehr häufig auftritt. Die allgemeine Geltung einer Norm hat nichts mit der
Allgemeinheit dieser Norm zu tun. Auch eine ganz spezielle Norm wie die „Der
Reichspräsident Hindenburg hätte 1933 Hitler nicht zum Reichskanzler ernennen
sollen“ kann eine allgemeine Geltung besitzen.
Die Titelfrage dieser
Runde ist zwar sehr allgemein, weil unter Selbstzerstörung vieles subsummiert
werden kann, aber ich betone nochmals: Die Frage muss nicht mit ja oder nein
beantwortet werden, sondern es kann beliebig differenziert werden.
Wichtig ist mir nur, dass wir wissen, welche Art Antwort wir suchen. Ansonsten
ist unser Gespräch ein Stochern im Nebel.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 05.
Sept. 2005, 23:29 Uhr
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richtig eberhard,
aber ein stochern im nebel ist es auf alle fälle wenn
die begrifflichkeiten unterschiedlich benutzt werden. das passiert ja alle nase
lang...
grundsätzlich bin ich einfach der meinung dass es so etwas wie
einen wissenschaftlichen wahrheitsanspruch nicht gibt. nun mag es disziplinen
geben denen ein nachvollziehbare argumentation zur wahrheit reicht.
wissenschaften die ernst genommen werden wollen brauchen handfesteres. wie ich
das dogmatische nicht vom nachvollziehbaren unterscheide und warum hab ich ja
geschrieben.
"nachvollziehbar" ist ein kriterium das keiner überprüfung
standhält. denn wie wollte man allgemeine nachvollziehbarkeit testen? es sei
denn man bewegt sich in formalen systemen, dann kann man zwingend argumentieren,
die grundlage bleibt aber intuitiv als richtig erkannt, was sich bei
moralvorstellungen die einer objektiven überprüfbarkeit nicht zugänglich sind
verheerend auswirkt.
es liegt also nicht daran dass deine methode
schlecht wäre. die ist genau richtig sogar. nur funktioniert sie mit moral
nicht. nicht mit gut und auch nicht mit richtig. warum? weil es sich dabei nicht
um phänomene der natur handelt. ein natürlicher vorgang ein phänomen ist per se
weder moralisch noch gut noch richtig. freilich kann ich diese qualitäten so
definieren dass ich sie anwenden kann. die erfahrung zeigt doch aber dass man
das nicht durchhält. mir fällt dazu nichts anderes mehr ein als dass es einfach
so ist. was in der einen situation gut ist kann doch in einer anderen situation
ganz anders sein.
natürlich gibt es regeln. die können aber nur richtschnur
sein und ich kann mich eben nicht darauf verlassen dass wenn ich sie wörtlich
oder auch sinngemäss anwende tatsächlich alles richtig gemacht habe.
wenn eine regel allgemein gültig sein soll dann verstehe ich darunter dass sie
gültig ist in allen fällen des anwendungsbereichs. das grundgesetz ist ein
ganzer rattenschwanz an ausdifferenzierten regeln und beansprucht dennoch
allgemeine gültigkeit. um das zu erreichen ist es aber auch möglichst allgemein
gehalten. einzelfallregeln wie der von dir zitierte satz können ja nur in einem
akademischen sinne allgemeingültigkeit besitzen. denn es gibt nur eine einzige
situation in der geschichte der menschheit auf die dieser satz anwendbar ist.
und die ist auch noch vorbei und gegessen.
aber inhaltlich hab ich deine
frage ja auch schon beantwortet gehabt, nämlich dass erstens natürlich die
freiheit eines jeden da endet wo sie die freiheit und das recht anderer
einschränkt und zweitens dass mir die frage falsch herum gestellt scheint, denn
sie müsste heissen wann und warum darf ich jemandes handlung
verbieten/verhindern und nicht wann ist sie erlaubt. einschränkungen sind
künstlicher natur und müssen begründet werden, nicht umgekehrt. das heisst erst
mal darf er alles was anderen nicht zum wesentlichen nachteil/schaden gereicht.
gruss
im übrigen bemühe ich mich die ganze zeit schon um
"intersubjektive nachvollziehbarkeit" mit dir. daran dass du mir in kaum
irgendwas folgen magst und umgekehrt kannst du eigentlich schon erkennen dass
übereinstimmung so überhaupt gar kein anspruch auf tatsächlichkeit und schon gar
nicht auf wahrheit begründen kann.
allein der ausdruck wahrheitsanspruch
macht mir eine gänsehaut...
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
06. Sept. 2005, 02:15 Uhr
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Hallo Eberhard & Psi,
auch wenn psi mit dem Ausdruck Wahrheitsanspruch
Probleme hat, ich sehe zB. im Gravitationsgesetz einen Wahrheitsanspruch, weil
es im Rahmen der Messgenauigkeit sich stets als richtig erweist. Umgekehrt, es
gibt keine Möglicheit, das Gravitationsgesetz aufzuheben.
Diejenigen, die den
Wahrheitsgehalt dieses Gesetzes leugnen, werden von der Diskussion
ausgeschlossen.
Ich denke, soweit würde mir Eberhard zustimmen.
Betrachten wir nun aber das Tötungsverbot, so ist dessen Wahrheitsgehalt eben
nicht überprüfbar. Es ist kein Naturgesetz, es kann beliebig unterlaufen werden.
Es lässt sich in einem gewissen Rahmen plausibel begründen, niemals aber
plausibel ohne Ausnahmen. Und, es lässt sich problemlos aufheben.
Anders
formuliert, das Gravitationsgesetz ist ein Naturgesetz, das Tötungsverbot mit
seinen Einschränkungen ein Dogma (= Grundwahrheit, deren Voraussetzungen
außerhalb der Möglichkeit einer wissenschaftlichen Überprüfung liegt).
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 06.
Sept. 2005, 09:04 Uhr
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Hallo allerseits, hallo psi,
ich denke, wie belassen es erstmal bei
diesem Stand, was das Kriterium für die Richtigkeit der gesuchten Antwort auf
unsere Frage betrifft. Vielleicht wird uns im Laufe der Diskusssion noch manches
klarer.
Um meine Position noch mal klarzustellen:
Antworten, deren
Begründung ich nicht zwangfrei nachvollziehen kann, können nicht beanspruchen,
richtig zu sein.
Antworten bleiben solange vertretbar, wie nicht gezeigt
wurde, das sie nicht konsensfähig sind.
Antworten, deren Begründungen in
sich logisch widersprüchlich sind, scheiden für mich aus.
Es gelten für
unsere Diskussion die Regeln der Logik. Daraus folgt, dass jemand, der die
Prämissen einer Begründung akzeptiert, auch das Resultat akzeptieren muss, es
sei denn, er weist nach, dass fehlerhafte Schlüsse gezogen wurden oder dass die
gezogenen Schlussfolgerungen nicht logisch zwingend waren.
Ob eine
Behauptung ein Wort enthält, bei dem ich eine Gänsehaut bekomme, ist für mich
kein Kriterium für die Richtigkeit dieser Behauptung.
Nun zum
Inhaltlichen.
Deinem normativen Grundsatz „Die Freiheit des Einzelnen
endet, wo die Freiheit des anderen berührt wird“ kann ich zustimmen. Wo keine
Konflikte bestehen, bedarf es auch keiner normativen Regelung.
Egoismus,
fehlende Rücksichtnahme auf die Interessen anderer, ist nicht konsensfähig.
Wenn eine Handlung auch die Interessen anderer berührt, ist eine Regel nicht
konsensfähig, die den Betroffenen kein Mitspracherecht gibt.
Wenn jemand
sich selbst zerstört und davon sind andere mit betroffen, darf er nicht allein
darüber entscheiden.
Soviel erstmal – leider etwas im Telegrammstil – von
Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 06.
Sept. 2005, 09:44 Uhr
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eberhard,
du lehnst zwar dogmen ab, aber selber vertrittst du ganz stur
dein eigenes dogma.
" Antworten, deren Begründung ich nicht zwangfrei
nachvollziehen kann, können nicht beanspruchen, richtig zu sein.
Antworten bleiben solange vertretbar, wie nicht gezeigt wurde, das sie nicht
konsensfähig sind."
DAS IST EIN DOGMA! vertretbar ist alles!
nachvollziehbar ist kein objektives kriterium!
ich hab schon verschiedene
beispiele gebracht und versuchs nochmal. das geozentrische weltbild ist durchaus
konsensfähig. es ist auch nachvollziehbar. ist es deshalb "richtig"???
der gipfel ist dass du sagst, antworten die DU nicht nachvollziehen kannst
können nicht richtig sein. das sagt der papst genauso!
deshalb sage ich
dass es völlig unerheblich ist was du oder ich nachvollziehen können. kannst du
die quantenelektrodynamik nachvollziehen? glaubst du dass das irgendweinen
einfluss darauf hat ob sie anzuwenden ist? konsens ist völlig unbedeutend! das
experiment ist entscheidend.
" Antworten, deren Begründungen in sich
logisch widersprüchlich sind, scheiden für mich aus."
für mich auch. nur
- frag dich doch mal warum? weil die erfahrung, das experiment, zeigt dass die
natur nicht gegen die logik funktioniert. unlogisches verhalten gibt es einfach
nicht in diesem sinne. im sinne eines nicht nachvollziehbaren verhaltens gibt es
das schon. das zeigt doch schon dass das ein himmelweiter unterschied ist. nur
deshalb. nicht weil es eine schöne überlegung ist. es besteht also konsens weil
wir beide diese erfahrung gemacht haben. und mitnichten ist diese satz richtig
weil wir übereinstimmen.
" Wenn jemand sich selbst zerstört und davon
sind andere mit betroffen, darf er nicht allein darüber entscheiden. "
das beinhaltet ja der satz das die freiheit an der freiheit des anderen endet.
und wirklich, dass selbstmordattentate verhindert werden sollen dürfen
müssen...darüber besteht doch hier wirklich konsens auch ohne dass wir das
erörtern. aber es ist eben eine abwägungsfrage. das leben der möglichen opfer
wiegt megr als das leben des vermeintlichen täters. alles eine frage der
abwägung. es gibt durchaus auch gegenteileige ansätze.
wie willst du denn
argumentieren dass man zwar nicht töten darf aber einen selbstmordattentäter
schon...
und was hab ich davon wenn ich zwar einen selbstmorattentäter nicht
argumentativ zwingen kann seine position aufzugeben aber trotzdem der meinung
bin meine position ist richtig. was für eine bedeutung hat das "richtig" denn
dann noch wenn es mir buchstäblich um die ohren fliegt?
ach....und dann
das ausgelutschte thema tyrannenmord. die einen sind halt der meinung er muss
weg, basta, die anderen sind eben anderer ansicht. richtig oder falsch ist da
eine frage der vorzeichen.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
06. Sept. 2005, 15:58 Uhr
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Eberhard schreibt:
"Wenn eine Handlung auch die Interessen anderer
berührt, ist eine Regel nicht konsensfähig, die den Betroffenen kein
Mitspracherecht gibt."
Das heißt also, die Regel:
"Ein Mörder ist mit
lebenslänglich Gefängnis zu bestrafen"
ist nicht konsensfähig, sofern der
Täter kein Mitspracherecht hat.
Das sehe ich anders.
Weiter: Die
Konsequenz des Eberhardschen Satzes ist, dass eine freie Entscheidung
grundsätzlich nicht mehr möglich ist. Denn fast jede Handlungsweise berührt in
irgend einer Form die Interessen eines anderen. Wenn du einen Arbeitsplatz hast
bzw. bekommst, müsstest du dich folglich mit jenen absprechen, die ebenfalls
diesen Arbeitsplatz haben möchten.
Das sehe ich auch anders.
Gruß
HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 06.
Sept. 2005, 17:10 Uhr
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Hallo psi,
ich bin jederzeit bereit, von mir aufgestellte Behauptungen zu
korrigieren, wenn es dagegen gute Argumente gibt. Ich bin auch jederzeit bereit,
von mir aufgestellte Behauptungen zu begründen.
Du bezeichnest die beiden
folgenden Sätze als Dogmen.
„Antworten, deren Begründung ich nicht
zwangfrei nachvollziehen kann, können nicht beanspruchen, richtig zu sein.“
Antworten bleiben solange vertretbar, wie nicht gezeigt wurde, dass sie
nicht konsensfähig sind."
Um auf diese Kritik eingehen zu können, müsste
ich wissen, in welchem Sinne Du das Wort „Dogma“ verwendest.
Die von
Hanspeter eingebrachte Definition (Dogma = Grundwahrheit, deren Voraussetzungen
außerhalb der Möglichkeit einer wissenschaftlichen Überprüfung liegt) ist für
mich nicht akzeptabel. Eine Wahrheit, die nicht wissenschaftlich überprüft
werden kann und für die keine andere Methode der Überprüfung angegeben werden
kann, ist mehr als problematisch.
Ein Wahrheitsanspruch unterscheidet
sich von einem bloßen Glaubensanspruch gerade dadurch, dass er durch Argumente
einlösbar ist.
Die von Hanspeter wohl aus dem Brockhaus entnommene
Definition verwischt gerade diesen Unterschied.
Mit dieser Definition
haben wir jetzt Wahrheiten, die sich nicht begründen brauchen und die damit der
Kritik entzogen sind, die aber gleichwohl als Wahrheit allgemeine Geltung
beanspruchen. Und alles, was damit nicht übereinstimmt, ist folglich Unwahrheit,
Falschheit etc.
Für mich ist das die Aufkündigung der rationalen
Argumentation.
Sinn macht dagegen die Definition, dass ein „Dogma“ eine
Behauptung ist, für die Zustimmung als „wahr“ beansprucht wird, obwohl es keine
Möglichkeit der rationalen Überprüfung dieses Anspruchs gibt.
Klären wir
also erstmal den Begriff „Dogma“, bevor wir zu den andern Punkten kommen
meint Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 06.
Sept. 2005, 19:52 Uhr
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hallo eberhard,
" Die von Hanspeter eingebrachte Definition (Dogma =
Grundwahrheit, deren Voraussetzungen außerhalb der Möglichkeit einer
wissenschaftlichen Überprüfung liegt) ist für mich nicht akzeptabel. Eine
Wahrheit, die nicht wissenschaftlich überprüft werden kann und für die keine
andere Methode der Überprüfung angegeben werden kann, ist mehr als
problematisch.
Ein Wahrheitsanspruch unterscheidet sich von einem bloßen
Glaubensanspruch gerade dadurch, dass er durch Argumente einlösbar ist. "
ich muss dir ehrlich sagen, dass ich den dogmen begriff für das geringste
problem halte. deine verwendung von wahrheit beunruhigt mich ernstlich. du
verbindest immer wahrheit und wissenschaft. dem kann ich nicht folgen denn
wissenschaft spricht nicht von wahrheit. auch scheint mir dass du unter
überprüfbarkeit eine argumentation verstehst. das kann ich unter keinen
umständen akzeptieren. dass wahrheit durch eine argumentation gefunden werden
könnte halte ich für einen fatalen irrtum. ich hab dir ja auch schöne beispiele
angeführt in denen argumentationen in irrtümern endeten.
damit will ich
nicht den wert einer argumentation schmälern. auch will ich nicht sagen dass man
durch rationale überlegungen, argumentationen, dialektik, nicht zu richtigen
ergebnissen kommen kann. KANN aber nicht MUSS. mag wohl sein dass etwas rational
begründbar sein muss um "richtig" zu sein. keinesfalls sicher ist jedoch dass
ich nicht das richtige ergebniss durch eingebung erhalte oder durch zufall oder
sonst irgendwie und eine rationale ableitung fehlt. ein beispiel sind die
maxwellschen gleichungen. oder auch die formel von kekule für das benzol. nur
weil eine rationale erklärung fehlt heisst das noch nicht dass die modelle nicht
richtig sind. das entscheidet eben das experiment.
genau dieses
schwierige verhältnis schlägt sich im misstrauen vieler physiker gegenüber der
mathematik nieder. komisch mag man da denken, sind physikalische modelle denn
nicht gerade wegen ihrer mathematischen formulierung so erfolgreich?
ja und
nein. die mathematik funktioniert anders als die physik. obwohl physik weithin
mathematisch formuliert ist. in der mathematik gibt es aber immer möglichkeiten,
lösungen, anschauungen usw die keine physikalische entsprechung haben.
und
gerade weil die mathematik physikalische modelle ausdrücken kann und damit klar
ist dass mathematik überprüfbar die natur sinnvoll beschreiben kann und
gleichzeitig mahematische argumentationen zwingend (nicht immer)sind ergibt sich
daraus manchmal das problem dass man nicht recht weiss ob denn nun das ergebnis
physikalisch sinnvoll ist oder eben in die irre führt. wenn man dann keine
möglichkeit hat das zu überprüfen...schwarze löcher zum beispiel sind schlecht
im labor handhabbar...dann ist es schwierig mathematischen hokuspokus von
physikalischer realität zu unterscheiden.
und genau dieses problem
stellt sich hier ähnlich. eine argumentationskette auf der basis sinnvoller und
nachmenschlichem ermessen unverkennbar richtiger annahmen bietet keinerlei
garantie dafür dass das ergebnis noch irgendwie sinnvoll mit der wirklichkeit in
verbindung steht.
genauso wie man mathematische wahrheiten finden kann,
so kann man natürlich auch ethische wahrheiten finden. ganz klar durch
argumentationsketten.
mit der wirklichkeit haben die aber nicht
unbedingt etwas zu tun.
und handlungen finden realistischerweise in der
wirklichkeit statt. und wir befinden uns hier auch im forum für die praktische
philosophie, deshalb denke ich kann es nicht falsch sein eine erdung zu
behalten.
trotzalledem kann man natürlich in der physik allgemeingültige
naturgesetze aufstellen.
warum geht das in der physik, nicht aber in der
ethik. gute frage. letztlich läuft es auf erfahrung hinaus. die erfahrung sagt
einfach dass ich von einem beliebigen körper eine grösse abstrahieren kann die
ich masse nenne und die ich messen kann unabhängig von seiner äusseren form zum
beispiel. die erfahrung zeigt, dass ich mit der annahme aus der newtonschen
mechanik dass sich körper so verhalten wie wenn alle ihre masse im schwerpunkt
läge verhalten richtig ist. die hauptsätze der thermodynamik sind nicht in
erster linie nach logischen prinzipien entwickelt. sondern entspringen der
erfahrung dass es einfach nicht gelingen will ein perpetuum mobile zu bauen. die
hauptsätze verbieten das nicht. sie fassen diese erfahrung nur in eine bestimmte
form.
die allgemeingültigkeit von naturgesetzen ergibt sich also nicht aus
ihrer rationalen ableitbarkeit durch argumentation sondern basiert einzig und
allein auf erfahrung. im gegenteil sie sind ihrer natur und entstehung nach
ausdruck dieser erfahrung.
moral ethik strafgesetz sind im gegensatz
dazu nicht ausdruck einer erfahrung dass diese gesetze nicht gebrochen werden
können sondern eben des gegenteils. regeln dieser art wollen einen idealzustand
schaffen. die idealität dieses zustandes kann nicht mit einem experiment
überprüft werden. das wäre ja völlig sinnlos, denn experimente prüfen nur
ist-zustände.
ob etwas erstrebenswert ist oder nicht und unter welchen
umständen etwas erstrebenswert ist und welcher preis einem das wert ist, das ist
keine natürliche grösse. sowas kann man nicht messen. das ist ermessenssache.
deshalb hab ich gesagt es ist geschmackssache. das war drastisch aber triffts im
kern. vielleicht lebten einige lieber nach anderen als den heutigen regeln. und
es ist doch auch klar dass es für einzelne und gruppen immer regeln gibt unter
denen es ihnen besser ginge. "besser" ist aber wieder eine frage dessen was man
ganz persönlich darunter versteht....das kann man ja endlos so weiter treiben.
jedenfalls kann man ethik und moral nicht experimentell überprüfen. gut
und böse sind einfach nicht das gleiche wie messgrössen. wäre eine
intersubjektive konsensfähigkeit ganz allgemein möglich, dann wäre subjektiv
ohne jede bedeutung.
das mit dem dogma scheint mir ein
nebenkriegsschauplatz zu sein. ich hab meine definition von dogma schon früher
gepostet. ich stimme hp da schon zu.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 06.
Sept. 2005, 23:25 Uhr
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Hi, Psi,
ein Dogma ist nicht konsensfähig, deswegen benötigt es ja den
Zwang.
Die Konsensfähigkeit setzt ein paar Dinge voraus: z.B. die Vernunft
der am Konsens Beteiligten und die Konsenswilligkeit. Wer also Unvernünftiges
behauptet und Glauben verlangt und in dieser Hinsicht nicht konsenswillig ist,
fliegt aus dem Spiel raus.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 06.
Sept. 2005, 23:31 Uhr
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Hi, Eberhard,
Wenn jemand sich selbst zerstört und davon sind andere mit
betroffen, darf er nicht allein darüber entscheiden.
Gibt es das, dass einer
sich selbst zerstört, ohne dass andere davon betroffen sind?
Ich habe mal
einen Alkoholiker der Gattung Penner mit vollgepisster Hose im Regen unter einer
Plastikplane herausgezogen und in sein Heim geschickt. Sein Verhalten hat mich
betroffen, denn er war ein Mensch, das bin ich auch, und er hat die
Menschenwürde beleidigt. Ich habe nicht geschimpft, sondern ihm das klar und
einfach gesagt. Er hat mich verstanden. Verstanden, dass er als Mensch nicht das
Recht hat, sich dermaßen gehen zu lassen. Dass er das nicht nur anderen, sondern
auch sich selbst schuldig ist.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 06.
Sept. 2005, 23:56 Uhr
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on 09/06/05 um 23:25:57, Abrazo wrote:Hi, Psi,
ein Dogma ist nicht
konsensfähig, deswegen benötigt es ja den Zwang.
Die Konsensfähigkeit setzt
ein paar Dinge voraus: z.B. die Vernunft der am Konsens Beteiligten und die
Konsenswilligkeit. Wer also Unvernünftiges behauptet und Glauben verlangt und in
dieser Hinsicht nicht konsenswillig ist, fliegt aus dem Spiel raus.
Gruß
klar sind dogmen konsensfähig. zwingt doch niemand einen
bischof dazu bischof zu sein.
was vernünftig ist, darüber gehen ja nun mal
die meinungen sehr weit auseinander. ich finde zum beispiel so ziemlich alles am
katholizismus unvernünftig. schön für mich. ich muss aber zur kenntnis nehmen
dass doch recht viele das für vernünftig halten. und nun? ist doch kein
kriterium für gar nix.
und das mit aus dem spiel fliegen...naja...viele sind
schon aus dem spiel geflogen...deswegen hatten sie unrecht???
das
experiment und nichts anderes ist das entscheidende kriterium.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 00:01 Uhr
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on 09/06/05 um 23:31:53, Abrazo wrote:Hi, Eberhard,
Wenn jemand sich
selbst zerstört und davon sind andere mit betroffen, darf er nicht allein
darüber entscheiden.
Gibt es das, dass einer sich selbst zerstört, ohne dass
andere davon betroffen sind?
Ich habe mal einen Alkoholiker der Gattung
Penner mit vollgepisster Hose im Regen unter einer Plastikplane herausgezogen
und in sein Heim geschickt. Sein Verhalten hat mich betroffen, denn er war ein
Mensch, das bin ich auch, und er hat die Menschenwürde beleidigt. Ich habe nicht
geschimpft, sondern ihm das klar und einfach gesagt. Er hat mich verstanden.
Verstanden, dass er als Mensch nicht das Recht hat, sich dermaßen gehen zu
lassen. Dass er das nicht nur anderen, sondern auch sich selbst schuldig ist.
Gruß
hey abrazo,
war das reflektiert oder
gewissenlos? ;-)
er hat nicht das recht sich gehen zu lassen? muss ich das
glauben oder hast du dafür eine konsensfähige argumentative grundlage?
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
07. Sept. 2005, 02:06 Uhr
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Hallo an Alle,
die Definition eines Dogmas ( = Grundwahrheit, deren
Voraussetzungen außerhalb der Möglichkeit einer wissenschaftlichen Überprüfung
liegt) ist dem Brockhaus entnommen. Dogmen lediglich auf religiöser Ebene zu
sehen, ist einseitig.
Dogmen sind notwendig, weil viele Aussagen nicht
wissenschaftlich überprüfbar, aber plausibel sind. Die Überlegenheit der
Demokratie gegenüber anderen Herrschaftsformen ist zB auch ein Dogma.
Im
Gegensatz zu Dogmen werden Axiome von keinem vernünftigen Menschen in Zweifel
gezogen. Auf der anderen Seite wäre die Doktrin zu nennen, eine zum Glaubenssatz
verhärtete Meinung, die auf Plausibilitäten oder gar Gegenbeweise nicht
reagiert. Die Übergänge zum Dogma sind manchmal fließend.
Wir sollten
uns hier also fragen, ob der Eberhard'sche Satz:
"Wenn eine Handlung
auch die Interessen anderer berührt, ist eine Regel nicht konsensfähig, die den
Betroffenen kein Mitspracherecht gibt."
ein Dogma oder eine Doktrin ist.
Oder, simpler formuliert, ob wir ihn für richtig oder falsch halten.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 07.
Sept. 2005, 09:59 Uhr
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Hallo allerseits, hallo psi,
ich habe den Eindruck, dass wir zentrale
Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung verwenden und dass wir deshalb
aneinander vorbeireden.
Zusätzlich wird die Klärung der
Meinungsunterschiede dadurch erschwert, dass die Punkte nicht einzeln in Ruhe
diskutiert werden, sondern dass in manchen Beiträgen 10 bis 20 Behauptungen
aufgestellt werden, die für andere Diskussionsteilnehmer problematisch sind.
Darüber kann natürlich höchstens ein kurzer „Schlagabtausch“ erfolgen, ohne
wirklich die Spreu vom Weizen trennen zu können.
Es würde die
Produktivität unserer Diskussion sicherlich verbessern, wenn eine Konzentration
auf die für unsere Fragestellung zentralen Thesen und Begriffe möglich wäre.
Zur Terminologie:
Offenbar haben die Wörter „Argument“ und „Wahrheit“
für Dich eine andere Bedeutung als für mich.
So sind für Dich die
sprachlich formulierten Ergebnisse eines Experiments offenbar keine Argumente.
Für mich dagegen sind Sätze wie: „Die Zeitmessung ergab für den freien
Fall eine Dauer von 12 Sekunden“ allerdings Argumente, es sind sogar die in den
empirischen Wissenschaften entscheidenden Argumente. Dies sind Aussagen, die für
jedermann nachvollziehbar sind, der die Behauptung um die es geht und die
zugehörigen Erörterungen versteht.
Wenn ich sage, dass jemand, der etwas
behauptet, für diese Behauptung akzeptable Argumente anführen muss (sofern er
mehr will als zum Glauben aufzufordern), dann heißt das also nicht, dass ich
allein mit Hilfe der Logik die gestellte Frage beantworten will.
Um es
an einem Beispiel zu veranschaulichen: In der Medizin gibt es immer wieder
Stoffe, bei denen man zuerst zufällig festgestellt hat und dann durch klinische
Versuchsreihen bestätigt hat, dass man damit bestimmte Krankheiten bekämpfen
kann. Es gibt jedoch keine theoretische Erklärung, warum dies so ist.
Du
siehst für diesen Fall ein Versagen der Argumentation, während ich sage: Für die
heilende Wirkung dieses Stoffes gibt es akzeptable, d.h. nachvollziehbare und
teilbare, Argumente in Form der protokollierten Versuchsreihen.
Offenbar
benutzt Du auch das Wort „Wahrheit“ mit anderer Bedeutung als ich. Für mich ist
eine Aussage wahr, wenn es so ist, wie die Aussage besagt. In den empirischen
Wissenschaften prüft man anhand von kontrollierten, intersubjektiv
nachvollziehbaren Beobachtungen und Experimenten, ob es so ist, wie die
aufgestellten Beschreibungen und Theorien besagen. Es geht also um wahr oder
falsch, um Wahrheit.
Was an diesem Gebrauch des Wortes ‚Wahrheit’ Grund
zur „ernstlichen Beunruhigung“ gibt, hätte ich gerne gewusst.
Es grüßt
Dich und die andern Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 10:10 Uhr
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on 09/07/05 um 02:06:29, Hanspeter wrote:Hallo an Alle,
die
Definition eines Dogmas ( = Grundwahrheit, deren Voraussetzungen außerhalb der
Möglichkeit einer wissenschaftlichen Überprüfung liegt) ist dem Brockhaus
entnommen. Dogmen lediglich auf religiöser Ebene zu sehen, ist einseitig.
Dogmen sind notwendig, weil viele Aussagen nicht wissenschaftlich überprüfbar,
aber plausibel sind. Die Überlegenheit der Demokratie gegenüber anderen
Herrschaftsformen ist zB auch ein Dogma.
Im Gegensatz zu Dogmen werden
Axiome von keinem vernünftigen Menschen in Zweifel gezogen. Auf der anderen
Seite wäre die Doktrin zu nennen, eine zum Glaubenssatz verhärtete Meinung, die
auf Plausibilitäten oder gar Gegenbeweise nicht reagiert. Die Übergänge zum
Dogma sind manchmal fließend.
Wir sollten uns hier also fragen, ob der
Eberhard'sche Satz:
"Wenn eine Handlung auch die Interessen anderer
berührt, ist eine Regel nicht konsensfähig, die den Betroffenen kein
Mitspracherecht gibt."
ein Dogma oder eine Doktrin ist.
Oder, simpler
formuliert, ob wir ihn für richtig oder falsch halten.
Gruß HP
ganz sicher ist eine regel die meine interessen berührt aber
nicht berücksichtigt meinerseits nicht konsensfähig. das würde ich auch
allgemein durchaus gelten lassen wenn man voraussetzt dass man ein interesse an
der durchsetzung seiner interessen hat. nur wie man diese tatsache bewertet,
dass ich nicht damit einverstanden bin, das ist doch wieder völlig
standpunktabhängig....
das heisst so eine regel beschreibt einfach was ich
für erstrebenswert halt. beliebiger gehts nicht.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 10:26 Uhr
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hallo eberhard,
da hast du recht, wir scheinen so ziemlich jeden begriff
anders zu verwenden. was du schon argument nennst nenn ich erst mal aussage. zum
argument wird es bei mir nur wenn es zur begründung angeführt wird. dabei mach
ich keinen unterschied welcher natur, bzw woher die aussage nun kommt.
wahrheit....einfach weil das so absolut ist. solange man das nicht zu ernst
nimmt find ichs ok. ich bevorzuge wirklichkeit, das wort ist selbsterklärender
und bezieht sich natürlicherweise auf eine experimentelle überprüfung. in den
empirischen wissnschaften verbrennt sich eigentlich niemand mehr den mund ann
der wahrheit. wahre und falsche aussagen gehören allein in den bereich der logik
und sind nur systembezogen wahr oder falsch. alles weitere ist der intuition,
dem erkenntnisvermögen des einzelnen überlassen. aber egal, darum solls nicht
gehen...
wenn du unter nachvollziehbarer argumentation notwendig
ergebnisse aus erfahrung meinst, so frag ich mich wie du jemals eine solche
frage argumentativ beantworten willst...allgemein mein ich...das ist doch
unmöglich...aus früher genannten gründen. wie soll denn ein versuchsprotokoll
aufschluss darüber geben ob etwas richtig ist oder nicht???
wenn du sagst:
" Wenn eine Handlung auch die Interessen anderer berührt, ist eine Regel nicht
konsensfähig, die den Betroffenen kein Mitspracherecht gibt. "
dann ist das
sicher konsensfähig. im konkreten fall muss doch aber entschieden werden welcher
art die interessen sind und ob sie strak genug sein können dem anderen sein
recht einzuschränken. denn wie abrazo richtig bemerkt hat, den fall gibts ja gar
nicht dass GAR KEIN interesse berührt wird. aber nicht JEDES interesse
rechtfertigt einen eingriff. dann bin ich wieder bei einer abwägung...nicht
umsonst braucht man richter.
damit sind wir meiner meinung nach wieder bei
einer richtschnur aber nicht bei eine handlungsanweisung die mir immer sagt was
zu tun richtig ist. einer richtschnur die es ja so wie du es sagst auch schon
gibt.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 07.
Sept. 2005, 13:35 Uhr
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Hallo allerseits,
vielleicht klärt sich ja doch noch so manches.
Die moralische Fragestellung ist wohl jetzt klar und ich gehe davon aus, dass
alle Teilnehmer an dieser Diskussion diese Frage beantworten wollen, wobei noch
strittig ist, nach welchen Kriterien die Antworten ausgesucht werden sollen.
Vielleicht äußert sich jeder einmal dazu. Für mich ist – wie gesagt –
entscheidend, inwieweit die gegebenen moralischen Antworten - grob gesprochen -
„allgemein konsensfähig“ sind.
Hanspeter hat ja schon argumentiert. Er
hat den normativen Satz: "Wenn eine Handlung auch die Interessen anderer
berührt, ist eine Regel nicht konsensfähig, die den Betroffenen kein
Mitspracherecht gibt" kritisiert, indem er daraus logische Schlüsse gezogen hat,
(Mitspracherecht des Mörders beim Urteil bzw. keinerlei individuelle
Entscheidungsfreiheit), die er offenbar für allgemein inakzeptabel hält. Ich
stimme dieser Kritik zu.
Der Fehler dieser These besteht bereits darin,
dass hier bereits der Übergang von der moralischen Ebene auf die
politisch-rechtliche Ebene der Institutionen und normsetzenden Verfahren
vollzogen wird („Mitspracherecht“), ohne das Verhältnis von Recht und Moral
einigermaßen geklärt zu haben.
Unstrittig scheint wohl zu sein, dass bei
der moralischen Beurteilung der Selbstzerstörung zu berücksichtigen ist, welche
Konsequenzen dies für andere hat. Es macht eben einen moralischen Unterschied,
ob man als Robinson auf seiner Insel seine Gesundheit ruiniert, oder als jemand,
der im Beruf und in der Familie als Kraft ausfällt und die Krankenhäuser, die
Rentenversicherung und die Sozialämter in Anspruch nimmt.
Abrazo ist
darüber hinaus wohl der Meinung, dass es unabhängig von der Rücksichtnahme auf
andere auch noch „Pflichten gegen sich selbst“ gibt. Das ist sicher kontrovers.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 14:23 Uhr
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on 09/07/05 um 13:35:00, Eberhard wrote:Es macht eben einen moralischen
Unterschied, ob man als Robinson auf seiner Insel seine Gesundheit ruiniert,
oder als jemand, der im Beruf und in der Familie als Kraft ausfällt und die
Krankenhäuser, die Rentenversicherung und die Sozialämter in Anspruch nimmt.
also wann besitzt denn eine frage überhaupt eine moralische
dimension??? du erkennst da offenbar einen moralischen unterschied. was ist denn
das eigentlich? ich hätt gerne eine anleitung wie sowas überhaupt zu bearbeiten
ist. wann ist etwas moralisch richtig und wann falsch? nach welchen regeln
funktioniert das? obiges beipiel schein mir besser beschrieben als
interessenkonflikt. denn robinson collidiert so gesehen mit keinen anderen
interessen. der in die gemeinschaft eingebundene kollidiert mit den interessen
der andern bzw der gemeinscht, den institutionen...ist das gemeint mit moral???
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 15:10 Uhr
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soll das etwa auf einen habermasschen diskurs hinauslaufen???
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
07. Sept. 2005, 16:35 Uhr
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Hallo Eberhard,
natürlich macht es einen Unterschied, ob ich als Robinson
oder als Mensch in einer Gesellschaft meine Gesundheit ruiniere. In ersterem
Fall könnte man sogar die Moralität der Handlung an sich in Frage stellen, vor
allem dann, wenn Robinson Atheist ist, also keinem Gott gegenüber für seine
Handlungen Rechenschaft ablegen muss.
Ich stimme dir auch zu, "dass bei
der moralischen Beurteilung der Selbstzerstörung zu berücksichtigen ist, welche
Konsequenzen dies für andere hat."
Die Frage ist nur, wer berücksichtigt
was?
Wenn jemand seine Gesundheit ruiniert, so kann man dies als seine
freie Entscheidung werten.
Damit berücksichtigt der Handelnde nur sich
selbst und nicht die Interessen der Gesellschaft, müsste aber dann
konsequenterweise auch akzeptieren, dass die Gesellschaft ihrerseits darauf
verzichtet, ihm zu helfen.
Da die Gesellschaft aber nicht bereit ist, diese
Konsequenzen zu ziehen, entlastet sie den Handelnden von seiner Verantwortung,
denn dem staatlichen Paternalismus kann er sich nicht so leicht entziehen.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 07.
Sept. 2005, 16:53 Uhr
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Was ein Fragezeichen bedeutet, weiß ich: es wird eine Frage gestellt.
Was zwei Fragezeichen bedeuten, ist mir nicht ganz klar: Wird die Frage zweimal
gestellt oder wird die Frage in Frage gestellt?
Was aber bedeuten drei
Fragezeichen? Wahrscheinlich, dass es sich um eine rhetorische Frage handelt,
deren Beantwortung nicht erwartet wird.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von -Andrea- am 07.
Sept. 2005, 17:20 Uhr
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Wenn jemand sich selbst zerstört und davon sind andere mit betroffen, darf er
nicht allein darüber entscheiden.
Gibt es das, dass einer sich selbst
zerstört, ohne dass andere davon betroffen sind?
Ich habe mal einen
Alkoholiker der Gattung Penner mit vollgepisster Hose im Regen unter einer
Plastikplane herausgezogen und in sein Heim geschickt. Sein Verhalten hat mich
betroffen, denn er war ein Mensch, das bin ich auch, und er hat die
Menschenwürde beleidigt. Ich habe nicht geschimpft, sondern ihm das klar und
einfach gesagt. Er hat mich verstanden. Verstanden, dass er als Mensch nicht das
Recht hat, sich dermaßen gehen zu lassen. Dass er das nicht nur anderen, sondern
auch sich selbst schuldig ist.
Warum sollte er es sich selbst schuldig
sein? Hat er nicht ein Recht darauf, mit seinem Körper umzugehen wie er will?
Schließlich hat er dich nicht gezwungen dich auch zu besaufen.
Und das mit
der Menschenwürde, er hat vielleicht deine Ansicht der Menschenwürde beleidigt,
aber nicht seine eigene, schließlich kennt die keiner von uns.
Allgemein:
Ich kann immer noch nicht ganz nachvollziehen, warum man sich
nicht selbst zerstümmeln kann oder besaufen darf. Schließlich schadet man
physisch niemandem mit.
Wenn Bekannte das mitkriegen und davon betroffen
sind, leuchtet mir das ein, dass man in dem Sinne daran Schuld ist, dass es
denen jetzt wegen mir schlecht geht, doch müssen meine Bekannten nicht auch
aktzeptieren, dass ich sowas machen darf?
Wenn man aber dann kleine
Kinder betrachtet, die sich mit der Schüppe gegen den Kopf schlagen, ist das ja
auch eine Art von Selbstzerstörung, wenn man dann denkt, jeder Mensch hat das
Recht dazu, würde man aber nicht gleichzeitig auch dem Kind die Schüppe aus der
Hand nehmen und sagen, dass es das nicht dürfe?
Wer entscheidet darüber,
ob wir uns selbst Schmerzen zufügen dürfen oder nicht? Kann man sowas überhaupt
verbieten?
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 18:34 Uhr
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on 09/07/05 um 16:53:10, Eberhard wrote:Was ein Fragezeichen bedeutet, weiß
ich: es wird eine Frage gestellt.
Was zwei Fragezeichen bedeuten, ist
mir nicht ganz klar: Wird die Frage zweimal gestellt oder wird die Frage in
Frage gestellt?
Was aber bedeuten drei Fragezeichen? Wahrscheinlich,
dass es sich um eine rhetorische Frage handelt, deren Beantwortung nicht
erwartet wird.
nun, ganz allgemein wird wiederholung als
verstärkung eingesetzt. etwas rhetorisches ist natürlich auch dabei in diesem
fall. ein ahnend ungläubiges "das wird doch nicht etwa doch..." so in etwa. ein
bisschen ärger dass mir das nicht gleich aufgefallen ist schwingt natürlich auch
mit. und verwunderung...
nein ganz ernsthaft. diskursethik wird ja von
manchen vetreten. und dann ist mir auch klar wie du das gemeint hast. hat mich
nur etwas von hinten angesprungen. hätte man auch gleich merken können. ist halt
nicht meine welt...wenn es das ist was du mit intersubjektiver
nachvollziehbarkeit gemeint hast, dann sind wir da einfach ganz grundsätzlich
anderer meinung. aber wenigstens kann ichs dann einordnen...
gruss
ich
werde den verdacht nicht los dass diskursethik sich schon deshalb erledigt weil
es andere ethiken gibt...aber egal...nur meine meinung.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 18:37 Uhr
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on 09/07/05 um 17:20:48, -Andrea- wrote:[i]
Wer entscheidet darüber, ob
wir uns selbst Schmerzen zufügen dürfen oder nicht?
ich bin mir
nicht sicher ob ichs verstanden hab...aber ich vermute: der konsens(im sinne der
regeln dieses threads).
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 07.
Sept. 2005, 18:39 Uhr
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Hi, Andrea,
wie begründest du deine Ansicht?
Denn so, wie du dich
äußerst, stellt sie sich mir nur als subjektive Meinung dar, um die ich mich
nicht zu kümmern brauche.
Wenn du beanspruchen möchtest, dass deine Aussagen
als möglicherweise wahr in die Diskussion einfließen, solltest du auch
begründen, warum sie möglicherweise als intersubjektiv wahr gelten könnten.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 07.
Sept. 2005, 18:44 Uhr
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Hi, Hanspeter,
Da die Gesellschaft aber nicht bereit ist, diese
Konsequenzen zu ziehen,
Ich übersetze das in die Feststellung, nach meiner
Theorie müsste das anders sein, aber die Lebenspraxis unterscheidet sich leider
von meiner Theorie.
Die interessante Frage ist doch, warum die Lebenspraxis
sich von solchen Theorien unterscheidet, sprich, warum die Menschen mehrheitlich
ablehnen, nach solchen Theorien zu verfahren.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 18:44 Uhr
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on 09/06/05 um 23:31:53, Abrazo wrote:Verstanden, dass er als Mensch nicht
das Recht hat, sich dermaßen gehen zu lassen. Dass er das nicht nur anderen,
sondern auch sich selbst schuldig ist.
das wäre ja dann wohl so
eine art gegenposititon zu andrea. ist die denn begründet?
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 07.
Sept. 2005, 18:49 Uhr
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Hi, Psi,
erst mal zum vorherigen:
er hat nicht das recht sich
gehen zu lassen? muss ich das glauben oder hast du dafür eine konsensfähige
argumentative grundlage?
Ich befand mich im Konsens mit dem Mann.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 18:58 Uhr
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on 09/07/05 um 18:49:08, Abrazo wrote:Hi, Psi,
erst mal zum
vorherigen:
er hat nicht das recht sich gehen zu lassen? muss ich das
glauben oder hast du dafür eine konsensfähige argumentative grundlage?
Ich befand mich im Konsens mit dem Mann.
Gruß
hey abrazo.
abgesehen davon dass leute in bestimmten zwangslagen relativ einfach zum konsens
zu bringen sind, autoritäres auftreten reicht vollständig, wäre deiner meinung
nach also die allgemeine regel so: wenn ich im konsens handele mit allen
betroffenen ist die handlung gut. dann brauch ich die anfangs gestellte
threadfrage ja gar nicht mehr so stellen weil sie, wie ich meinte, dann
situationsgebunden beantwortet werden muss. im übrigen verläuft das dann nach
dem dogma, handeln im konsens ist gutes handeln.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 07.
Sept. 2005, 20:30 Uhr
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Hallo allerseits,
unsere erste Frage richtet sich darauf, ob es erlaubt
ist, seine eigene Gesundheit zu ruinieren.
Wie der Ausdruck „ruinieren“
schon zeigt, geht diese Frage von der Annahme aus, dass sich hier ein Mensch
selber einen Schaden zufügt. Das, was dieser Mensch tut, ist für ihn selber auf
lange Sicht hin schlecht.
Andererseits will er scheinbar so handeln, wie
er es tut. Es bringt ihm eine aktuelle Befriedigung, die ihn stärker motiviert
als die Aussicht, dass es ihm deswegen in einigen Jahren gesundheitlich schlecht
gehen wird.
Freiheit und Glück fallen nicht zusammen.
Ich lasse im
Folgenden mal die mögliche Schädigung Dritter unberücksichtigt und betrachte nur
den Selbstzerstörer.
Wie kann man feststellen, dass es sich um
Selbstzerstörung handelt? Es könnte ja auch so sein, wie Hanspeter geschrieben
hat: Lieber 40 Jahre rauchen, als 60 Jahre nicht rauchen.
Meiner Ansicht
nach muss letztlich das betreffende Individuum selbst das letzte Wort haben, was
sein Glück angeht. Dies heißt noch nicht, dass damit die aktuelle Wahlhandlung
oder Präferenz des betreffenden Individuums allein entscheidend ist.
Wichtiger als die aktuelle Entscheidung eines Menschen ist die Frage, ob seine
Entscheidung dauerhaft ist, und ob er später, wenn die negativen Folgen auf ihn
zukommen, auch noch zu dieser Entscheidung steht oder ob er sie bereut.
Wichtig ist weiterhin, ob die aktuelle Präferenz stabil bleibt auch gegenüber
Informationen und Aufklärung über die wirklichen Zusammenhänge, und ob sie
stabil bleibt gegenüber einer Bewusstmachung der Herkunft der eigenen Motive.
Präferenzen können auch auf falschen Annahmen über die Wirklichkeit beruhen.
Ich denke, dass die Möglichkeit, sich hinsichtlich der eigenen Interessen zu
täuschen, nicht bestritten werden kann, da es so etwas wie das Bereuen eigener
Entscheidungen gibt. Und es kann auch durch neue Erkenntnisse über die
Beschaffenheit der Wirklichkeit eine veränderte Sicht der eigenen Interessen
geben.
Deshalb müsste eigentlich jeder damit einverstanden sein, dass für
den Fall, dass er derart kurzsichtig und desinfomiert seine Entscheidungen
trifft, man ihn nicht seinem traurigen Schicksal überlässt.
Es grüßt
alle ernsthaft Fragenden Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 07.
Sept. 2005, 21:41 Uhr
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Hi, Eberhard,
das Leben endet für gewöhnlich mit dem Tode. Was heißt da
Selbstzerstörung? Ich denke, unsere Diskussion krankt daran, dass manchem
offenbar (aus ideologischen Gründen?) nicht klar ist, was Selbstzerstörung in
der Lebenspraxis ist.
Nehmen wir den ollen früheren Kumpel aus dem
Ruhrgebiet. Der ging im Pütt arbeiten, wohl wissend, dass er Glück hatte, wenn
er mit 50 keine Staublunge hatte. Ist das Selbstzerstörung? Was ist mit den
Geschwistern Scholl oder Pater Maximilian Kolbe. Selbstzerstörung? Ich denke,
eine Grenzziehung ist notwendig.
Dass Selbstmord Selbstzerstörung ist,
dürfte klar sein. Aber inwieweit ist Rauchen Selbstzerstörung? Vielleicht kriegt
der Raucher irgendwann Lungenkrebs. Und was ist mit ihm in der Zwischenzeit?
In einem österreichischen Weindorf haben Winzer mir erklärt, sie seien hier
alle Alkoholiker. Kein Wunder, die gingen morgens nach dem Frühstück schon an
ihr Fass. Nur im Sommer schoben sie Wasser dazwischen - sonst würden sie ja blau
werden und nicht mehr leben und arbeiten können, meinten sie. Leber? Jott, jo,
dat kommt schon mal vor, is aber normal.
Und dann vergleiche das mit
einem Drogenabhängigen, auch von der Droge Alkohol. Die knallen sich nicht zu,
um in fröhlicher Runde das Leben zu genießen. Die knallen sich weg. Bis zur
Bewußtlosigkeit. Die steigen aus der realen Welt und ihrer Gesellschaft, aus der
Gemeinschaft mit anderen Menschen aus in eine Welt der Lüge und Illusion. Die
knallen sich das Hirn weg. Die knallen sich ihre Menschlichkeit weg. Das ist
imho der Kern der Selbstzerstörung: ich will nicht mit dieser Welt leben, nicht
mit dem Menschen, der ich bin.
Fragen wir, ob wir uns die Freiheit dazu
genehmigen dürfen, in uns selbst die Menschheit zu vernichten. Die Menschheit,
weil der, den ich nicht ausstehen kann, in allen andern Menschen auch wohnt. So
ist nun mal die Art.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 07.
Sept. 2005, 21:55 Uhr
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Hi,
und noch was zum Thema Pflicht:
Ob ich etwas aufgrund meines
humanen Willens als gut und richtig erkannt habe oder mich kraft Verstand zu
einem moralischen Grundsatz bekenne, wenn das der Fall ist, habe ich auch die
Pflicht, danach zu handeln, egal, ob es mir aus subjektiven Wohlbefindensgründen
passt oder nicht. Ethik und Moral kommen ohne Pflicht nicht aus.
Ich
vermute, der Hauptgrund für die Betonung der Freiheit und der subjektiven
Moralen ist nicht, dass man hierüber nicht im Konsens zu einer intersubjektiven
Einsicht gelangen könnte, sondern dass man die sich daraus ergebende Konsequenz
scheut: die Pflicht. Ich nenne das Infantilisierung. Das Kind lebt wunderbar vor
sich hin, ohne Verantwortung und ohne Pflichten. Die tragen nämlich andere für
es. Welch herrlicher Zustand! Dumm ist nur, dass sich dann immer jemand findet,
der einen um acht Uhr abends ins Bett schickt. Das sollte mit Berufung auf die
Freiheit abgeschafft werden. Findet das Kind.
Grüße
--------------------------------------------------------------------------------
Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 22:47 Uhr
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on 09/07/05 um 21:55:13, Abrazo wrote:Hi,
und noch was zum Thema
Pflicht:
Ob ich etwas aufgrund meines humanen Willens als gut und richtig
erkannt habe oder mich kraft Verstand zu einem moralischen Grundsatz bekenne,
wenn das der Fall ist, habe ich auch die Pflicht, danach zu handeln, egal, ob es
mir aus subjektiven Wohlbefindensgründen passt oder nicht. Ethik und Moral
kommen ohne Pflicht nicht aus.
ja weisst du, das eignet sich
auch hervorragend als grundlage autoritärer systeme. bis zu einem gewissen grad
ist natürlich auch das was ich für richtig halte richtschnur meines handelns.
nur absolut ist das eben nicht. ich weiss sehr wohl dass es umstände gibt die
mich anders handeln lassen würden. und natürlich hoffe ich auch dass ich mir
einen zweifel da beware wo ich über andere menschen hinwegzugehen drohe.
Quote:Ich vermute, der Hauptgrund für die Betonung der Freiheit und der
subjektiven Moralen ist nicht, dass man hierüber nicht im Konsens zu einer
intersubjektiven Einsicht gelangen könnte, sondern dass man die sich daraus
ergebende Konsequenz scheut: die Pflicht. Ich nenne das Infantilisierung. Das
Kind lebt wunderbar vor sich hin, ohne Verantwortung und ohne Pflichten. Die
tragen nämlich andere für es. Welch herrlicher Zustand! Dumm ist nur, dass sich
dann immer jemand findet, der einen um acht Uhr abends ins Bett schickt. Das
sollte mit Berufung auf die Freiheit abgeschafft werden. Findet das Kind.
man kann nicht in jedem fall eindeutig bestimmen welches handeln
richtig ist. man kann in bestimmten fällen nicht zu einem konsens kommen wenn
die interessen zu conträr sind.
ich kann natürlich nur für mich sprechen,
aber ich schiebe verantwortung nicht ab, ich nehme keine drogen, ich zerstöre
mich nicht selbst, mich muss auch niemand ins bett oder sonstwo hinschicken. ich
vertrete meine meinung auch gegenüber anderen und handlungen die ich für richtig
erachte die erachte ich auch für richtig. oder anders gesagt. ich funktioniere
sehr gut in dieser gesellschaft. abe ich setze meine meinung selbst wenn sie im
konsens mit anderen gefunden wurde nicht absolut. das wäre töricht.
im
gegensatz zu dir glaube ich eben dass es vielmehr ein infantiler trieb nach
absoluter sicherheit ist der sich der erkenntnis verweigert dass es keine
absolute moral gibt. ein konsens muss nicht gefunden werden können, pflicht hin
pflicht her. nur definitionen sind absolut. sonst nichts auf dieser welt.
auch hinter vermeintlicher sicherheit kann man sich verstecken wenn man dem
zweifel richtig gehandelt zu haben nicht gewachsen ist.
versuch doch
bitte niemand für dumm zu verkaufen.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 07.
Sept. 2005, 23:28 Uhr
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Hi, Psi,
nimm bitte mal zur Kenntnis, dass es außer dir noch andere
Menschen auf der Welt gibt, die im Zweifelsfalle ihre Meinung über moralische
Grundsätze ändern und tun, was sie für richtig halten.
Etliche davon findest
du im Knast.
Ich würde dir eine längere Expedition in die Drogen-, Asi- und
Kriminellenszene empfehlen. Rede mit den Leuten, diskutiere mit ihnen, dann
wirst du wahrscheinlich manches anders sehen.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 07.
Sept. 2005, 23:53 Uhr
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on 09/07/05 um 23:28:09, Abrazo wrote:Hi, Psi,
nimm bitte mal zur
Kenntnis, dass es außer dir noch andere Menschen auf der Welt gibt, die im
Zweifelsfalle ihre Meinung über moralische Grundsätze ändern und tun, was sie
für richtig halten.
Etliche davon findest du im Knast.
Ich würde dir eine
längere Expedition in die Drogen-, Asi- und Kriminellenszene empfehlen. Rede mit
den Leuten, diskutiere mit ihnen, dann wirst du wahrscheinlich manches anders
sehen.
Gruß
ich hör wohl nicht recht? erst infantil und
jetzt quasi kriminell? ist das deine methode zum konsens?
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
08. Sept. 2005, 02:25 Uhr
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Hallo an Alle,
Eberhard hat einmal vor längerer Zeit einen Regelkatalog
aufgestellt, wie man sich in Diskussionen verhalten sollte: zum Beispiel auf
persönliche Aggressionen zu verzichten.
Zur Sache.
Es geht hier
um die "Ewige Frage" Wieviel individuelle Freiheit billigt die Gesellschaft dem
Einzelindividuum zu?
Natürlich ist es der Gesellschaft am liebsten, wenn der
Mensch sich möglichst präzise in jenen Bahnen bewegt, die sie für ihn vorgesehen
hat: Geburt, Arbeit, Fortpflanzung, Tod. Letzteren am besten "schlagartig" nach
Beendigung der Arbeitstätigkeit.
Weiter halten die Führer der Gesellschaft
das normale Volk für ziemlich einfältig, weshalb sie glauben, genau zu wissen,
was für das Volk gut ist. Wie der Vater die unmündigen Kinder, so muss auch
Vater Staat seine Doofies behandeln.
Eberhard schreibt: "Wichtiger als
die aktuelle Entscheidung eines Menschen ist die Frage, ob seine Entscheidung
dauerhaft ist, und ob er später, wenn die negativen Folgen auf ihn zukommen,
auch noch zu dieser Entscheidung steht oder ob er sie bereut."
Genau das
ist es n i c h t!!! Es ist nicht Aufgabe des Staates oder Teilen der
Gesellschaft, mich wie einen unmündigen Deppen zu behandeln, den Zeigefinger zu
heben und zu sagen: "Du wirst es noch bereuen, nicht auf mich gehört zu haben."
Ja, lassen wir doch die Menschen dieses Risiko eingehen. Es ist mindestens
genauso groß wie das Risiko, später zu sagen: "Hätte ich damals nur nicht auf
ihn gehört."
Tod dem Paternalismus! Zumindest ab 18!
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 08.
Sept. 2005, 09:09 Uhr
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moral und strafgesetzbuch haben nichts miteinander zu tun
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 08.
Sept. 2005, 09:37 Uhr
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Hallo allerseits,
abrazo hat darauf hingewiesen, dass der Begriff der
Selbstzerstörung genauer gefasst werden sollte und hat als Beispiel die
Geschwister Scholl genannt, die unter Einsatz ihres Lebens Kritik an der
herrschenden Nazidiktatur geübt haben.
Ich meine auch, dass man Fälle, in
denen sich Menschen für eine gute Sache (oder auch nur vermeintlich gute Sache
wie bei Selbstmord-Attentätern oder Kamikaze-Fliegern) aufopfern, ausgrenzen
sollte, weil hier die (vermeintlich) positiven Folgen der Aufopferung für Dritte
mit zu berücksichtigen wären.
Außerdem sollte der Hinweis von res1
berücksichtigt werden, dass sich jeder irgendwo selbstschädigend verhält und es
schwer ist, eine Grenze zur Selbstzerstörung zu ziehen.
Um zugleich auch
das von Hanspeter betonte Problem des „Paternalismus“, der fürsorglichen
Herrschaft, etwas zu entschärfen, schlage ich vor, dass wir unter
„Selbstzerstörung“ nur die schweren Fälle verstehen, wo jemand sich dermaßen
schädigt, dass er deswegen nicht mehr in der Lage ist, den Anforderungen in
seiner Partnerschaft, in der Sorge für seine Kinder und in seiner
Erwerbstätigkeit nachzukommen.
Damit sind allerdings Robinson und auch
das friedliche Rentnerpaar von nebenan, das schon am Vormittag feuchtfröhlich
ist, aus der Fragestellung ausgegrenzt. Wir haben es mit Selbstzerstörung und
der damit verbundenen Unfähigkeit zu tun, seinen Beitrag zur eigenen Versorgung
zu leisten,
Dabei geht es erstmal nur um die Frage, wie ein solches
Verhalten zu bewerten ist.
Meiner Meinung nach ist es nicht nur unklug
(= den eigenen Interessen zuwiderlaufend, sondern auch moralisch nicht zu
billigen (= einem solidarisch bestimmten Gesamtinteresse zuwiderlaufend.)
Damit sind die Fragen: „Wer trägt welche Schuld daran?“ oder „Soll der
Betreffende entmündigt werden und unter (staatliche?) Pflegschaft gestellt
werden?“ oder „Soll ein solches Verhalten gesetzlich verboten und mit Strafe
bedroht werden?“ keineswegs bereits vorentschieden, wie Hanspeter offenbar
befürchtet.
Erst wenn wir die Frage der Bewertung geklärt haben, sollten
wir diese anschließenden Fragen diskutieren.
Es grüßt Euch Eberhard.
p.s.: Für die Newcomer in unseren Diskussionsrunden stelle ich noch einmal
die “25 Ratschläge für die Internet-Diskussion“ ein, die sich bisher bewährt
haben.
“25 (eigentlich selbstverständliche) Ratschläge für
Internet-Diskussionen:
- Kläre und präzisiere – soweit möglich - die
Frage, die beantwortet werden soll, bevor Du mit der Argumentation beginnst
- Kläre und präzisiere - falls nötig - zentrale Begriffe
- Erläutere
und definiere - falls gefordert - Begriffe, die Du selber eingebracht hast
- Vermeide eine stark wertende und zugleich informationsarme Bildersprache
- Behaupte nichts, ohne es - falls gefordert - begründen zu können
-
Kennzeichne nicht weiter begründete Prämissen - falls nötig - als Setzungen
- Argumentiere nicht mit Prämissen, die Du nicht in Frage stellen lässt
- Frage Dich, ob Deine Argumente so formuliert sind, dass andere sie
verstehen,
nachvollziehen und im Prinzip akzeptieren können
- Bemühe
Dich um eine möglichst klar formulierte und übersichtliche Darstellung
-
Vermeide lange Beiträge zu vielen verschiedenen Punkten
- Führe – falls
nötig - Schlussfolgerungen in ihren einzelnen logischen Schritten aus
-
Berufe Dich nicht auf Beweise, die Du nicht selber wiedergeben kannst
-
Berufe Dich nicht auf Autoritäten, deren Argumentation Du nicht wiedergeben
kannst
- Gib Deine Quelle an, wenn Du Tatsachen behauptest
- Mach
bei Deinen Argumenten deutlich, welche Behauptung damit unterstützt bzw.
angegriffen werden soll
- Behalte immer die Ausgangsfrage im Auge und
verliere Dich nicht in Nebenfragen
- Verzichte auf die Erörterung von
Punkten, die nicht zur Sache gehören
- Bevor Du den andern kritisierst,
vergewissere Dich, ob Du ihn richtig verstanden hast. Wiederhole – falls nötig -
seine Position mit Deinen Worten
- Verzichte auf billige Erfolge in der
Widerlegung von Positionen, die so niemand vertreten hat, sondern die Du selbst
fabriziert hast
- Konzentriere Dich auf die Kritik an der Richtigkeit von
Behauptungen und verzichte auf anderweitige Kritik wie: "ist nicht neu", "ist
nicht wichtig", "ist gefährlich", "ist nicht interessant" oder ähnliches
- Kritisiere Positionen und nicht Personen
- Prüfe Argumente unabhängig
davon, wer sie eingebracht hat
- Sag statt "Deine Ansicht ist unhaltbar"
lieber "Die Ansicht, dass … ,ist unhaltbar"
- Sei Dir bewusst, dass
häufig aufgrund beschränkter Erkenntnismöglichkeiten nicht nur eine, sondern
mehrere Antworten auf eine Frage rational vertretbar bleiben
- Zähme Dein
eigenes Geltungsstreben und versuche nicht, um jeden Preis Recht zu behalten
- Zeige Deine Bereitschaft, richtige Gegenargumente anzuerkennen
-
Nutze die Anonymität nicht zu Verhaltensweisen, die Du vor Dir selber nicht
rechtfertigen kannst
- Respektiere die Fragestellung desjenigen, der die
Diskussionsrunde initiiert hat. Wenn Du später dazu kommst, informiere Dich über
den bisherigen Diskussionsverlauf.“
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
08. Sept. 2005, 09:48 Uhr
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.... und auch ein eberhardt
zer stört sich und die welt !
gerade weil er er werbs fähig
in einem ver fassungs widrigen arbeits lager
........
weil er nicht einmal seine menschen verachtung er kennt !
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 08.
Sept. 2005, 14:24 Uhr
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Hi, Eberhard,
Damit sind allerdings Robinson und auch das friedliche
Rentnerpaar von nebenan, das schon am Vormittag feuchtfröhlich ist, aus der
Fragestellung ausgegrenzt.
Genau das, Robinson, ist aber der
interessante Fall.
Hinsichtlich Selbstzerstörung, bleiben wir beim Thema
Drogen, ist nämlich die Sache beim landläufigen Junkie, Kokainisten oder Alki,
der sich auf unseren Straßen herum treibt, ohnehin klar: sie ist deswegen kein
Thema, weil es dabei eine eindeutige Tendenz zum Übergriff auf andere Menschen
durch den Drogenkonsumenten gibt. Denn ob sie anregend oder dämpfend wirken,
Drogen sind Betäubungsmittel. Sie betäuben für das soziale Zusammenleben
wesentliche Funktionen, wie Hemmschwellen, Selbstkritik, Gewissen, Gefühl usw.
(wobei das Urteil des Konsumenten unerheblich ist. Heroinkonsumenten z.B.
bezeichnen Heroin als warm und weich, wer mit Leuten unter Heroin zu tun hatte,
weiß, die sind kalt und gefühllos, wenn sie unter Heroin stehen). Das heißt, ein
Drogenkonsument wird in der Regel die Interessen seiner Mitmenschen schädigen,
weil er kraft Betäubung gar nicht in der Lage ist, sein Verhalten mit diesen
Interessen abzustimmen. Wir haben da über der Frage nach der Selbstzerstörung
also noch eine andere: wie ist es moralisch zu werten, wenn ich mich willentlich
in den Zustand der Asozialität (hier verstanden als Unfähigkeit zur sozialen
Wahrnehmung) begebe. Dürfte Konsens darüber zu erzielen sein, dass das moralisch
negativ zu bewerten ist.
Diese überlagernde Frage fällt bei Robinson aber
weg. Und ebenso fällt das Paternalismusproblem (das für diese Fragestellungen
sowieso irrelevant ist) weg. Übrig bleibt die Moral als Selbstverpflichtung. Und
damit die Frage: hat Robinson sich selbst (wem sonst) gegenüber die Pflicht,
sich nicht zuzuknallen oder nicht?
Theoretisch mag man zu schnellen
Entscheidungen neigen. Deswegen bitte ich doch darum, sich die Sache praktisch
vorzustellen: Robinson liegt, je nach Konstitution abgezehrt oder aufgeschwemmt
innerhalb seiner Palisaden zwischen stinkenden, modernden Abfällen, Erbrochenes
in Haar und Bart, Sabber läuft aus dem Mund, die Hose ist vollgepisst und
vollgeschissen, und aktiv wird er nur dann, wenn er feststellt, dass sein
Schnaps zuende geht und er sich ggf. zitternd, jammernd und heulend an die
Herstellung neuen Stoffes macht. Ich habe erhebliche Probleme, das als moralisch
belanglos aufzufassen, kann aber im Moment nicht begründen, warum.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
08. Sept. 2005, 16:03 Uhr
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Der Grund ist ganz einfach: Robinson hat per definitionem keinen Kontakt zu
anderen Menschen - jedenfalls bevor er mit Freitag zusammentraf. Also entfallen
moralische Betrachtungen.
Zurück zur Selbstzerstörung. Eberhard schreibt
dazu:
"Meiner Meinung nach ist es nicht nur unklug (= den eigenen
Interessen zuwiderlaufend, sondern auch moralisch nicht zu billigen (= einem
solidarisch bestimmten Gesamtinteresse zuwiderlaufend.)"
Der erste Teil
ist zu verneinen. Es entspricht seinen Interessen, sonst würde er es nicht tun.
Die Denkweise: "Du weißt nicht, was für dich gut ist, ich aber weiß es."
entspricht nicht einer freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Bliebe
noch die moralische Billigung:
Konkret: Jemand säuft und/oder raucht. Andere
Drogen lassen sich deshalb nicht vergleichen, weil ihre Verwendung in der BRD
meist strafbar ist. Das Kauen von Kokablättern, wie in den Andenstaaten üblich,
wäre aber prinzipiell vergleichbar.
Beim Saufen gehe ich davon aus, dass der
Alkoholiker noch seiner Arbeit nachgehen kann.
Inwiefern schadet er der
Gesellschaft?
Er wird häufiger als der Durchschnitt krank, richtig. Dafür
zahlt er aber auch vermehrt Steuern.
Er stirbt früher. Das aber ist kein
Schaden für die Gesellschaft.
Was ist aber, wenn jemand sich körperlich
zu wenig bewegt, zuviel isst, usw. Sind das auch Menschen, die sich zugrunde
richten und daher von der Gesellschaft zu ahnden sind?
fragt sich HP.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 08.
Sept. 2005, 16:26 Uhr
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Hi, Hanspeter,
Der Grund ist ganz einfach: Robinson hat per definitionem
keinen Kontakt zu anderen Menschen - jedenfalls bevor er mit Freitag
zusammentraf. Also entfallen moralische Betrachtungen.
Ist das so? Ich z.B.
sehe das nicht so. Andere (z.B. Wittgenstein, siehe Vortrag über Ethik, oder
Camus) sehen das auch nicht so. Das heißt, es gibt eine ganze Menge vernünftige
Leute, die der Auffassung sind, es gäbe ethische Pflichten unabhängig von
sozialen Belangen. Selbst wenn diese Auffassung falsch sein sollte (quod est
demonstrandum, die Alternative ist, dass es keine Ethik gibt), wäre zu eruieren,
warum es diese Auffassung gibt.
Andere Drogen lassen sich deshalb nicht
vergleichen, weil ihre Verwendung in der BRD meist strafbar ist
Na und? Ist
das ein Grund für die moralische Bewertung des Konsums? Homosexualität war vor
nicht allzu langer Zeit auch strafbar. Ist sie deswegen per se unmoralisch, oder
je nach gesellschaftlicher Ansicht mal moralisch problemlos, mal nicht? So, wie
es mal problemlos ist, Sklaven zu halten, mal nicht? Wenn das der Fall sein
sollte: was spricht dagegen, die Sklaverei wieder einzuführen?
Beim
Saufen gehe ich davon aus, dass der Alkoholiker noch seiner Arbeit nachgehen
kann.
So, so. Davon gehst du also aus. Nun, ich gehe davon aus (und das ist
eine empirische Tatsache), dass Sucht ein mehr oder minder langjähriger Prozess
ist, an dessen Ende die dissoziale entkernte Persönlichkeit steht, die dann
nicht selten noch nicht mal mehr therapiefähig ist, selbst wenn Leidensdruck und
Willen vorhanden sind. Das heißt, wer Drogen konsumiert, begibt sich in einen
Prozess fortgesetzten Persönlichkeitsverfalls, und je mehr und länger er
konsumiert, desto weniger ist er imstande, diesen Prozess an- oder aufzuhalten.
Dafür ist der Anfänger aber blind. Er gleicht da einem Wanderer auf einem
Bahngleis, der entsprechende Verbote für bekloppt hält, weil ja doch kein Zug
kommt. Der Zug wird aber kommen, so steht es im Fahrplan, und der Zug ist so
schnell, dass der Wanderer nicht mehr ausweichen kann, wenn er ihn bemerkt.
Also: Drogenkonsum ist in erster Linie nicht deswegen selbstzerstörerisch,
weil einer dadurch seinen Körper zerstört, die Zerstörung bezieht sich auf sein
Denken, sein Fühlen, seine Persönlichkeit. Der fortgesetzte körperliche Verfall
ist nur die Folge davon.
Um mal klar zu machen, wovon hier die Rede ist.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von nicht_ich am
08. Sept. 2005, 20:46 Uhr
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Ich bin mir nicht sicher, ob man in Eberhards Frage zu einem befriedigenden
Schluss gelangen kann:
Zum Thema fällt mir nämlich, neben den
Drogen-Geschichten, mit denen man sich selbst kaputt macht, noch ein ganz andere
konkreter Sachverhalt ein:
Hat der Staat, die Gesellschaft oder irgendein
Gemeinwesen das Recht einem Menschen das Kinder kriegen zu verbieten?
Im
vergangen Jahr gab es ja unzählige Kindermissbrauchsprozesse, wo unfähige,
perverse aber auch drogensüchtige Erziehungsberechtigte für die Vergehen an
ihren Kindern juristisch zur Rechenschaft gezogen wurden.
Als ich
Schilderungen dessen las, was diese Menschen mit ihren Schutzbefohlenen
angestellt haben, kamen mir z.T. wirklich die Tränen. Furchtbar zu was Menschen
fähig sind.
In solchen extremen Fällen scheint es eindeutig zu sein, dass
es ein Recht einzuschreiten gibt. Aber der Teufel steckt auch hier im Detail,
was schließlich der Grund dafür ist, dass diese Fälle -und Gott allein weiß
wieviele unentdeckt bleiben- erst ans Licht der Öffentlichkeit gelangen, nachdem
das schlimmste bereits geschehen ist.
Kinder in die Welt zu setzten ist
ein ungeschriebenes Grundrecht, aber darf es das sein?
Ich habe mal von
einem Fall gehört, um ein anderes Extrem zu nennen, wo einer Mutter, deren IQ um
die 70 betrug, vom Jugendamt das Sorgerecht entzogen werden sollte. Wegen
DUMMHEIT! Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so tragisch wäre.
Hätte
man ihr etwa schon die Schwangerschaft verbieten sollen?
Die Entscheidung
zu Leben, ist die wohl wesentlichste des Mensch-Seins, und zugleich die einzige,
die der Mensch selbst nicht treffen kann.
Wo liegen die Grenzen? Wer darf
entscheiden? Gibt es für so etwas eine normative Instanz, oder bleiben wir auf
ewig der Spielball elterlicher Willkür?
Mit zweifelndem Gruß
nicht
ich
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 08.
Sept. 2005, 21:23 Uhr
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Hallo Hanspeter,
Du sagst über einen Menschen, der seiner momentanen
Befriedigung folgt und vor den zu erwartenden Schädigungen die Augen
verschließt: „Es entspricht seinen Interessen, sonst würde er es nicht tun. Die
Denkweise: ‚Du weißt nicht, was für dich gut ist, ich aber weiß es’ entspricht
nicht einer freiheitlich demokratischen Grundordnung.“
Wenn ich einmal
aus meiner Homepage zitieren darf. Dort habe ich in der Seite über den
Interessenbegriff geschrieben:
„So ist z.B. ein Interessebegriff
zumindest im normativen Zusammenhang unbrauchbar, der das Interesse eines
Individuums allein über die faktischen Äußerungen oder Handlungen des
betreffenden Individuums bestimmen will. Dieser Interessenbegriff, den man als
"subjektivistisch" bzw. "behavioristisch" bezeichnen kann, impliziert, dass sich
kein Individuum hinsichtlich seiner Interessen irren kann, ja dass es per
Definition immer gemäß seinen Interessen handelt.
Dem widerspricht
jedoch allein die einfache Tatsache, dass man über seine Interessen bzw. über
seine Handlungen zu verschiedenen Zeitpunkten verschiedener Meinung sein kann.
Man kann z. B. nachträglich eine Entscheidung "bereuen" und man kann
seine damalige Interessenlage aufgrund neuer Erkenntnisse heute ganz anders
sehen.
Schon aus diesem Grund kann die die Meinung eines Individuums
über seine Interessen kein unantastbares Datum sein bei der Beantwortung dessen,
was ein Individuum tun soll, sondern unterliegt bestimmten
Qualifikationsbedingungen: d.h. es gibt mehr oder weniger qualifizierte
Interessenäußerungen. Insofern ist der übliche Sprachgebrauch auch sinnvoll, der
zwischen dem "vermeintlichen" und dem "wirklichen" Interesse eines Individuums
unterscheidet.“
In unserem demokratischen Gemeinwesen ist nicht zuletzt
aus diesem Grund die Freiheit der Meinungsäußerung und der Wissenschaft in der
Verfassung verankert und Abstimmungen oder Wahlen gehen immer öffentliche
Diskussionen voraus.
Aus der Möglichkeit, entgegen den eigenen
Interessen zu handeln folgt nun keineswegs, dass die Interessen der Menschen
über deren Köpfe hinweg von selbsternannten Wohltätern oder Avantgarden
definiert werden dürften.
Ich habe dazu geschrieben: „In gleicher Weise
unbrauchbar für normative Fragestellungen erscheint ein Interessebegriff, der
das individuelle Interesse völlig unabhängig vom Willen des jeweiligen
Individuums bestimmen will, indem er dies etwa aus Annahmen über soziale
Verhältnisse und die "menschliche Natur" ableitet. Ein derartig
"objektivistischer" Interessenbegriff kann ebenfalls zu keinen allgemeingültigen
Antworten auf die Frage führen, wie ein Individuum handeln soll: um als
Behauptung allgemeingültig zu sein, muss eine solche Antwort argumentativ
konsensusfähig sein, d.h. dass auch das betreffende Individuum selber dieser
Antwort zustimmen können muss. Wenn man sich durch die "objektivistische"
Bestimmung des individuellen Interesses von dieser Zustimmung völlig abkoppelt,
wird der Anspruch auf Allgemeingültigkeit gegenüber dem betreffenden Individuum
zu einem reinen Gehorsamsanspruch, der bereits von den Voraussetzungen her nicht
mehr argumentativ einlösbar ist.
Aus der hier skizzierten Kritik sowohl
an der "subjektivistischen" wie an der "objektivistischen" Fassung des
Interessenbegriffs ergibt sich, dass ein für die Beantwortung normativer Fragen
geeigneter Begriff des individuellen Interesses … bestimmten
Qualifikationsbedingungen unterliegt, wie z.B. der Kenntnis der Situation, auf
die sich das Interesse bezieht, einschließlich der zukünftig absehbaren Folgen
verschiedener Handlungsalternativen. Nur ein in diesem Sinne "aufgeklärtes"
Interesse kann zu allgemeingültigen Antworten auf die Frage führen, was ein
Individuum tun soll.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 08.
Sept. 2005, 22:01 Uhr
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Hi, Eberhard,
kannste auch nachliefern, wie du Interesse definierst?
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 09.
Sept. 2005, 01:29 Uhr
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on 09/08/05 um 21:23:18, Eberhard wrote:Aus der hier skizzierten Kritik
sowohl an der "subjektivistischen" wie an der "objektivistischen" Fassung des
Interessenbegriffs ergibt sich, dass ein für die Beantwortung normativer Fragen
geeigneter Begriff des individuellen Interesses … bestimmten
Qualifikationsbedingungen unterliegt, wie z.B. der Kenntnis der Situation, auf
die sich das Interesse bezieht, einschließlich der zukünftig absehbaren Folgen
verschiedener Handlungsalternativen. Nur ein in diesem Sinne "aufgeklärtes"
Interesse kann zu allgemeingültigen Antworten auf die Frage führen, was ein
Individuum tun soll.
eberhard,
deine ausführungen,
insbesondere der forderung nach kenntnis der zukünftigen folgen eines tuns, eine
für götter aber nicht für menschen mögliche kenntnis, zwingen doch zu dem
schluss dass ein aufgeklärtes interesse wie du es nennst, ein "wirkliches"
interesse gar nicht festgestellt werden kann. weder vom individuum selber noch
von einem anderen. sprichworthaft geradezu der satz den platon sokrates am ende
seiner apologie sagen lässt: doch jetzt ists zeit fortzugehen: für mich, um zu
sterben, für euch, um zu leben. wer von uns dem besseren los entgegengeht, ist
uns allen unbekannt - das weiss nur gott.
das ganze kann man ja analog
mit gut, moralich oder sonst sowas durchexerzieren. bleiben tut doch immer dass
eine handlungsanweisung gar nicht gegeben werden kann weil zu einer
abschliessenden beurteilung die mittel fehlen. de facto kann man sich also nur
nach menschenmöglichem richten. und das kann eben auch falsch sein wenns richtig
erscheint.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
09. Sept. 2005, 01:53 Uhr
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@ Abrazo
Mich interessiert nicht, was Wittgenstein oder Camus über Ethik
gesagt haben (das, was ich von W. über Ethik gelesen habe, war mehr als
dürftig), sondern mich interessieren logisch nachvollziehbare Argumente. Nenne
also bitte einen vernünftigen Grund, weshalb für einen "Robinson" moralische
Kriterien gelten sollen. (Moral = Bewertung des menschlichen Handelns).
@
eberhard.
schreibt:
"So ist z.B. ein Interessebegriff zumindest im
normativen Zusammenhang unbrauchbar, der das Interesse eines Individuums allein
über die faktischen Äußerungen oder Handlungen des betreffenden Individuums
bestimmen will. ...."
Auch wenn es in deiner Homepage steht, wird es
dadurch nicht richtig.
Es gibt keine objektiven Interessen. Ein Interesse
ist immer subjektiv, die Interessen ändern sich oft im Leben eines Menschen und
niemand auf der Welt kann begründen, welche Interessen eines Menschen nicht in
seinem Interesse sind.
Natürlich kann man eine Entscheidung bereuen! Das
liegt daran, dass sich im Laufe der Zeit die Interessenslage verändert hat.
Schon viele haben eine Eheschließung bereut. 50% aller Ehen werden geschieden
oder sind zerrüttet. Soll nun das Heiraten verboten werden! Sollen in der Jugend
die Hormonausschüttungen künstlich gebremst werden?
Sicher hat die
Gesellschaft eine Informationspflicht. Sie soll die Menschen aufklären,
einverstanden. Aber damit endet ihre Pflicht.
Ein in meinen Augen viel
schwerwiegenderes Problem ist die Frage, inwieweit ist die Gesellschaft
verpflichtet, denjenigen zu helfen, die ihre "guten Ratschläge" ignoriert haben?
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 09.
Sept. 2005, 02:16 Uhr
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hallo hp,
nicht dass es jemand interessierte, aber das unterschreibe ich...
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
09. Sept. 2005, 10:08 Uhr
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.... der grund warum ihr alle hier soooo realitäts fern
soooo viele
worte macht
ist nur im ge denken an euere vor bilder
die waren
auch sooo realitäts fern !
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 09.
Sept. 2005, 18:33 Uhr
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Hallo allerseits,
es geht um die Frage, ob man sich selbst zerstören darf
und in einem zweiten Schritt sicher auch darum, welche pädagogischen,
therapeutischen, moralischen oder rechtlichen Konsequenzen man angesichts der
zigtausendfachen Selbstzerstörung vor unseren Augen ziehen soll. (Allein in der
Stadt, in der ich wohne, leben ca. 10 000 Menschen auf der Straße.)
Ich
denke das Faktum der Selbstzerstörung ist unter uns nicht strittig.
Ich
hatte gesagt, dass ein solches Verhalten unklug ist, weil es nicht den eigenen
Interessen entspricht.
Dem hat Hanspeter widersprochen mit der
Begründung, das selbstzerstörerische Verhalten liege im Interesse des
Betreffenden, sonst würde er es nicht tun.
Damit ist die äußerst
schwierige Frage nach der Bedeutung des Wortes „Interesse“ gestellt.
Zu
Deiner Nachfrage, Abrazo: Ich benutze den Begriff des Interesses häufig anstelle
des Begriffs „Willen“, also zur Beschreibung und Analyse unseres „voluntativen“
Verhältnisses zur Welt. Damit ist gemeint, dass wir nicht nur als Wahrnehmende
ein konstatierendes Verhältnis zur Welt haben („so ist es“), sondern dass wir
nach etwas streben, dass wir etwas wollen, dass wir den Dingen zustimmen oder
ablehnend gegenüberstehen („so soll es sein“).
Die Interessenterminologie
ist für die Analyse dieses Verhältnisses in mancher Hinsicht besser geeignet,
weil sie weniger festgelegt ist auf die aktuellen psychischen Abläufe von
bewusster Absicht, Vorsatz, Entschluss, Versuch, Tat etc.
So ist es
problemlos, davon zu sprechen, dass ein Individuum verschiedenste,
unterschiedlich gewichtige Interessen hat. Diesen Sachverhalt kann ich in der
Willensterminologie nur unter Schwierigkeiten ausdrücken, Man geht deshalb dann
häufig zu Begriffen wie „Ziel“, „Zweck“ oder „Wert“ über.
Man spricht
umgangssprachlich von einem „vermeintlichen“ Interesse, das nicht das
„wirkliche“ Interesse ist. In der Willensterminologie ist auch das weitaus
schwieriger auszudrücken.
Das Interesse eines Menschen ist immer bezogen
auf eine bestimmte Situation und drückt sich in den Willensäußerungen und
Wahlhandlungen (Präferenzen) aus.
So kann ich das faktische Interesse
eines Individuums A in Bezug auf seine Versorgung mit bestimmten Gütern (z.B.
Brot oder Zigaretten) dadurch bestimmen, dass ich A frage: Wie viel Cent wäre
Dir eine Zigarette wert? Wie viel Cent wären Dir zwei Zigaretten wert? usw. Wenn
man die Antworten von A in ein Koordinatensystem einträgt, erhält man dann das,
was man in der Ökonomie eine Nachfragefunktion nennt.
Die faktischen
Interessen, die ein bestimmtes Individuum in einer bestimmten Situation hat,
sind abhängig von der Situation, in der sich dies Individuum befindet, also von
den Handlungsalternativen, die ihm offen stehen, von den zu erwartenden
Konsequenzen und deren Bewertung. Genauer gesprochen: sie sind abhängig von dem
Annahmen des betreffenden Individuums darüber.
Wenn A z.B. annimmt,
dass er morgen von B eine ganze Stange Zigaretten geschenkt bekommt, dann wird
seine Nachfragekurve anfangs steil ansteigen, aber wenn der Bedarf bis morgen
gedeckt ist, wird seine Zahlungsbereitschaft für zusätzliche Zigaretten stark
nachlassen.
Wenn B jedoch morgen keine Zigaretten bringt, dann wurde das
faktische Interesse von A falsch bestimmt. A sagt dann: „Hätte ich gewusst, dass
B nicht kommt, dann hätte ich mich doch mit mehr Zigaretten eingedeckt.“ Dass A
nur so wenige Zigaretten gekauft hat, war nur in seinem „vermeintlichen“
Interesse, nicht jedoch in seinem „aufgeklärten“ Interesse.
Zu der
Kritik von psi: Dass es keine Sicherheit gegen falsche Annahmen über die Welt
gibt, ist unstrittig. Aber aus der Möglichkeit des Irrtums zu schließen, dass
alle Annahmen und alle darauf basierenden Interessenformulierungen gleichwertig
seien, entspricht keineswegs der Logik.
Mit der gleichen Berechtigung,
mit der ich sagen kann: „Ich habe mich geirrt“ kann ich auch sagen: „Ich habe
meine Interessen falsch gesehen“.
Hier will ich erstmal Schluss machen.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 09.
Sept. 2005, 20:55 Uhr
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Hallo Eberhard,
Du bist zwar auf meine bisherigen Beiträge in diesem thread
noch nicht eingegangen, so dass ich denke, dass Dir meine Beiträge unangenehm
sind.
Dein letztes statement animiert mich jedoch zu einer Ergänzung und
einer Frage.
Du sagst u.a.: "es geht ... sicher auch darum, welche
pädagogischen, therapeutischen, moralischen oder rechtlichen Konsequenzen man
angesichts der zigtausendfachen Selbstzerstörung vor unseren Augen ziehen soll.
(Allein in der Stadt, in der ich wohne, leben ca. 10 000 Menschen auf der
Straße.)"
Meine Frage: Uns kann es doch nur um philosophische
Konsequenzen gehen, wir sind doch keine Pädagogen, Therapeuten, Juristen oder
Politiker. Die 10.000 Menschen, die in Deiner Stadt auf der Straße leben, sorgen
zwar dafür, dass die Pädagogen und Therapeuten nicht arbeitslos werden. Sich
selbst zugrunde richten tun jedoch auch die etwa 500.000 Menschen, die in ihren
Wohnungen leben und dort durch fettes Essen, übermäßigen Alkohol- und
Nikotinkonsum und insbesondere durch täglichen Arbeitsstress ihre Gesundheit
schädigen. Vielleicht sind es auch eine Million. Für all diese Leute gibt es
Ärzte, Krankenhäuser mit allem drum und dran usw., die diese Leute arbeitsfähig
halten und wir alle bezahlen nicht nur das, sondern auch die Verwaltungsapparate
der Krankenhäuser, der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigungen usw..
Welche philosophischen Konsequenzen könnte es denn für Dich haben, wenn
Du alle diese Prozesse, die Deiner Meinung nach selbstzerstörerisch sind,
betrachtest?
Wo beginnt bei Dir die Selbstzerstörung?
Handelt es sich
nicht bei allen diesen Lebensweisen letztlich darum, dass das, was die Menschen
zugrunde richtet, von außen auf die Menschen trifft, so dass es sich gar nicht
um eine Selbstschädigung handelt?
Nenne doch mal nur einen einzigen Fall, in
dem Du der Meinung bist, ein gesunder Mensch habe sich in freier Willensbildung
bewusst selbst zugrunde gerichtet, sich selbst Schaden zugefügt, habe also ein
Interesse, sich zu schädigen, verwirklicht.
Du nimmst doch anscheinend an,
dass es Menschen gibt, die ein Interesse an einer Selbstschädigung haben, das
nicht durch äußere Einflüsse hervorgerufen ist, also nicht eine Reaktion ist,
sondern eine Aktion im Interesse des Individuums.
Und genau das schließt
meine Philosophie aus, die ich dann ad acta legen müsste.
Daher mein
Interesse, da ich an einer Falsifizierung meiner philosophischen Hypothesen
genauso interessiert bin, wie an einer Verifizierung.
Erwartungsvoller Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 09.
Sept. 2005, 22:15 Uhr
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Hallo Rudi,
ich will Dir erklären, warum ich auf Deine Beiträge in dieser
Runde bisher nicht eingegangen bin. (Andere sind darauf eingegangen.)
Du
vertrittst die These, „dass kein … Mensch den natürlichen Impuls hat, sich
zugrunde zu richten. … kein lebendes System würde sich ohne Einwirkung von außen
selbst schädigen“.
Ich sehe z.B., dass Leute sich selbst geradezu
systematisch zugrunde richten, z.B. Jimi Hendrix und wohl auch Elvis Presley,
und ich frage nach der moralischen Beurteilung dieses Verhaltens.
Du
bezweifelst wahrscheinlich, dass sich überhaupt jemand zugrunde richtet,
jedenfalls nicht aus „natürlichem Impuls“, nicht ohne Einwirkung von außen und
nicht, wenn er gesund ist.
Es wird Dir meines Erachtens immer gelingen,
an Fällen, die ich unter Selbstzerstörung fasse, nachzuweisen, dass entweder der
Impuls dazu nicht natürlich sei oder dass er auf Einwirkung von außen beruhe
oder dass der Betreffende nicht gesund sei. Die Begriffe „natürlich“, „von außen
beeinflusst“ oder „gesund“ sind nicht präzise genug, um sich mit Gewinn über
Behauptungen zu streiten, in denen diese vorkommen.
Außerdem dient Deine
Systemtheorie offensichtlich anderen Zielen als ethische Fragen zu beantworten.
Das ist aber die Absicht, mit der ich diese Diskussion angefangen habe.
Vielleicht gibt es ja mal eine Runde mit dem Titel. „Was bringt die
kybernetische Betrachtungsweise an Erkenntnisgewinn?“, wo wir uns
auseinandersetzen können.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 10.
Sept. 2005, 00:10 Uhr
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Hi, zusammen,
ich glaube, wir kommen nicht darum herum, den Grundkonflikt
zwischen Ethik und Moral zu nennen: der Ethiker sieht die Dinge aus einer
anderen Perspektive, aus der Perspektive des allgemein Menschlichen, des
Humanums, der auf die Welt schaut, in der er selbst Objekt ist. Folglich ist es
für ihn selbstverständlich, dass alle ethischen Pflichten, die er erkennt, auch
für ihn selbst gelten (bzw. gegen seine eigenen Interessen wirken). Ursache
dieser Pflichten kann imho aber kaum etwas anderes sein als der allgemeine
menschliche Willen.
Der Moralist ist demgegenüber Pragmatiker. Vielleicht
die wenigsten Menschen sehen die Welt aus der Perspektive des Ethikers. Sie
betrachten sie nicht, sondern sie leben in ihr. Für die will er vernünftig
begründete Soll-Normen, die der Ethiker rigoros ablehnt, weil seiner Ansicht
nach die humane Ethik sich nicht in Soll-Normen binden lässt. Sie ist nicht
situationsgebunden, deswegen kann es immer Situationen geben, in denen solche
Soll-Normen der humanen Ethik widersprechen.
Ganz anders hingegen die
Position derer, die weder einen ethische Sicht erkennen lassen noch an der
Entwicklung vernüftiger Soll-Normen interessiert sind. Hier behaupte ich, obwohl
provokativ, weiter, dass es sich um eine Art Peter-Pan-Syndrom handelt: der
Junge, der nicht erwachsen werden will, der sich im Grunde ohne Sinn und
Verstand gegen Normen aller Art wehrt - weil er für sich beansprucht, stets tun
und lassen zu können, was er gerade will und für richtig hält. Peter Pan mag
einfach keine Kritik. Er ist ein isoliertes Individuum, das für niemanden
Verantwortung trägt und für niemanden Verantwortung tragen will, auch nicht für
sich selbst; deswegen will er ja nicht erwachsen werden. Infantilisierung eben.
Doc Rudi konzentriert sich auf die äußeren Einflüsse. Ohne diese äußeren
Einflüsse sind wir nichts. Wir leben in dieser Welt und sind ständig von ihr
beeinflusst. Doc Rudis Argument läuft darauf hinaus, dass unsere Entscheidungen
von diesen äußeren Einflüssen programmiert sind. Aber sind sie das? Wir hatten
diese Diskussion zum Thema freier Willen. Tatsache ist, wenn mein Gefühl, also
meine biologische Programmierung, und die reagiert auf Reize aus der Außenwelt,
mich zu einer bestimmten Entscheidung treibt, dann kann ich dazu auch nein
sagen. Nein aus Verstandesgründen. Ich habe die Alternative, meiner
Programmierung zu folgen oder Verstandesgründen, und zwischen beiden kann ich
mich frei entscheiden. Darauf beruht unser Recht. Wer diese Möglichkeiten
ausklammert, wird notwendigerweise zu irrealen Theorien kommen (manchmal denke
ich mir, dass man auf solche Ideen kommt, weil man seinen eigenen normalen
bürgerlichen Alltag vor Augen hat, in dem es zu solchen Konflikten eher selten
kommt. Aber es gibt auch recht unbürgerliche Lebensweisen.)
Ein weiteres
Problem für viele ist die Zeit. Wenn ich mich jetzt entscheide, weiß ich nun mal
nicht, was in einem Jahr passiert. Deswegen könnte ich in einem Jahr meine
Entscheidung bereuen, weil die Situation dann eine ganz andere ist. Für
programmierte Entscheidungen aus dem Bauch heraus ist das ein Riesenproblem.
Aber erwartet man nicht von verständigen Entscheidungen, dass die nach Erfahrung
wahrscheinliche zukünftige Entwicklung mit einbezogen wird? Machen wir nicht
gerade deswegen den Vorwurft kurzsichtiger Entscheidungen, weil gerade diese
zukünftige Entwicklung ausgeklammert wurde? Denken wir an den Irak-Krieg. Was
heute dort los ist, wurde meines Wissens von allen seriösen Experten
vorausgesagt. Aber - es wurde nicht mit eingerechnet. So kann man sagen, im
Wissen um die heutige Situation hätte man vielleicht anders entschieden. Nur,
eigentlich verlangen wir bei einer reifen, verständigen Entscheidung doch, dass
so etwas gerade eingerechnet wird, oder? Wie verhält es sich dann, wenn unser
Drogenabhängiger sich (zunächst) ab und an mit Heroin einlässt, weil er eben
nicht vorausberechnet, dass er davon abhängig werden wird, es dann nicht mehr
ohne Kriminalität oder Prostitution finanzieren kann und aus der Gesellschaft in
die Szene heraus fällt? Sein momentanes Interesse ist klar. Sein Interesse wäre,
wäre die Zukunft Gegenwart, wahrscheinlich ein anderes. Was aber würde er bei
vernünftiger Überlegung wollen?
Hanspeter fragt nach einem verünftigen
Grund, warum für einen Robinson moralische Kriterien gelten sollten. Ich habe
diesen Grund längst genannt: weil er als vernünftig denkender Mensch es so will.
Es gibt vernünftige Menschen, die so denken. Und ich meine, bevor man danach
fragt, ob sie so denken sollen (was tatsächlich bereits eine moralische
Soll-Norm ist), sollte man doch erst einmal überlegen, warum einige Menschen
überhaupt so denken, oder?
Ich denke auch, dass man sehr wohl begründen
kann, welche Interessen nicht im Interesse eines Menschen liegen. Ich glaube
nicht, dass es im Interesse eines Menschen liegt, seine Wohnung zwangsweise mit
anderen teilen zu müssen, bestohlen, erpresst, gezwungen oder körperlich
verletzt zu werden. Ich denke mal, begründen kann das jeder selber. Zur Not
damit, dass das keine artgerechte Haltung ist. :-)
Unter pragmatischen,
besonders unter politischen Gesichtspunkten, finde ich Eberhards Aussagen
schlüssig und überzeugend. Hinzufügen möchte ich allerdings, das der
behaviouristische Ansatz das, was du aufgeklärtes Interesse nennst und was
letztlich auf die Entscheidung zwischen progrmmiertem Interesse und verständigem
Interesse hinaus läuft, ausschließt. Bei Handlungen gilt dies sowieso, bei
Äußerungen habe ich eben nur die Äußerungen, die in keinem Kontext stehen.
Sobald ich da nachfrage, um den Kontext zu erfahren, trete ich mit dieser Person
in den Diskurs - und damit ein in die Ebene des verständigen Interesses. Der
behaviouristische Ansatz bedingt also das Ausschalten der sozialen Komponente.
Er betrachtet den Menschen als isoliertes Individuum, was er nicht ist.
der das individuelle Interesse völlig unabhängig vom Willen des jeweiligen
Individuums bestimmen will,
Hier sehe ich allerdings einen Schwachpunkt in
deiner Argumentation. Du willst den Begriff Willen durch den Begriff Interesse
ersetzen, weil du den für besser geeignet hältst. Aber hier siehst du, ohne das
Wort Willen kommst du tatsächlich nicht aus.
Bei deiner Definition von
Interesse bin ich skeptisch. Imho wird da zu viel zusammen geschmissen, was
nicht zusammen gehört. Die meisten Interessen eines Individuums sind nämlich
keineswegs moralischer Art. Ist z.B. die Frage nach einer Gehaltserhöhung eine
moralische? Bei Interessen, die nicht moralischer Art sind, ist eigentlich klar,
was das Individuum will: möglichst eine Garantie dafür, dass sein Handeln
sinnvoll ist, dh. dass es seine Interessen in der Zukunft, die keiner kennt,
durchsetzt. Ist dies auch bei moralischen Interessen der Fall? Sind es überhaupt
konkrete Interessen für eine Zukunft? (Ich bin nun mal kein Moralist, ich merke,
wie ich automatisch in die Ethik rutsche) Will man moralische Interessen
überhaupt qua Handlung vergleichbar anderen Interessen durchsetzen?
Ich
belasse es erst mal hierbei. An deiner Definition von Interessen habe ich in
diesem Zusammenhang reichlich Protestpunkte, aber alles auf einmal wird mir zu
viel.
Grüße
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
10. Sept. 2005, 02:29 Uhr
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Hallo an Alle,
@abrazo:
Deine Unterscheidung zwischen Ethik und Moral
ist so nicht akzeptabel. Falls man zwischen den beiden überhaupt unterscheiden
will (in der angelsächsischen Literatur ist das keineswegs üblich), ist nur der
Unterschied:
Ethik = objektive wissenschaftliche Untersuchung der Moralen und
Moral = Beurteilung des menschlichen Handelns möglich.
Dann aber kann die
Ethik keine moralischen Aussagen treffen, sie kann nur gegebene Moralen
wertungsfrei miteinander vergleichen, sonst ist sie nämlich nicht objektiv. Und
zwar deshalb, weil es keine objektiv richtige Moral gibt.
Wenn Robinson
definitionsgemäß der einzig existierende Mensch ist, wie soll er dann "moralisch
vernünftig" handeln? Soll er darauf achten, seine Insel nicht zu überfischen,
nicht zuviele Palmen zu beschädigen? Gut, er kann sagen: Ich werde Vegetarier,
weil es "unmoralisch" ist, Tiere zu töten. Dann erweitert er aber seinen
Moralbegriff auf Tiere, doch dann ist er ja eigentlich kein "Robinson" mehr,
sondern Teil einer Gruppe.
Ansonsten, bitte um ein konkretes Beispiel, das
deine Sicht der Dinge erklärt.
@Eberhard.
Ich habe es bis jetzt
peinlich vermieden, den Begriff "Willen" hier aufzuwerfen. Denn dann sind wir
bei der schon oft diskutierten Frage des "Freien Willens". Ob und inwiefern es
einen solchen gibt, ist sehr umstritten; ich persönlich bezweifle seine
Existenz, weil sie im Widerspruch zum Kausalprinzip steht, aber das hier
breitzutreten, sprengt dieses Thema komplett. Es ist aus praktischen Erwägungen
jedenfalls sinnvoll, so zu tun, als gäbe es einen freien Willen und damit
verbunden persönliche Interessen. Unsere Rechtsordnung basiert darauf und es hat
in diesem Zusammenhang keinen Sinn, ein System zu entwickeln, dass diese
Rechtsordnung negiert.
Also, bleiben wir bei folgenden Fragen:
1. Wie
definieren wir eine "Selbstzerstörung"?
(Drogenkonsum, ungesundes Leben,
falsche Partnerwahl usw.?)
2. Ist der Staat berechtigt, gar verpflichtet,
Selbstzerstörung zu verhindern?
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 10.
Sept. 2005, 09:50 Uhr
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Hallo Mitstreiter,
erst mal Dank an Eberhard für Sein Verständnis.
Du
hast meine Philosophie anscheinend begriffen und kritisierst lediglich
Unschärfen der von mir verwendeten Begriffe „natürlich“, „von außen beeinflusst“
oder „gesund“. Hier handelt es sich nun um Begriffe, die nicht von mir stammen,
wie z.B. "körperexterner Effektor".
Die Beispiele von Menschen, die sich
zugrunde gerichtet haben, wie Hendrix und Elvis könnte ich um Janis Joplin u.a.
erweitern. Es handelt sich hier um Personen, die ihren Mitmenschen viel gebracht
haben und deren Leben schnell zu Ende gegangen ist, normalerweise tut der Mensch
weniger spektakuläres für seine Mitmenschen und seine sogenannte
Selbstzerstörung durch Akquirieren von Gefäßerkrankungen u.a. dauert länger.
Ob wir uns nun über spektakuläre Einzelfälle unterhalten oder über den
Normalfall der sogenannten Selbstzerstörung, egal.
Ich würde wie Hanspeter
darum bitten, erst einmal Selbstzerstörung oder
sich-selbst-zugrunde-richten-dürfen zu definieren, denn dieser Begriff nicht nur
unpräzise, sondern unpräziser.
Die zweite Frage von Hanspeter habe ich
bereits beantwortet, ich versuchs noch mal präziser:
Das Individuum ist
für den Staat lediglich ein Baustein, ein Element, ein Mitglied unter sehr
vielen – wie auch immer. Der Staat kennt gegenüber dem Individuum gar keine
Moral und benutzt es gerade wie er will für seine Zwecke. Im Frieden beutet er
die Arbeitskraft des Individuums aus und benutzt es zur Produktion von
Nachkommen, im Krieg werden diese dann verbraten, geopfert. "Moral" wird
lediglich benutzt, um dies dem Individuum gegenüber zu verschleiern. An die
Moral des Staats zu glauben ist Dummheit zum Quadrat, aber gewünscht. So meinte
es wohl auch Marx (Religion ist Opium für das Volk)
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
10. Sept. 2005, 10:26 Uhr
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.... wenn ein psycho path ver wöhnt wird
und ein mensch ver pönt ist
in einer speziellen ge meinen schafft
dann ist es nur wahr schein
lich
daß psychopathen er folg reich und be geistert davon
und
menschen sich möglicher weise er lösen ..........
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am 10.
Sept. 2005, 11:15 Uhr
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hallo eberhard,
" Zu der Kritik von psi: Dass es keine Sicherheit gegen
falsche Annahmen über die Welt gibt, ist unstrittig. Aber aus der Möglichkeit
des Irrtums zu schließen, dass alle Annahmen und alle darauf basierenden
Interessenformulierungen gleichwertig seien, entspricht keineswegs der Logik. "
das hab ich auch nicht daraus geschlossen. die möglichkeit eines irrtums in
bezug auf die kenntnis über ein interesse ist auch nicht gleich dem irrtum über
eine tatsache in der welt. ein interesse wird definiert und nicht gemessen. das
kann man sicher verstandesgemäss sinnvoller und weniger sinnvoll machen. und
jeder muss mit den folgen seiner definition leben. aber definitionen sind
willkürlich. genauso ist das mit werten, moral, ethik. nicht umsonst gibt es da
ja fundamental unterschiedliche standpunkte dazu, nicht nur hier sondern auf der
welt und über die zeit hinweg. frauenbeschneidungen in afrika sind konsens in
der dortigen gesellschaft. natürlich nicht unbedingt mit allen frauen. aber wir
scheren uns ja auch nicht um den konsens mit anderen meinungen sondern setzen
uns durchaus auch darüber hinweg. im konsens.
das beispiel mit den pennern
und drogenabhängigen find ich wirklich nicht besonders gelungen. es ist ja nun
nicht so dass das notwendigerweise eine selbstgewählte lebensform ist. und bei
drogen würde ich schon einen unterschied machen wollen zwischen nikotin und
heroin. bei heroinabhängigen kann man sicherlich nicht von selbstbestimmter
selbszerstörung sprechen sondern von einer krankhaften situation.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?abraz
Beitrag von psi am 10.
Sept. 2005, 11:31 Uhr
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abrazo,
" Hanspeter fragt nach einem verünftigen Grund, warum für einen
Robinson moralische Kriterien gelten sollten. Ich habe diesen Grund längst
genannt: weil er als vernünftig denkender Mensch es so will. Es gibt vernünftige
Menschen, die so denken. Und ich meine, bevor man danach fragt, ob sie so denken
sollen (was tatsächlich bereits eine moralische Soll-Norm ist), sollte man doch
erst einmal überlegen, warum einige Menschen überhaupt so denken, oder?
Ich denke auch, dass man sehr wohl begründen kann, welche Interessen nicht im
Interesse eines Menschen liegen. Ich glaube nicht, dass es im Interesse eines
Menschen liegt, seine Wohnung zwangsweise mit anderen teilen zu müssen,
bestohlen, erpresst, gezwungen oder körperlich verletzt zu werden. Ich denke
mal, begründen kann das jeder selber. Zur Not damit, dass das keine artgerechte
Haltung ist. "
es könnte ja aber auch sein dass der robinson ein
amoralist ist. wie man den argumentativ umdreht, das möchte ih sehen. und
vielleicht sollte man sich nicht nur überlegen warum einige diese oder jene
ethik vertreten sonder warum andere eben keine allgemeingültige ethik erkennen.
dass es im notmalfall nicht in jemandes interesse liegt bestohlen zu
werden, das ist ziemlich trivial. das ist ja aber passiv und kann für den
bestohlenen keine handlungsanweisung sein. sondern umgekehrt sagt mir durch die
durch einfühlen in die andere person durch gleichsetzung mit meiner gewonnene
erkenntnis dass ich ausgehend davon dass es mir nicht gefallen würde passierte
es mir andere nicht bestehlen sollte. nun, wär ich am verhungern würd ich mich
um dieses berechtigte interesse keinen deut scheren. andererseits könnte ich mir
umgekehrt auch vorstellen das mich bestehlen in diesem fall zu sanktionieren.
das löst mein interesse abder nicht auf, ich entscheide mich nur dagegen. aus
verständnis. erfahrungsgemäss funktioniert das aber nicht mit jedem.
keiner lässt sich gern zwingen. und trotzdem zwingt man viele leute zu allem
möglichen und hält es für gut. besonders gerne zwingen moralisten. man denke da
nur ans scheidungsrecht über die jahrhunderte...
aus allen möglichen
gründen kann man gegen diese interessen handeln, gegen sichselber und gegen
andere. immer wohl begründet.
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
10. Sept. 2005, 15:15 Uhr
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Hallo Rudi,
ich habe viel Verständnis für eine kritische
Betrachtungsweise des Staates, aber deine Sichtweise ist doch von der Realität
der BRD ziemlich weit entfernt.
Du schreibst: "Der Staat kennt gegenüber
dem Individuum gar keine Moral und benutzt es gerade wie er will für seine
Zwecke. Im Frieden beutet er die Arbeitskraft des Individuums aus und benutzt es
zur Produktion von Nachkommen, im Krieg werden diese dann verbraten, geopfert."
Das ist zunächst einmal logisch falsch. Wenn der Staat ein Individuum
ausbeutet, ist das ja eine moralische Handlung, egal, ob sie dir gefällt oder
nicht ("Gaunermoral").
Ferner darf ich darauf hinweisen, dass die BRD im
Jahre 2004 knapp 50% des gesamten Staatshaushalts für soziale Zuwendungen
(Renten, "Stütze" usw.) ausgegeben hat.
Und die Zahl der Soldaten, die im
Kosovo-Krieg oder "am Hindukusch" geopfert wurden, ist leicht überschaubar. Den
gesamten Staat pauschal als "unmoralisch" zu bezeichnen, ist komplett
unsachlich.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 10.
Sept. 2005, 17:05 Uhr
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Hallo allerseits,
mit unserer Begrifflichkeit bewegen wir uns offenbar
auf sehr dünnem Eis, die grundlegenden Begriffe der Ethik (oder
Moralphilosophie) wie Wille, Interesse, Freiheit, Glück, Gut oder Wert sind
umgangssprachlich mehrdeutig und es hat sich bisher keine einheitliche
Fachterminologie in der Ethik durchgesetzt.
Zu Abrazo: Wenn ich den
Begriff des „Interesses“ in bestimmten Zusammenhängen anstelle des Begriffs
„Wille“ verwende, so bedeutet dies nicht, dass ich auf den Willensbegriff ganz
verzichte. So drücke ich z.B. meine ethische Auffassung mit Hilfe des
Willensbegriffes in der zugespitzten Formel aus: „Was wir als Einzelne sollen,
ist das, was wir als Gesamtheit wollen.“
Du sprichst von „Interessen
moralischer Art“. Hier würde ich eher von „Werthaltungen“ oder „moralischen
Einstellungen“ sprechen. Sie enthalten offensichtlich schon ein Sollen, während
für mich die Interessen auf der Ebene des primären Wollens liegen
Zu psi:
Ob eine Handlung in meinem Interesse liegt oder nicht, ist keine Frage der
Definition. Definitionen legen einen Wortgebrauch fest, aber wenn die Definition
erfolgt ist (z.B.: Eine Handlung entspricht dem Interesse eines Individuums A,
wenn diese Handlung zu Resultaten führt, die für A vergleichsweise besser sind
als andere mögliche Handlungen), dann ist ein Satz von A: „Es ist nicht in
meinem Interesse, wenn B mich schlägt“ keine Definition mehr.
Zu der
Kontroverse, ob Moral immer bezogen ist auf das Verhältnis zu anderen, oder ob
es eine Moral auch im Verhältnis eines Individuums zu sich selbst gibt. Gibt es
„Pflichten gegen sich selbst“?
Wer an Gott als Schöpfer und Lenker der
Welt glaubt, der wird die Frage bejahen. Für die älteren Philosophen ist es
selbstverständlich, dass der Einzelne sein von Gott gegebenes Leben nicht
eigenmächtig beenden darf, dass er weiterhin die Pflicht hat, die ihm von Gott
geschenkten Talente und Fähigkeiten zu bewahren und auszubilden, und dass er
nicht faulenzend als „Tagedieb“ die ihm von Gott geschenkte Zeit nutzlos
verstreichen lassen darf.
Der Gläubige hat sich ja immer und sogar in
erster Linie vor Gott zu verantworten und nicht nur vor den Mitmenschen.
Die Frage ist, ob sich auch ohne das religiöse Weltbild Pflichten gegen sich
selbst begründen lassen. Oder ist das alles „meine Sache“, die „niemanden etwas
angeht“ und „in die sich gefälligst niemand einzumischen hat“?
Was ist,
wenn hinter dieser Schutzmauer nach außen ein Mensch steht, der sich wegen
seines selbstzerstörerischen Verhaltens selber verachtet und sich in klaren
Stunden selbst die schwersten Vorwürfe macht?
Fast jeder Mensch hat Vater
und Mutter, denen das Wohlergehen ihres Kindes „am Herzen liegt“. Oder wie Tom
Petty singt: „Some Mum is crying, some Dad is sad, when a kid goes bad“.
Insofern ist die Robinsonade nur eine gedankliche Konstruktion.
Und in
dem Maße, wie ein Gemeinwesen für ihre Glieder eine Schicksalsgemeinschaft ist,
wo Krisen und Niederlagen alle betreffen, gibt es auch ein allgemeines Interesse
an der Entwicklung der individuellen Fähigkeiten, die indirekt auch den andern
zugute kommt.
Es grüßt alle, die sich um eine vernünftig begründete Moral
bemühen, Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 10.
Sept. 2005, 21:39 Uhr
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Hallo Hanspeter,
nur ganz kurz.
Der Staat ist ein Begriff wie der Baum und
selbstverständlich kein realer Staat. Die BRD ist ein konkreter Staat, von dem
ich nicht spreche. Mich interessiert das Allgemeingültige am Verhalten des
Staates, nicht die BRD.
Das Verhältnis des Systems Staat zum System Mensch
(Individuum) interessiert mich. Das ist das Verhältnis eines Fisches im
Fischschwarm und hat mit Moral überhaupt nichts zu tun. Moral hat im
Menschenstaat allerdings eine bestimmte Funktion, ist zu einem bestimmten Zweck
erfunden worden, nämlich um dem Individuum Sand in die Augen zu streuen, damit
es sich Illusionen über den Staat macht, in dem es lebt.
Ich würde
vorschlagen, wir schauen mal, was Eberhard unter Selbstzerstörung des Menschen
versteht, wie er das meint, und diskutieren da weiter.
Für mich ist, da bin
ich bei Eberhard, die Frage von großer Wichtigkeit, ob eine Handlung in meinem
Interesse liegt.
Das hat aber bei mir nichts mit Moral zu tun, auch nicht mit
Ethik. Deshalb benutze ich ja gerade den Begriff des Interesses, spreche auch
gern von Willen. Ich versuche mit diesen Begriffen ja gerade zum Ausdruck zu
bringen, dass ich nicht werten will. Ich will doch erst einmal eine Handlung
wertungsfrei beobachten und meinen Blick nicht durch eine Bewertungsbrille
trüben. Insofern habe ich natürlich ein Problem mit dem "dürfen".
"Dürfen"
setzt doch Jemanden voraus, der ein Urteil fällt.
Wer soll denn das sein,
der sich anmaßt, die Handlungen eines Menschen zu bewerten und zu sagen: das
darfst Du, und das darfst Du nicht?
Wenn Ihr eine solche Voraussetzung
einführt, schafft ihr einen moralischen Maßstab, Ihr seid die Beurteiler. Und da
seid ihr völlig frei, eine beliebige Moral zu setzen. Das ist allerdings nicht
mein Ding.
Jede Moral liegt im Interesse ihres Erfinders, vertritt dessen
Interesse. Diese sind Selbsterhaltung und Vergrößerung (Selbstentfaltung). Meist
dient sie ganz simpel dem Machterhalt. Wie sie begründet wird, mit Gott oder mit
Vernunft oder mit sonstwas, ist völlig nebensächlich.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 11.
Sept. 2005, 00:46 Uhr
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Hi, zusammen,
eine merkwürdige Sache, wenn man sich diese letzten
Beiträge mal anschaut. Mit einer Mischung aus Erstaunen und Erschrecken stelle
ich fest, dass bei manchem anscheinend gar kein ethisches Bewußtsein mehr
vorhanden ist. Ethisches Bewußtsein in dem Sinne, dass ich etwas nicht tun will,
weil ich davon überzeugt bin, dass es schlecht ist, wobei es mir völlig
gleichgültig ist, ob andere das genau so sehen. Ich will nicht. Das ist es, was
für mich wichtig ist.
Um diese Annahme gleich darauf zu bezweifeln.
Könnte es nicht auch sein, dass manch einer rationale Erklärungen und
Herleitungen für etwas zusammen denkt, was so gar nicht zu erklären und her zu
leiten ist?
Moore definierte: "Die Ethik ist die allgemeine Untersuchung
dessen, was gut ist." Was gut ist. Was gut sein soll, das ist kein Thema der
Ethik, sondern ein Thema der Moral. Wenn zur Ethik der Vergleich der Moralen
überhaupt gehört, dann in dem Sinne, dass man nach dem sucht, was eventuell in
allen Moralen gleich als das Gute gilt.
Hanspeter stellt Moore (und nicht
nur ihm) entgegen: Deine Unterscheidung zwischen Ethik und Moral ist so nicht
akzeptabel. Was ist das anderes als ein moralisches Urteil? Denn wenn
vernünftige Menschen sagen, für mich gibt es da einen Unterschied, ich sehe ihn,
sagst du, das ist aber nicht akzeptabel, ihr sollt das so nicht sehen.
Moralismus pur. Nun, Ethiker kümmert so etwas nicht. Die sagen: es ist mir egal,
wie ich etwas sehen soll. Erst mal sehe ich es so. Das ist eine Tatsache, die
nicht hinweg zu diskutieren ist. Wir können darüber diskutieren, warum ich es so
sehe. Aber nicht darüber, dass ich es so sehe.
Leute, wenn man über
Ethik und Moral diskutiert, darf man einen Maßstab niemals aus den Augen
verlieren: den Nationalsozialismus. Die Nazis waren sehr moralische Leute. Und
ihre Moral war durchaus vernünftig begründet. Wenn geistig Behinderte und
Geisteskranke ermordet wurden, dann wurde dies mit den Interessen des Volkes
begründet. Unmoralisch sei es, wenn eine kleine Minderheit von Menschen ihr
Leben lang von anderen ernährt, gekleidet, behaust und beaufsichtigt werden
müssen, ohne je etwas positives für die menschliche Gesellschaft beizutragen.
Degenerierte, lebensunfähige, unnütze Esser. Was wollt ihr unter moralischem
Aspekt dagegen sagen? Kants Gesetz der allgemeinen Handlungsmaxime? Was spricht
denn gegen das allgemeine Gesetz Euthanasie für Schwerstbehinderte? Versucht das
mit euren auf die Gesellschaft bezogenen moralischen Überlegungen zu widerlegen.
Ich behaupte: das geht nicht. Das einzige, was ich dazu sagen kann ist, dass ich
als Mensch mich mit unbändigem humanem Willen gegen eine solche Moral auflehne,
ihr das ethische Nein entgegen brülle. Warum? Keine Ahnung. Aber es ist so.
Haltet euch das berühmte Foto von der Frau mit dem großen Schild um den Hals
vor Augen: "Ich bin am Ort das größte Schwein und lass mich nur mit Juden ein."
Das ist Moral. Und wenn ihr meint, man müsse jede Moral einer Gesellschaft
hinnehmen, dann müsst ihr auch das hinnehmen. Wollt ihr das?
Natürlich
ist es eine interessante (und gemeine) Frage, warum manche ethische
Entscheidungen treffen und manche nicht. Nur das Diebstahlbeispiel finde ich, an
der Praxis gemessen, nicht so gut gelungen. Bei mir wurde zwei Mal eingebrochen
und zwei Mal wurden neue Fahrräder geklaut. Kann ich jetzt problemlos stehlen,
wenn ich nicht erwischt werden, denn die Täter wurden ja auch nicht erwischt,
insofern taugt meine moralische Begründung nicht mehr? Gerät die Gesellschaft
aus den Fugen, wenn ich stehle? Weint ein Aktionär vor Kummer, wenn ich im
Kaufhof eine Pelzjacke mitgehen lasse? Beschwert euch nicht über die
Simplizität: das sind ganz normale Argumente von ganz normalen Leuten.
Mit Philosophen kann man leicht über Ethik und Moral diskutieren. Das ist keine
Kunst. Aber Bestand hat nur das, was ganz einfachen Leuten einleuchtet. Die hohe
Prüfungskommission für solche Fragen der Philosophie ist die Gosse.
Du
erwähnst den Glauben an Gott als den ethischen Gesetzgeber, Eberhard. Na gut.
Dahinter steckt aber ein Problem: warum haben denn Menschen überhaupt an so
etwas geglaubt? Es gibt da die schöne Metapher vom den Vögeln predigenden Franz
von Assisi. Der wollte damit etwas zeigen: es hat gar keinen Sinn, den Vögeln zu
predigen, weil die dafür gar keine Ohren haben, gar nicht den Verstand, es zu
verstehen (und meinte, seine Mitbewohner von Assisi hätten davon sogar noch
weniger als die Vögel vor dem Stadttor). Also: da kamen in den letzten paar
tausend Jahren etliche Prediger an, die meisten dürfte man auch damals für
bekloppt gehalten haben (so doof waren die Alten nicht), paar hat man als
gemeingefährliche Umstürzler um die Ecke gebracht, und aus ein paar wurden dann
Religionsstifter. Warum? Doch wohl, weil sie eine Menge Menschen davon
überzeugten, das, was sie sagten, sei gut und wahr und richtig. Da gab es also
Worte, die trafen. Was trafen sie und warum? Religiöse erklären das mit dem
Glauben. Nüchterne Menschen bedenken, so leichtgläubig sind Menschen in der
Regel nicht, dass man ihn allen möglichen Stuss erzählen kann. Jedenfalls nicht
so viele, dass daraus eine Massenbewegung wird.
Was ist, wenn hinter
dieser Schutzmauer nach außen ein Mensch steht, der sich wegen seines
selbstzerstörerischen Verhaltens selber verachtet und sich in klaren Stunden
selbst die schwersten Vorwürfe macht?
Genau so isses, Eberhard. Ich kenne
solche Leute. Ich halte es sogar für eine Triebkraft von Sucht, dass manch einer
diesen Gedanken nicht lange unbetäubt ertragen kann.
Hat keinen Sinn,
groß zu theoretisieren, ohne sich die wirklichen Menschen anzugucken.
Grüße
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
11. Sept. 2005, 02:28 Uhr
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Hallo an Alle,
@abrazo: Mit der Mooreschen Definition: "Die Ethik ist die
allgemeine Untersuchung dessen, was gut ist."
kann ich gut leben. Ergänzen
würde ich: Die Moral ist die spezielle Untersuchung dessen, was gut ist.
Unter diesem "was gut ist" meine ich allerdings, dass man das zu verstehen hat,
was der Untersuchende für gut hält. Falls G. Moore aber gemeint haben sollte,
dass es ein absolut Gutes / Schlechtes gibt, so irrte er eben. Während sich die
Menschheit auf eine einheitliche Physik oder Mathematik verständigt hat, kann
man das bei der Moral nun einmal nicht feststellen. Es gibt dazu weder einen
überzeugenden theoretischen, noch gar einen praktischen Ansatz.
Könntest
du dir nicht vorstellen, dass, wären die Nazis erfolgreich gewesen und du wärst
in der HJ und mit dem KdF groß geworden, du heute eine andere Moral vertreten
würdest?
Selbst zwischen Ost und West gab und gibt es unterschiedliche
soziale Moralen, obwohl beide Systeme von einander wussten. Und du denkst, einem
überzeugten Mohammedaner muss man nur die Schriften Kants oder Moores vorlegen,
dann weiß er, was "gut ist"?
@rudi
Deine Sichtweise kann ich nicht
teilen. Wenn du etwas Allgemeingültiges über den Staat sagt, muss es auch für
das spezielle Beispiel BRD zutreffen. Wenn nicht, sind deine Aussagen Mumpitz.
@eberhard.
Ich pflichte dir bei, dass es bei dem Problem
"Selbstzerstörung" zu moralischen Konflikten kommen kann. Ich nehme auch an,
dass sich dessen die meisten "Selbstzerstörer" irgendwie bewusst sind.
Schließlich werden sie ja bei ihrer "Selbstzerstörung" damit ständig
konfrontiert.
Doch noch ist nicht geklärt, woran erkenne ich eine
Selbstzerstörung? Wie kann ich sie von der natürlichen Zerstörung meiner Selbst
unterscheiden?
Und wie gehen wir damit um?
Bei letzterem wieder
müssen wir unterscheiden: Wie gehen wir mit unserer individuellen Moral damit um
und wie sollte der Staat damit umgehen.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 11.
Sept. 2005, 07:50 Uhr
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Hallo Hanspeter,
Newton sagt uns, ein in Bewegung befindlicher Stein (Apfel)
setzt seine geradlinige Bewegung ewig fort und ändert sie nur, wenn andere
Kräfte auf ihn einwirken. (sogenanntes Trägheitsgesetzt)
Du nimmst einen
Stein, wirfst ihn fort und siehst, dass er eine bogenförmige Bewegung macht.
Deine Schlussfolgerung: was Newton sagt, ist Mumpitz.
Ich meine, ein solche
Art der Schlussfolgerung ist voreilig.
Für bestimmte Zwecke ist es
selbstverständlich wichtig, die bogenförmige Bewegung des Steins (oder die
realen Verhältnisse in der BRD) zu kennen, auch wenn man noch gar nicht weiß,
warum diese Bewegung so ist. Wenn man jedoch wissen will, warum die Verhältnis
real jetzt und hier so und so sind, sollte man zunächst erkennen, welche Kräfte
hier wirken (außer den Kräften und den Interessen des Staates).
Mein
Ausgangspunkt ist u.a., dass der Mensch ein Tier mit besonderen Fähigkeiten ist,
aber sein Handeln, genau wie das von Tieren, natürlicherweise keine moralische
(oder ethische) Triebfeder hat.
Da der Mensch ein Massenwesen ist, also in
Horden oder jetzt in Staaten zusammenlebt, muss es einfach allgemeinverbindliche
Regeln darüber geben, wie dieses Zusammenleben friedlich organisiert wird.
Dazu sind inzwischen Gesetze da, deren Einhaltung mit staatlicher Autorität
überwacht wird.
Selbst diese Regeln sind in der BRD nicht moralisch oder
ethisch begründet. Genauso wenig wie die Regeln des Schachspiels, oder die
naturgesetzlich begründeten Regeln menschlichen Verhaltens, die ich bei meinen
Untersuchungen gefunden habe. Und in dieser moralisch-ethischen Nichtbegründung
der Gesetze besteht der Fortschritt im Vergleich zu früheren - auch deutschen -
Staaten. Was bei moralisch begründeten Gesetzen an Praxis herauskommt, hat ja
Abrazo schön geschildert.
Es gibt allerdings auch jetzt noch Staaten, die
ein religiös-moralisch begründetes Recht haben oder einführen wollen.
Das,
könnte man sagen, ist Mumpitz, es ist Steinzeit menschlicher Gesellschaft, in
der Vernunft ein Schattendasein führt.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am 11.
Sept. 2005, 12:50 Uhr
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Hallo allerseits,
zuerst zu Rudi. Du schreibst:
“Moral … ist zu
einem bestimmten Zweck erfunden worden, nämlich um dem Individuum Sand in die
Augen zu streuen, damit es sich Illusionen über den Staat macht, in dem es
lebt.“ Und: „Jede Moral liegt im Interesse ihres Erfinders, vertritt dessen
Interesse .. Wie sie begründet wird, mit Gott oder mit Vernunft oder mit
sonstwas, ist völlig nebensächlich.“
Ich muss gestehen, diese Position
hat nicht nur Abrazo sondern auch mich erschreckt.
Die Berufung auf
moralische Normen ist demnach nur eine verbrämte Form, um zu sagen: Dies ist in
meinem Interesse und dies nicht. Und die Begründung moralischer Normen ist
demnach beliebig und nebensächlich, d.h. es gibt keine ernst zu nehmende
Begründung.
Einem Menschen, der eine solche Auffassung nicht nur in
philosophischen Zirkeln – gewissermaßen als „Salon-Nihilist“ – vertritt, sondern
der davon wirklich überzeugt ist, könnte ich nur mit größtem Misstrauen
begegnen. Denn wenn ich mich umdrehe, könnte er mir die Flasche in seiner Hand
über den Kopf hauen, meine Brieftasche an sich nehmen und verschwinden. Er hätte
damit keine Probleme, er könnte seine damit erzielte Bereicherung problemlos als
die naturgesetzlich gegebene Selbstentfaltung eines selbsterhaltenden Systems
deuten.
Wenn ich Deine Position wirklich ernst nehme, dann wird für mich
sogar fraglich, ob ich überhaupt mit Dir hier diskutieren soll. Wenn es nur
Individuen mit der Tendenz zur Selbstentfaltung gibt und gemeinsame Werte nur
der Sand sind, den man den andern in die Augen streut, dann ist auch die
Wahrheit von Behauptungen kein von uns gemeinsam akzeptierter Wert, auf den sich
jeder Diskussionsteilnehmer verbindlich festlegen lassen muss.
Wenn dem
so ist, dann sehe ich eigentlich keinen Sinn darin, mit Dir Argumente
auszutauschen. Ist dem so?
Zu Abrazo. Du trägst ein Ethos in dir. Dich
empört z.B. was die Nazis mit den Geisteskranken gemacht haben. Dies Ethos ist
für Dich weder herzuleiten noch zu begründen, es ist eben faktisch da: Hier
stehe ich, ich kann nicht anders.
Damit charakterisierst Du den
sozialpsychologischen Vorgang der erfolgreichen Verinnerlichung moralischer
Normen sicherlich treffend: Die tiefsitzenden moralischen Einstellungen sind
nicht einfach durch Argumente oder rationale Einsicht aufzulösen oder zu
verändern. Ein Faktum, das Konsequenzen für jede Form der moralischen Erziehung
hat.
Nicht folgen kann ich Dir, wenn Du schreibst: „Die Nazis waren sehr
moralische Leute. Und ihre Moral war durchaus vernünftig begründet.“
Die
Nazis haben den Massenmord an bestimmten Teilen der Gesellschaft zwar zu
begründen versucht, aber ich sehe nicht, dass diese Begründung vernünftig ist.
Und damit sind wir wieder bei der Frage, die ich für die gegenwärtig wichtigste
philosophische Frage halte: Wie lassen sich Regeln des Umgangs der Individuen
und Gruppen miteinander „vernünftig“ begründen?
Wenn „vernünftig“ das
ist, was man aufgrund von Argumenten - und ohne irgendwie dazu gezwungen zu
werden - einsehen kann, dann ist die Begründung der Nazis für ihre Programme der
Massenvernichtung nicht vernünftig.
Denn dann müsste die von ihnen
vorgetragenen Argumente auch für die von der physischen Vernichtung Betroffenen,
die „Untermenschen“, die „Fremdrassigen“, die Juden, die Homosexuellen, die
Sinti einsichtig sein (wobei die Geisteskranken wegen ihrer Unmündigkeit ein
besonderer Fall sind). Und da wird offensichtlich, dass die Argumente der Nazis
nicht einsichtig und akzeptabel sind, weil sie durch und durch parteiisch sind
(Auch wenn sie insofern imaginär parteiisch sind, als es die arische Rasse als
Subjekt gar nicht gibt.)
Zu Hanspeter: Ich mache einen Vorschlag zur
Definition von Selbstzerstörung. Selbstzerstörung ist gegeben, wenn ein Mensch
entweder sich selbst tötet oder wenn ein Mensch sich so verhält, dass
vorhergesagt werden kann, dass er deswegen in absehbarer Zeit nicht mehr in der
Lage sein wird, einen Beitrag zur Erhaltung seiner eigenen Existenz zu leisten.
Wir sollten uns vorerst auf den letzteren Fall konzentrieren.
Einen
angenehmen Sonntag wünscht allen Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 11.
Sept. 2005, 14:30 Uhr
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Hallo Eberhard,
irgendwie hast Du wohl unter dem Einfluss Deines moralischen
Anspruchs meine letzten Beiträge in den falschen Hals gekriegt.
Aus meiner
Sicht leben wir zum Glück hier und jetzt in einer Gesellschaft, deren Regeln des
Zusammenlebens nicht mit einer religiösen Moral oder einer evolutionär
hergeleiteten Ethik begründet werden, wie es noch vor kurzem der Fall war.
Diese Moral wurde herangezogen, wenn Leute verbrannt wurden, die sagten, die
Erde sei rund und kreise um die Sonne oder wenn Menschen krankheitsbedingt nicht
in der Lage waren, sich selbst zu ernähren und vergast wurden. Da brauche ich
Abrazo nicht zu wiederholen. Ich meinerseits nehme mich vor moralgeleiteten
Menschen in acht, die mich in die Luft bomben und meinen, sie hätten im Auftrag
Gottes gehandelt und kämen nun in den Himmel.
Wie ich schon sagte, und
das hast Du anscheinend überlesen, hat sich die Gesellschaft, in der wir leben,
inzwischen weiterentwickelt und pocht lediglich auf die Einhaltung von Gesetzen.
Und diese sind nicht moralisch oder ethisch begründet.
Möglicherweise
rennst Du auch etwas der Zeit hinterher. Unser Strafrecht und unser Zivilrecht
regeln ganz einfach das Zusammenleben und der, der gegen das Strafrecht
verstößt, wird dafür bestraft. Das ist ein vernünftiges Handeln des Staats. Es
handelt sich dabei vermutlich um die von Dir hier gesuchte vernunftbegründete
Ethik. Ich halte es allerdings für überflüssig, von Ethik zu sprechen und meine,
es sind vernunftbegründete Regeln des Zusammenlebens. Übrigens werden diese
Gesetze von Leuten ausgearbeitet und erlassen, die dafür vom Volk gewählt worden
sind, daher kann man die Regeln auch demokratisch nennen. Aber eben nicht
ethisch.
Nun zur Sache.
Du definierst: "Selbstzerstörung ist gegeben, wenn
ein Mensch entweder sich selbst tötet oder wenn ein Mensch sich so verhält, dass
vorhergesagt werden kann, dass er deswegen in absehbarer Zeit nicht mehr in der
Lage sein wird, einen Beitrag zur Erhaltung seiner eigenen Existenz zu leisten."
Du willst nun wissen, ob der Mensch das machen darf oder nicht machen darf.
Da wäre meine Antwort:
Der Körper des Menschen ist sein Eigentum, und mit
seinem Eigentum darf er machen, was er will.
Wer sollte ihm das verbieten und
mit welcher Begründung?
Ich würde ein solches Verhalten zwar als krankhaft
ansehen, aber Krankheit kann man nicht verbieten.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
11. Sept. 2005, 15:47 Uhr
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@rudi.
Deine Vorstellungen von Moral resp. Ethik wirken ziemlich
unausgegoren.
Ich formuliere noch präziser: "Wenn du etwas
Allgemeingültiges über eine Sache sagst, dass muss es auch für ein spezielles
Beispiel zutreffen"
Ich denke, diesem Satz kann niemand widersprechen.
Dein Beispiel zu Newton I (schräger Wurf) ist ziemlich dümmlich, denn jeder
bessere Gymnasiast weiß, dass hier eine vertikale Kraft wirkt, die für die
Richtungsänderung verantwortlich ist.
Es ist richtig, dass Moralen
definiert werden. Ich akzeptiere auch, dass der Erfinder einer Moral nur seine
eigenen Interessen verfolgt. Aber langfristig werden sich eben nur solche
Moralen durchsetzen, die auch die Interessen anderer befriedigen.
In einer
Demokratie lassen sich Gesetze nur in seltenen Fällen gegen die moralischen
Vorstellungen der Bevölkerung langfristig aufrechterhalten.
Noch ein
Denkfehler. Du schreibst:
"Da der Mensch ... jetzt in Staaten zusammenlebt,
muss es einfach allgemeinverbindliche Regeln darüber geben, wie dieses
Zusammenleben friedlich organisiert wird...Selbst diese Regeln sind in der BRD
nicht moralisch oder ethisch begründet."
Wenn Gesetze das friedliche
Zusammenleben der Menschen bewirken, dann ist das bereits eine moralische
Begründung. Und zwar eine sehr überzeugende.
@ eberhard.
Du
schreibst: "Selbstzerstörung ist gegeben, wenn ein Mensch entweder sich selbst
tötet oder wenn ein Mensch sich so verhält, dass vorhergesagt werden kann, dass
er deswegen in absehbarer Zeit nicht mehr in der Lage sein wird, einen Beitrag
zur Erhaltung seiner eigenen Existenz zu leisten."
Das ist eine
akzeptable Definition.
Dazu schreibt Rudi: "Der Körper des Menschen ist
sein Eigentum, und mit seinem Eigentum darf er machen, was er will. Wer sollte
ihm das verbieten und mit welcher Begründung?"
Diese Haltung ist nur dann
akzeptabel, wenn staatliche oder individuelle Hilfe nicht in Anspruch genommen
wird. Rudi könnte also argumentieren, wenn der Staat oder der Mitmensch so blöd
sind, dem Selbstzerstörer zu helfen, dann ist das deren Problem. Da hat er
Recht. Allerdings würde diese Moral den Staat bzw. den helfenden Mitmenschen in
die schwierige Situation versetzen, jede Hilfe sehr genau daraufhin zu
überprüfen, inwieweit der Hilfesuchende für seine Misere selbst verantwortlich
ist.
So gesehen könnte die BRD sagen: New Orleans? Keine Hilfe, daran seid
ihr selber schuld.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am 11.
Sept. 2005, 17:40 Uhr
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Hallo Hanspeter,
Meinen Standpunkt, dass der Selbstzerstörer so handeln
dürfe, ich ihm das nicht verbieten könne, hatte ich damit begründet, dass es
sich um krankhaft begründetes Handeln handelt und man Krankheit nicht verbieten
könne. Krankheit kann man mit Verboten oder Geboten nicht so einfach
beeinflussen. Man könnte psychotherapeutische Hilfe anbieten.
Die von Dir
angebotene Begründung:
"Rudi könnte also argumentieren, wenn der Staat oder
der Mitmensch so blöd sind, dem Selbstzerstörer zu helfen, dann ist das deren
Problem. Da hat er Recht." Ist Deine Begründung, nicht meine.
Ich hätte zwar
auch so argumentieren können, tat ich aber nicht.
Würdest Du dem
Selbstzerstörer denn sein Verhalten verbieten?
Oder ihn bestrafen für sein
Verhalten, das Du möglicherweise als unmoralisch betrachtest, weil es
gemeinschaftsschädlich ist?
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am 11.
Sept. 2005, 23:20 Uhr
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Hi, zusammen,
na fein. Kommen wir allmählich zum Kern der Sache.
[balloon]
doc rudi, mit einer anderen Reaktion von dir habe ich auch
nicht gerechnet. Viele Theorien fallen zusammen, wenn man sie mit der Praxis
konfrontiert. Zu deiner angeblich nicht vorhandenen Begründung unserer Gesetze:
guck doch mal in unser Grundgesetz. Art. 1 : "Die Würde des Menschen ist
unantastbar." Wat is'n Würde? Wieso soll denn unbedingt der Mensch sie haben?
Wieso jeder Mensch (Art. 3: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.")? Und
warum soll sie unantastbar sein? Was sollen denn unverletzliche und
unveräußerliche Menschenrechte sein? Wer soll sie 'dem Menschen' gewährt haben?
Er sich selbst? Könnte ein Irrtum sein. Man hat sich schon oft geirrt. Kann man
also auch wieder ändern. Und was ist mit dem angeblichen Recht auf Leben?
Welchen sozialen Nutzen hat das, wenn man an Schwerstbehinderte und
Schwerverbrecher denkt?
(Ein iranischer Pasdar in leitender Position
erwiederte mal auf meine Frage, warum man Widerstandskämpfer - er betrachtete
sie als Schwerverbrecher - nicht lebenslänglich einsperrt, weil sie dadurch auch
aus dem Verkehr gezogen wären: "Das kommt das Volk zu teuer. Wir richten sie
lieber hin, das ist billiger.")
Mit anderen Worten, doc rudi, willst du mir
wirklich erzählen, dass seien keine ethischen Grundsätze?
Du, doc rudi,
schreibst: Der Körper des Menschen ist sein Eigentum, und mit seinem Eigentum
darf er machen, was er will.
Wer sollte ihm das verbieten und mit welcher
Begründung?
Lass mich gemeinerweise noch diesen Satz anführen: Mein
Ausgangspunkt ist u.a., dass der Mensch ein Tier mit besonderen Fähigkeiten ist,
, dann liefere ich dir das Verbot und die Begründung: § 17: Mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. ein Wirbeltier
ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier
a) aus Roheit
erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
b) länger anhaltende oder sich
wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
§ 20: (1) Wird
jemand wegen einer nach § 17 rechtswidrigen Tat verurteilt oder nur deshalb
nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht
auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht das Halten von sowie den Handel oder
den sonstigen berufsmäßigen Umgang mit Tieren jeder oder einer bestimmten Art
für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren oder für immer verbieten, wenn
die Gefahr besteht, daß er weiterhin eine nach § 17 rechtswidrige Tat begehen
wird. Aus dem Tierschutzgesetz.
Also nix mit Eigentumsrechten. [grin]
Sofern es Tiere betrifft.
Wenn aber, wie es häufig der Fall ist, ein knapp
strafmündiger Vierzehnjähriger an's Heroin kommt, dann sagt man ihm, wenn er
zwanzig ist: tja, mein Junge, du bist ein freier Mensch. Wenn du davon nicht
freiwillig loskommen willst (oder kannst), dann musste eben krepieren. Im
Schnitt so um die dreißig passiert das dann auch.
Würdest Du dem
Selbstzerstörer denn sein Verhalten verbieten?
Ja. Mit der Folge, dass er
eine oder andere vielleicht heute noch leben würde.
Du, Eberhard, meinst,
was ich humanen Willen nenne, sei dersozialpsychologischen Vorgang der
erfolgreichen Verinnerlichung moralischer Normen . Wo kommen die Normen denn
her? Sind zum Teil schon ziemlich alt, nicht wahr? Wieso wurden sie entwickelt?
Als selbstverständliche Entwicklung erscheinen sie uns nur dann, wenn wir keine
Alternative haben. Die gibt es aber. Das Viehzeug lebt mit ganz anderen
(biologisch begründeten) Normen genau so lange wie wir.
Damit zu den
Nazis. Die nationalsozialistische Moral gründet sich genau auf diese
biologischen Normen, die sogar evident sind. Denn physiologisch sind wir ein
Viech wie jedes andere auch und werden ebenso gesteuert. Fremdenhass, Eroberung
fremden Territoriums, Vertreibung, Versklavung und Tötung Rudelfremder sind von
Gefühlen als Handlungsimpuls gesteuerte biologisch völlig normale und für das
Überleben der Durchsetzungsfähigen sinnvolle Handlungen. Die Evidenz liegt
gerade in den wahrnehmbaren Gefühlen. Kennst du niemanden, der es für gut und
wahr und recht und moralisch einwandfrei hält, ausländische Arbeitnehmer nach
Hause zu schicken und Ehen mit deutschen Frauen zu verbieten?
Hier führt
übrigens noch das Argument der unterschiedlichen Moralen zu einer nicht
unüblichen Schlussfolgerung: Menschen aus anderen Kulturen sind grundsätzlich
nicht vertrauenswürdig, denn sie haben eine ganz andere Moral (wenn überhaupt),
weswegen sie abgesondert und kaserniert gehören (Meint der Nazi auch, nur er
begründet das nicht mit unterschiedlichen Gesellschaften, sondern mit der Natur
= Biologie). Ist das in Ordnung so? Würden die Vertreter der allein sozial
begründeten Moral da zustimmen?
Dabei sehe ich als den Kern deiner
Überlegungen, Eberhard, eine Begründung zu finden, warum man Menschen vertrauen
darf. Du möchtest eine Sicherheit finden, dass man dir (als Beispiel Mensch)
nicht bei Gelegenheit eine Flasche über den Schädel zieht (wobei ich als
Pragmatiker etwas bescheidener bin, denn ich vertraue 1. den Menschen, helfe
deren Vertrauenswürdigkeit 2. durch meine Autorität und 3. durch Herrn Hund nach
:-)) Gäbe es nun eine vernünftig begründete Moral, müsstest du dann nicht
prüfen, ob du gerade einen Vernünftigen vor dir hast? Und wenn die Vernunft auf
unserer Kultur basiert: würdest du dich dann nicht ins Ausland trauen? Wenn du
aber eine allgemein menschliche Vernunft annimmst, die zu einer allgemeinen
Anerkennung einiger moralischer Grundsätze führt: womit willst du die denn
begründen? Ich prophezeie dir, du landest damit genau so beim letztlich
unbegründeten ethischen Willen wie ich.
Noch einmal mache ich dich auf
ein Problem aufmerksam: die Alternative. Keine Alternative zu sehen heißt, Dinge
als selbstverständlich vorauszusetzen, die nicht selbstverständlich sind. So
kommt man zu keiner echten Lösung. Du erkennst keine nationalsozialistische
Moral. Ich übersetze: du willst sie nicht erkennen. Da muss man aber durch. Man
muss die Medusa irgendwie zu Gesicht kriegen, sonst kann man ihr nicht den Kopf
abschlagen. Descartes (als vielleicht der hierin klarste) ist einer von vielen,
die sie ins Auge gefasst haben. Denn wenn er die Möglichkeit des bösen Geistes
annimmt, heißt das nichts anderes, als dass alles, was wir für gut und richtig
und human halten, auch völliger Quatsch sein könnte.
Grüße
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Vorgestern, 02:04 Uhr
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Hallo Rudi,
das Argument mit der Krankheit akzeptiere ich deshalb nicht,
weil man damit jegliches verantwortliche Handeln aushebeln kann: Hitler war
krank, ein Mörder ist krank, jeder, der sich nicht konform verhält, ist krank.
Das war in den sozialistischen Staaten eine beliebte Denkweise und Begründung
für eine Einlieferung in die Psychiatrie.
Der Selbstzerstörer fällt
vielmehr - bewusst oder unbewusst - eine Entscheidung: Er wertet den Vorteil
seiner Selbstzerstörung höher als deren Nachteile: Er tötet sich lieber, als
jahrelang Schmerzen oder anderem Stress ausgesetzt zu sein. Er greift zur
Flasche oder zur Nadel, weil er dadurch seine Sorgen vergisst. Er kennt sehr
wohl die "Nebenwirkungen", aber er akzeptiert sie eben.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Vorgestern, 02:18 Uhr
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Hallo Abrazo,
du schreibst: "Hier führt übrigens noch das Argument der
unterschiedlichen Moralen zu einer nicht unüblichen Schlussfolgerung: Menschen
aus anderen Kulturen sind grundsätzlich nicht vertrauenswürdig, denn sie haben
eine ganz andere Moral (wenn überhaupt), weswegen sie abgesondert und kaserniert
gehören"
Dieser Schluss ist falsch. Das Argument der unterschiedlichen
Moralen akzeptiert auch die Erkenntnis, dass es keine "alleinseligmachende
Moral" gibt. Vertreter einer anderen Moral sind also nicht grundsätzlich
vertrauensunwürdig, sondern man muss sich eben die Mühe machen, deren Moral zu
untersuchen. Eine gewisse Vorsicht ist allerdings angebracht: Wenn eben im Koran
steht, dass Ungläubige umgebracht werden sollen, ist es ratsam, einen Islamisten
genauer unter die Lupe zu nehmen.
Gruß HP.
P.S. Zur "NS-Moral":
Unsere Gesellschaft hat beschlossen, diese Moral als verbrecherisch zu
definieren und jegliche Zweifel daran strafrechtlich zu verfolgen.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am
Vorgestern, 08:57 Uhr
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Hallo,
das ist ja eine lebhafte Diskussion.
@Abrazo
ich sagte: "Der
Körper des Menschen ist sein Eigentum, und mit seinem Eigentum darf er machen,
was er will.
Wer sollte ihm das verbieten und mit welcher Begründung? Ich
würde ein solches Verhalten zwar als krankhaft ansehen, aber Krankheit kann man
nicht verbieten." Und im nächsten Beitrag: "Krankheit kann man mit Verboten oder
Geboten nicht so einfach beeinflussen. Man könnte psychotherapeutische Hilfe
anbieten."
Das war die allgemeine Antwort auf die allgemeine Definition von
Selbstzerstörung durch Eberhard.
Du konstruierst nun den Fall eines
14-jährigen Heroinabhängigen (Deinen Schlenker auf den Paragraphen zum Schutz
von Wirbeltieren lasse ich mal beiseite) und vertrittst die Ansicht, dass Du ihm
den Heroinkonsum verbieten würdest, "Mit der Folge, dass der eine oder andere
vielleicht heute noch leben würde." (wobei Du hier gleich die Mehrzahl nimmst
und seltsamerweise auch gleich zugibst, dass dein Handeln nur in einem Teil der
Fälle wirksam ist.)
Anscheinend bist Du erfreulicherweise doch sehr
realitätsbezogen (weshalb man mit Dir auch gut diskutieren kann) und machst
sofort wieder einen Rückzieher: ein Verbot helfe nur in einem kleinen Teil der
Fälle.
Völlig richtig. Meine Frage: Du verbietest ein Verhalten im Wissen
darum, dass den Handeln fast unwirksam ist. Und soll ich Dir mal sagen, wie hoch
der Anteil der Fälle ist, in denen ein Verbot nicht hilft? Genau weiß ich es
nicht, ich schätze, es sind 99%.
Ich sage diesem 14-jährigen
Heroinabhängigen hingegen: Du darfst Dich durch Heroineinnahme schädigen, da
Dein Körper Dein Eigentum ist. Aber: Du darfst Dich auch anders entscheiden.
Durch die Heroineinnahme hattest Du im ersten Moment ein tolles Gefühlserlebnis.
Das ist geschenkt. Aber falls Du nun merkst, dass Du Dir Dein weiteres Leben
versaust, indem Du ab jetzt ständig dem Stoff hinterherrennst – und damit die
Heroinhändler reich machst und Dich selbst in den Knast bringst, wenn Du Dir die
Knete nicht legal besorgst- weil Du den Stoff nur noch brauchst, um einigermaßen
normal zu sein, und in Zukunft kein Heroin mehr konsumieren willst, helfe ich
Dir gern dabei, Deine Entscheidung auch in die Tat umzusetzen. Denn das ist
allein sehr schwierig, wie Du vielleicht schon festgestellt hast.
Ich
verspreche Dir, dass mein Ansatz, dieses Verhalten nicht zu verbieten, zu einer
höheren Erfolgsquote führt als Dein Verbot.
Deshalb halte ich das Erlauben in
Verbindung mit einem Hilfsangebot für besser. Wer mag, kann das als ethisch oder
moralisch bezeichnen. Das stört mich nicht. Ich sage, das ist rational im Sinne
der Allgemeinheit, weil es die Schädigung der Gesellschaft minimiert.
@Hanspeter:
Du sagst: "das Argument mit der Krankheit akzeptiere ich deshalb
nicht, weil man damit jegliches verantwortliche Handeln aushebeln kann: Hitler
war krank, ein Mörder ist krank, ..."
"Der Selbstzerstörer fällt vielmehr -
bewusst oder unbewusst - eine Entscheidung: Er wertet den Vorteil seiner
Selbstzerstörung höher als deren Nachteile: Er tötet sich lieber, als jahrelang
Schmerzen oder anderem Stress ausgesetzt zu sein. Er greift zur Flasche oder zur
Nadel, weil er dadurch seine Sorgen vergisst. Er kennt sehr wohl die
"Nebenwirkungen", aber er akzeptiert sie eben."
Uns das sagst Du als jemand,
der meint, eine Entscheidung sei immer moralisch, positiv oder negativ
(unmoralisch).
Ich kann da nur fragen: welche Entscheidung würdest Du denn
nun treffen: dem 14-jährigen Heroinabhängigen sein Tun verbieten oder erlauben?
(Würdest Du Dich meinem Erlauben anschließen?)
Du selbst moralisierst zwar in
Deinem Beitrag, triffst aber keine Entscheidung. Hast Du das vergessen oder bist
Du unsicher?
Und nun zu Deiner Haltung zur Krankheit: es hat den
Anschein, Du betrachtest Krankheit als etwas unmoralisches, oder den
Krankheitsbegriff als etwas, das Unmoral in Schutz nimmt.
Da möchte ich Dich
bitten, zu unterscheiden zwischen dem Zweck, für den ein Begriff geschaffen ist,
und dem Gebrauch des Begriffs, der auch ein Missbrauch sein kann.
Nebenbei
bemerkt: auch hoch moralische Personen machen bisweilen den Eindruck, sie seien
krank (nicht nur Hitler, der ja nach Abrazo auch ein Moralist war).
Noch eine
Folgerung aus Deinem Beitrag:
Du betrachtest also auch unbewusst getroffene
Entscheidungen als "verantwortlich". Habe ich das richtig verstanden?
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
Vorgestern, 09:54 Uhr
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... wenn eine um ge bung sooo tierisch dooof wie diese .........
dann richtet sich ein homo sapiens zu grunde
ob er nun etwas hier schreibt
oder nicht ......
weil beides nicht ihm etwas bringen wird
ausser es
gibt doch menschen hier ?
homo sapiens ?
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am
Vorgestern, 10:23 Uhr
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Hallo Rudi,
Du meinst, dass wir auf Ethik oder Moral verzichten können,
weil wir ja eine Rechtsordnung haben.
Du schreibst:
(Die
Gesellschaft) pocht lediglich auf die Einhaltung von Gesetzen. Und diese sind
nicht moralisch oder ethisch begründet. .. es sind vernunftbegründete Regeln des
Zusammenlebens.“
Weiter unten schreibst Du dann, dass „diese Gesetze von
Leuten ausgearbeitet und erlassen (werden), die dafür vom Volk gewählt sind.“
Meine Frage ist, wie sich beides miteinander verträgt: Sind die Gesetze
vernunftbegründet? Dann müssten sie logisch aus Argumentationen und Begründungen
hervorgehen. Oder sind es Erlasse bestimmter Amtspersonen, die als Gesetzgeber
diese Gesetze setzen?
Wenn beides richtig sein soll, so wäre das, was
der Bundestag an Gesetzen verabschiedet, notwendigerweise vernunftbegründet.
Letzteres würde eine völlig total unkritische Haltung zum Staat und zum
staatlichen Handeln zur Folge haben. Also lieber nicht.
Offenbar hast Du
eine Abneigung gegen die Begriffe Ethik und Moral und assoziierst diese mit
„moralinsauer“, „fromm“ und „mittelalterlich“. Deshalb gehört die Ethik für Dich
auf den Müllhaufen der Geschichte.
Für mich ist jeder Satz, der
menschliches Handeln mit dem Anspruch auf allgemeine Geltung bewertet und
regelt, ein ethischer Satz, Ausdruck einer Moral. Ich weiß nicht, als was Du das
bezeichnest.
Nehmen wir zum Beispiel den Satz: „Wenn man eine
öffentliche Toilette benutzt, dann soll man sie sauber hinterlassen.“ Oder den
Satz: „In Warteschlangen soll man sich hinten anstellen“. Soviel ich weiß,
handelt es sich in beiden Fällen nicht um eine Rechtsnorm. Was sind dies dann
für Normen?
Die Vorstellung, eine Gesellschaftsordnung könne allein auf
rechtlichen Sanktionsdrohungen beruhen, ohne eine Verinnerlichung von Normen,
bedeutet keine „Weiterentwicklung“ sondern ist wirklichkeitsfremd.
Wo
jedermann ohne moralische Skrupel die Rechtsnormen verletzt, wenn es ihm gerade
passt und er es unbemerkt tun kann, da hält eine Gesellschaftsordnung keine 7
Tage.
Man kann nicht hinter jedes Mitglied der Gesellschaft einen
Polizisten stellen. Und wer überwacht wiederum die Polizei? Was hätten wir z.B.
für eine Rechtsordnung, wenn Richter kein Berufsethos hätten und nach Lust und
Laune Recht sprechen würden, solange sie keine Strafen zu befürchten haben?
Um es in der von Dir bevorzugten systemtheoretischen Terminologie zu sagen:
Soziale Systeme benötigen zu ihrer Selbsterhaltung sozialisierte Individuen,
die in ihrem Sozialisationsprozess die Werte und Normen dieses sozialen Systems
verinnerlicht haben.
Für diese Haltungen und Einstellungen sind die
Bezeichnungen „Moral“ (aus dem Lateinischen) oder „Ethos“ (aus dem Griechischen)
üblich. (Der deutsche Begriff „Sittlichkeit“ ist von sexualfeindlichen
Moralisten wohl unwiederbringlich zugrunde gerichtet worden.)
In der
festen Überzeugung, dass Ethik kein überflüssiger Luxus sondern bitterste
Notwendigkeit für uns ist, grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
Vorgestern, 11:29 Uhr
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> Wo jedermann ohne moralische Skrupel die Rechtsnormen verletzt, wenn es ihm
gerade passt und er es unbemerkt tun kann,
.... schau dir mal eine
straßen kreuzung an
und die vielen füß gänger die bei rot ........
> da hält eine Gesellschaftsordnung keine 7 Tage.
.......
die wirklich keit ist aber
daß diese > un < ordnung schon 50 jahre hält !
>Man kann nicht hinter jedes Mitglied der Gesellschaft einen Polizisten
stellen. Und wer überwacht wiederum die Polizei?
... der massen wahn
steht hinter jedem
nur so kann ich auf einem plakat lesen
>>> wer
mehr arbeit schaffen will braucht mut <<<
> Was hätten wir z.B. für
eine Rechtsordnung,
... wir haben hier keine rechts ordnung
sondern nur eine schein heilige macht ordnung !
> wenn Richter kein
Berufsethos hätten
..... sie haben nur ein karriere ethos
sonst
würden doch keine raub tiere menschen auf essen ..............
>
und nach Lust und Laune Recht sprechen würden, solange sie keine Strafen zu
befürchten haben?
... sie haben nichts zu be fürchten
weil jeder
ge nau so hinter dem un recht steht
wie vor 70 jahren .......
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am
Vorgestern, 11:51 Uhr
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Hallo Eberhard,
Dein Einwand lenkt zwar etwas von der laufenden Diskussion
über den Umgang mit einem 14-jährigen Drogenabhängigen ab, dennoch muss ich
darauf eingehen.
Deine guten Beispiele aus der Praxis „Wenn man eine
öffentliche Toilette benutzt, dann soll man sie sauber hinterlassen.“ Oder den
Satz: „In Warteschlangen soll man sich hinten anstellen“.
Was sind dies dann
für Normen? Das sind für mich Regeln eines vernünftigen Umgangs miteinander.
Nicht jede Regel muss in ein Gesetz oder eine Vorschrift gegossen werden, wir
haben mehr als genug Gesetze in Deutschland.
Derartige Regeln gibt es
übrigens schon bei in Horden lebenden Tieren. Es handelt sich vermutlich um
Verhaltensweisen, die genetisch gespeichert sind, weil sie sich für das
Überleben der Gruppe (des Genpools) als erfolgreich erwiesen haben. Da fallen
sicher auch andere, bei uns unter Strafe gestellte Verhaltensweisen darunter,
wie die Tötung eines anderen Hordenmitglieds.
Für typisch menschlich halte
ich gerade die Nichteinhaltung derartiger genetisch programmierter
Handlungsweisen (also der Verstoß gegen die natürliche Tötungshemmung, die im
Tierreich beobachtet werden kann).
Wenn der Mensch sich nun ein derartiges
natürliches Gruppenverhalten zu eigen macht, nennst Du dies ethisch. Das kannst
Du machen. Ich halte das für normal und Verstöße gegen die für mich normalen
Umgangsformen für unnormal. Da steckt einfach die Norm drin.
Der Mensch hat
jedoch die Möglichkeit, gegen Normen zu verstoßen. Die in schweren Fällen
vorgesehenen Sanktionen zielen dann auf die Einhaltung der Normen, des Normalen.
Das normale Gruppenverhalten dann als ethisch oder als moralisch zu bezeichnen
und zu loben, hat auch einen vernünftigen Sinn und ist effektiver als Strafe:
der Mensch hat einen enormen Bedarf an narzisstischer Befriedigung. Durch die
Definition des normalen Gruppenverhaltens als ethisch und damit besonders
hochwertig bekommt das Individuum Lob und Anerkennung, stärkt damit sein
Selbstwertgefühl und seine Identifizierung mit der Gruppe (Gemeinschaft).
Das
Verhalten des Individuums in der Gruppe wird also nach meiner Überzeugung in
erster Linie dadurch gesteuert, dass das erwünschte Verhalten durch Lob
verstärkt wird (Regelkreis mit positiver Rückkopplung).
Das ist der Sinn der
sogenannten "Ethik", die natürlich kein Luxus ist, wie Du siehst.
Erst in
zweiter Linie wird das Nichterwünschte Verhalten durch Strafe sozusagen
"abtrainiert" (Regelkreis mit negativer Rückkopplung)
Aber was ist mit
unserem 14-jährigen Heroinabhängigen? Verbietest oder erlaubst Du ihm das?
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Vorgestern, 16:36 Uhr
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Hallo rudi,
vielleicht solltest du uns einmal erklären, was du unter
Moral verstehst. Offensichtlich gibt es da Verständigungsschwierigkeiten.
Eine Krankheit ist nichts Unmoralisches denn sie unterliegt normalerweise
nicht unserem freien Willen. Bezeichnet man daher eine "Selbstzerstörung" als
eine Krankheit, so negiert man den freien Willen. Dann müsste man auch
konsequenterweise einen Mörder oder Dieb als Kranken interpretieren und
entsprechend behandeln. Das wiederum halte ich für falsch.
Zum konkreten
Fall der Drogenabhängigkeit. Richtig würde ich folgenden Modus halten.
1.
Umfassende Information über die Gefahren
2. Freigabe aller Drogen
3.
Staatliche Hilfe für Drogenabhängige nur insofern, als die Kosten hierfür über
die jeweiligen "Drogensteuern" eingenommen werden.
Ich weiß, dass Punkt
2 und 3 in unserer Gesellschaft nicht akzeptiert werden, halte sie aber trotzdem
für richtig.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am
Vorgestern, 20:11 Uhr
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Hallo allerseits,
zuerst zu doc rudi. Ich habe noch nie davon gehört,
dass sich Tiere hinten anstellen. Stattdessen gilt bei Tieren, die in Verbänden
leben, meines Wissens eine Hack- und Rangordnung.
Dass solche Regeln wie
„Drängle Dich in Warteschlangen nicht vor!“ genetisch gespeichert sein sollen –
also angeborene Instinkte sind – ist eine kühne Hypothese, die von Biologen wohl
nicht ernst genommen würde.
Kommen wir zu den Regeln des (vernünftigen)
Umgangs miteinander, gewöhnlich als moralische Normen bezeichnet.
Ich
habe in dieser Runde die (moralische) Frage gestellt, ob man sich selber
zugrunde richten darf. Darf man sich so verhalten, dass absehbar ist, dass man –
spätestens in einigen Jahren - nicht mehr in der Lage sein wird, sich selbst zu
versorgen?
Ich will im folgenden einmal die Fragen zusammenstellen, auf
die wir gestoßen sind.
Vorweg eine bereits 250 Jahre alte Position: "Der
größtmögliche Spielraum sollte den Individuen in all jenen Fällen gelassen
werden, in denen sie niemandem als sich selbst schaden können, denn sie sind die
besten Richter über ihre eigenen Interessen. Wenn sie sich täuschen, kann
angenommen werden, dass sie ihr Verhalten sofort ändern werden, wenn sie ihren
Irrtum erkennen.“
Die erste Frage ist die, ob ein selbstzerstörerisches
Verhalten überhaupt einen Schaden bewirkt, sei es für den Selbstzerstörer, für
seine Angehörigen oder für die Allgemeinheit.
Wenn man dies verneint,
gibt es damit kein Problem. Falls jedoch ein Schaden gesehen wird, bleibt die
Frage, wie man diesen Schaden vermeiden kann und ob es richtig ist, dem
Einzelnen freizustellen, ob er sich selbst zerstört.
Eine Meinung war:
Ja man darf das, denn jeder ist Eigentümer seines Körpers und ein Eigentümer
darf mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren. Die Frage verschiebt sich
damit auf die Rechtfertigung eines unbeschränkten Eigentums am eigenen Körper.
Eine Frage, die mit der Ausgangsfrage zusammenhängt, ist die Frage, ob
Menschen, die sich derart zugrunde gerichtet haben, einen moralischen Anspruch
auf Hilfe haben. Sind die andern moralisch verpflichtet, denjenigen, der sich
selbst zugrunde gerichtet hat, in gleicher Weise zu unterstützen wie sie das bei
Menschen sind, die Opfer eines Unfalls geworden sind?
Die andere Frage,
die mit der Ausgangsfrage zusammenhängt, ist die Frage, ob andere das Recht oder
gar die Pflicht haben, ein selbstzerstörerisches Verhalten zu unterbinden, auch
wenn es sich um Erwachsene handelt.
Hier wird man zusätzlich fragen
müssen, inwieweit die Selbstzerstörung dem Betreffenden zuzurechnen ist. Wenn
dies nicht der Fall ist, weil der Betreffende die Fähigkeit zur Selbststeuerung
verloren hat (Sucht als Krankheit) , ergibt sich die Frage, ob damit als
Konsequenz auch die Grundlage seiner Mündigkeit - zumindest zeitweilig -
verloren gegangen ist.
Eine Bestrafung des Selbstzerstörers scheint
unangebracht, denn wer als geistiges und körperliches Wrack endet, der ist
bestraft genug. Das Strafgesetz würde wohl mehr schaden als nützen.
Fragen über Fragen. Strengen wir unsern Kopf an. Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am
Vorgestern, 20:49 Uhr
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Hi, doc rudi,
du gehst leider von grundfalschen Voraussetzungen aus.
Die meisten Schwerstabhängigen, mit denen ich zu tun hatte, haben
tatsächlich mit etwa 14 mit dem Heroin angefangen.
Die meisten hatten mehrere
Entgiftungs- und Therapieversuche hinter sich.
Fast alle waren in Kliniken
und Therapien nicht mehr erwünscht, als therapieunfähig, weil viel zu lange
süchtig, abgelehnt.
Etliche sind inzwischen verstorben. Einer deswegen, weil
die von ihm selbst erwünschte Zwangseinweisung - abgelehnt worden war.
Deine Gesprächs- und Argumentationsmethode haben alle unzählbar oft durchlaufen.
Tatsache ist, dass sie vollkommen wirkungslos war.
Schlechter als deine
Methode kann also gar keine funktionieren.
So sieht die Realität aus. Und
nu beurteile das mal vom ethischen Standpunkt aus.
Die Vorbedingung für
alles, was den Menschen betrifft, ist, dass er lebt. Eine ideologische Freiheit,
die höher gewertet wird als das Leben, widerspricht m.E. der Ethik. Freiheit
setzt nämlich voraus, dass der, der das Recht auf sie hat, lebt. Verhindert die
Freiheit dies, ist sie unsinnig.
Vergleiche Reagans Satz: "Lieber tot als
rot."
Er erntete damit zu Recht jede Menge Protest im alten Europa.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am
Vorgestern, 22:42 Uhr
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Hallo Hanspeter und Eberhard,
Ethik habe ich bereits in meinem Beitrag #132
definiert. Es ist der Begriff für Sozialverhalten beim Menschen, das beim
Menschen sozusagen freiwillig passiert und durch den Moralbegriff verstärkt
wird, andererseits übrigens meldet sich ein schlechtes Gewissen bei
Übertretungen. Ihr scheint leider die Realität auszublenden, wenn ihr
Sozialverhalten bei Tieren abstreitet. Ihr könnt Euch ja mal die Arbeit:
Sozialverhalten von Menschenaffen am Beispiel der Bonobos (Zwergschimpansen) -
http://www.gm.shuttle.de/gm/ge-waldbroel/pages/fa/fa2.htm - ansehen. Das
Einordnen in eine Gemeinschaft, ob durch Hacken bei Hühnern oder durch Lausen
beim Affen und die Verpflichtung von Ranghöheren, die Schwachen im Kampf zu
unterstützen und durch Jagderfolge mitzuernähren, wobei die Schwächeren
natürlich zuletzt essen dürfen, aber eben nicht verhungern, das alles gibt es
bereits bei Tieren, auch wenn Euch das zu amüsieren scheint.
@Abrazo: dass
Du mit den Drogenabhängigen, mit denen Du zu tun hattest, Schiffbruch erlitten
hast, tut mir leid. Wenn Du denen mit Verboten gekommen bist, wundert mich das
allerdings nicht. Ich hatte Dir das prophezeit (99% Misserfolg). Aber den
Misserfolg sozusagen auf mich zu schieben, so als ob die von mir betreut worden
wären, ist unredlich.
Dass Hanspeter für eine Drogenfreigabe ist, überrascht
mich - hätte ich nicht vermutet.
Eberhard stellt die "erste" Frage, ob ein
selbstzerstörerisches Verhalten überhaupt einen Schaden bewirkt, sei es für den
Selbstzerstörer, für seine Angehörigen oder für die Allgemeinheit.
In meinen
Augen ist selbstzerstörerisches Verhalten auch stets mit Schädigung der
Gesellschaft verbunden. Das sagte ich bereits. Nach meiner Philosophie wirken im
Individuum jedoch auch stets Selbsterhaltungs- und Selbstentfaltungkräfte. Hilfe
muss sich an diese richten und sich mit diesen verbünden und diese unterstützen,
das ist Voraussetzung für ein Abstellen der Selbst- und Fremdschädigung.
Insofern liegt die Besserung auch immer im Interesse der Gesellschaft, genau wie
beim Kranken.
Noch zu einer Ungenauigkeit: jemand meinte, mit Krankheit
könnte man auch Mörder entschuldigen (oder so ähnlich)
Tatsächlich ist es in
der BRD so: ein Mörder oder Sexualstraftäter, der gesund ist, kommt 15 Jahre
(=lebenslänglich) hinter Gitter. Ist er krank, kommt er zeitlich unbegrenzt in
die Psychiatrie und wird erst entlassen, wenn er keine Straftaten mehr begehen
wird. Beim Gesunden spielt der letztere Aspekt jedoch keine Rolle. Hat der
Gesunde seine Strafe abgesessen, darf er raus und erneut straffällig werden. Da
fragt sich, wie diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am
Gestern, 00:12 Uhr
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Hi, Doc Rudi,
jetzt reichts mir aber langsam.
Ich habe mich nur
ehrenamtlich um die Leute gekümmert. An ihnen sind jede Menge Sozialarbeiter,
Drogentherapeuten, Ärzte, Psychiater und Psychologen gescheitert, die alle mit
Deinen 'Rezepten' angekommen sind, die im übrigen uralt sind und sehr populär
bei den Therapeuten, die immer nur in ihren bequemen Bürosesseln sitzen und die
Leute nie hackezu und breit auf ner Parkbank liegen sehen. Hast du eine Ahnung,
wie hoch die Rückfallquoten sind? Dann frag doch mal nach in den Psychiatrien
und Therapieeinrichtungen. Die meisten geben dir, ob Heroin, Alkohol oder andere
Drogen, eine Rückfallquote von 97% an! Nur eine kleine Minderheit schafft es
also im ersten Anlauf - und etliche schaffen es nie. Die werden dann
substituiert, wobei nicht wenige sich dabei mit Alkohol und Pillen vollstopfen,
oder landen als Todgeweihte auf der Straße oder in irgendwelchen Absteigen und
Notunterkünften.
Vielleicht informierst du dich mal über die tatsächliche
Lage, bevor du hier anfängts, theoretische Lehren erteilen zu wollen.
Übrigens: Schweden hatte keine schlechten Erfolge mit dem Modell Zwangsentzug
und rigoroses Eingreifen; allerdings mit Amphetamin-Junkies, das war dort weit
populärer als Heroin, ist aber in der körperlichen Wirkung kaum weniger schlimm.
Zum tierischen Sozialverhalten solltest du der Einfachheit halber Herrn Hund
befragen - falls er dir antwortet. Der wird dir nämlich sagen, dass er nie ein
schlechtes Gewissen hat, äußerstenfalls mal Bammel, dass der weisungsbefugte
Geschäftsführer der GmbH ihn auf den Rücken legt, an die Kehle packt und fragt,
ob er noch weiß, wer sein Boss ist - weshalb er sich in solchen
Extremsituationen sicherheitshalber gleich freiwillig auf den Rücken legt. Der
wird dir versichern, dass einzig und allein der Geschäftsführer ihn daran
hindert, jeden Rüden, ob groß oder klein, gottserbärmlich zu verprügeln und ihn
zu unterwerfen und dass er zwar den Anweisungen folgt, aber dennoch auf der
Ansicht beharrt, dass alle Stöcke, alle Bälle und alle Weiber im Revier sein
persönliches Eigentum sind. Und der Geschäftsführer - ist ein Mensch.
Statt in wilden Theorien herum zu spekulieren, solltest du dir lieber mal
angucken, wie die Welt draußen aussieht.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am
Gestern, 00:41 Uhr
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Hi, Eberhard,
natürlich ist eine Bestrafung unangebracht. Tatsächlich
geht es auch nicht um Bestrafung, es geht um Zwang. Die Frage lautet, dürfen wir
einen Menschen mit Zwang davon abhalten, sich selbst zu zerstören?
Ich
habe Zweifel, ob sich diese Frage mit Denken allein beantworten lässt. Das
ethische Nein kann man nicht denken. Es zeigt sich.
Das Problem, das ich
sehe, ist, dass man wunderbar über eine Sache debattieren kann, die man nicht
kennt, die man nie gesehen hat. Es gibt Esoteriker, die dem Solipsismus
anhängen. Sie behaupten, wenn Menschen in Afrika verhungern, liegt das daran,
dass ich mir die Welt so denke. Hätte ich bessere, positiviere Gedanken, gäbe es
keine Verhungernden. Also muss ich mich selbst ändern, um den Hunger zu
bekämpfen (im Grunde Wittgensteins Konfrontation mit Otto Weininger). Würden
solche Esoteriker genau so denken, entscheiden und handeln, wenn sie die Leute
sehen würden? Würde einer überhaupt ernsthaft mit ihnen debattieren wollen, ob
das, was sie sagen, stimmen könnte?
Also, versucht euch mal folgendes
Bild möglichst genau vorzustellen: Nacht, Notaufnahme in einem Krankenhaus. Auf
dem gekachelten Klinikboden liegt ein etwa dreißigjähriger verwahrloster Mann
schlafend mit puterrotem Gesicht in einer Urinlache. Seine Hose ist offen, sein
Penis entblößt und neben ihm liegt eine Pinkelflasche, die zu benutzen er nicht
mehr geschafft hat. Er hat zwei Flaschen Korn im Balg, die hat er ganz alleine
gekauft und getrunken. Und mit dieser Vorstellung im Kopf fragt euch bitte noch
einmal: darf ein Mensch sich selbst zerstören? Beinhaltet die Freiheit des
Menschen das?
Ich habe das Bild real gesehen. Ich sage nein.
Der
Mann ist übrigens ein knappes viertel Jahr danach gestorben. Goldener Schuss.
Sage nicht, Eberhard, das sei verinnerlichte Sozialmoral. Niemand hat mir
erzählt, dass Menschen in so ein Lage kommen können. Im Gegenteil: ich bin damit
aufgewachsen, dass man sich von solchen Leuten fern halten muss, dass sie aus
der Gesellschaft rausgeschmissen gehören weil - sie haben es ja nicht anders
gewollt.
Sie haben es nicht anders gewollt. Kann man sagen. Logisch und
vernünftig. Die humane Ethik sagt dazu nein. Und nu?
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Gestern, 02:18 Uhr
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Hallo an Alle
@Eberhard schreibt:
"Ich habe noch nie davon
gehört, dass sich Tiere hinten anstellen. Stattdessen gilt bei Tieren, die in
Verbänden leben, meines Wissens eine Hack- und Rangordnung.
Dass solche
Regeln wie „Drängle Dich in Warteschlangen nicht vor!“ genetisch
gespeichert sein sollen – also angeborene Instinkte sind – ist eine
kühne Hypothese, die von Biologen wohl nicht ernst genommen würde."
Ein
schöner Beweis für meine alte These, Philosophen sollten im ersten Nebenfach
Biologie, speziell Verhaltensforschung belegen! :-)
Tiere stellen sich
sehr wohl in Warteschlangen an, wenn es die Situation erfordert. Ich konnte das
selbst in einer Tölpelkolonie beobachten, in der es, topologisch bedingt, nur
eine Startbahn gab. Übrigens richtig schön in Jahrhunderten ausgetreten. Die
Tiere, die aufgrund der gegebenen Windverhältnisse nicht vom Boden aus starten
konnten, stellten sich schön brav an und warteten, bis sie drankamen. Die
Schlange umfasste machmal über 20 Vögel.
Dieses Verhalten ist nicht exakt
genetisch programmiert, sondern die Tiere entscheiden situationsbedingt.
@rudi
ich habe niemals behauptet, Tiere hätten kein Sozialverhalten.
Wo sollte ich diesen Unsinn geschrieben haben?
Doch als Moral nur das zu
bezeichnen, was in uns genetisch ohnehin verankert ist, oder was du als
vernünftig deklarierst, ist zu kurz gegriffen.
Moral ist ein in sich
geschlossenes und logisch nachvollziebares Konzept zur Regelung, aber auch zur
Erklärung unseres Verhaltens.
Unsere Aufgabe hier ist es aber nicht,
induktiv durch Beobachtungen das Verhalten der Menschen zu beschreiben, um
daraus ihre Moral abzuleiten. Das machen die Verhaltensforscher. Sondern wir
bemühen uns hier deduktiv, ein vernünftiges Moralkonzept zu entwickeln und
daraus (vermeintlich) richtiges Handeln abzuleiten.
Dein Konzept ist
dazu aber nicht geeignet.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Gestern, 02:31 Uhr
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Hallo Abrazo,
dein letzter Beitrag zeigt sehr deutlich ein prinzipielles
menschliches Problem. Unser Verhalten ist primar, sprich genetisch, darauf
ausgerichtet, in menschlichen Kleingruppen sich optimal zu verhalten. Es ist
aber für große Massen, sagen wir einmal >10^6 nur mit Vorbehalten brauchbar.
Daher spricht ja auch die Bibel von der Nächstenliebe, nicht von eine
allgemeinen Menschenliebe.
Klar, wenn du ein hungerndes Negerkind
leibhaftig vor dir hast, wirst du als Mensch mit gesunder Empathie das Bedürfnis
verspüren, hier zu helfen. Damit hilfst zu zwar diesem Individuum, löst aber
nicht die Ursache(n) des Problems.
Dazu aber bedarf es eines völlig anderen
Konzepts. Und das kann man nicht unbedingt darin erkennen, indem man das Elend
vor Ort sieht. Dazu muss man in erster Linie seine Gehirnzellen aktivieren.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
Gestern, 09:41 Uhr
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...... genau !
und mensch wird dann zu dem schluß kommen
daß
die ursache aller problem
darin be steht
daß frau bisher immer die
größten probleme selektiert
wenn sie die größten lösungen hätte ...........
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am
Gestern, 09:46 Uhr
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Lieber Hanspeter,
würdest du bitte bei unserer Frage bleiben?
Unsere
Frage lautet nicht, nach welcher Methode man eingreifen soll oder könnte, unsere
Frage lautet, ob man das überhaupt will oder soll.
Mit anderen Worten: es
geht hier nicht um ein hungerndes Negerkind, sondern es geht darum, auf welcher
Grundlage wir entscheiden, ob die Gesamtgesellschaft (von mir aus auch
Menschheit, aber gewiss nicht 'der Nächste') eingreifen soll oder nicht. Das
heißt, aus welchem Grund wir überhaupt unser Gehirnschmalz einsetzen sollen, um
Handlungstheorien zu entwickeln.
Wir haben de facto drei verschiedene
Prinzipien:
1. die Freiheit des Menschen umfasst auch die Freiheit zur
Selbstzerstörung bis hin zu diesem praktisch sichtbaren Ausmaß (meine Frage:
wollen wir das?)
2. Man hat eine Pflicht, die sich letztlich aus dem
Menschsein begründet (und insofern sowohl für das Individuum als auch für die
Gesellschaft gilt), weder sich selbst noch andere so weit zu zerstören; der
Vernachlässigung dieser Pflicht durch einen oder einen Teil folgt die Pflicht
anderer zum Eingreifen (d.h. das gilt auch z.B. für Zerstörung des Humanums
durch menschenunwürdige Behandlung - z.B. bei Kriegen, Folter und zahlreichen
anderen netten Sachen) - das ist meine Behauptung.
3. jeder ist seines
Glückes Schmied - wer sich nicht anpassen kann an die Gesellschaft und ihre
Moral, fliegt raus, bis hin zur Todesstrafe. Das ist die Mehrheitsmeinung,
behaupte ich.
Wer immer sich auf ein Prinzip beruft und darauf eine
Theorie aufbauen will, muss sich mit den anderen auseinandersetzen und
begründen, warum sie seiner Ansicht nach nicht gültig sind.
Ich behaupte,
dat kannste nich vernünftig begründen, was tatsächlich gilt, zeigt sich im
humanen ethischen Willen. Wennste dat widerlegen willst, musste begründen, warum
wir uns seit etlichen tausend Jahren nach anderen Maßstäben richten als das
Viehzeug - drunter akzeptiere ichs nicht.
So ganz kurz und knapp.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Gestern, 16:15 Uhr
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Hallo Abrazo,
na, deine vorigen Beiträge waren ja wohl auch nicht gerade
besonders zielstrebig. Aber zur Sache.
Alle deine drei Punkte kann man
mehr oder weniger vernünftig begründen, leider kann man keinen als
allgemeingültig beweisen.
Punkt 3 beschreibt die Realität. Und ich halte
es im Moment für ziemlich unwahrscheinlich, dass du die real existierende Moral
ändern kannst.
Punkt 2 ist ziemlich diffus. Aus dem "Menschsein" lässt
sich alles mögliche begründen, übrigens auch das Führen von Kriegen.
Punkt 1 stimme ich zu, da ich von der persönlichen Freiheit viel halte. Auch hat
die Gesellschaft ziemlich wenig Möglichkeiten, das dem Einzelnen zu verbieten.
Einen "humanen ethischen Willen" kann man wohl bei den meisten Menschen
ausmachen, was er aber konkret bedeutet, ist von Mensch zu Mensch, vor allem
aber von Kulturkreis zu Kulturkreis ziemlich verschieden.
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am
Gestern, 17:14 Uhr
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Hallo allerseits,
unsere Frage ist, ob sich ein Mensch selbst zerstören
darf und ergänzend dazu, ob man einen Menschen daran hindern darf oder soll,
sich selbst zu zerstören.
Ich gehe einmal davon aus, dass
Selbstzerstörung im Falle des Süchtigen einen Schaden für den Betreffenden und
in der Regel auch für andere bedeutet. (Im Falle einer Selbsttötung muss dies
nicht der Fall sein.)
Gibt es eine Lösung, die allgemein akzeptabel ist?
Eine Antwort wäre:
Jeder darf machen, was er will, sofern er nicht
andere schädigt. Wenn sich jemand selbst zerstören will, dann geht das die
andern nichts an, solange sie dadurch keine Nachteile erleiden. Wenn der
Selbstzerstörer aber als arbeitsunfähiges gesundheitliches Wrack jahrelang auf
Kosten der Allgemeinheit medizinische Hilfe, soziale Betreuung, Ernährung,
Wohnung und Kleidung erhält, dann hat sein Verhalten negative Auswirkungen auf
andere und diese haben entweder das Recht, ihn an der Selbstzerstörung zu
hindern, oder sie dürfen ihm die Hilfe zu verweigern.
Eine andere,
meines Erachtens nach bessere Antwort wäre:
Jeder darf grundsätzlich in
den Angelegenheiten, die vor allem ihn selbst betreffen, tun und lassen, was er
will. Es gibt jedoch Fälle, in denen die normale Fähigkeit des Menschen zur
Selbststeuerung außer Kraft gesetzt ist und sein Handeln durch eine Sucht
bestimmt wird.
Kriterium dafür, ob jemandem in diesem Sinne die normale
Fähigkeit zur Selbststeuerung fehlt, ist letztlich sein eigenes Urteil nach der
Befreiung von der Sucht. Er muss selber zu der Einsicht kommen, dass das, was er
als Süchtiger wollte, nicht seinem eigentlichen Willen entsprach.
Dies
Kriterium ist erst im Nachhinein anwendbar. Man kann jedoch in Kenntnis dessen,
wie eine Sucht die eigene Persönlichkeit verändert - für den Fall, dass man
selbst davon betroffen ist - bereits im Voraus andern bestimmte zeitlich
begrenzte Rechte zur Einschränkung der eigenen Handlungsfreiheit geben (z.B. zum
Zwangsentzug), sofern ernste Gefahren für die eigene Gesundheit und das eigene
Leben bestehen.
Bei allen Risiken einer solchen Freiheitsbeschränkung
halte ich eine solche Lösung (die im Einzelnen noch weiter entwickelt werden
müsste) für grundsätzlich allgemein akzeptabel.
Soweit mein Vorschlag zur
Diskussion. Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am Gestern,
19:16 Uhr
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hallo,
on 09/13/05 um 17:14:27, Eberhard wrote:Jeder darf
grundsätzlich in den Angelegenheiten, die vor allem ihn selbst betreffen, tun
und lassen, was er will. Es gibt jedoch Fälle, in denen die normale Fähigkeit
des Menschen zur Selbststeuerung außer Kraft gesetzt ist und sein Handeln durch
eine Sucht bestimmt wird.
Kriterium dafür, ob jemandem in diesem Sinne
die normale Fähigkeit zur Selbststeuerung fehlt, ist letztlich sein eigenes
Urteil nach der Befreiung von der Sucht. Er muss selber zu der Einsicht kommen,
dass das, was er als Süchtiger wollte, nicht seinem eigentlichen Willen
entsprach.
Dies Kriterium ist erst im Nachhinein anwendbar. Man kann
jedoch in Kenntnis dessen, wie eine Sucht die eigene Persönlichkeit verändert -
für den Fall, dass man selbst davon betroffen ist - bereits im Voraus andern
bestimmte zeitlich begrenzte Rechte zur Einschränkung der eigenen
Handlungsfreiheit geben (z.B. zum Zwangsentzug), sofern ernste Gefahren für die
eigene Gesundheit und das eigene Leben bestehen.
Bei allen Risiken einer
solchen Freiheitsbeschränkung halte ich eine solche Lösung (die im Einzelnen
noch weiter entwickelt werden müsste) für grundsätzlich allgemein akzeptabel.
ob das konsensfähig ist weiss ich nicht. logisch "covariant" ist
es in jedem fall:
"Die Inquisition griff insbesondere zwei Argumente von
Augustinus heraus:
* Einem Abtrünnigen den rechten Weg zu zeigen, wenn er
diesen nicht gehen wolle, auch unter Zwang, sei ein Akt christlicher
Nächstenliebe. Häretiker seien verirrte Schafe, die die kirchlichen Hirten
notfalls mit Stock und Knüppel wie züchtigende Eltern gegenüber dem Kinde zur
Herde zurückführen würden. Folter sei legitim, da sie nur das sündige Fleisch,
nicht aber die Seele schädige. In der Konsequenz sei es besser, die Häretiker zu
verbrennen, als „in den Verirrungen zu erstarren“. Die Häretiker „töten die
Seelen der Menschen, während die Obrigkeit nur ihre Leiber der Folter
unterwirft; sie rufen ewigen Tod hervor, aber beklagen sich dann, wenn die
Behörden sie dem zeitlichen Tod überantworten“.
* Die Androhung der Folter
stelle den Häretiker nachdrücklich vor die Entscheidung, entweder in seiner
Verirrung zu verharren sowie den „Feuerofen der Qual“ samt dem Verlust des
Lebens in Kauf zu nehmen. Liebe und Vertrauen zu Gott und in die einmal erkannte
Wahrheit dürfte hier die einzig glaubwürdige Motivation sein, siehe auch: "Die
drei Männer im Feuerofen", Daniel Kap. 3, V. 17.18, wo es heißt: "Wenn unser
Gott, den wir verehren, will, so kann er uns erretten; aus dem glühenden Ofen
und aus deiner Hand, o König, kann er erretten. Und wenn er`s nicht tun will, so
sollst du dennoch wissen, dass wir deinen Gott nicht ehren und das goldene Bild,
das du hast aufrichten lassen, nicht anbeten wollen." Die Alternative war
„klüger zu werden“, um in den Schoß der Kirche zurückzukehren."
(wikipedia)
was man mit einer einmal "erkannten wahrheit" nicht alles
machen kann...aber sicher war die inquisition nur moralisch und nicht ethisch...
gruss
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Abrazo am
Gestern, 21:43 Uhr
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Hi, zusammen,
Hanspeter meint:
Einen "humanen ethischen Willen"
kann man wohl bei den meisten Menschen ausmachen, was er aber konkret bedeutet,
ist von Mensch zu Mensch, vor allem aber von Kulturkreis zu Kulturkreis ziemlich
verschieden.
Ich bezweifle das (mal abgesehen davon, dass ich nicht weiß,
was mit 'konkret bedeutet' gemeint sein soll). Zumal, wenn wir über den humanen
ethischen Willen gar nichts genaues wissen, können wir ihn ja wohl schlecht so
oder so anderen zu- oder absprechen.
Die Moral, die ich hier das Bemühen
nenne, Ethik, gesellschaftliche und individuelle Vorstellungen und Bedürfnisse
unter einen Hut zu bringen, ist zweifellos je nach Kultur verschieden. Aber ob
das die Ethik als eine Komponente der Moral auch ist, ist nicht ausgemacht.
Hinzu kommt: der ethische Wille meldet sich offenbar recht unterschiedlich.
Er scheint von Bedingungen abhängig zu sein. Diese Erfahrung ist offenbar so
ziemlich allen Kulturen vertraut. In allen Kulturen, von denen ich gehört habe,
gibt es Religionen. In allen gibt es göttliche oder dämonische Mächte, die
angeblich strafend eingreifen, wenn einer unmenschlich, also unethisch, handelt.
Was impliziert, dass in allen Kulturen unmenschlich und unethisch gehandelt
wurde. Was aber auch impliziert, dass man stets Probleme hatte, der Ethik einen
vernünftigen Grund zu geben; also verwies man ihren Ursprung an eine
transzendente Instanz.
Folgende Überlegungen zur Diskussion gestellt:
Der ethische Wille richtet sich gegen als sinnlos erkannte Zerstörung, vor allem
(aber nicht nur) von Menschlichem. Sinnlos heißt, die Handlung führt zu keinem
notwendigen / wichtigen / erstrebenswerten, meinetwegen guten Ziel, entweder,
weil die Handlung nicht dazu taugt, oder weil das Ziel nicht als solches
anerkannt ist. Damit richtet der ethische Wille sich auch gegen die
Selbstzerstörung, sowohl gegen die eigene Selbstzerstörung als auch gegen die
anderer. Die sinnlose: Pater Maximilian Kolbes Quasi-Selbstzerstörung oder
Sokrates sein Schierlingsbecher galten nicht als sinnlos.
Der ethische
Wille setzt damit voraus, dass Ziel und/oder Handlung als sinnlos erkannt
werden. Das setzt nicht nur 'eingeschaltetes' Bewußtsein voraus, sondern auch,
zeitübergreifend, also über den Moment hinaus zu denken (z.B. dass einer, den
man jetzt tot schlägt, auch morgen noch tot ist) und umfassend zu denken, im
Extremfall die ganze Welt als Objekt zum Subjekt anzuschauen. Eine Perspektive,
von der aus Kant mit seinem kategorischen Imperativ kommt. Was ich nämlich nicht
als Folge meiner Handlung bedenke, weil ich diesen Komplex aus meinen
Überlegungen ausklammere, gegen das kann sich auch nicht der ethische Willen
wenden. Kurzsichtiges Denken kennen wir alle. Scheuklappendenken sozusagen.
Typisch heutzutage der Bomberpilot. Für den existieren die Menschen, die unter
seinen Bomben sterben, gar nicht. Folglich kann er, wenn er nach militärischer
Vorschrift denkt, auch gar keine ethischen Probleme bekommen.
Daraus
würde sich eine menschliche Pflicht ergeben, sich um wahre Erkenntnis zu
bemühen.
Gruß
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von doc_rudi am
Gestern, 23:40 Uhr
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Hallo Hanspeter,
Du batest mich, mein Verständnis von Ethik und Moral einmal
zu erläutern. Dies würde die Diskussion hier sprengen, deshalb habe ich das in
einen anderen thread gestellt: http://www.philtalk.de/msg/1083137042-135.htm#137
Die Diskussion hier verfolge ich weiter und bin gespannt auf ein Ergebnis. Wie
aber schon gesagt, haben wir in meinen Augen derzeit bereits eine
vernunftbegründete Ethik, die man einfach als Regelwerk oder Spielregeln des
Zusammenlebens betrachtet sollte. Ich versteh zwar jetzt Deine Emotionalität,
Abrazo, möchte Dich aber bestärken, von Foerster (das war doch dein Idol?) noch
besser umzusetzen.
Du führst einen ethischen Willen ein? ist er angeboren
oder erworben?
Sich um wahre Erkenntnis zu bemühen, ist keine Pflicht,
sondern ein Wunsch, ein Interesse, das der Selbsterhaltung entspringt.
Gruß
rudi
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Hanspeter am
Heute, 01:52 Uhr
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Hallo an Alle,
@abrazo:
Konkret heißt bei mir "in einer gegebenen
Situation", im Gegensatz zu abstrakt.
Beispiel: Alle Moralen haben sich auf
ein abstraktes Tötungsverbot geeinigt, doch im konkreten Fall des Verbrechers,
Vaterlandsverräters, Häretikers usw. gibt es dann erhebliche Unterschiede.
Wenn du Moral und Ethik unterschiedlich gebrauchst, bitte ich um eine kurze
Definition bzw. Unterscheidung der beiden Begriffe. Wie bekannt wird das in der
Fachliteratur ja nicht einheitlich gehandhabt.
Zu deinen Überlegungen.
Du schreibst:
"Der ethische Wille richtet sich gegen als sinnlos erkannte
Zerstörung, vor allem (aber nicht nur) von Menschlichem."
Richtig, etwas
Sinnloses macht niemand. Der Clou ist ja, dass diejenigen, die zerstören (sich
selbst oder andere) dieses für sinnvoll halten. Da kannst du noch so oft deinen
Kant aus der Tasche holen. Ein Augustinus (danke Psi!!) sah eben Krieg und
Folter als gerechtfertigt an, um den Gläubigen zu "retten".
Warum? Weil für
Augustinus - und im Prinzip gilt das für jeden echten Christen - der wahre
Glaube wichtiger war, als das individuelle Leben.
Die Bestrebungen eines
"ethischen Willens" hängen eben davon ab, was man als höchstes Ziel des Daseins
definiert hat. Und diese Definitionen sind abhängig vom Kulturkreis.
Wann
kapieren die Ethiker das endlich?
Also, niemand zerstört sinnlos. Wenn
ein Menschenleben (das eigene oder andere) zerstört wird, dann gibt es dafür
Gründe. Und die sind zeit- und kulturabhängig.
Amen. [smash] [cheesy]
Gruß HP
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von psi am Heute,
01:59 Uhr
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on 09/14/05 um 01:52:20, Hanspeter wrote:Da kannst du noch so oft deinen
Kant aus der Tasche holen.
...obs wohl sowas wie neokantianer
gibt? nur so ein bauchgefühl...
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von homo_sapiens am
Heute, 09:52 Uhr
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.... auf dieser ver kommenen welt sind fast alle süchtig
und damit
selbst zer störerisch !
weil es für sie keine sicht bare hoffnung gibt
...........
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Titel: Re: Darf man sich selbst zugrunde richten?
Beitrag von Eberhard am
Heute, 10:04 Uhr
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Hallo Abrazo, hallo Hanspeter,
eine kurze Vergewisserung zum Stand der
Diskussion. Die Fragestellung lautet (eingeengt auf den Süchtigen): Darf ein
Mensch sich selbst zerstören? Dürfen oder sollen andere ihn daran hindern?
Auf diese Frage suchen eine gemeinsame, möglichst dauerhafte Antwort. Die
bestehenden Differenzen zwischen unseren Antworten wollen wir durch Argumente
auflösen. (Leute, die sich in geistreichen Zwischenbemerkungen gefallen, und
notorische Quälgeister bleiben dabei außen vor.)
Ich kann in der
Diskussion bisher folgende Positionen zur Selbstzerstörung erkennen:
(Bitte
ergänzen!)
Position1:
Ein Mensch darf sich nicht selber
zerstören und man darf nicht untätig zusehen, wie ein Süchtiger sich selbst
zerstört. Man darf und soll ihn daran hindern, notfalls durch zeitlich
begrenzten Zwangsentzug.
In der Begründung lassen sich zwei Positionen
unterscheiden:
Position 1a:
Diese Antwort ist Ausdruck des
ethischen Wollens, das in mir (und auch in anderen?) ist.
Position 1b:
Zwangsentzug ist auch gegenüber dem Süchtigen zu rechtfertigen, wenn
davon ausgegangen werden kann, dass der ehemals Süchtige nach der Überwindung
der Sucht dem Zwangsentzug nachträglich selber zustimmen wird.
Position
2:
Erwachsene Menschen sollten in ihrer Selbstbestimmung niemals
eingeschränkt werden, auch wenn sie sich selber zerstören. Voraussetzung ist
jedoch, dass sie dadurch anderen nicht zur Last fallen. Sie haben deshalb keinen
Anspruch auf Hilfe, es sei denn, diese Hilfe wird von den Süchtigen über eine
Drogensteuer selber getragen.
Position 3:
Wenn Menschen sich
selbst zerstören, dann sind sie psychisch krank und brauchen eine Behandlung.
Eine Zwangsbehandlung ist ein unzulässiger Eingriff in das Recht auf
Selbstbestimmung. In jedem Fall haben die Süchtigen einen uneingeschränkten
Anspruch auf Hilfe.
Gegenwärtig geht es wohl um eine Klärung dessen, was
mit Position 1a gemeint ist.
Es grüßt alle Vordenker Eberhard.
p.s.: Ich muss wohl eine 2. Runde einläuten ...
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