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Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
(Diskussion bei PhilTalk)
PhilTalk Philosophieforen Praktische Philosophie >> Ethik >> Zu (er)finden:
einsichtig begründete Normen
(Thema begonnen von: Eberhard am 14. Aug. 2004)
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Titel: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 14. Aug. 2004, 07:38 Uhr
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Hallo allerseits,
dies ist die Fortsetzung des zu lang gewordenen Threads "Zu
(er)finden: konsensfähige soziale Normen".
Der Anspruch, dass die von ihnen vertretenen Normen bzw.
Verhaltensregeln allgemein gültig seien, wird von verschiedenen Positionen – vor
allem religiösen – erhoben.
Die entscheidende Frage ist jedoch, ob ein Normensystem für
diejenigen, die es befolgen sollen, auch einsichtig, d. h. intersubjektiv
nachvollziehbar, begründet werden kann.
Um diese Frage soll es gehen:
Welche Normen lassen sich nachvollziehbar begründen und
welche nicht?
Was sind nachvollziehbare Gründe für oder gegen bestimmte
Normen und was nicht?
Wie kann man für und gegen moralische oder rechtliche
Normen argumentieren?
Wichtig scheint mir dabei zu sein, dass es offenbar zwei
verschiedene Ebenen der Argumentation und der Geltung von Normen gibt:
einmal die "inhaltliche" bezogen auf die "gerechte"
Berücksichtigung und das "Wohlergehen" der Betroffenen,
zum andern die "verfahrensmäßige", bezogen auf den Prozess
der Normsetzung durch Versprechen, Vertrag, Abstimmung, Wahl und dessen "freie
Verfassung".
Auf der verfahrensmäßigen Ebene der rechtlichen Normsetzung
wird "Verbindlichkeit" von Normen geschaffen, die nicht immer mit inhaltlicher "Richtigkeit" zusammenfällt.
Wie verhalten sich beide Ebenen zueinander?
Wer hat eine Meinung dazu?
fragt Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 14. Aug. 2004, 08:53 Uhr
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Hallo Eberhard
Der Anspruch, dass die von ihnen vertretenen Normen bzw.
Verhaltensregeln allgemein gültig seien, wird von verschiedenen Positionen – vor
allem religiösen – erhoben.
Nicht nur von denen, sondern von allen Staatsdenkern. Die
Allg. Erklärung der Menschenrechte zeigt dies zum Beispiel. Da wird behauptet,
dass es unverletzliche Menschenrechte gäbe wie für Bildung, Arbeit, Gesundheit.
Aber gleichzeitig wird geduldet, dass irgendein Gesetzgeber ein Recht auf Arbeit
etc. durchsetzt ohne dabei zu erwähnen, dass das Recht auf Arbeit (bzw. der
Erträgnisse der Arbeit) eines anderen verletzt werden muss, wenn dieser sie
nicht freiwillig spendiert. d. h. die "Unverletzlichkeit" der Menscherechte ist
eine glatte Lüge. Es ist in Wahrheit nur eine Abwägung verschiedener Interessen
und die Menschenrechte sind auch nur von verschiedenen Ideologen erfunden
worden, die damit ihre Interessen verfolgen. Mehr nicht. Das gleiche setzt sich
im Grundgesetz mit der Würde des Menschen fort. Das wird behauptet, sie sei
unantastbar, aber dann werden Freiheits- und Gleichheitsansprüche gegeneinander
abgewogen und die Würde einfach formal zum unbestimmten Rechtsbegriff erklärt.
Das ist übelste Ideologie.
> Die entscheidende Frage ist jedoch, ob ein Normensystem für diejenigen, die es befolgen sollen, auch einsichtig, d. h. intersubjektiv nachvollziehbar, begründet werden kann.
" befolgen wollen" oder "befolgen sollen" ?
Wollen ist Konsens. Der begründet sich selbst.
Sollen ist Staat, aber kein Konsens. Das ist die ewige
Frage, ob man sich einem Staat zu beugen hat. Da sage ich: Natürlich nicht, denn
ein Staat besitzt keine juristische Rechtfertigung.
> Wichtig scheint mir dabei zu sein, dass es offenbar zwei
verschiedene Ebenen der Argumentation und der Geltung von Normen gibt:
> einmal die "inhaltliche" bezogen auf die "gerechte"
Berücksichtigung und das "Wohlergehen" der Betroffenen,
Das ist wie mit den Menschenrechten.
> zum andern die "verfahrensmäßige", bezogen auf den Prozess der Normsetzung durch Versprechen, Vertrag, Abstimmung, Wahl und dessen "freie Verfassung".
Ich kann das nur auf den "Konsens" zurückführen. Alles andere macht doch keinen Sinn!
Gruß RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 14. Aug. 2004, 09:38 Uhr
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Hi, Eberhard,
Quote:Die entscheidende Frage ist jedoch, ob ein Normensystem für diejenigen, die es befolgen sollen, auch einsichtig, d. h. intersubjektiv nachvollziehbar, begründet werden kann. ...Welche Normen lassen sich nachvollziehbar begründen und welche nicht?
Zunächst einmal: Wir reden hier nicht über "Normen".
Sondern über GESETZE.
Die Bezeichnung könnte man frei wählen. Aber folgendes ist klar:
Personen sollen in bestimmten Situationen nicht die
Handlungsweise X tun, sondern Y.
Wäre Y eine "Freibiernorm" oder ein "Freibiergesetz", wäre
für die Person Y klar angenehmer als X, bräuchte man Y nicht zur Norm erklären.
Genausowenig, wie man einem Regentropfen vorschreiben muss, dass er nach unten
fallen soll.
Normen und Gesetze brauchen wir immer dann, wenn Y eine "Lebertrannorm" ist oder ein "Lebertrangesetz". Brrr, schmeckt abscheulich, "ist
aber Vitamin D drin, ist gut für dich, Kind."
Für Lebertrannormen und -gesetze darf es keine Ausnahmen geben. Denn wenn der eine auf den Schluck abscheulichen Lebertrans verzichten darf, dann sehen alle anderen nicht ein, warum gerade sie schlucken sollen.
Eine Lebertrannorm oder -gesetz ist nur durchsetzbar mit
dem zugehörigen Strafgesetz. Ob dies nun die Nachricht der Priester an ihre
Gläubigen ist, für Sünder stünde das sowieso nicht nachgewiesene Himmelstor zu
und sie kämen stattdessen in die auch nicht nachgewiesene Hölle, wenn diese
Gläubigen das glauben, selber schuld. Vernünftige Leute lassen sich damit nicht
mehr manipulieren. Ob die Strafe Steinigung ist, Enteignung, Ächtung seitens der
Freunde und Nachbarn oder auch nur ein strenger Blick - kann ein
Möchtegern-Sünder Vorteile und Risiken seiner Taten bilanzierehn, und die
Klügeren können das, wird er sich entsprechend der Bilanz verhalten. In München
scheinen 40? oder so das Optimum zu sein zur Eindämmung der Schwarzfahrerei.
Weil Lebertrannormen oder - gesetze nur mit Strafandrohung
durchsetzbar sind, ist es richtig, sie "Gesetze" zu nennen. Und auch als solche
zu verabschieden.
Also keine "freiwilligen Selbstverpflichtungen" der
Industrie, die die Braven einhalten und die Bösen mit einem Lachen eben nicht,
und dann stehen die Braven als Idioten da, sondern ein Gesetz. Solche Gesetze darf kein Guru verkünden, denn dann wird er
schnell "Diktator" genannt und gestürzt. Sondern in einer Gesellschaft mündiger und freier Personen
bestehen nur solche Gesetze (und Regierungen), die Volksvertreter beschlossen
haben.
Fazit: Die Rederei über "Normen" wird kein Ende haben, da der Begriff falsch ist. Wer in einer Gesellschaft mündiger und freier Personen etwas "bewegen" will, der muss ein Gesetz erwirken. Er muss überzeugen, dass für die Gesellschaft und alle Personen Y letztlich besser ist als X.
Wir erleben gerade in der Bundespolitik, was passiert, wenn ein machtgeiler Kanzler und eine genauso machtgeile Partei meinen, sie könnten auf diese mühselige Überzeugungsarbeit verzichten und einfach mit "Basta!" regieren. Gerade die Engagierten und Aufrichtigen verlassen die Partei, die Pfründegauner bleiben allein übrig. Das Volk beginnt zu revoltieren. "Basta!" -Regime funktioniert nur so lange, wie die Regierenden genügend "Freibiergesetze" verkünden können, um die Bevölkerung zu beschwichtigen.
Aber gerade diese fortlaufende Beschwichtigungspolitik hat unsere Wirtschaft und Politik so zerrüttet, so unproduktiv gemacht, dass sie daran gerade zugrunde geht.
Also, Eberhard, Leute, laß die Rederei über "Normen" sein, überlegt euch lieber, wie man vernünftige Lebertrangesetze macht, die das Volk auch einsieht und einhält.
Ciao Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Hanspeter am 14. Aug. 2004, 15:17 Uhr
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Hallo Eberhard,
im Prinzip muss ich Wolfgang zustimmen. Normen, die j e d e m einsichtig sind, wird es nicht geben, denn wenn es sie gäbe, brauchten wir nicht danach zu suchen. Entscheidend sind Gesetze. Und da kommt es drauf an, "Lebertrangesetze" einleuchtend zu gestalten und zu begründen, dann finden sie auch ein Mehrheit bei den Betroffenen.
Gruß HP
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von majanna am 14. Aug. 2004, 15:39 Uhr
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Nun habe ich mich ja an Eurem obigen Monsterthread nicht teilgenommen auch nicht mitgelesen - Du könntest mir also jetzt Wiederkäuerei in die Schuhe schieben, Eberhard, aber ich antworte mal nur auf die Eröffnungsfrage dieses Threads, die ich so lese:
Kann es für alle Menschen einsichtige Normen geben?
Ja, es kann und zwar so lange wie innerhalb einer
sachorientierten Gruppe Konsens über sie herrscht: Bsp:
Taubenzüchtervereinsregeln
Aber warum soll ich als Nichttaubenzücherin denn diese
Regeln einhalten? Damit meine ich, dass es soviele Regel/normsysteme gibt, wie
es Gruppen gibt und wir uns nur mit den Regeln
auseinandersetzen müssen, die uns
auch betreffen, bei deren Nichteinhaltung Sanktionen erfolgen können.
Nein, es kann sie nicht geben. In Gruppen, in denen unter den Mitgliedern bereits
divergierende Interessen bestehen, wird das nie mehr möglich sein. Jede Gruppe
wird versuchen, die andere mehr oder wenig auf dem Konsensweg zu überzeugen,
dass ihre Interessen die " besser" dem Ziel der Gruppe dienlicheren sind, und
folglich auch ihre Normen/ Regeln die "besseren" sind. Und das ist gut so. Das
ist lebendiges Arbeiten an den Bedingungen, unter denen ich z:B. leben möchte.
Wir brauchen gar nicht den Staat als komplexes System zu
bemühen.
Wenn dann noch, z. B. in Gruppen der Machtfaktor dazukommt, ist es unausbleiblich, dass sich die Norm des Mächtigeren durchsetzt. ( Familiengruppe) Das ist aber nicht gut, meiner Meinung nach. Um beim Familienbeispiel zu bleiben: Je mehr Konsensfähigkeit die Eltern dazu befähigt, den Wünschen ihrer jungen und älteren Kinder gerecht zu werden, um so seltener werden die Konfliktsituationen auftreten.
Meine eigene Meinung: Es gibt gar keinen Grund, allgemeine Normen für was auch immer aufzustellen. Diese sind immer im Konsens zu erarbeiten. Und (für Ragnar) im Idealfall, den wir nun mal annehmen wollen [grin], läuft die Akzeptanz der staatlichen Gesetzgebung auch so ab. Hier bei uns im " freien" Westen [grin].
Freilich werden auch die ärgsten Anarchisten in ihren Zirkeln Normen haben - das ist die Eigenlogik aller Gruppen, dass sie Normen brauchen.
I pfeif auf Normen, die mir nicht einsichtig sind! I pfeif allerdings auch auf Gruppen, deren Normen mir zuwiderlaufen. Dazu gehören ganz sicher weltanschauliche Zwangsbeglückungsinstitutionen.
I pfeif nicht auf die unbedingte Notwendigkeit der
Konsenfähigkeit und auf den Diskurs zwischen allen Gruppen.
Marianne
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Hanspeter am 14. Aug. 2004, 15:59 Uhr
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Laut gepfiffen, Marianne.
Nur, was soll die "Notwendigkeit eines Konsens", wenn er nicht zu erreichen ist? Du schreibst: "Es gibt gar keinen Grund, allgemeine Normen für was auch immer aufzustellen. Diese sind immer im Konsens zu erarbeiten." Was soll das? Wenn es keinen Grund gibt, allgemeine Normen zu erstellen, warum soll man sie dann im Konsens erarbeiten?
Dunkel ist der Sinn deiner Worte.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von majanna am 14. Aug. 2004, 16:49 Uhr
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Hallo, Hanspeter!
Deute ein wenig - üb Dich in der Kunst der Interpretation! Wir Geisteswissenschaftler glauben nämlich an die
Möglichkeit der Erkenntnisgewinnung mittels der hermeneutischen Methode! [sun] Kurz und derb ( für Physiker oder Biologen) Für mehr als eine Person geltende Regeln entstehen aus dem
Zusammenleben von Menschen.
Das geschieht nur im Konsens und daher müssen diese Regeln
immer wieder neu definiert werden Nix von Allgemeingültigkeit, bei der Menge von
Groß - und Kleingruppen, in denen wir alle uns befinden.
Auf a priori Regeln kann ein Mensch mit materialistischer
Weltanschauung verzichten: "alle fließt".
Das ist die Einerseitsseite: Die Andrerseitsseite sagt Bettina Wegener besser als ich: "Na, Gebote braucht der Mensch, um zu überleben!"
Und nun bitte ich Dich, diesmal genauer über meine Worte
nachzudenken und ihnen nicht gleich Obskurität zu unterstellen.
Marianne
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 14. Aug. 2004, 22:37 Uhr
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Hallo Ragnar,
ich habe nicht umsonst nach einer Erläuterung Deiner
zentralen Begriffe gefragt, denn ich habe mit dem Link erhebliche
Verständnisprobleme. Fangen wir also mit dem Abschnitt Deines Links an, der die
Überschrift trägt: "Der Inhalt des Konsensbegriffes".
Dort heißt es:
"Der Konsens ist ein Mittel der Entscheidungsfindung um
einen Anspruch durch freiwillige Zustimmung zu begründen. Aus einem Konsens
erwächst also eine Norm, die einen Rechtsanspruch definiert."
Bevor ich die Diskussion beginne, eine Anmerkung: Ich verstehe Deinen Text als einen wissenschaftlichen Text, der Anspruch auf allgemeine Gültigkeit und Zustimmung erhebt. Deshalb muss der Text daraufhin analysiert werden, was er genau behauptet und wie dies begründet wird - notfalls Satz für Satz und Wort für Wort. Dies mag manchmal etwas übertrieben erscheinen, ist aber notwendig, wenn man mehr will als rhetorisch gegeneinander gestellte Meinungen.
Der erste Satz des Abschnitts lautet:
"Der Konsens ist ein Mittel der Entscheidungsfindung um einen Anspruch durch freiwillige Zustimmung zu begründen."
Das Problem, das ich bereits hier habe, besteht darin, dass ich wegen der Mehrdeutigkeit des Wortes "ist" nicht weiß, was dieser Satz beinhaltet. Es könnte sich einmal um eine Definition des Begriffs "Konsens" handeln (was durch die Überschrift "Der Inhalt des Konsensbegriffes" nahe gelegt wird.).
Es könnte sich jedoch auch um eine Aussage über das - als bekannt vorausgesetzte - Phänomen des Konsens handeln.
(Man kann übrigens derartige Unklarheiten vermeiden, indem man immer dann, wenn man über ein Wort spricht und nicht über die mit dem Wort bezeichnete Sache, das Wort in Anführungszeichen setzt, in diesem Fall also "Konsens" schreibt statt: Konsens.)
Ich nehme einmal an, dass das Wort "ist" hier soviel bedeutet wie "ist gleichbedeutend mit", so dass es sich bei dem Satz um eine Erläuterung bzw. Definition des Wortes "Konsens" handelt. Man könnte die Bedeutung des Satzes dann durch den folgenden, etwas umformulierten Satz wiedergeben: "Wenn jemand über einen Anspruch entscheiden will, und er begründet diesen Anspruch durch die freiwillige Zustimmung eines andern, so soll das als "Konsens" bezeichnet werden."
Gegen eine derartige Definition würden allerdings zwei Argumente sprechen:
Zum einen entfernt sich eine solche Definition weit vom üblichen Wortgebrauch, denn man spricht von "Konsens" (" Einmütigkeit", "Übereinstimmung" ) auch dann, wenn es nicht um eine Entscheidung über Ansprüche geht. Ein Bespiel hierfür ist der Satz: "Es besteht zwischen uns Konsens darüber, dass Goethe ein bedeutender Schriftsteller war."
Damit erhebt sich die Frage, wie man dann diesen und andere Sätze formulieren soll, wenn das Wort "Konsens" nur im Zusammenhang mit der Entscheidung über Ansprüche definiert ist. Um dieses Problem zu beseitigen, müsste zwischen verschiedenen Arten des Konsens unterschieden werden (normativer Konsens, empirischer Konsens etc.)
Zum zweiten wird durch eine derartige Definition die Bedeutung des Wortes "Konsens" nicht klarer, weil dabei Worte benutzt werden, die ihrerseits in ihrer Bedeutung ungeklärt sind, wie die Formulierung "einen Anspruch begründen".
Nehmen wir den zweiten Satz hinzu. Er lautet: "Aus einem
Konsens erwächst also eine Norm, die einen Rechtsanspruch definiert."
Der Gebrauch des Wortes "also" legt nahe, dass es sich
dabei um eine Umformulierung des ersten Satzes handelt. Das heißt, dass dieser
Satz noch zur Definition des Wortes "Konsens" gehört und ebenfalls keine
Behauptung über den Konsens beinhaltet.
" Anspruch" wird im zweiten Satz offenbar mit "Rechtsanspruch" gleichgesetzt. Üblicherweise meint man mit "Rechtsanspruch" einen Anspruch, der sich aus einer Rechtsnorm ableiten lässt, im Unterschied zu einem rein moralischen Anspruch, der aus einer moralischen Norm abgeleitet ist, so wie in dem Satz: "Du hast nicht nur einen moralischen Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch Deinen Vater, sondern auch einen Rechtsanspruch."
Nun ist jedoch bisher im Text von keiner Rechtsordnung die
Rede, aus dem sich der durch Konsens begründete Anspruch ableiten ließe. Was kann dann mit dem Wort "Rechtsanspruch" gemeint sein? Möglicherweise ist es so verstehen, dass der Konsens den
Rechtsanspruch und damit Recht erzeugt. Das wäre jedoch ein äußerst unüblicher
Gebrauch des Wortes "Recht", zumindest im Sinne von "Rechtsordnung".
Wenn Individuum A von Individuum B z. B. Hilfe bei der
Weinernte fordert und B dem zustimmen würde, wenn A ihm bei der Spargelernte
hilft, und A der Forderung von B seinerseits zustimmen würde, wenn B ihm bei der
Weinernte hilft, so besteht zwischen beiden ein gemeinsames Interesse, so zu
handeln. Ein gemeinsames Interesse setzt allerdings noch keine Norm.
Dazu ist zumindest irgendeine übereinstimmende Willensäußerung, z. B. ein
gemeinsamer Beschluss erforderlich wie z. B. ein symbolischer Handschlag mit dem
Ausspruch: "Abgemacht!", der die Selbstverpflichtung "in Kraft" setzt. Erst ein
solcher Vertragsschluss wäre normsetzend.
Durch eine derartige vertragliche Vereinbarung wird jedoch normalerweise keine Rechtsordnung geschaffen sondern erstmal nur eine moralische Pflicht ("Was man versprochen hat, soll man halten!" ).
Die größten Probleme habe ich jedoch damit, dass der
vertragliche Konsens als etwas definiert wird, das einen Anspruch "begründet".
Dann ist es sinnlos zu fragen, ob Individuum X den Vertrag V einhalten soll.
Unser größtes Problem, wie man Normen ("A soll h tun bzw. nicht tun!" )
allgemeingültig begründen kann, hättest Du per Definition "gelöst".
Soweit meine Probleme mit Deinem Text. Vielleicht kannst Du
da mehr Klarheit schaffen.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 15. Aug. 2004, 10:04 Uhr
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Hallo Ragnar,
noch ein Nachschlag: Ich hatte geschrieben: "Die entscheidende Frage ist jedoch, ob ein Normensystem für diejenigen, die es befolgen sollen, auch einsichtig, d. h. intersubjektiv nachvollziehbar, begründet werden kann."
Darauf kam von Dir – wie immer kurz und knapp – die Gegenfrage:
"'befolgen wollen' oder 'befolgen sollen'? - Wollen ist Konsens. Der begründet sich selbst. Sollen ist Staat, aber kein Konsens."
Dazu: Wenn es in Moral und Recht kein Sollen (Gebote,
Verbote etc.) gäbe, hätte niemand damit Probleme. Es geht mir um das Sollen.
Allerdings muss man beachten: "Sollen" kommt von "Wollen". Wenn ich sage: "Ich
will jetzt nicht gestört werden", so enthält das für andere ein Sollen: "Ihr
sollt Euch so verhalten, dass ich nicht gestört werde".
Die Frage nach konsensfähigen Normen ist dabei etwas
Besonderes. Sie kann man in der Frage formulieren: "Welche Verhaltensregeln sind
diejenigen, die wir gemeinsam am ehesten wollen können?" Es geht also um die
Bildung eines (dauerhaften) gemeinsamen Willens in Bezug auf das Handeln der
Einzelnen, d. h. es geht um einen Konsens über das Gesollte.
Zu Deiner These, dass der Konsens (in Form einer erklärten
Zustimmung) sich selbst begründet.
Das sehe ich nicht so. Der Wille eines Menschen verändert
sich. Was gestern noch Konsens war, ist vielleicht heute schon keiner mehr.
Warum sollte (!) ich das tun, was ich früher einmal wollte, anstatt das zu tun,
was ich jetzt will? Meine Zustimmung kann auf einem Irrtum beruht haben. Warum
sollte ich mich jetzt, wo ich besser informiert bin, noch daran gebunden fühlen?
Es grüßt Dich Eberhard.
p.s.: Majanna und Wolfgang! Bitte etwas Geduld. Die Antwort kommt.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 15. Aug. 2004, 15:57 Uhr
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Hallo Wolfgang,
Du stößt Dich an dem Wort "Norm" und schlägst den Begriff "Gesetz" vor. Ich hänge nicht an dem Wort "Norm" habe jedoch noch kein besseres
Wort für das Gemeinte gefunden.
"Gesetz" bedeutet eine durch den "Gesetzgeber" gesetzte
allgemeine Rechtsnorm. Dies ist jedoch nur ein Teil dessen, um das es geht. Es
gibt z. B. auch moralische Normen, die von dem Begriff "Gesetz" nicht erfasst
werden. Ich stimme Dir darin zu, dass Normen – notfalls durch
Sanktionen – durchgesetzt werden müssen, weil sonst diejenigen benachteiligt
werden, die die Norm befolgen und die damit verbundene Einschränkung auf sich
nehmen. Und das wäre für sie nicht akzeptabel.
Ich teile auch Deine Meinung, dass eine Strafandrohung nur
dann richtig bemessen ist, wenn es für den Adressaten der Norm dadurch
individuell vorteilhafter ist, die Norm zu befolgen, als sie zu übertreten.
Sonst sind die "Normtreuen" wieder "die Dummen".
Und ich teile Deine Meinung, dass Normen "ohne Ansehen der
Person" formuliert und angewendet werden müssen, da nur dies allgemein
akzeptabel ist.
Meine Frage an Dich wäre: Wie kann man feststellen, dass
(von zwei möglichen Gesetzen X und Y) "für die Gesellschaft und alle Personen Y
letztlich besser ist als X"?
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 15. Aug. 2004, 17:13 Uhr
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Hi, Eberhard,
Quote:" Gesetz" bedeutet eine durch den "Gesetzgeber"
gesetzte allgemeine Rechtsnorm. O.k.
Quote: Dies ist jedoch nur ein Teil dessen, um das es geht.
Es gibt z. B. auch moralische Normen, die von dem Begriff "Gesetz" nicht erfasst
werden.
Natürlich kennen wir jede Menge Vorschläge für Normen, wie sich die Bevölkerung verhalten sollte. Aber solange "die Gewerkschaftler" einen Normvorschlag "der Arbeitgeber" nicht teilen, halte ich diese Norm für nicht existent.
Quote:Meine Frage an Dich wäre: Wie kann man feststellen,
dass (von zwei möglichen Gesetzen X und Y) "für die Gesellschaft und alle
Personen Y letztlich besser ist als X" ?
Feststellen kann "man" das sicher dann, wenn allein Wissen
(= Fakten) den Unterschied von Y gegenüber X ausmachen.
Beispiel: Senat oder Kongreß der USA haben einst mal ein
Gesetz verabschiedet, mit welchem rationalen Bruch die Zahl Pi zu bestimmen sei.
Sinnvoll in einer Zeit, als der Abakus die schnellste Rechenmaschine war. Seit
Einführung von Gleitkommazahlen und elektronischen Rechnern ist die Darstellung
der Zahl Pi keine Diskussion mehr.
Aber sobald die Unterschiede zwischen X und Y auch eine
Wertung beinhalten, also eine Information, die der eine so sehen kann und der
andere anders, kann keiner diesen Unterschied werten mit dem Anspruch, alle
würden ihm zustimmen. Denn einige werden es nicht tun.
Eberhard, wir kennen die Antwort auf Deine Frage: Eine
funktionierende Demokratie. "Tragfähiger Konsens entsteht nicht aus allgemeinem
Harmoniestreben, sondern nur aus ausgetragenem Dissens." (Prof. Malik)
Wer für Y ist, soll die Bevölkerung überzeugen. Wenn deren
Menge zu groß ist, dann diejenigen, die die Bevölkerung als ihre Vertreter
gewählt haben. Sobald er für Y eintritt, werden andere für X eintreten,
für Z und wofür auch immer. Und wenn sie genügend Zeit hatten, für ihre Vorschläge zu
werben, stimmt das Parlament ab.
Dies erfordert natürlich, dass die Parlamentarier die
wichtigen Fragen aufnehmen und entscheiden. Und sich nicht als Stimmvieh ihrer
Parteiführer verstehen.
Für uns Wähler bedeutet das: Uns in Verbindung setzen mit
unsren Wahlkreisabgeordneten. Denen klarmachen, was wir wollen, wie die
abstimmen sollen.
Ciao Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 15. Aug. 2004, 21:48 Uhr
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Hallo Hanspeter,
Du schreibst: "Normen, die j e d e m einsichtig sind, wird es nicht geben, denn wenn es sie gäbe, brauchten wir nicht danach zu suchen." Das ist so nicht schlüssig. Es ist logisch durchaus möglich, dass man nach etwas sucht, das es gibt. Denk nur an einen verlegten Schlüssel.
So einfach ist das also nicht mit den Normen, die gegenüber jedem einsichtig begründet werden können, (der sie befolgen soll).
Ich verweise als Analogie wieder auf die Physik, die auch zu Ergebnissen kommen will, die gegenüber jedem einsichtig begründet werden können, für den diese Ergebnisse Geltung beanspruchen. Dass die Verbindlichkeit von Normen für das Handeln nicht nur auf inhaltlichen Argumenten beruhen kann, sondern aus der verpflichtenden Setzung durch allgemein akzeptable (= konsensfähige) politische und rechtliche Institutionen und Verfahren hervorgeht, wird von mir keineswegs bestritten. Ich will es ja hier gerade zum Thema machen.
Es grüßt Dich und alle nüchternen Realisten Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 15. Aug. 2004, 22:35 Uhr
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Hi, Eberhard,
Quote: Es ist logisch durchaus möglich, dass man nach etwas
sucht, das es gibt. Denk nur an einen verlegten Schlüssel.
Wer einen verlegten Schlüssel sucht, der erinnert sich
zumindest, dass es diesen Schlüssel mal gab. dass dieser in einem Hause, in dem
nichts weg kommt, noch irgendwo zu finden sein müßte. Aber die Frage nach den Normen ist ja keine für etwas, das
irgendwo herum läge. Sondern nach etwas, auf das eine Gesellschaft einigen kann
- wenn sie will.
Ciao Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Hanspeter am 16. Aug. 2004, 00:56 Uhr
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Hallo Eberhard,
wenn ich richtig verstanden habe, müssen wir unterscheiden
zwischen jenen Handlungsweisen, die per Gesetz geregelt sind (zB darf ich die CD
im Kaufhaus ohne zu zahlen mitnehmen?) und jenen, die der freien Entscheidung
der Menschen obliegen (zB darf ich mich von meiner Frau scheiden lassen, weil
meine Sekretärin viel attraktiver ist?) Ich gehe davon aus, dass das, was allgemein genormt werden
kann, per Gesetz bereits genormt ist. Diejenigen Handlungsweisen, die noch nicht genormt sind -
gottseidank gibt es noch ein paar - die kann man eben nicht normieren, es sei
denn, man schafft einen geklonten Einheitsmenschen.
Gruß HP
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 16. Aug. 2004, 11:41 Uhr
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Hallo majanna,
in unserem "Monsterthread" kann jeder mitdiskutieren, der
eine Meinung zum Problem oder gar eine produktive Idee hat. Dies ist hier kein
exklusiver Klüngel.
Du schreibst: "dass es so viele Regel- / Normsysteme gibt,
wie es Gruppen gibt und wir uns nur mit den Regeln auseinandersetzen müssen, die
uns auch betreffen, bei deren Nichteinhaltung Sanktionen erfolgen können."
So sehe ich das auch: eine Verhaltensregel / Handlungsnorm,
die ein Individuum befolgen soll, muss für dieses Individuum einsichtig
begründet werden können. Sonst handelt es sich bei der Norm um einen reinen
Gehorsamsanspruch und das Verhältnis zu diesem Individuum ist ein reines
Machtverhältnis. Wenn sich Einzelne oder Gruppen Normen geben, die nur für
sie selber gelten, so mögen sie das tun. Allerdings dürfen diese "subkulturellen" Normen nicht den "allgemein" gültigen Regeln widersprechen.
(Beispiel: die Regeln einer Räuberbande oder Gemeinschaften mit Regeln wie
Impfverbot, Polygamie, Verweigerung öffentlicher Dienstpflichten).
In diesem Zusammenhang noch ein Vorschlag zum Wortgebrauch:
es scheint mir sinnvoll, zwischen der GELTUNG einer Norm (für die Norm wird ein
Anspruch auf Befolgung erhoben und durchgesetzt) und der GÜLTIGKEIT einer Norm
(der Anspruch auf Befolgung dieser Norm ist berechtigt) zu unterscheiden.
Du schreibst weiter: "In Gruppen, in denen unter den
Mitgliedern bereits divergierende Interessen bestehen, wird das (für alle
einsichtige Normen, E.) nie mehr möglich sein. Jede Gruppe wird versuchen, die
andere mehr oder wenig auf dem Konsensweg zu überzeugen, dass ihre Interessen
die "besser" dem Ziel der Gruppe dienlicheren sind, und folglich auch ihre
Normen/ Regeln die "besseren" sind."
Ich teile Deine Meinung, dass man - zumindest in größeren
Gemeinschaften - nicht damit rechnen kann, dass ein Konsens aller Individuen
bezüglich der inhaltlichen Beschaffenheit der geltenden Normen tatsächlich
entsteht und auch dauerhaft fortbesteht. Theoretisch von allergrößter Bedeutung ist nun, welche
Konsequenzen man daraus zieht.
Unstrittig – und damit Konsens (!) - ist wohl, dass der
faktische inhaltliche Konsens als praktikables Verfahren sozialer Normsetzung
nicht ausreicht.
Aber wird deswegen die Frage sinnlos, wie Normen inhaltlich
beschaffen sein müssen, damit sie allgemein konsensfähig sind? Für denjenigen,
der theoretisch über die Kriterien für inhaltlich richtige Handlungsnormen
nachdenkt und darüber mit anderen diskutiert, bestehen ja die Beschränkungen der
Praxis wie Zeitdruck, Informationsdefizite, Verständnisprobleme, psychologische
Barrieren etc. nicht in gleicher Weise. Offenbar bist Du mit mir der Meinung,
dass das Bemühen um für andere nachvollziehbar begründete Normen nötig ist.
Unstrittig und damit Konsens ist wohl auch, dass
Institutionen bzw. Verfahren nötig sind, die verbindliche Normen erzeugen, sei
es als bewusste Setzung, sei es als traditionsgestütztes systemisches "Wachstum".
Denjenigen, die das Bemühen um inhaltlichen Konsens jetzt
zu den Akten legen wollen und sich ganz den normerzeugenden
Entscheidungsverfahren ("Demokratie" ) anvertrauen wollen, gebe ich zu bedenken,
dass zwischen verschiedenen Verfahren (Märkte, Wahlen, Hierarchien, Tradition
etc.) gewählt werden muss und dass ein zentrales Kriterium dieser Auswahl darin
besteht, wie die erzeugten Normen INHALTLICH beschaffen sind. Damit sind wir
aber wieder bei der ersten Ebene.
Außerdem stellt sich auch für die institutionellen
Entscheidungsträger (Könige, Bundeskanzler, Abgeordneten, Verfassungsrichter,
Vertragschließende etc.) weiterhin die Frage nach den inhaltlich richtigen
Entscheidungen. Wir müssen deshalb beide Ebenen analytisch klar
unterscheiden und sie dennoch in ihrem Zusammenhang sehen.
Du schreibst "I pfeif auf Normen, die mir nicht einsichtig
sind". Dazu zum Abschluss mein Ratschlag: Nicht erwischen lassen!
Grüße aus dem Norden von Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 16. Aug. 2004, 18:08 Uhr
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Hallo Eberhard
Mich interessiert natürlich nur der normbildende Teil von "Konsens". Möglicherweise kann man "Konsens" auch im losen Sinne verwenden oder
im Sinne von "Es besteht zwischen uns Konsens darüber, dass Goethe ein
bedeutender Schriftsteller war." Aber das ist ja nur eine sprachliche Variante -
von Dir "Einmütigkeit" oder "Übereinstimmung" gennannt. Dies ist nur eine Vorstufe des normbildenden Konsens aus
dem noch keine nennenswerte Verpflichtung erwächst. Wenn zwei Leute darüber
einig sind, dass Goethe etwas Besonderes war, dann erwächst daraus keine
Verpflichtung, nur eine Norm für eine weitergehende Verständigung, nämlich eine "gemeinsame" Definition von "Goethe". Aber immerhin eine Norm, was mehr ist als
nichts.
Aber formulieren wir um: Der Konsens ist ein Mittel der Kommunikation bei dessen
Verlauf Entscheidungsfindungen angestrebt werden können, Entscheidungsfindung um einen Anspruch durch freiwillige
Zustimmung zu begründen. Aus einem Konsens kann somit erwächst also eine Norm
erwachsen, die einen (privaten) Rechtsanspruch definiert. Den Konsensbegriff
anzuwenden bedeutet (in letzerem Fall) also a priori auch den Rechtsbegriff
anzuwenden und dies bedeutet, dass mit dem Konsens alle unverzichtbaren
Prinzipien der Rechtsetzung (nicht zu verwechseln mit Gesetzgebung) gelten
müssen.
Moral hat damit nichts zu tun. Der Satz: "Du hast nicht nur einen moralischen Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch Deinen Vater, sondern auch einen Rechtsanspruch." Ich kann zwar eine Moral anfordern (Anspruch), aber das geht über eine Willkür nicht hinaus, wenn es nicht über den Konsens getroffen wird.
Du schreibst zum Thema gegenseitige Erntehilfe: "... Durch eine derartige vertragliche Vereinbarung wird
jedoch normalerweise keine Rechtsordnung geschaffen sondern erstmal nur eine
moralische Pflicht (?Was man versprochen hat, soll man halten!?)."
So Sachen sind meist über Traditionen bzw. Gewohnheitsrecht
geregelt. Wer da unangemessen ausbricht, verliert rasch seine Reputation. Das
ist eine Übereinkunft, die auf gutem Willen basiert und dessen Gültigkeit man
annehmen darf ohne dass man direkt Sanktionen festlegt. Das wäre nicht nötig.
Aber man kann das schon als Norm bezeichnen, denn jeder weiß ja um was es geht.
Aber mich interssiert nur der Rechtswirksame (vertragliche) Teil.
> Unser größtes Problem, wie man Normen ... allgemeingültig begründen kann, hättest Du per Definition "gelöst".
Ist doch sehr elegant, wenn man bereits per Definition
etwas lösen kann.
Zum Thema Wollen/Sollen: Ich nehme mal an, Du bist der
Meinung, dass man über Moral Sollens-Regeln aufstellen könnte wie: "Ihr sollt
Euch so verhalten, dass ich nicht gestört werde". Naja. Das ist erst mal nur
ein moralischer Anspruch, keine allgemeingültige Norm. Der Anspruch kann nur
dann zu einer Norm werden, wenn dem nicht widersprochen werden kann ohne sich
selbst dabei in Widersprüche zu verwickeln (also a priori richtig ist).
Weiter behauptest Du:
"... Der Wille eines Menschen verändert sich. Was gestern
noch Konsens war, ist vielleicht heute schon keiner mehr. Warum sollte (!) ich
das tun, was ich früher einmal wollte, anstatt das zu tun, was ich jetzt will?
Meine Zustimmung kann auf einem Irrtum beruht haben. Warum sollte ich mich
jetzt, wo ich besser informiert bin, noch daran gebunden fühlen?"
Wenn die Vertragstreue vereinbart ist, dann ist gehört das
eben zum Konsens mit da zu. Die "Regel" "Meinung geändert löst den Vertrag",
macht den Vertrag sinnlos, ob Irrtum oder nicht.
Gruß RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 16. Aug. 2004, 18:33 Uhr
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Eberhard
> Unstrittig – und damit Konsens (!) - ist wohl, dass der faktische inhaltliche Konsens als praktikables Verfahren sozialer Normsetzung nicht ausreicht.[/quote]
Bestreite ich aber ganz entschieden. Wobei ich mir und Du Dir vielleicht auch nicht im Klaren bist, was "ausreichen" bedeuten soll.
> Unstrittig und damit Konsens ist wohl auch, dass Institutionen bzw. Verfahren nötig sind, die verbindliche Normen erzeugen, sei es als bewusste Setzung, sei es als traditionsgestütztes systemisches "Wachstum".
Bestreite ich ebenfalls. Keine Ahnung wofür das gut sein
soll und ich glaube ihr wisst es auch nicht.
> Denjenigen, die das Bemühen um inhaltlichen Konsens jetzt
zu den Akten legen wollen und sich ganz den normerzeugenden
Entscheidungsverfahren (" Demokratie" ) anvertrauen wollen, gebe ich zu bedenken,
dass zwischen verschiedenen Verfahren (Märkte, Wahlen, Hierarchien, Tradition
etc.) gewählt werden muss und dass ein zentrales Kriterium dieser Auswahl darin
besteht, wie die erzeugten Normen INHALTLICH beschaffen sind. Damit sind wir
aber wieder bei der ersten Ebene.
Jedes Verfahren, sofern es in sich nicht selbst widersprüchlich ist (Demokratie) beruht selber auf Konsens. Märkte (Handel) funktionieren über Konsens. Wahlen funktionieren über einen angeblichen Konsens (weil man einfach unterstellt, man könne ja nichts Substanzielles gegen die Staatsteilnahme argumentieren). Hierachien fünktionieren über Konsens (z. B. Arbeitsvertrag). Tradition beruht ggf. auf Konsens. (z. B. ein gegenseitiges zum Vorteil wirkendendes Gewohnheitsrecht)
Gruß RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Alltag am 16. Aug. 2004, 20:47 Uhr
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Liebe Mannen und Frauen,
die hier sich verbreitende Anschauung von Gesetz/Recht,
Verträge/Ordnungen und Normen geht mir echt gegen den Strich! [hairstand] [hairstand]
[hairstand] - O.K! beruhige mich ja schon wieder:
Im wesentlichen sind Gesetze doch nur dort angebracht, wo
für die Gesellschaft Schützenswertes verletzt wird. Verletzungen des
schützenswerten Guts werden nach dem Strafrecht geahndet und zwar
ausschliesslich durch die dafür vorgesehenen Gerichte. /1/ . /2/.
Verträge sind angebracht, wenn dadurch das Zusammenleben
erleichtert wird und deren Verletzungen vor einer Schlichtungsstelle (die auch
ein Gericht /2/ sein kann) eingeklagt werden kann. Dies gilt beispielsweise
auch für die Hausordnung, die bei Vertragsabschluss zur Kenntnis zu nehmen ist.
Ebenso die Schulordnung, die bei der Anmeldung bekannt gegeben wird.
Normen sind, weder Gesetze noch Verträge. Normen werden zur
Vereinfachung des Zusammenlebens gesucht, wobei deren Beachtung freiwillig ist,
ausser deren Einhaltung wird vertraglich geregelt oder durch die Gesetzgebung
gefordert. - Genau so ist doch das Konsensverfahren im Alltag und genau davon
spricht doch die Konsenstheorie.
Was soll das Vorangehende?
Eine <einsichtige Begründung> erfüllt eine wichtige, wenn
nicht sogar die entscheidende Bedingung für die Beachtung einer Norm. Je
getreuer Normen freiwillig eingehalten werden, desto einfachere Gesetze braucht
es (und wer träumt nicht davon). Daher lohnt es sich über <Einsichtig begründete
Norm> nachzudenken; sogar, wenn dabei keine Norm gefunden werden könnte, sondern
bloss das Verständnis geltender Regelungen erhalten bleibt oder gestärkt wird. -
:-)
Bis jetzt haben wir herausgefunden, dass das Konsensverfahren geeignet ist
um den Inhalt einer Normen auf dessen einsichtige Begründung hin zu prüfen. :-)
Nun müssen wir noch lernen, wie man mit diesem Werkzeug um geht. Dann beginnt
das Forschen und (Er)finden.
Euer Alltag, [embarrass] nüüt für unguet für die stehen gelassene Anrede.
/1/ Strafrecht (mit der Verfolgung ohne Anklage)
/2/ Da das Zusammenleben auch ein schützenswertes Gut ist
und weil das Zusammenleben einfacher ist, wenn dessen Verletzungen auch geahndet
werden können, gibt es auch dafür eine Gesetzgebung, namentlich das Zivilrecht
(Verfolgung nur bei Anklage).
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von majanna am 16. Aug. 2004, 21:47 Uhr
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Hallo, Alltag!
Es freut mich, dass ein Mann von Verstand und Geist das
genau sagt, worauf ich in #4 hinauswollte.
Aber vor lauter Sätze zerreden schafften es ja die Herren
oben nicht, auf das Problem zu kommen.
Und das sehe ich genau so wie Du.
Konsense können in einer wertepluralistischen Gesellschaft
eben nur demokratisch erzeugt werden, was bedeutet, dass es gar keine allgemein
einsichtigen Normen für diese Prozesse geben kann.- Ich spreche jetzt ebenfalls
nicht von Gesetzen oder Verträgen, wie lächerlich! -
Jede gesellschaftliche Gruppe entwickelt auch
gruppenspezifische Konsensverfahren ( Zweiaugengespräche, Runde Tische,
Antichambrieren, schrifliche Formen der Information vom Rundschreiben bis zur
Vereinszeitung), um ihre Ziele in der jeweils größeren Gruppe möglichst
effizient und überzeugt und überzeugend zu vertreten.
Ich nenne eine Strategie des Konsenserzeugens Überredung.
Das habe ich bereits bei Xenophon gelesen: ...die mit Gewalt Bezwungenen hegen
Hass, als wäre ihnen etwas geraubt worden,während diejenigen, welche überredet
worden sind, Liebe im Herzen hegen, als wäre ihnen etwas geschenkt worden."
Xenophons Erinnerungen an Sokrates,übersetzt von Otto Gütling, Leipzig Reclam
1883, S.12
Marianne
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 17. Aug. 2004, 19:18 Uhr
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Hallo allerseits,
Ich habe den Eindruck, dass es nötig ist, die Bedeutung
zentraler Begriffe wie Norm, Gesetz, Recht, Moral, Begründung etc. zu klären,
bevor wir weiter diskutieren. Ich will deshalb einmal meinen Wortgebrauch erläutern.
Eine "Norm" ist für mich ein Satz, der etwas vorschreibt,
wie z. B. der Satz "Man soll nicht 'schwarz' fahren". "Norm" ist für mich also
ein Oberbegriff für die Inhalte von Moral und Recht, die Systeme von Normen
darstellen.
"Du sollst nicht lügen" ist eine moralische Norm. "Wer
Banknoten nachmacht, wird mit Gefängnis nicht unter zwei Jahren bestraft" ist
eine Rechtsnorm.
Der Unterschied zwischen einer moralischen und einer
rechtlichen Norm besteht darin, dass eine moralische Norm kein festgelegtes
Verfahren der Auslegung und Sanktionierung beinhaltet, sondern allein in den
Überzeugungen und Reaktionen der Individuen zum Ausdruck kommt.
Eine Norm kann deshalb zugleich moralische und rechtliche
Norm sein. Ein "Gesetz" ist für mich eine allgemeine Rechtsnorm von
besonderer Bedeutung, deren Erlass dem in der Verfassung vorgesehenen
Gesetzgeber vorbehalten ist. (Im Unterschied z. B. zu einer "Verordnung." )
Das Wort "Konsens" ist mehrdeutig. Es kann einmal "Übereinstimmung (der Meinungen)" bedeuten, es kann jedoch auch "Vereinbarung
(von Handlungen)" bedeuten. Wenn ich von "konsensfähigen Normen" spreche, meine
ich immer "Konsens" im Sinne von "Übereinstimmung". Wenn Ragnar von "konsensfähigen Individuen" spricht, meint er immer "Konsens" im Sinne von "Vereinbarung".
Eine "Begründung" für eine Norm besteht für mich aus
Argumenten, aus denen sich die Norm logisch ergibt oder die zumindest diese Norm
bestätigen. Eine Begründung ist "einsichtig", wenn sie zwanglos nachvollzogen
werden kann.
Deshalb ist nicht jede durch geschickte Rhetorik erzielte
faktische Übereinstimmung der Meinungen eine "einsichtige Begründung" im obigen
Sinne. Um ein krasses Beispiel zu nennen: Wenn jemand zu seinem Kind sagt: "Wenn
ein Kind seinen Eltern nicht gehorcht, dann bringt ihm der Nikolaus eine Rute",
so kann er damit das Kind zum Gehorsam überredet haben, es handelt sich jedoch
nicht um eine "einsichtige Begründung" im Sinne des Titels dieser
Diskussionsrunde.
Wer diesen Wortgebrauch nicht teilt, sollte seine davon
abweichende Terminologie erläutern, damit es zu weniger Missverständnissen
zwischen uns kommt.
Zu den Inhalten demnächst mehr von Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Alltag am 17. Aug. 2004, 21:02 Uhr
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:-) Hallo allseits,
Marianne :-), danke für die zustimmenden Worte. Dein Zitat betrifft das Verfahren und betont die Bedeutung der Konsensfindung und deren Zerbrechlichkeit: Transparenz geht vor; strategisches Geplänkel fördert neue Dissense. Ich bin auch damit einverstanden, dass Konsense in einer wertepluralistischen Gesellschaft eben nur demokratisch erzeugt werden können, verstehe aber nicht, warum es deshalb <gar keine allgemein einsichtigen Normen für diese Prozesse geben kann.> --- Denn, falls Du mit <diese Prozesse> <demokratische Prozesse> meinst, so ist doch gerade der <demokratische Prozess> ein Gegenbeispiel. Weil dieser eine allgemein einsichtige Norm ist. (Es dauert bloss noch ein paar Hundert Jahre bis die Einsicht sich weltweit ausbreitet [talker] [ohwe] [talker] )
Eberhard :-), mit <Norm als Oberbegriff> habe ich keine
Mühe. Aber, lass es mich bildlich sagen: "Die Norm ist nicht alles Recht
überspannend wie der Himmel, sondern die Basis auf der Recht auf baut. Und als
Basis muss sie allgemein einsichtige sein, sonst fällt das Gesellschaftliche in
sich zusammen."
Zum Inhaltlichen: Es ist allgemein einsichtig, dass es
entweder perfekte Menschen geben muss, damit der Rechtsfreie-Raum (die Anarchie)
zum Wohle aller funktioniert, oder Räume mit einem Recht, damit jeder Mensch
darin frei sein kann. --- Danke [spin] Gruss --- Alltag
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 17. Aug. 2004, 22:53 Uhr
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Hallo majanna, du blauäugige Sozialträumerin :-),
Quote: Aber vor lauter Sätze zerreden schafften es ja die Herren oben nicht, auf das Problem zu kommen.
Da war ich ja wohl mit gemeint. Deshalb will ich Dir das Sozialträumerische, das Nette und zugleich Weltfremde in Deiner Einstellung zeigen.
Quote:Konsense können in einer wertepluralistischen Gesellschaft eben nur demokratisch erzeugt werden,...
Zustimmung
Quote:was bedeutet, dass es gar keine allgemein einsichtigen Normen für diese Prozesse geben kann.
Auch Zustimmung, wenn wir unter "Norm" eine verbindliche Anleitung zum Denken, Handeln oder Lassen verstehen.
Eine Regel, die mit einem "man sollte..." beginnt. (Während das "man muss..." oder "es ist verboten..." auch verbindliche Anleitungen bezeichnen, Regeln, die mit härteren Strafen gegen Sündern bedroht sind.)
Zustimmung, weil man das, was jeder vernünftige für vernünftig hält, weder im Konsens bestimmen muss, noch als Regel formulieren.
Quote:- Ich spreche jetzt ebenfalls nicht von Gesetzen oder Verträgen, wie lächerlich! -
Einen vielleicht sogar lächerlich großen Unterschied zwischen "Normen" und Gesetzen könnte wohl sehen, wer auf die Äußerlichkeiten achtet, insbesondere auf die Verfahren zur Bestimmung von "Norm" oder Gesetz und zu deren Durchsetzung gegenüber den Unwilligen.
Aber wer zielorientiert denkt, auf das, was jeweils erreicht werden soll, der betrachtet "Norm" und "Gesetz" als im Prinzip identisch - beides Anleitungen zum Handeln oder Lassen -, mit unterschiedlichen Strenge. Und dem ist klar, warum das Verfahren der Bestimmung einer "Norm" oder eines "Gesetzes" an die Strenge angepaßt werden muss.
Die Folgerung zur Sozialträumerei: Wer meint, er könne auf Gesetze verzichten, indem er einen Konsens herbeiführt über eine nicht belangslose, sondern bedeutende Norm, eine, deren Befolgung manchen Personen sehr schwer fällt, der irrt.
Denn je bedeutender eine Regel, je mehr Überwindung ihre Einhaltung kostet, desto mehr Personen werden gegen sie verstoßen wollen - und deshalb muss die Regel mit Strafe bewehrt werden.
Quote:Jede gesellschaftliche Gruppe entwickelt auch gruppenspezifische Konsensverfahren ( Zweiaugengespräche, Runde Tische, Antichambrieren, schrifliche Formen der Information vom Rundschreiben bis zur Vereinszeitung), um ihre Ziele in der jeweils größeren Gruppe möglichst effizient und überzeugt und überzeugend zu vertreten.
Zustimmung, wenn Du darunter verstehst, dass Gesellschaften, die als Ganzes handeln, ähnlich handeln wie Indiividuen.
Quote:Überredung...
Keine Ahnung, was genau Xenophon darunter verstanden hat.
Heute verstehen wir darunter das, was die Werbefritzen bis zu unserer Verblödung tun - und in einer extremen Form auch Joseph Goebbels getan hat - Immer wieder ihre Phrasen hämmern.
Ich verabscheue das als eine Art mentaler Körperverletzung.
Wer mir gegenüber so auftritt, darf sein Ziel "Konsens" abschreiben.
Ciao
Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von majanna am 18. Aug. 2004, 10:05 Uhr
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Hallo,Alltag! Hallo, Wolfgang!
Weißt Du, Alltag: ich bin leider so weit hinten, dass ich mir als verbindliche übergeordnete Norn für jegliches Handeln - Individualhandeln und Gruppenhandeln - nur den Kategorischen Imperativ als oberste Norm vorstellen kann.Die ist auch jedem - theoretisch- einsichtig. Und wie es mit ihm im aktuellen Geschehen steht, wissen wir alle ( leidvoll), denn Eigeninteresse steht realiter im Hauptpunkt allen menschlichen Tuns. Und wie man diese Norm ( Wolfgang, Du siehst, dass ich doch keine solche romantische Träumerin bin :-) )allen einsichtig machen kann, da sie doch im Gegensatz zur erfahrenen Realität steht, weiß ich nicht.
Deshalb sagte ich auch, es gäbe zwar keine solche allgemein geltende Norm, es könnte sie geben.
Und wenn ich mit anderen Gutwilligen der Meinung bin, dass das Wohl der gemeinschaft v o r allem Eigenintersse zu stehen hat, ist es kein Paradox ( Widerspruch), wenn ich mit Xenophon Persuasion (Überredung) zu diesem Ziel hin, für eine geeignete Strategie halte.So meint es auch Xenophon, der übrigens Dialoge des Sokrates wiedergibt. Also ist das auch die Meinung des Sokrates, der an staatspolitischen Vorgängern seht interessiert war.
Und der war nun mal der Meinung, dass Einsicht besser ist, als die Strategie der Faust aufs Auge drücken.( siehe oben das Originalzitat)
Wolfgang, ich verstehe ja Deine Wut auf die Werbefritzen, aber ( ich moralisiere) der Schlechte benutzt auch für das Schlechte die gleichen Strategien wie der Gute für das Gute.
Du wirst lachen, aber der Vorwurf der Wortklauberei sollte diesmal nicht Dich treffen. [cheesy]
Und ich bin geschmeichelt, wenn Du mir sozialromantische Träume zuordnest. ich war aber parteipolitisch tätig und kann Persuasion als Konsenserzeugungstaktik nur empfehlen.
Es geht ja um das Ziel, um das, worüber Konsens erzeugt werden soll. Und dieses Ziel muss in den diversen Gruppenmitglieder möglichst einsichtig sein.Und wie `s dann weitergeht - geht nur die Demokratie was an. Es gibt nichts, was alle wollen: Persuasion hin oder her!
Baba - tschüss!
Marianne
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 18. Aug. 2004, 11:07 Uhr
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Hi, marianne,
Quote:Es geht ja um das Ziel, um das, worüber Konsens erzeugt werden soll.
Interpretiere ich richtig, dass es in diesem Thread eigentlich um die Frage geht, welches der bessere Weg zum besseren Konsens ist?
Du bevorzugst die "Überredung", wobei ich noch nicht weiß, wie die "auf dem Hallenboden" aussieht, in der Praxis, was da zu sehen und zu hören ist.
Ich bevorzuge den Weg "über den Dissens zum Konsens". Den Prozeß der "bestmöglichen Teamentscheidung".
" Ein Vorstandsvorsitzender muss eine Aura schaffen, in der sein Team sich mit seinen positiven, negativen, kreativen Elementen voll einbringen kann. Was dabei herauskommt, ist immer kontrovers. Irgendwann muss die Analysephase aber abgeschlossen werden und der Vorsitzende auf den Putz hauen: Schluß, aus, ..., so wird's gemacht." (Helmut Werner, der Mercedes-Benz zum Goldesel gemacht hat)
Die hohe Kunst liegt nicht im Donnerschlag auf die schwere Tischplatte.
Sondern erstens im Vorfeld. Jahre und Monate vor der Besprechung muss die höchste Autorität Miteinander schaffen. Ein gemeinsames Ziel, so dass sich alle Dissensen nur um die Frage des besten Weges zum gemeinsamen Zieles drehen können.
Und zweitens im Prozeß der Teamentscheidung. So dass nachher auch die Verfechter der zweitbesten Lösung sagen: "Wir haben uns zwar nicht durchsetzen können, aber der zweitbeste Weg im Miteinander ist besser als gar keiner oder gar Gegeneinander."
Als gemeinsames Ziel kommt nur eine dialektische Synthese aller Standpunkte in Frage. Möglicherweise zum Preis des Verzichts auf Personen mit unvereinbaren Zielen. Im Wettbewerb: "Zukunft und Wachstum für unser Unternehmen ist mir wichtiger als alles andere." Wozu man miteinder besser fair umgeht und Vertrauen und Miteinander gewinnt, als dass man sich auf Kosten der anderen bereichert und sich dann im Gegeneinander verstrickt.
Konsens finden heißt für mich: Erst mit einem gemeinsamen Ziel Miteinander schaffen. Dann über den besten machbaren Weg dorthin streiten. Durchaus leidenschaftlich streiten, zumindest so tüchtig, dass nachher die Mehrheit der Engagierten sagt: "Die haben alle guten Alternativen berücksichtigt, die haben keine ignoriert, die haben vielleicht nicht die ideale Lösung gefunden, aber die beste, auf der wir miteinander vorankommen."
Zur Unterscheidung: Konsens heißt für mich eben nicht, zu bewirken, dass ein Ungläubiger nun im Sinne meines Glaubens handelt. dass er nun für richtig hält, dessen Richtigkeit ich selbst nicht habe beweisen können.
Das erwirken zu wollen halte ich für unfair.
Nein, ich möchte nur, dass der andere sagt - oder auch ich -: "Ja, unter den genannten Umständen ist die Verhaltensweise X auch für mich letztlich besser als Y. Unter anderen Umständen vielleicht nicht, aber hier."
Ob wir diesen Konsens mit einem Augenzwinkern bestätigen oder durch Erweiterung des Grundgesetzes, ist nur eine Frage der Durchführung.
Ciao
Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von majanna am 18. Aug. 2004, 11:29 Uhr
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Wolfgang: ich bin völlig bei Dir, wenn Streiten ( Dissens) eine weitere - ich klassifiziere nicht - wichtige Strategie des Konsensfindens ist.
Nur, wenn ich einer Gruppe gestritten wird - wenn Dissens über das gemeinsameZiel möglich ist, ist auch Überzeugen - der wertneutralere Begriff für Persuasion - möglich. Ich habe ja nicht behauptet, das reine Überredung die einzige Möglichkeit ist.
Auch Streit führt zu Konsens.
Aber, wenn diese Strategie die einzige wäre, würde sich ja " die Keule" durchsetzen. Und das wollen wir ja wohl beide nicht.
Und: sorry: Aber Diskurs über einsichtige Formen des Konsenses kann die Frage des Ziels, an dem der Konsens ausgerichtet ist, nicht umgehen, auch wenn sie, da gebe ich Dir Recht, nicht im Vordergrund stehen sollte.
Aber einsichtige Normen können nur an dem Begriff Einsicht festgemacht werden. Und wir alle wissen, dass Einsicht noch lange nicht Handeln nach ihr zum Inhalt hat.Drum ist die Fragestellung Eberhards, wenn auch nicht müßig- wie die zwei Monsterthreads beweisen., aber unbeantwortbar.
Marianne
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 18. Aug. 2004, 13:25 Uhr
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Hi, majanna,
Quote:Auch Streit führt zu Konsens....Keule...
So pauschal kann ich das nicht unterschreiben, und mit "Keule" überhaupt nicht.
Denn den "Streit" den ich meine, das ist nichts anderes als der Prozeß der Dialektik mit verteilten Rollen:
Die höchste, in der anliegenden Sache anerkannte Autorität im Team. Sie moderiert den Prozeß und sorgt dafür, dass jede Entscheidung letztlich im Sinne des gemeinsamen höchsten Zieles fällt.
Streiter A für Alternative A
Streiter B für Alternative B
Streiter C...N für Alternativen C...N
übrige Mitglieder des Teams mit einer überaus wichtigen Aufgabe: Sie sind Zeugen, dass der Prozeß der Entscheidung fair und tüchtig verlaufen ist. dass eben nicht die erstbeste Alternative gewählt wurde, sondern eine wirklich gute.
Zum Prozeß gehört auch eine Entscheidungsmatrix, zumindest im Hinterkopf des Leiters. Eine, wie wir sie von der Stiftung Warentest her kennen mit Kriterien für die ideale Alternative (die nie real ist), an der wir die Alternativen A....N vergleichen und dann die "Goldmedaille" verteilen.
Ciao
Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 18. Aug. 2004, 18:10 Uhr
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Hallo Alltag
> Zum Inhaltlichen: Es ist allgemein einsichtig, dass es entweder perfekte Menschen geben muss, damit der Rechtsfreie-Raum (die Anarchie) zum Wohle aller funktioniert, oder Räume mit einem Recht, damit jeder Mensch darin frei sein kann.
Anarchie ist kein rechtsfreier Raum!
Es kann höchstens rechtsfreie Räume darin geben.
Die müssen aber nicht zum Wohle aller funktionieren, ws wohl "Gemeinwohl" heißen soll, was aber ein inhaltsloser "Begriff" ist.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 18. Aug. 2004, 18:48 Uhr
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Hallo Eberhard
> "Wer Banknoten nachmacht, wird mit Gefängnis nicht unter zwei Jahren bestraft" ist eine Rechtsnorm.
Nö. Das ist ein Gesetzesdoktrin, aber kein Recht.
Man kann höchstens sagen, es sei unmoralisch Geld zu fälschen. Aber diese Ansicht basiert auf dem Anspruch ein Geldmonopol führen zu dürfen und genau dieser Anspruch ist ebenfalls unmoralisch. Daher kann ich nicht Schlechtes dabei empfinden, wenn jemand Geld nachmacht. Derjenige produziert ja nur eine Ware. Ob der Staat dieses Scheingeld in den Verkehr bringt oder ein Privater kommt aufs gleiche raus.
> Ein "Gesetz" ist für mich eine allgemeine Rechtsnorm von besonderer Bedeutung, deren Erlass dem in der Verfassung vorgesehenen Gesetzgeber vorbehalten ist. (Im Unterschied z. B. zu einer "Verordnung." )
Wieso ist Gesetz automatisch Rechtsnorm? Ein Gesetz ist eine Doktrin, deren Gültigkeit mit Gewalt erpresst wird. Von daher ist das ein krasser Widerspruch zu einem "Recht".
> Das Wort "Konsens" ist mehrdeutig. Es kann einmal "Übereinstimmung (der Meinungen)" bedeuten, es kann jedoch auch "Vereinbarung (von Handlungen)" bedeuten. Wenn ich von "konsensfähigen Normen" spreche, meine ich immer "Konsens" im Sinne von "Übereinstimmung".
Dann wäre Konsens bei Dir völlig unverbindlich.
> Wenn Ragnar von "konsensfähigen Individuen" spricht, meint er immer "Konsens" im Sinne von "Vereinbarung".
Ja, man kann sich auch über die unverbindlichen Dinge unterhalten. Aber wozu? Man will doch Ergebnisse.
Ansonsten Übereinstimmung.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 18. Aug. 2004, 22:11 Uhr
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Hallo allerseits,
ich habe den Eindruck, dass wir von den eigentlich philosophischen Fragen etwas abkommen und uns mehr im Bereich "Psychologie des Teams" oder "Kunst der Rhetorik" bewegen.
Die Fragen: "Wie kann man eine Gruppe auf ein gemeinsames Ziel einschwören?" oder "Wie kann man eine Partei auf eine gemeinsame Linie bringen?" oder "Wie kann man Menschen zur Einhaltung geltender Normen motivieren?" sind wichtig, aber sie helfen bei unserm Problem nicht unbedingt weiter.
Die Ausgangsfrage dieser Runde war:
Wie kann man moralische oder rechtliche Normen einsichtig und nachvollziehbar begründen? Anders gefragt; Wie kann man für (oder gegen) moralische oder rechtliche Normen argumentieren?
Nehmen wir am besten ein konkretes Beispiel:
Tobias (T) stellt sein Auto im absoluten Halteverbot in einer unübersichtlichen Kurve ab.
Sein Freund Micha (M wie Moral) sagt zu ihm: "Du sollest das Auto nicht dort abstellen!"
[Damit formuliert M eine Norm, eine Vorschrift für das Handeln.]
T fragt zurück: "Warum denn nicht?"
[Damit fragt T nach einer Begründung für die Norm.]
((M kann jetzt verschiedene Wege der Begründung des normativen Satzes einschlagen.))
1. Der Appell ans Eigeninteresse:
M antwortet auf die Frage: "Warum denn nicht?" :
" Weil Du Dir damit ein Bußgeld einhandeln kannst. In Deinem eigenen Interesse rate ich Dir, das Auto aus dem Halteverbot herauszufahren."
[Als Begründung für das Unterlassen der Handlung gibt M die zu erwartende Strafe (negative Sanktion) an, wobei er voraussetzt, dass T nicht bestraft werden will.]
T entgegnet:
" Ich glaube nicht, dass ich erwischt werde. Ich bin ja gleich wieder weg."
[T argumentiert mit der geringen Wahrscheinlichkeit einer Sanktionierung.]
Und T ergänzt: "Außerdem kratzt mich das Bußgeld wenig. Das Risiko nehme ich in Kauf. Dafür spare ich mir die leidige Parkplatzsuche!"
[Der "Erwartungswert" (expected utility) für diese Art zu Parken ist für T positiv. Wegen der geringen Höhe des Bußgeldes und der lückenhaften Kontrolle wiegt die Strafandrohung nicht die Vorteile dieses Parkverhaltens auf (Zeitersparnis, kurze Wege u. a. m.).
2. Die verfahrensmäßige Begründung:
M antwortet auf die Frage: "Warum denn nicht?"
" Weil Du im absoluten Halteverbot stehst."
[M nennt die Norm, die T verletzt].]
T fragt weiter:
" Und warum soll ich ein solches Halteverbot befolgen?
[T fragt nach der Legitimation der Norm]
M: "Weil es geltendes Recht ist."
[M verweist auf die Rechtsordnung]
T: "Und warum soll ich das geltende Recht befolgen?"
((Hier sind wieder verschiedene Wege der Begründung denkbar.))
2 a: Die Begründung mit der Beschaffenheit der Verfassung:
M: "Weil es demokratisch zustande gekommen ist."
T: "Warum ist das auf demokratischem Wege entstandene Recht für mich bindend?"
2 b: Die Begründung mit der Notwendigkeit IRGENDEINER Rechtsordnung:
M: "Weil ein Land, dessen Bewohner sich an keine gemeinsame Rechtsordnung halten, in Bürgerkrieg und Chaos versinkt."
3. Die inhaltliche Begründung:
M antwortet auf die Gegenfrage: "Warum denn nicht?"
" Weil Du dadurch einen Unfall verursachen kannst mit schlimmen Folgen für das Leben und die Gesundheit anderer."
[M weist darauf hin, das Ts Handeln negative Folgen für andere haben kann.]
T entgegnet: "Das glaube ich nicht, denn es ist ja hier kaum Verkehr"
[T argumentiert gegen die empirische Annahme, dass durch sein Handeln ein Unfall entstehen kann.]
T fragt weiter: "Aber selbst wenn Du damit Recht hättest: Warum sollte ich auf die Gesundheit anderer Rücksicht nehmen?"
[T fragt nach der Begründung dafür, dass ein bestimmtes Handeln nicht sein soll.]
M erstaunt: "Das fragst Du noch? Möchtest Du, dass in Kurve vor Dir plötzlich ein parkendes Auto auftaucht und Du mit 80 kmh dagegen donnerst?"
Vielleicht kann man an dem Beispiel "Halteverbot" die Probleme etwas deutlicher machen.
Das hofft jedenfalls Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 19. Aug. 2004, 00:13 Uhr
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Hi, Eberhard,
warum so kompliziert?
Quote:Nehmen wir am besten ein konkretes Beispiel:
So was schafft Klarheit, fein.
Quote:Tobias (T) stellt sein Auto im absoluten Halteverbot in einer unübersichtlichen Kurve ab...
Sein Freund Micha (M wie Moral) sagt zu ihm: "Du sollest das Auto nicht dort abstellen!"
[Damit formuliert M eine Norm, eine Vorschrift für das Handeln.]
Und schon falsch.
Erstens richtig: "Hier ist das Parken verboten. Dir drohen Verwarnungsgelder, vielleicht wird dein Auto auch weggeräumt und du musst es vom kommunalen Verwahrplatz auslösen gegen fette Abschleppgebühr. Und wenn einer reinkracht, kriegst du nur einen Teil des Schadens ersetzt, weil du mitschuldig bist."
Wo klare Gesetze unser Zusammenleben regeln, besteht keine Notwendigkeit, dieselben Verhaltensregeln zusätzlilch als "Norm" zu formulieren.
Und schon gar nicht als abweichende Norm.
Zweitens: Wer die Entscheidungen eines anderen so anzweifelt wie M hier, der riskiert Blechschäden an seinem Ruf. Blechschäden Richtung "Nörgler".
muss nicht sein.
Es genügt, wenn M fragt: "Hast Du das Halteverbot gesehen?" Wenn T bejaht und sagt: "Ich habe mich trotzdem entschieden, hier zu parken", dann kommt für M die Prüfung, ob M sich da möglicherweise an einer Straftat beteiligt. Hier fällt sie negativ aus, also Schulterzucken, T machen lassen.
Und wenn T zurückfragt: "Oh, Halteverbot? Hab ich nicht gesehen!", dann kann sich T nun entscheiden.
How, der Denkfaule hat gesprochen :-).
Ciao
Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2004, 10:10 Uhr
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Hallo Wolfgang,
mein Parkverbot-Beispiel diente dem Zweck, die verschiedenen Arten von Begründungen für Normen (Sätze, die Handlungsvorschriften machen, also Gebote, Verbote, Erlaubnisse jeglicher Art) zu veranschaulichen.
Es war also keine Empfehlung, wie man argumentieren sollte. Dafür wäre es in der Tat zu kompliziert.
Du hast das Beispiel ergänzt durch weitere Gründe für Tobias, sein Auto dort nicht abzustellen (Abschleppgebühr, Teilschuld bei Unfall). Dies sind wiederum Gründe, die ans Eigeninteresse appellieren.
Etwas erstaunt hat mich, dass Dein Micha sich nur als jemand versteht, der über die bestehende Rechtsnorm (" absolutes Halteverbot" ) und über die drohenden Rechtsfolgen bei der Verletzung dieser Rechtsnorm (Verwarnungsgeld, Abschleppgebühr, Teilschuld mit Haftung) informiert.
Dein Micha hat offenbar unabhängig von der bestehenden Rechtsordnung kein eigenes Urteil über das Verhalten von Tobias, der damit das Leben Dritter gefährdet (" also Schulterzucken" ). Wenn das Verbotsschild nicht wäre, dann gäbe es für Deinen Micha offenbar keinen Grund zur Kritik am Verhalten von Tobias.
Oder hat er zwar eine (moralische) Einstellung dazu, sollte sie Deiner Meinung nach jedoch nur nicht äußern, um nicht als "Nörgler" zu erscheinen?
Bezogen auf die (normative) Äußerung von Micha: "Du sollest das Auto nicht dort abstellen!" schreibst Du: "Wo klare Gesetze unser Zusammenleben regeln, besteht keine Notwendigkeit, dieselben Verhaltensregeln zusätzlich als 'Norm' zu formulieren." Ich denke doch.
Ich will Dir ein anderes Beispiel geben: Du bist nach einem Kinobesuch kurz vor Mitternacht auf dem Weg nach Hause. Du willst über die Straße gehen, aber die Ampel zeigt auf "Rot". Die Straßen sind menschenleer, alle 5 Minuten kommt vielleicht ein Auto vorbeigefahren.
Wenn Du Dir in dieser Situation die (normative) Frage stellst: "Soll ich rübergehen?", richtest Du Dich nur nach dem "klaren Gesetz" ? Oder hast Du auch darüber hinaus eine eigene (moralische) Meinung dazu, ob Du in einer solchen Situation über die Straße gehen darfst oder nicht?
fragt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 19. Aug. 2004, 11:00 Uhr
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Hi, Eberhard,
Quote:Etwas erstaunt hat mich, dass Dein Micha sich nur als jemand versteht, der ....informiert.
...hat offenbar ...kein eigenes Urteil über das Verhalten von Tobias
Tobias fährt seinen Wagen, ist dafür verantwortlich.
Er selbst wird für Fehltritte zur Verantwortung gezogen, niemand sonst. Er hat die Freiheit, zu entscheiden.
Damit er klug entscheidet, macht es Sinn, ihn über das eigene Faktenwissen zu informieren: "Das Halteverbot ist ja kaum zu sehen!"
Mehr aber wäre schon Bevormundung, der Versuch, seine Freiheit zu beschränken.
Und das lehne ich gegenüber mir selber ab, und ebenso halte ich mich bei anderen zurück.
Es sei denn, Tobias fragt: "Sag mal, was hältst du davon, wenn wir hier parken?"
Quote:...aber die Ampel zeigt auf "Rot". Die Straßen sind menschenleer
Das wäre keine andere Norm, sondern meine Entscheidung, gegen die bestehende Straßenverkehrsordnung zu verstoßen.
Ich erinnere mich an einen Artikel in der Münchner Abendzeitung über Austauschschüler aus Tunesien.
" Die Deutschen bleiben bei roter Fußampel sogar dann stehen, wenn es Nacht ist und kein Auto in Sicht!"
Die müssen wohl in Flensburg gewesen sein, denn mir scheint, die Regeln werden mit abnehmendem Breitengrad weniger streng befolgt, und München gilt als nördlichste Stadt Italiens.
Zurück zum ernsten Teil: So wichtig ich die Entscheidungsfreiheit von Personen nehme, so falsch halte ich den Versuch der Bevormundung oder gar des Ausübens "ethischen Druckes", sie in Schuldgefühle zu reden.
Ciao
Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2004, 17:26 Uhr
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Hallo Marianne,
Du schreibst: ".. einsichtige Normen können nur an dem Begriff der Einsicht festgemacht werden. Und wir alle wissen, dass Einsicht noch lange nicht Handeln nach ihr zum Inhalt hat. Drum ist die Fragestellung Eberhards .. unbeantwortbar."
Hier versagt meine Einsicht in Deinen Gedankengang. Könntest Du deshalb etwas ausführlicher darlegen, warum die von mir gestellte Frage nicht beantwortbar ist?
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2004, 17:28 Uhr
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Hallo Ragnar,
Gegen meinen Wortgebrauch hast Du vor allem in Bezug auf das Wort "Recht" Einwände. Du schreibst: "Wieso ist Gesetz automatisch Rechtsnorm? Ein Gesetz ist eine Doktrin, deren Gültigkeit mit Gewalt erpresst wird. Von daher ist das ein krasser Widerspruch zu einem 'Recht'.".
Nun hat der Begriff "Recht" im Deutschen ja mehrere verschiedene Bedeutungen. Ich kann einmal von "Recht" in einem beschreibenden Sinne sprechen, etwa wenn ich sage: "Er hat angelsächsisches Recht studiert." Hier bezeichnet "Recht" einen realen Gegenstand, eine bestehende Rechtsordnung.
In diesem Sinne ist ein vom Bundestag verabschiedetes Gesetz Teil des deutschen Rechts.
Du lässt offenbar nur die normative Bedeutung des Begriffs "Recht" zu, wo "Recht" der Gegenbegriff zu "Unrecht" ist. Wenn in diesem normativen Sinne etwas "Recht" ist, dann impliziert dies, dass es so bleiben soll, während "Unrecht" impliziert, das etwas nicht sein soll.
Es macht wenig Sinn, beide Bedeutungen gegeneinander auszuspielen. Stattdessen sollte jeder deutlich machen, was er mit dem Wort "Recht" jeweils meint. Diese Definitionen und Begriffsbestimmungen sollte jeder Diskussionsteilnehmer in Bezug auf seine Terminologie selber geben, wo es nötig erscheint.
Ich komme deshalb noch einmal auf den für Dich zentralen Begriff des "Konsens" zurück, der für Dich offenbar die einzige Quelle gültiger Normen ist.
Meine Frage an Dich:
Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit zwischen zwei Individuen ein Konsens zustande kommt, der beide verpflichtet, in der vereinbarten Weise zu handeln?
Gibt es
- irgendwelche Formvorschriften (Schriftform, vor Zeugen, per Handschlag, "Abgemacht!" ) oder
- Anforderungen an den Inhalt (unmissverständliche Formulierung, Erklärungen über Vertragstreue und Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung, Vereinbarungen gegen Dritte) oder
- Anforderungen hinsichtlich der Personen (Mündigkeit, Informiertheit, Ehrlichkeit, Nüchternheit) oder
- Anforderungen an die Situation (Notlage einer Person, Bedenkzeit)
oder anderes?
Für klare Worte dankbar wäre Dir Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 19. Aug. 2004, 20:36 Uhr
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Hallo Eberhard
on 08/19/04 um 17:28:51, Eberhard wrote:Gegen meinen Wortgebrauch hast Du vor allem in Bezug auf das Wort "Recht" Einwände. Du schreibst: "Wieso ist Gesetz automatisch Rechtsnorm? Ein Gesetz ist eine Doktrin, deren Gültigkeit mit Gewalt erpresst wird. Von daher ist das ein krasser Widerspruch zu einem 'Recht'.".
Nun hat der Begriff "Recht" im Deutschen ja mehrere verschiedene Bedeutungen. Ich kann einmal von "Recht" in einem beschreibenden Sinne sprechen, etwa wenn ich sage: "Er hat angelsächsisches Recht studiert." Hier bezeichnet "Recht" einen realen Gegenstand, eine bestehende Rechtsordnung.
Das bezeichnet eine Rechtstheorie. Diese Rechtsthorie kann man verwenden in dem Sinne: "Wollen wir nach angelsächsischer Rechtsordnung verfahren?", aber nicht in dem Sinne: "Ich behandele jetzt mal alle Menschen nach geschriebener Rechtsordnung, weil ich das für richtig halte."
on 08/19/04 um 17:28:51, Eberhard wrote:In diesem Sinne ist ein vom Bundestag verabschiedetes Gesetz Teil des deutschen Rechts.
Ein Gesetz ist Teil der Umsetzung dieser Rechtstheorie, aber kein richtiges "Recht". Sonst könnte ich ja auch eine Rechtstheorie aufstellen, diese mit 200.000 Polizisten durchsetzen und dann sagen, es sei Recht. Niemand würde das ernst nehmen. Wenn hier von "Recht" gesprochen wird, dann ist das ein Name, aber kein Begriff.
on 08/19/04 um 17:28:51, Eberhard wrote:Du lässt offenbar nur die normative Bedeutung des Begriffs "Recht" zu, wo "Recht" der Gegenbegriff zu "Unrecht" ist. Wenn in diesem normativen Sinne etwas "Recht" ist, dann impliziert dies, dass es so bleiben soll, während "Unrecht" impliziert, das etwas nicht sein soll.
Ja, "Recht" ist sowieso nur ein "fixe Idee" wie Max Stirner das ausdrückt. Es gibt gar kein Recht im positiven Sinne. Man kann nur sagen was auf jeden Fall kein Recht sein kann, wenn der Begriff Recht einen Sinn machen soll, d. h. man kann Recht nur im negativen Sinn formulieren.
on 08/19/04 um 17:28:51, Eberhard wrote:Es macht wenig Sinn, beide Bedeutungen gegeneinander auszuspielen. Stattdessen sollte jeder deutlich machen, was er mit dem Wort "Recht" jeweils meint. Diese Definitionen und Begriffsbestimmungen sollte jeder Diskussionsteilnehmer in Bezug auf seine Terminologie selber geben, wo es nötig erscheint.
Ich weiß, was Du meinst, aber es macht auch keinen Sinn einen Tisch einen Stuhl zu nennen, einen Stuhl eine Tür. So ist das wenn man "Gesetz" "Recht" nennt.
Gruß
RD
PS.: Der Rest später.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2004, 22:44 Uhr
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Hallo Ragnar,
Wenn ich sage, das Wort "Recht" wird nicht nur in einem normativen Sinne als Gegenbegriff zu "Unrecht" verwendet, sondern auch in einem rein beschreibenden Sinne zur Bezeichnung der sozialen Institution "Rechtsordnung", dann mache ich eine Aussage über den tatsächlichen Sprachgebrauch. Willst Du bestreiten, dass in Deutschland das Wort "Recht" in (auch) in diesem deskriptiven Sinne verwendet wird?
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2004, 22:45 Uhr
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Hallo Wolfgang,
wenn ich Dich richtig verstehe, hast Du zwar Deine moralischen Urteile über das Verhalten der lieben Mitmenschen (" beleidigend", "rücksichtslos", "menschenverachtend" ), aber Du behältst sie für Dich, es sei denn, jemand fragt danach.
Der Grund ist bei Dir selber ein moralischer: Du bist gegen Einmischung in die freie Entscheidung eines anderen.
Aber dies Argument entfällt ja, wenn man - wie in dieser Runde – fiktive Fälle diskutiert.
Zum Beispiel könnte man diskutieren, unter welchen Bedingungen die vornehme Zurückhaltung nicht mehr angebracht ist und man seine Missbilligung eines Verhaltens äußern sollte. Ich denke, das rationale Für und Wider in Bezug auf menschliches Handeln sollte man nicht als unzulässige Einmischung von vornherein wegschieben.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 19. Aug. 2004, 23:04 Uhr
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Hi, Eberhard,
Quote:Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit zwischen zwei Individuen ein Konsens zustande kommt, der beide verpflichtet, in der vereinbarten Weise zu handeln?
Aufgrund dieser Formulierung vermute ich einen tiefen Grund Deiner Fragen: Die Vorstellung, das, was Du mit "Konsens" bezeichnest, könne eine eigene Macht haben. Eine Macht mit der Fähigkeit, Personen gegen deren Willen zu verpflichten.
Wenn Deine Formulierung so gemeint war, wie sie zu lesen ist, dann war sie falsch.
Bezeichnungen haben keine Macht. Haben weniger Zähne als ein Papiertiger.
Sondern es sind Personen, die sich gegenseitig Versprechungen machen. Darunter das Versprechen, ihre Versprechen halten zu wollen.
Vernünftige Personen sind dazu aus Einsicht gern bereit, wenn sie langfristig einen lohnenden Vorteil erwarten.
Insofern war Dein Beispiel mit dem Parkverbot ein nützlicher Ansatz, der sich als Beispiel eignet. Als Beispiel zur Klärung der Frage, unter welchen Umständen eine Person bereit ist, Versprechungen zu machen, die sie auch einhalten will.
Ciao
Wolfgang
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 20. Aug. 2004, 08:26 Uhr
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on 08/19/04 um 22:44:05, Eberhard wrote:Wenn ich sage, das Wort "Recht" wird nicht nur in einem normativen Sinne als Gegenbegriff zu "Unrecht" verwendet, sondern auch in einem rein beschreibenden Sinne zur Bezeichnung der sozialen Institution "Rechtsordnung", dann mache ich eine Aussage über den tatsächlichen Sprachgebrauch. Willst Du bestreiten, dass in Deutschland das Wort "Recht" in (auch) in diesem deskriptiven Sinne verwendet wird?
Nein. Im Gegenteil. "Recht" wird sogar hauptsächlich mit Paragraphen erklärt. Orwell lässt grüßen. Das ist ja das Problem.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 20. Aug. 2004, 09:16 Uhr
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Hallo Eberhard
> Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit zwischen zwei Individuen ein Konsens zustande kommt, der beide verpflichtet, in der vereinbarten Weise zu handeln?
Im Prinzip so wie von Wolfgang erklärt. Es ist eine Frage der Gegenseitigkeit. Zuerst wissen zwei Vertragsparteien, dass eine Konsenssituation für sie besser ist als ein "Kriegszustand". Dann wollen beide Parteien Vorteil daraus ziehen, dass sie sich an den Konsens (" Friedenszustand" ) halten. Deshalb sicheren sich die Vertragsparteien gegenseitig ab und machen sich für den Fall des eigenen Verstoßes schwach und den anderen stark. Das ist der praktische Sinn von Recht.
> Gibt es
- irgendwelche Formvorschriften (Schriftform, vor Zeugen, per Handschlag, "Abgemacht!" ) oder
- Anforderungen an den Inhalt (unmissverständliche Formulierung, Erklärungen über Vertragstreue und Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung, Vereinbarungen gegen Dritte) oder
Nicht zwingend. Aber im Konfliktfall muss man ja was beweisen (begründen) können. Dafür.
> - Anforderungen hinsichtlich der Personen (Mündigkeit, Informiertheit, Ehrlichkeit, Nüchternheit) oder
- Anforderungen an die Situation (Notlage einer Person, Bedenkzeit)
oder anderes?
Die Konsenspartner müssen autonom und konsensfähig sein. Wenn ich also einen Konsens mit jemandem schließen will, den ich auch Konsens nennen darf ohne mich selbst in Widersprüche zu verstricken, dann muss ich selbst davon ausgehen, dass ich es mit autonomen konsensfähigen Personen zu tun habe. Wenn ich von vornherein das nicht glaube, und wenn ich mich so verhalte, dass ich gar nicht den Konsens suche, sondern den Schwindel, dann kann ich auch nicht nach eigenen Ermessen von Konsens sprechen, was den Konsens null und nichtig machen würde.
Steht aber alles auch in der Konsenstheorie drin.
http://home.arcor.de/danneskjoeld/Inf/T/Konsenstheorie.html
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 20. Aug. 2004, 20:11 Uhr
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Hallo Ragnar,
Für Dich ist der Konsens (im Sinne einer faktischen Vereinbarung zwischen Individuen) die alleinige Quelle aller Verpflichtungen. In einer so geordneten Gesellschaft ist es natürlich von allergrößter Bedeutung zu wissen, welche Vereinbarungen zwischen welchen Individuen mit welchem Inhalt getroffen wurden.
Es sollte also Methoden geben, um dies möglichst zweifelsfrei festzustellen zu können. Was geschieht, wenn A meint, er habe mit B eine bestimmte Vereinbarung v getroffen, B dies aber bestreitet? Dann muss A, bevor er gegen B vorgeht, beweisen dass v vereinbart wurde.
Wie soll aber A das nach Jahren beweisen, wenn die Vereinbarung nicht schriftlich festgehalten wurde? Wer entscheidet, ob sein Beweisversuch gelungen ist?
Wenn 100 Individuen untereinander je 10 Vereinbarungen treffen, hat jedes Individuum bereits 1000 Vereinbarungen im Kopf zu behalten, die alle voneinander verschieden sein können. Ein Wunder, wenn es da keine Meinungsverschiedenheiten gäbe, noch dazu, wo unterschiedliche Interessen bestehen.
Im Laufe der Jahre sehe ich mehr Dissens als Konsens in dieser Gesellschaft.
Die Möglichkeit des Dissens entsteht bereits durch mehrdeutige und unscharfe Begriffe. B hatte sich zur Lieferung von 5 Kilo Äpfeln verpflichtet, aber kann man wurmstichiges Fallobst als "Äpfel" bezeichnen?
Der 12 jährige Hans hat sich im Tausch gegen eine Playstation verpflichtet, für Herrn Müller 3 Jahre lang die Tageszeitung zu holen.
Der Schwerstbehinderte Karl hat keine Leistung anzubieten und kann keine Vereinbarungen treffen.
Meine Prognose für das Funktionieren der Vertragsgesellschaft pur ist eher düster.
Dein Modell ist in meinen Begriffen beschrieben ein Modell, in dem die Ebene inhaltlicher moralischer Argumentation ganz fehlt, in dem Normen nur verfahrensmäßig begründet werden (als Resultate von Verträgen) und wo es nur ein Verfahren der Normsetzung, den vertraglichen Konsens, gibt.
Eine Kritik mit Bezug auf die zu erwartenden chaotischen sozialen Zustände ist Dir durch Deinen Ansatz verwehrt. Eine solche moralische Kritik könnte ja nur "unverbindliche subjektive Willkür" sein.
Zum Schluss noch die Frage: Praktizierst Du Dein Konsensprinzip bereits oder setzt das eine Revolution voraus?
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 21. Aug. 2004, 08:27 Uhr
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Hallo Eberhard
> Für Dich ist der Konsens (im Sinne einer faktischen Vereinbarung zwischen Individuen) die alleinige Quelle aller Verpflichtungen. In einer so geordneten Gesellschaft ist es natürlich von allergrößter Bedeutung zu wissen, welche Vereinbarungen zwischen welchen Individuen mit welchem Inhalt getroffen wurden.
> Es sollte also Methoden geben, um dies möglichst zweifelsfrei festzustellen zu können. Was geschieht, wenn A meint, er habe mit B eine bestimmte Vereinbarung v getroffen, B dies aber bestreitet? Dann muss A, bevor er gegen B vorgeht, beweisen dass v vereinbart wurde.
> Wie soll aber A das nach Jahren beweisen, wenn die Vereinbarung nicht schriftlich festgehalten wurde?
Wie soll B nach Jahren einsehen, dass eine Vereinbarung getroffen wurde, auf die sich A berufen kann?
> Wer entscheidet, ob sein Beweisversuch gelungen ist?
Die Fakten und die Vernunft.
> Wenn 100 Individuen untereinander je 10 Vereinbarungen treffen, hat jedes Individuum bereits 1000 Vereinbarungen im Kopf zu behalten, die alle voneinander verschieden sein können.
Warum sollte ich mit 100 Individuen einzeln 10 Vereinbarungen treffen und wieso sollte ich wenn das der Fall wäre diese nicht aufschreiben und unterschreiben lassen?
> Ein Wunder, wenn es da keine Meinungsverschiedenheiten gäbe, noch dazu, wo unterschiedliche Interessen bestehen.
> Im Laufe der Jahre sehe ich mehr Dissens als Konsens in dieser Gesellschaft.
Ich sehe eher ein großes Durcheinander in Deinem Kopf.
> Die Möglichkeit des Dissens entsteht bereits durch mehrdeutige und unscharfe Begriffe. B hatte sich zur Lieferung von 5 Kilo Äpfeln verpflichtet, aber kann man wurmstichiges Fallobst als "Äpfel" bezeichnen?
Na und ? Es gibt Qualitätsstandards.
> Der 12 jährige Hans hat sich im Tausch gegen eine Playstation verpflichtet, für Herrn Müller 3 Jahre lang die Tageszeitung zu holen.
Wo ist das Problem?
> Der Schwerstbehinderte Karl hat keine Leistung anzubieten und kann keine Vereinbarungen treffen.
Vielleicht hat der die ja vorher getroffen als Versicherungskunde oder er hat eben doch was zu bieten, nämlich das gute Gefühl derjeniger Menschen, die Karl helfen. Das ist doch auch nur ein Tausch, nur aber eben von Dingen, für die Dir jedes Verständnis fehlt.
> Meine Prognose für das Funktionieren der Vertragsgesellschaft pur ist eher düster.
pffff
Was weißt Du denn davon?
Und wieso soll die heutige Gesellschaft keine "Vertragsgesellschaft" sein, die auf schriftliche Vereinbarungen verzichten kann? Hartz 4 läßt grüßen.
> Dein Modell ist in meinen Begriffen beschrieben ein Modell, in dem die Ebene inhaltlicher moralischer Argumentation ganz fehlt, ..
Inwiefern "fehlt" ? Moral wird doch nicht zu Unrecht.
> .. in dem Normen nur verfahrensmäßig begründet werden (als Resultate von Verträgen) und wo es nur ein Verfahren der Normsetzung, den vertraglichen Konsens, gibt.
Wie denn sonst?
> Eine Kritik mit Bezug auf die zu erwartenden chaotischen sozialen Zustände ist Dir durch Deinen Ansatz verwehrt. Eine solche moralische Kritik könnte ja nur "unverbindliche subjektive Willkür" sein.
?
Hast Du irgendeinen begründeten Anlass für Deinen Skeptizismus? Ansonsten können wir die weitere Debatte abbrechen.
> Zum Schluss noch die Frage: Praktizierst Du Dein Konsensprinzip bereits oder setzt das eine Revolution voraus?
Deine abwertenden Bemerkungen bringen inhaltlich nicht weiter. Aber vielleicht war es ja gut, dass Du Dich auf diese Weise einmal geoutet hast.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 21. Aug. 2004, 16:55 Uhr
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Hallo Ragnar,
ich verstehe zwar, dass Du über meine Kritik an Deinem System nicht erfreut bist, halte Deine Antworten jedoch für wenig produktiv.
Dein System kennt als einzige Begründung für die Gültigkeit von Normen deren vertragliche Vereinbarung. Ich habe nun ein derartiges System als real angenommen und gefragt, was dabei wahrscheinlich herauskommen wird.
Auf meine Kritik antwortest Du mit:
Gegenfragen
" Wie soll B nach Jahren einsehen, dass eine Vereinbarung getroffen wurde, auf die sich A berufen kann?"
" Warum sollte ich mit 100 Individuen einzeln 10 Vereinbarungen treffen und wieso sollte ich wenn das der Fall wäre diese nicht aufschreiben und unterschreiben lassen?"
" Wo ist das Problem?"
" Na und?"
" pffff. Was weißt Du denn davon?"
" Und wieso soll die heutige Gesellschaft keine 'Vertragsgesellschaft' sein, die auf schriftliche Vereinbarungen verzichten kann?"
" Wie denn sonst?"
" ?. Hast Du irgendeinen begründeten Anlass für Deinen Skeptizismus?"
" Inwiefern fehlt?",
sachfremden Bemerkungen:
" Ich sehe eher ein großes Durcheinander in Deinem Kopf."
" Ansonsten können wir die weitere Debatte abbrechen."
" Das ist doch auch nur ein Tausch, nur aber eben von Dingen, für die Dir jedes Verständnis fehlt." "Hartz 4 lässt grüßen."
" Deine abwertenden Bemerkungen bringen inhaltlich nicht weiter",
" Aber vielleicht war es ja gut, dass Du Dich auf diese Weise einmal geoutet hast." )
oder Sätzen im Telegrammstil:
" Die Fakten und die Vernunft",
" Es gibt Qualitätsstandards",
" Moral wird doch nicht zu Unrecht."
Ich glaube nicht, dass man auf diese Weise komplizierte Fragen erfolgreich diskutieren kann. Mich haben Deine Bemerkungen jedenfalls nicht davon überzeugt, dass die von mir aufgezeigten Probleme in einer allein auf individuellen Vereinbarungen beruhenden Gesellschaftsordnung nicht auftreten werden.
Selbst dann wenn die Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden, gibt es häufig Streit über die eingegangenen Verpflichtungen, wie ein Besuch beim nächsten Amtsgericht zeigt. Deine optimistische Annahme in dieser Frage, dass "die Fakten und die Vernunft" die "wahre" Vereinbarung jeweils offen legen werden, halte ich für unrealistisch.
Auch meine Befürchtung, dass in dieser Vertragsgesellschaft die Unerfahrenen und die Behinderten schlecht gestellt sein werden, hast Du keineswegs ausgeräumt. Dass der Behinderte im Austausch für empfangene Hilfe dem Helfer das Gefühl verschafft, ein guter Mensch zu sein, halte ich angesichts der zu beobachtenden Realität nicht für eine ausreichende Sicherung der Behinderten.
Du wehrst Dich dagegen, dass ich Deinen Ansatz als einen Ansatz ohne die Ebene der Moral bezeichne. Dies erklärt sich daraus, dass es in Deinem System abgesehen von dem, zu dem sich die Individuen selbst verpflichtet haben, keine Normen gibt, die die Individuen einhalten sollten.
Unter einem "moralischen Urteil" verstehe ich jedoch ein Urteil, das man unabhängig davon vertreten kann, ob entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden.
Angenommen jemand sagt: "Die Behandlung von Geburt an Behinderter in Deinem System ist ungerecht. Du machst sie von freiwilligen Almosen und mitleidigen Gefühlen der andern abhängig. Stattdessen haben die Gesunden eine moralische Pflicht, den Behinderten zu helfen."
Würdest Du dann nicht antworten: "Das ist eine subjektive Moraldoktrin ohne jede Verbindlichkeit." ?
Oder könnte die geäußerte moralische Überzeugung zu mindest im Prinzip "richtig" sein und damit eine zu befolgende moralische Norm beinhalten?
Vielleicht ist es Dir möglich, Deine Position jeweils etwas ausführlicher darzulegen.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 22. Aug. 2004, 15:15 Uhr
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Hallo Eberhard
Du hast zuletzt viel geschrieben und zitiert, aber wenig klare Aussagen gemacht.
Du behauptest ernsthaft, dass Du für eine Gesellschaft mit individuellen Vereinbarungen beruhenden Gesellschaftsordnung Probleme aufzeigst. Vielleicht glaubst Du das ja tatsächlich. Ich kann es nicht nachvollziehen. Ich würde eher sagen, das ist Dein psychologisches Problem. Es ist halt schwer sich von gewohnten Dingen zu lösen.
Dies wird deutlich daran, dass Deine Wahrnehmungen vielfach auf Vorurteilen beruhen.
z. B.:
> Selbst dann wenn die Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden, gibt es häufig Streit über die eingegangenen Verpflichtungen, wie ein Besuch beim nächsten Amtsgericht zeigt.
Den Umgangston in einer freien Gesellschaft kennst Du doch gar nicht. Warum soll das also ein ernstzunehmender Einwurf sein?
> Deine optimistische Annahme in dieser Frage, dass "die Fakten und die Vernunft" die "wahre" Vereinbarung jeweils offen legen werden, halte ich für unrealistisch.
Du unterstellst mir wohl, dass ich das Blaue vom Himmel runter male. Das stimmt selbstverständlich nicht. Ich sehe bloß nicht dass mein "Optimismus" größer sein soll, wenn ich auf Konsens verzichte und mich stattdessen einem anderen Verfahren unterwerfe. Und was für ein "anderes Verfahren" meinst oder was das sein soll, bleibt völlig im Unklaren. Deshalb habe ich Dich auch nach der Alternative gefragt, aber das wird wohl für immer Dein Geheimnis bleiben.
> Auch meine Befürchtung, dass in dieser Vertragsgesellschaft die Unerfahrenen und die Behinderten schlecht gestellt sein werden, hast Du keineswegs ausgeräumt.
Warum auch? Deine "Befürchtung" ist eine unbegründete These. Mehr nicht. Wenn die heutige Gesellschaft sich einen völlig überteuerten Sozialstaat leistet, damit Hilflose Unterstützung erhalten, warum sollte das dann in einer "Vertragsgesellschaft" (Wieso ist die heutige Gesellschaft keine "Vertragsgesellschaft" ? Wo ist der Unterschied?) schlimmer sein..
> Dass der Behinderte im Austausch für empfangene Hilfe dem Helfer das Gefühl verschafft, ein guter Mensch zu sein, halte ich angesichts der zu beobachtenden Realität nicht für eine ausreichende Sicherung der Behinderten.
Schon wieder "beobachtenden Realität" ! Die kennst Du doch gar nicht. Du kennst nur das Verhalten von Menschen unter irgendwelchen Zwangsordnungen, die das menschliche Miteinander - wie jeder sich leicht vorstellen kann - ohnehin abstumpfen lassen.
> Du wehrst Dich dagegen, dass ich Deinen Ansatz als einen Ansatz ohne die Ebene der Moral bezeichne.
Nö. Ich sage nur, dass persönliche Moral in einem Konsens nichts zu suchen hat, denn persönliche Moral ist zunächst nur eine reine Anspruchsdoktrin. Und mit einer Doktrin kann man keinen Konsens anstreben.
> Dies erklärt sich daraus, dass es in Deinem System abgesehen von dem, zu dem sich die Individuen selbst verpflichtet haben, keine Normen gibt, die die Individuen einhalten sollten.
Ei ja? Und die apriotisch geltenden Normen sind dann keine Normen? Insbesondere das Nicht-Aggression-Prinzip.
> Unter einem "moralischen Urteil" verstehe ich jedoch ein Urteil, das man unabhängig davon vertreten kann, ob entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden.
Niemand hindert Dich daran Urteile zu fällen. Das macht ja jeder jeden Tag. Aber warum ein "moralisches" Urteil mehr wert sein soll als ein nicht moralisches Urteil - das verstehe wer kann. Ich verstehe das nicht. Eine Moral wird nicht deshalb zu einer gültigen Norm, nur weil jemand ihre Gültigkeit unabdingbar hält und sei es auch der Papst oder der Kaiser von China.
> Angenommen jemand sagt: "Die Behandlung von Geburt an Behinderter in Deinem System ist ungerecht. Du machst sie von freiwilligen Almosen und mitleidigen Gefühlen der andern abhängig. Stattdessen haben die Gesunden eine moralische Pflicht, den Behinderten zu helfen."
Würdest Du dann nicht antworten: "Das ist eine subjektive Moraldoktrin ohne jede Verbindlichkeit." ?
Oder könnte die geäußerte moralische Überzeugung zu mindest im Prinzip "richtig" sein und damit eine zu befolgende moralische Norm beinhalten?
Einmal ist die Behauptung "Die Behandlung von Geburt an Behinderter in Deinem System ist ungerecht. Du machst sie von freiwilligen Almosen und mitleidigen Gefühlen der andern abhängig." falsch. Der einzige Unterschied zum Sozialstaat besteht darin, dass die Behinderten von den mitleidigen Gefühlen des Kollektivs abhängig sind und nicht von Individuen. Aber woraus besteht ein mitleidiges Kollektiv wenn nicht aus mitleidigen Individuen?
Und die Moral "Die Gesunden haben eine moralische Pflicht, den Behinderten zu helfen" ist ja nicht nur die Aussage, dass Behinderte Hilfe empfangen sollen, sondern _auch_ die Aussage, dass man ein "Robin-Hood-System" für gerecht hält.
Man kann ja die Moral "Behinderten helfen" für richtig halten. Aber so eine Moral steht doch nicht allein im Tempel der Vernunft und Wahrhaftigkeit. Ich kann genauso die Moral "Jeder soll jeden in Ruhe lassen" für richtig halten. Verträgt sich aber offensichtlich nicht mit der Robin-Hood-Moral. Also wenn Du Deine "Robin-Hood" -Moral anbringen willst, musst Du entweder sagen meine "Clint-Eastwood" -Moral sei uninteressant oder aber zumindest gegeneinander abzuwägen. Die Idee von unverletzlichen Menschenrechten funktioniert so jedenfalls nicht. Das habe ich auch schon geschrieben.
Die Vorstellung, dass eine Herz-Jesu-Moral für die Hilflosen ohne Gewaltausübung durchsetzbar sei, ist nun mal eine Vorstellung von Ideologen im Elfenbeinturm.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 22. Aug. 2004, 18:48 Uhr
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Hallo Ragnar,
Du forderst die Verwirklichung einer Gesellschaftsordnung, die auf den freien Vereinbarungen unabhängiger Individuen beruht, und Du gibst für diese Forderung Gründe an.
Damit erhebst Du gegenüber anderen und auch mir gegenüber den unausgesprochenen Anspruch, Deiner Forderung zuzustimmen.
Bevor ich einer Veränderung der bestehenden Gesellschaftsordnung zustimmen kann, frage ich mich, was für Zustände zu erwarten sind, wenn die neue Ordnung verwirklicht wird. Ich vergleiche die in der neuen Ordnung zu erwartenden Zustände mit den bestehenden Zuständen und frage, ob die neue Ordnung besser ist.
Da die neue Ordnung bisher nirgends verwirklicht wurde, kann man die dabei zu erwartenden Zustände nur theoretisch ableiten.
Dazu muss man ein gedankliches Modell dieser Gesellschaftsordnung entwerfen, das u.a. bestimmte Annahmen hinsichtlich des Verhaltens der Individuen enthält.
Diese Annahmen können nur aus der Beobachtung des bisherigen Verhaltens gewinnen.
Ich habe ich bei meiner Argumentation Folgendes angenommen.
1. Die Individuen treffen im Laufe der Jahre untereinander zahlreiche Vereinbarungen, da es zahlreiche regelungsbedürftige Konflikte gibt.
2. Das Erinnerungsvermögen von Menschen ist begrenzt und enthält mit wachsender Zeitdauer immer mehr Fehler.
3. Menschen streben stärker ihr eigenes Wohlergehen bzw. das Wohlergehen ihrer eigenen Gruppe an als das Wohlergehen anderer Individuen bzw. anderer Gruppen.
4. Aus 3. folgt, dass die Beteiligten an einer Vereinbarung vor allem daran interessiert, dass die andere Partei ihre Verpflichtungen erfüllt, während die "intrinsische" Motivation zur Erfüllung der eigenen Verpflichtungen vergleichsweise gering ist.
5. Menschen haben die Tendenz, die Dinge möglichst so zu sehen und zu erinnern, wie es ihren Eigeninteressen entspricht (selektive Wahrnehmung und Erinnerung).
6. Aus diesen Annahmen ergibt sich, dass über den Inhalt langfristiger oder gar zeitlich nicht begrenzter Vereinbarungen zwischen den Parteien leicht Uneinigkeit entstehen kann. Und darin sehe ich ein Problem der neuen Ordnung.
Gegen ein solches methodisches Vorgehen wendest Du ein:
" Die (Realität der freien Gesellschaft, E.) kennst Du doch gar nicht. Du kennst nur das Verhalten von Menschen unter irgendwelchen Zwangsordnungen."
Wenn aber das Verhalten von Menschen in den bisherigen Ordnungen die einzig mögliche Basis von Erkenntnis über menschliches Verhalten ist, und wenn nach Deiner Meinung auf diese Erfahrungen nicht zurückgegriffen werden darf, dann schließt Du mit Deinem Argument jedes Wissen über das Verhalten der Menschen in der neuen Ordnung aus.
Wenn man jedoch keine Annahmen über das Verhalten der Menschen in der neuen Ordnung machen kann, dann entfällt auch für Dich selber jede Basis für die Annahme, dass die Zustände in dieser neuen Ordnung irgendwie besser sein werden ais in der bestehenden Ordnung.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 22. Aug. 2004, 21:02 Uhr
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Hallo Eberhard
> Du forderst die Verwirklichung einer Gesellschaftsordnung, die auf den freien Vereinbarungen unabhängiger Individuen beruht, und Du gibst für diese Forderung Gründe an.
Nur nebenbei. Die freie Gesellschaft ist nur die Konsequenz meiner Überlegungen. Der zentrale Punkt ist, die zentralen Überlegungen anzunehmen oder dem etwas entgegenzustellen.
> Damit erhebst Du gegenüber anderen und auch mir gegenüber den unausgesprochenen Anspruch, Deiner Forderung zuzustimmen.
Ich mache keine Politik. Jeder muss selber mit seinem Weltbild zurecht kommen.
> Bevor ich einer Veränderung der bestehenden Gesellschaftsordnung zustimmen kann, frage ich mich, was für Zustände zu erwarten sind, wenn die neue Ordnung verwirklicht wird. Ich vergleiche die in der neuen Ordnung zu erwartenden Zustände mit den bestehenden Zuständen und frage, ob die neue Ordnung besser ist.
Du kannst doch gar nicht vergleichen, weil es keine freie Gesellschaft gibt. Du kannst bloß irgendwelche empirischen Eindrücke sammeln. Die helfen Dir aber nicht weiter.
> Da die neue Ordnung bisher nirgends verwirklicht wurde, kann man die dabei zu erwartenden Zustände nur theoretisch ableiten.
Eben.
> Dazu muss man ein gedankliches Modell dieser Gesellschaftsordnung entwerfen, das u.a. bestimmte Annahmen hinsichtlich des Verhaltens der Individuen enthält.
> Diese Annahmen können nur aus der Beobachtung des bisherigen Verhaltens gewinnen.
Nicht nur. Es ist erst mal reine Wissenschaft.
Und das mit der Beobachtung ist bereits alles dokumentiert.
www.mises.org schlägt Dich damit tot, wennn Du willst.
> Ich habe (ich) bei meiner Argumentation Folgendes angenommen.
> 1. Die Individuen treffen im Laufe der Jahre untereinander zahlreiche Vereinbarungen, da es zahlreiche regelungsbedürftige Konflikte gibt.
Nicht mehr als jetzt auch.
> 2. Das Erinnerungsvermögen von Menschen ist begrenzt und enthält mit wachsender Zeitdauer immer mehr Fehler.
3. Menschen streben stärker ihr eigenes Wohlergehen bzw. das Wohlergehen ihrer eigenen Gruppe an als das Wohlergehen anderer Individuen bzw. anderer Gruppen.
4. Aus 3. folgt, dass die Beteiligten an einer Vereinbarung vor allem daran interessiert, dass die andere Partei ihre Verpflichtungen erfüllt, während die "intrinsische" Motivation zur Erfüllung der eigenen Verpflichtungen vergleichsweise gering ist.
5. Menschen haben die Tendenz, die Dinge möglichst so zu sehen und zu erinnern, wie es ihren Eigeninteressen entspricht (selektive Wahrnehmung und Erinnerung).
Ja. Und wo ist jetzt der Unterschied zur heutigen Gesellschaft?
> 6. Aus diesen Annahmen ergibt sich, dass über den Inhalt langfristiger oder gar zeitlich nicht begrenzter Vereinbarungen zwischen den Parteien leicht Uneinigkeit entstehen kann. Und darin sehe ich ein Problem der neuen Ordnung.
Ja und? Diese Probleme gibt es immer.
> Gegen ein solches methodisches Vorgehen wendest Du ein:
" Die (Realität der freien Gesellschaft, E.) kennst Du doch gar nicht. Du kennst nur das Verhalten von Menschen unter irgendwelchen Zwangsordnungen."
Wieso das? Ich habe Deine unbegründeten Thesen moniert, nicht Deine Methodik. Aber wenn Du unbegründete Thesen zu Deiner Methodik machst, dann hast Du natürlich recht.
> Wenn aber das Verhalten von Menschen in den bisherigen Ordnungen die einzig mögliche Basis von Erkenntnis über menschliches Verhalten ist, und wenn nach Deiner Meinung auf diese Erfahrungen nicht zurückgegriffen werden darf, dann schließt Du mit Deinem Argument jedes Wissen über das Verhalten der Menschen in der neuen Ordnung aus.
Nicht jede Beobachtung führt in die Irre. Aber es führt ggf. in die Irre, wenn man völlig unwissenschaftliche Annahmen für gegeben hält.
> Wenn man jedoch keine Annahmen über das Verhalten der Menschen in der neuen Ordnung machen kann,
Kann man aber. Du hast es ja ansatzweise selber gemacht wie in 1.-6.
> dann entfällt auch für Dich selber jede Basis für die Annahme, dass die Zustände in dieser neuen Ordnung irgendwie besser sein werden ais in der bestehenden Ordnung.
Und wo nimmst Du die Sicherheit her, dass dem so sei, dass es also keine Wissenschaft gäbe, die sich mit dem Bestand freier Gesellschaft beschäftigen täte?
Ich glaube, Du müßtest jetzt selbst erkennen, dass Du im Nebel stocherst.
Nochmal zurück zum Konsens. Was verstehst Du an der Theorie nicht und was soll die Alternative sein?
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 22. Aug. 2004, 22:42 Uhr
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Hallo Ragnar,
nur ein Punkt.
Meine These war: Eine vorgeschlagene Gesellschaftsordnung kann man nur beurteilen, wenn man weiß, zu welchen Zuständen sie führt. Ich schrieb:
" Dazu muss man ein gedankliches Modell dieser Gesellschaftsordnung entwerfen, das u.a. bestimmte Annahmen hinsichtlich des Verhaltens der Individuen enthält. Diese Annahmen können nur aus der Beobachtung des bisherigen Verhaltens gewonnen werden.".
Deine Entgegnung darauf lautet:
" Nicht nur. Es ist erst mal reine Wissenschaft.
Und das mit der Beobachtung ist bereits alles dokumentiert.
www.mises.org schlägt Dich damit tot, wenn Du willst."
Tut mir leid, aber mit 2-Wort-Sätzen oder 5-Wort-Sätzen kann ich wenig anfangen. Und der Verweis auf irgendwelche allgewaltigen Webseiten nützt auch wenig. Vielleicht kennst Du den Spruch: "Hic Rhodos, hic salta!", der für unseren Kontext frei übersetzt etwa bedeutet: "Wenn Du Argumente kennst, dann trag sie hier auch vor!"
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 22. Aug. 2004, 23:18 Uhr
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Ach Eberhard
Ich habe Argumente vorgebracht. Der Rest ist m.E. eine Sache der persönlichen Einstellung. Ich kann weder Deinen Skeptizismus noch Deine Mentalität ändern.
Mit "Wenn Du Argumente kennst, dann trag sie hier auch vor!" machst Du es Dir zu einfach. Aus meiner Sicht könntest Du alles wissen, was wichtig ist. Ich weiß nicht, was Du willst. Scheint eher ein psychologisches Problen zu sein.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 23. Aug. 2004, 09:32 Uhr
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Hallo Ragnar,
ich will meine Frage zu einer Gesellschaftsordnung, die ausschließlich auf Verträgen zwischen Individuen basiert, noch einmal anders formulieren.
Rechte von Individuen entstehen im reinen Vertragssystem nur durch Anerkennung von Seiten des Vertragspartners. Sie gelten jeweils auch nur für die jeweiligen Vertragspartner.
Angenommen Individuum A vereinbart mit Individuum B einen Grundstückstausch. A gibt B die Grünwiese und B gibt A den Sandacker. Diese Änderung der Eigentumsrechte gilt nur für die Vertragspartner A und B. Für alle anderen Individuen ist A also damit noch nicht Eigentümer des Sandackers. Diese haben dem Tausch ja nicht zugestimmt und durch Vereinbarungen Dritter können für sie nach der Theorie keine Verpflichtungen entstehen.
Nehmen wir eine Bevölkerung von 80 Millionen Einwohnern an. Damit A auch gegenüber den 79.999.998 übrigen Individuen als Eigentümer des Sandackers auftreten kann, müsste er noch 79.999.998 weitere vertragliche Vereinbarungen schließen.
Das kann wohl nicht sein. Wo interpretiere ich die Deine Vertragsgesellschaft falsch?
In einer für alle 80 Millionen verbindlich geltenden normativen Ordnung, die Regelungen enthält, wie Eigentum an Grundstücken erworben werden kann, wie es auf andere übertragen werden kann und wie man sich als Eigentümer ausweisen kann, besteht dies Problem nicht. Soviel zu Deiner Frage nach Alternativen.
Es grüßt Dich Eberhard.
p.s.: Die Vermutung, ich müsse wohl psychologische Probleme haben, da Du selber keine Probleme in Bezug auf Deine Theorie und ihre Begründung erkennen kannst, magst Du vielleicht hegen, jedoch bringt uns auch die wiederholte Äußerung dieser Vermutung in der Sache nicht weiter.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 23. Aug. 2004, 11:15 Uhr
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Hallo Eberhard
> Rechte von Individuen entstehen im reinen Vertragssystem nur durch Anerkennung von Seiten des Vertragspartners. Sie gelten jeweils auch nur für die jeweiligen Vertragspartner.
ja
> Angenommen Individuum A vereinbart mit Individuum B einen Grundstückstausch. A gibt B die Grünwiese und B gibt A den Sandacker. Diese Änderung der Eigentumsrechte gilt nur für die Vertragspartner A und B. Für alle anderen Individuen ist A also damit noch nicht Eigentümer des Sandackers. Diese haben dem Tausch ja nicht zugestimmt und durch Vereinbarungen Dritter können für sie nach der Theorie keine Verpflichtungen entstehen.
> Nehmen wir eine Bevölkerung von 80 Millionen Einwohnern an. Damit A auch gegenüber den 79.999.998 übrigen Individuen als Eigentümer des Sandackers auftreten kann, müsste er noch 79.999.998 weitere vertragliche Vereinbarungen schließen.
Also erst mal hat der Käufer ein Dokument, dass ihm vom Vorbesitzer das Eigentum bescheinigt. Ich gehe also davon aus, dass der neue Eigentümer seinen Eigentumsanspruch begründen kann.
Wer soll denn jetzt dem "Eigentümer" sein "Eigentum" wie ernsthaft streitig machen?
Sobald jemand das nicht akzeptiert, also gegen den Eigentümer interveniert, müsste er die Norm "Eigentum an Grundstücken durch Kauf" als falsch und "Eigentum an Grundstücken durch Wegnehmen" als richtig erklären. Käme der damit durch, dann würde das zu einer Gesellschaft führen, in der 80 Mill. Menschen sich ihr Eigentum gegenseitig wegnehmen. Das ist aber höchst unwahrscheinlich zumal sich immer der Wegnehmende erhebliche Grenzkosten (Ärger durch die "Eigentümer" und Ärger durch Leute, die der Norm folgen "Eigentum wieder herstellen ist richtig" ) einhandelt und der Friedliche überhaupt keinen Konflikt befürchten muss, es sei denn da wären Leute, die nach der Norm "wieder zurück genommenes Eigentum wieder zurück wegnehmen ist richtig" handeln. Die würden sich aber in ziemlich sinnlosen Handlungen verlieren, so dass (außer im Sozialismus oder in Machtmonopolen) überhaupt kein ökonomisches Interesse bestehen kann, dass so etwas passieren könnte.
> Das kann wohl nicht sein. Wo interpretiere ich die Deine Vertragsgesellschaft falsch?
> In einer für alle 80 Millionen verbindlich geltenden normativen Ordnung, die Regelungen enthält, wie Eigentum an Grundstücken erworben werden kann, wie es auf andere übertragen werden kann und wie man sich als Eigentümer ausweisen kann, besteht dies Problem nicht. Soviel zu Deiner Frage nach Alternativen.
" Eigentum" ist ja schon ein normative Ordnung, die aus sich heraus gilt, also apriotisch ist. Hättest Du Hoppe's Eigentumstheorie besser studiert, dann wüßtest Du das noch.
http://www.mises.de/texte/Hoppe/Eigentum/Kapitel4/index.html
Gruß
RD
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Titel: Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile
Beitrag von Alltag am 23. Aug. 2004, 21:59 Uhr
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:-) Hallo allseits,
Das Ganzez = Die Gesellschaft;
Die Teile = Die Individuen;
Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.
Wie ist in der Konsenstheorie <Die Gesellschaft> zu betrachten? - Greift die Summe der Verträge nicht zu kurz?
Danke & Gruss --- Euer gesellschaftliche Alltag [spin] [spin] [spin]
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 23. Aug. 2004, 22:44 Uhr
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> Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.
?
> Wie ist in der Konsenstheorie <Die Gesellschaft> zu betrachten? - Greift die Summe der Verträge nicht zu kurz?
Wieso? Es gibt einen Markt an dem die Teilnehmer zum gegenseitigen Nutzen ihre Arbeitsteilung organisieren.
Wo ist das ökonomische Problem?
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 24. Aug. 2004, 17:59 Uhr
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Hallo Ragnar,
Deinen Hoppe habe ich studiert. Ich halte seine Theorie allerdings für falsch. Welche Eigentumsordnung gewählt werden soll, kann unmöglich aus den Voraussetzungen einer gewaltfreien Argumentation abgeleitet werden, auch nicht "apriotisch".
Wenn jemand mir gegenüber mit dem Anspruch auftritt, "Recht" zu haben mit seiner Behauptung, und wenn dieser Anspruch mehr sein soll als die bloße Forderung, ich solle der behaupteten Aussage glauben bzw. der behaupteten Norm gehorchen, dann muss ich seine Behauptung auch einsehen können. Dann muss es Gründe für diese Behauptung geben, die ich nachvollziehen und akzeptieren kann.
Und wenn jemand mit dem Anspruch auftritt, mit seinen Behauptungen "allgemein", d. h. gegenüber jedem beliebigen Individuum "Recht" zu haben, und wenn dieser Anspruch mehr sein soll als die Verkündung eines Dogmas, dann muss es Gründe für diese Behauptung geben, die jedes beliebige Individuum nachvollziehen und akzeptieren kann.
Aus diesem Anspruch auf eine zwanglose, allein auf Gründen beruhende Zustimmung durch die andern, der in jedem Anspruch auf "Wahrheit" (" Allgemeingültigkeit", "Richtigkeit", "Vernünftigkeit" ) unausgesprochen enthalten ist, lassen sich bestimmte Regeln der Argumentation ableiten.
Wenn ich einen Wahrheitsanspruch einlösen will, dann sind z. B. Drohungen, Lügen, unverständliche bzw. mehrdeutige Sätze, nicht intersubjektiv nachvollziehbare Eingebungen, Gefühle oder Wünsche sowie widersprüchliche Behauptungen keine geeigneten Argumente, weil mit ihnen keine zwanglose, dauerhafte und allgemeine Zustimmung erreicht werden kann.
Aus dem im Wahrheitsanspruch enthaltenen Anspruch auf zwanglose Einsichtigkeit lassen sich so zwar Kriterien oder Regeln für die Argumentation gewinnen, nicht jedoch Normen für das Zusammenleben der Menschen, das ja nicht nur aus Diskussionen besteht.
Dies gilt für Eigentumsrechte wie auch für die Frage, ob man in bestimmten Situationen einem andern die Unwahrheit sagen oder ihn mit Gewalt an einer Handlung hindern darf.
Wenn jemand erklärt, dass er auf Drohungen und Lügen in seiner Argumentation nicht verzichten will, dann hat er damit offenbart, dass es ihm nicht um Wahrheit geht sondern um die Überredung zu einem Dogma. Damit scheidet er als Teilnehmer erkenntnisorientierter Diskussionen aus.
Aber daraus folgt nicht, dass deshalb in ANDEREN Situationen das bewusste Sagen der Unwahrheit oder Drohungen nicht zulässig sein können.
Dies ist logisch auch nicht möglich, da hier völlig neue Bedeutungsgehalte auftauchen. Durch logische Schlussfolgerung kann man zwar neue Aussagen gewinnen, aber der Bedeutungsgehalt dieser Aussagen muss immer implizit bereits in den Prämissen enthalten gewesen sein.
Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, wenn es akzeptable Argumente und Begründungen dafür gibt. Der Verweis auf irgendwelche Texte, in denen diese Begründung bereits erfolgreich durchgeführt sein soll, ist für mich jedoch kein geeignetes Argument.
Ich muss dann erstmal in dem Text das aussondern, was nicht zur gestellten Frage gehört. Dann muss ich den - nicht immer klaren - Gedankengang des Autors rekonstruieren. Und am Ende muss ich mir womöglich anhören, ich hätte den Autor gar nicht richtig verstanden.
Vielleicht ist es Dir deshalb möglich, die einzelnen gedanklichen Schritte, die Hoppe bei seiner Begründung des Eigentums macht, deshalb hier kurz zu referieren.
Mit dem Leitsatz "Mehr Kritik an Behauptungen – weniger Kritik an denen, die sie aufstellen" grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 25. Aug. 2004, 10:05 Uhr
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Hallo Eberhard
> Deinen Hoppe habe ich studiert. Ich halte seine Theorie allerdings für falsch. Welche Eigentumsordnung gewählt werden soll, kann unmöglich aus den Voraussetzungen einer gewaltfreien Argumentation abgeleitet werden, auch nicht "apriotisch".
Das ist eine krasse Missinterpreation von dem, was Hoppe oder ich sagen will. Es geht doch nicht darum, dass man sich ein fertiges BGB apriotisch ableitet, sondern darum, dass man über ein Verständnis der Begrifflichkeit Prinzipien erkennt, worum es überhaupt geht. Hoppe macht das mit Schwerpunkt über den Begriff "Eigentum". Ich mache es mit Schwerpunkt über den Begriff "Konsens". Aber bei beidem wird doch klar, dass hier keine neuen Gesetzbücher entstehen, sondern nur elementare Normen herausgestellt werden, die in der derzeit bekannten realen Welt gar keine Beachtung finden. Eine zentrale Norm ist, dass man keine Gewalt initiieren darf. Oder andersrum: Du darfst alles machen, was keine Gewalt initiiert.
Ich weiß nicht, ob ich Dich jetzt richtig verstehe, aber ich glaube, Du möchtest nun dieses weiter einschränken und den gewaltfreien Bereich weiter normieren. Was soll das dann aber bitteschön anders bedeuten als die "Freiheit" einzuschränken?
Außerdem ist es befremdend für mich, wenn Du den Begiff "a priori" ablehnst, in dem Du behauptest man könne daraus nichts ableiten. Hoppe leitet daraus das Eigentum am eigenen Körper ab. Man muss dem nicht folgen, aber ebenso könnte ich skeptizistisch den Satz des Pythagoras ablehnen. Deshalb müßstetst Du Dich hier mal klarer äußern.
> ...
> Aus dem im Wahrheitsanspruch enthaltenen Anspruch auf zwanglose Einsichtigkeit lassen sich so zwar Kriterien oder Regeln für die Argumentation gewinnen, nicht jedoch Normen für das Zusammenleben der Menschen, das ja nicht nur aus Diskussionen besteht.
Alles korrekt. Aber warum das Bedürfnis hier alles zu determinieren zu müssen? Unzählige Dinge des Lebens sind nun mal subjektiv. Der Konsens ist ein Mittel diese Dinge zu objektivieren. Oder Order-de-mufti ist es. Ironischerweise gibt es dafür den rechtstaatlichen Begriff "objektives Recht".
Kennst Du noch ein anderes Mittel???
> Wenn jemand erklärt, dass er auf Drohungen und Lügen in seiner Argumentation nicht verzichten will, dann hat er damit offenbart, dass es ihm nicht um Wahrheit geht sondern um die Überredung zu einem Dogma. Damit scheidet er als Teilnehmer erkenntnisorientierter Diskussionen aus.
Ist das kein a proiri?
> Aber daraus folgt nicht, dass deshalb in ANDEREN Situationen das bewusste Sagen der Unwahrheit oder Drohungen nicht zulässig sein können.
> Dies ist logisch auch nicht möglich, da hier völlig neue Bedeutungsgehalte auftauchen. Durch logische Schlussfolgerung kann man zwar neue Aussagen gewinnen, aber der Bedeutungsgehalt dieser Aussagen muss immer implizit bereits in den Prämissen enthalten gewesen sein.
> Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, wenn es akzeptable Argumente und Begründungen dafür gibt. Der Verweis auf irgendwelche Texte, in denen diese Begründung bereits erfolgreich durchgeführt sein soll, ist für mich jedoch kein geeignetes Argument.
Wie gesagt, gehts es darum nicht.
> Ich muss dann erstmal in dem Text das aussondern, was nicht zur gestellten Frage gehört. Dann muss ich den - nicht immer klaren - Gedankengang des Autors rekonstruieren. Und am Ende muss ich mir womöglich anhören, ich hätte den Autor gar nicht richtig verstanden.
Im Moment ist mir DEIN Gedankengang nicht klar.
> Vielleicht ist es Dir deshalb möglich, die einzelnen gedanklichen Schritte, die Hoppe bei seiner Begründung des Eigentums macht, deshalb hier kurz zu referieren.
Das hatten wir schon in dem ersten Thread und es macht m.E. auch keinen Sinn, weil sich "Eigentum" auf den Begriff "Konsens" zurückführen lässt. Eine Eigentumstheorie ist letztlich eine Konsenstheorie. "Eigentum" ist dabei nur die sinnvolle Idee nach effizientem konfliktfreiem Umgang.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 25. Aug. 2004, 22:23 Uhr
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Hallo Ragnar,
Du hattest geschrieben:
" 'Eigentum' ist ja schon ein normative Ordnung, die aus sich heraus gilt, also apriotisch ist. Hättest Du Hoppe's Eigentumstheorie besser studiert, dann wüßtest Du das noch."
Daraufhin habe ich geschrieben:
" Vielleicht ist es Dir … möglich, die einzelnen gedanklichen Schritte, die Hoppe bei seiner Begründung des Eigentums macht, … hier kurz zu referieren."
Darauf hast Du geschrieben:
" Das hatten wir schon in dem ersten Thread und es macht m.E. auch keinen Sinn, weil sich 'Eigentum' auf den Begriff 'Konsens' zurückführen lässt."
Da Du auf meinen Vorschlag also nicht eingehst, müssen wir anders verfahren.
Du schreibst zu Deiner Methode, dass "über ein Verständnis der Begrifflichkeit" Prinzipien erkannt werden. Dabei werden "elementare Normen" herausgestellt. "Eine zentrale Norm ist, dass man keine Gewalt initiieren darf."
Also meine Frage an Dich: "Warum darf man keine Gewalt initiieren?"
Damit wir nicht aneinander vorbeireden: Unter "initiieren" verstehe ich soviel wie "den Anstoß zu etwas geben". "Gewalt" ist ein schillernder Begriff. Ich verstehe darunter grob gesprochen "die Verletzung des Körpers oder direkten körperlichen Zwang gegen den Willen des Betreffenden".
" Initierung von Gewalt" wäre dann in etwa "der erstmalige Einsatz von körperlich verletzenden oder freiheitsberaubenden Mitteln gegen den Willen des Betreffenden".
Wenn Du darunter etwas anderes verstehst, dann solltest Du Deine Definitionen einbringen.
Also "Warum darf man keine Gewalt initiieren?"
fragt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 25. Aug. 2004, 23:15 Uhr
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> Also "Warum darf man keine Gewalt initiieren?"
Weil "Gewalt initiieren" und "dürfen" eine sinnlose Diskussion ist.
Du kannst keinen Konsens mit Gewalt finden.
Ohne Konsens hast Du keine Erlaubnis zum Dürfen.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 27. Aug. 2004, 08:21 Uhr
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Hallo Ragnar,
Ich hatte die Begriffe "Gewalt" und "initieren" provisorisch definiert und Dich gefragt: "Warum darf man keine Gewalt initiieren?"
Deine Antwort in Form der drei dürren Sätze verstehe ich so, dass für Dich diese Frage widersinnig ist. Eine Erlaubnis zum Initiieren von Gewalt kann es nicht geben, weil nur Handlungen erlaubt sind, die die Zustimmung des Betroffenen (Konsens) haben. Die Anwendung von Gewalt gegen jemanden ist aber definitionsgemäß etwas, was gegen den Willen des Betroffenen erfolgt, also ohne seine Zustimmung.
Damit stellt sich die weitere Frage: Warum sind nur Handlungen erlaubt, die die Zustimmung des Betroffenen haben?
In der Hoffnung, dass wir der Sache auf den Grund kommen (es geht ja um "Begründungen" ),
grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 27. Aug. 2004, 10:53 Uhr
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Hallo Eberhard
> Damit stellt sich die weitere Frage: Warum sind nur Handlungen erlaubt, die die Zustimmung des Betroffenen haben?
Es stellt sich die Frage: Warum sind ZUSTIMMUNGSLOSE GEWALTINITIIERENDE Handlungen NICHT erlaubt?
Oder:
Warum darf (dürfen = mit Zustimmung) man keine Gewalt intiieren?
Ich halte das für selbsterklärend und lasse Dich mal damit allein.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 27. Aug. 2004, 20:39 Uhr
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Hallo allerseits,
es geht um die Suche nach einsichtig begründeten Regelungen für unser Handeln. Dazu will ich versuchsweise folgende These zur Diskussion stellen:
" Einsichtig begründet" ist eine bestehende normative Regelung dann, wenn es keine andere mögliche Regelung gibt, bei der jemand besser gestellt wird, ohne dass dabei zugleich jemand anders vergleichsweise schlechter gestellt wird.
Das heißt: Es ist für ein Individuum akzeptabel, dass nicht diejenige Regelung gewählt wird, die für das betreffende Individuum am vorteilhaftesten ist. Wo es um Normen geht, die für alle akzeptabel sind, kann niemand auf der maximalen Befriedigung seines eigenen Interesses bestehen.
Aber es ist nicht akzeptabel, wenn eine Regelung nicht gewählt wird, die für ein Individuum eine Verbesserung darstellt, ohne dass dadurch für jemand anders eine vergleichsweise größere Verschlechterung eintritt.
Darin ist logisch impliziert, dass erst recht eine bestehende normative Regelung nicht einsichtig begründet ist, wenn es eine andere mögliche Regelung gibt, die für jemanden eine Verbesserung darstellt, ohne dass dadurch jemand anders schlechter gestellt wird.
Wenn man dies Kriterium auf konkrete moralisch-rechtliche Probleme anwendet, kommt man zu folgenden Resultaten:
Wenn ich gerne Haschisch rauche und dies weder mir noch irgendjemand anders einen Schaden zufügt, so ist ein Verbot von Haschisch nicht gerechtfertigt.
Statt "Haschisch rauchen" kann man auch einsetzen "pornographische Bilder ansehen" oder "sexuelle Selbstbefriedigung praktizieren".
Stimmt das? fragt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 27. Aug. 2004, 21:51 Uhr
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Warum solltest Du Dir keinen "Schaden" zufügen dürfen?
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 29. Aug. 2004, 10:21 Uhr
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Hallo Ragnar,
Du fragst: "Warum solltest Du Dir keinen Schaden zufügen dürfen?"
Allgemeiner und etwas umformuliert stellst Du die Frage:
" Darf ein Individuum sich selber einen Nachteil zufügen?"
Gesucht wird die "RICHTIGE" Antwort auf diese Frage, was bedeutet, dass die Antwort FÜR JEDES Individuum gelten soll (" intersubjektive Geltung" ) und dass die Antwort DAUERHAFT gelten soll (" intertemporale Geltung" ).
Zusätzlich wird eine Begründung der Antwort verlangt. Das heißt, dass der intersubjektive und intertemporale Geltungsanspruch durch intersubjektiv und intertemporal nachvollziehbare Argumente eingelöst werden soll.
Zuvor muss jedoch sichergestellt werden, dass für alle Beteiligten die Frage auch dieselbe ist. Dies setzt voraus, dass die darin vorkommenden Worte für alle dieselbe Bedeutung haben.
Bei der hier gestellten Frage könnte die Bedeutung des Wortes "Nachteil" uneinheitlich sein.
Unter einem "Nachteil" (für ein bestimmtes Subjekt) soll hier verstanden werden: eine von dem betreffenden Subjekt – bei Berücksichtigung aller Umstände - abgelehnte Veränderung seiner Lebensverhältnisse.
Wenn jemand z. B. 100 Euro weniger besitzt als vorher, so ist das für ihn ein Nachteil, sofern er lieber mehr als weniger Geld besitzt.
Dann würde die anfangs gestellte Frage lauten:
" Darf ein Individuum eine Veränderung seiner Lebensverhältnisse herbeiführen, die es selber ablehnt?"
In dieser expliziten Formulierung klingt die Frage paradox, denn wer macht etwas, dessen Folgen er selber ablehnt?
Handlungen mit nachteiligen Folgen für einen selbst sind normal, wenn die nachteiligen Auswirkungen durch größere Vorteile aufgewogen werden. In diesem Fall "steht" das Individuum zu seiner Entscheidung und bereut diese auch nach Eintreffen der nachteiligen Folgen nicht.
Handlungen zum eigenen Nachteil sind außerdem natürlich ohne weiteres möglich, wenn der Handelnde diese gar nicht kennt.
Sie sind außerdem dann möglich, wenn der Handelnde die Auswirkungen seines Handelns auf sich selbst zwar kennt,
- die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens jedoch zu gering einschätzt (" Warum sollte es gerade mich treffen?" )
- die Zeitdauer bis zu ihrem Eintreten aber zu lang einschätzt (" Das kann noch ewig dauern, bis es so weit ist" )
- jedoch insofern "kurzsichtig" ist, als ihm die gegenwärtigen Vorteile im Verhältnis zu den späteren Nachteile als viel größer erscheinen (" Das wird schon nicht so schlimm werden" )
- sie jedoch nicht berücksichtigen kann, weil er "willensschwach" ist oder sogar zwanghaft handelt aufgrund einer Sucht (" Ich kann es einfach nicht lassen. Die Sucht ist stärker als ich" )
- diese jedoch unbewusst akzeptiert, weil er unter übergroßen neurotischen Schuldgefühlen leidet und deshalb einen Drang zur Selbstbestrafung und Selbstzerstörung hat (" Ich bin schlecht. Ich verdiene es nicht anders" ).
In diesen Fällen kann das betreffende Individuum sein eigenes Handeln langfristig selber nicht akzeptieren und sagt zu sich: "Hätte ich doch anders gehandelt!" Es gibt in diesen Fällen allgemein nachvollziehbare Gründe für die normative Behauptung "Individuum A hätte dies nicht tun sollen."
Daraus folgt jedoch nicht automatisch, dass irgendein anderes Individuum das Recht hätte, A an dieser Handlung zu hindern.
Soweit meine Meinung dazu. Es grüßt Dich und alle Philtalk-Leser Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 31. Aug. 2004, 18:35 Uhr
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Hallo allerseits,
mir ist noch einmal die Kritik an dem Projekt "allgemein konsensfähige Normen (er)finden" durch den Kopf gegangen, die auf das Fazit "utopisch" hinauslief.
Wie "realitätsfern" ist das Projekt? Wie ist das Verhältnis zur Wirklichkeit?
Wenn man real geltende Normen daraufhin befragt, ob es zu ihnen Alternativen gibt, die eher auf allgemeine Zustimmung rechnen könnten, so muss man dazu Annahmen über die Interessen der verschiedenen Individuen und über deren Gewichtung machen (" Was wollen die Beteiligten?" ), man muss Annahmen über die Auswirkungen bestimmter Handlungen machen (" Ist der Konsum von Haschisch gesundheitsschädigend?" ) und man muss Annahmen über die Motivation der Individuen machen (" Welcher Anreiz muss da sein, damit die Beteiligten sich der Norm entsprechend verhalten?" ).
(Wenn jemand meint, ohne Annahmen über das Verhalten der Beteiligten auszukommen, wie offenbar Ragnar dies tut, so bleibt die so hoch bewertete neue soziale Ordnung weithin unbestimmt. Dann ist aber eine begründete Entscheidung für diese Ordnung unmöglich.)
Insofern die Annahmen nicht völlig sicher sind, ist auch die Begründung von Normen unter Verwendung dieser Annahmen nicht sicher.
Aber selbst wenn jemand vollkommen davon überzeugt ist, dass die Regelung N1 eher dem entspricht, was die Beteiligten wollen, als die geltende Regelung N2, so folgt daraus nicht, dass die "bessere" Norm N1 damit automatisch für sein praktische Handeln verbindlich wird.
Denn wenn jeder gemäß seinen persönlichen Überzeugungen von der besten sozialen Ordnung handelt, gibt es keine soziale Koordination. Ohne Koordination der individuellen Handlungen gibt es jedoch viele vermeidbare Konflikte und die Vorteile der Zusammenarbeit (Spezialisierung, Arbeitsteilung, Summierung der Kräfte etc.) können nicht genutzt werden.
Dazu ein Beispiel. 5 Leute sollen ein Klavier in das 3. Stockwerk tragen. Jeder der Fünf hat gut begründete Vorstellungen davon, wie man dies am besten bewerkstelligt. Wenn jedoch jeder ohne Absprache mit den andern Beteiligten loslegen würde, würde sich das Klavier nicht eine einzige Stufe aufwärts bewegen. Die Fünf würden sich gegenseitig behindern und womöglich sogar gefährden. Selbst wenn alle das gleiche bewährte Konzept im Kopf hätten, müsste zumindest jemand die Plätze zum Tragen einteilen und "Hau – Ruck!" rufen.
Allein durch Erkenntnis – und sei es die beste – kann also keine Norm verbindlich gemacht werden. Dazu sind Institutionen und Verfahren notwendig, die die jeweiligen Normen für alle Beteiligten verbindlich "in Kraft" setzen.
Deshalb sind inhaltliche Bestimmungen der "besten" Normen jedoch nicht sinnlos. Denn wenn man nicht würfeln will – was bei gleich guten Alternativen sinnvoll ist – so muss die normsetzende Instanz ja entscheiden, welche Normen sie in Kraft setzt. Hier ist der Ort, wo die hier angestellten Überlegungen in die Praxis einfließen können. Und diesen Ort gibt es – im Unterschied zum Land "Nirgendwo".
Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 01. Sept. 2004, 11:41 Uhr
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... It is through such thinking that organizations that began as cooperative mechanisms, as means for the accomplishment of shared individual ends, become ends in themselves, or institutions. An institution is an organization that has become its own reason for being, transcending the interests of those who comprise the organization. Instead of fostering cooperation, it resorts to coercion; instead of being responsive to changes within its environment, it forces changes upon that environment; instead of being controlled by its members, it insists on controlling its constituency. It ceases to be an agency, in other words, and becomes the principal. ...
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 03. Sept. 2004, 15:10 Uhr
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Hallo allerseits,
ich habe hier die Meinung vertreten, dass Normen dann allgemein akzeptabel sind, wenn sie aus einer unparteiischen Abwägung der Interessen aller Beteiligten hervorgehen.
Damit ist die Ethik kein Bereich der "reinen Vernunft", denn die Bestimmung der Interessen setzt immer auch die Beantwortung faktischer Fragen voraus wie z. B.: Was sind die Ursachen bestimmter Probleme? Welche Folgen hat ein bestimmtes Handeln? Wer ist von einer Regelung betroffen? Wie ist er betroffen? Wie verhalten sich Menschen unter bestimmten Bedingungen? Wie können sie dazu motiviert werden, bestimmte Handlungen zu tun und andere zu unterlassen?
Hinzu kommen die methodisch noch wenig geklärten Probleme der Gewichtung von Interessen verschiedener Individuen, ein Problem, das die Juristen auch als "Güterabwägung" kennen und die Ökonomen als "interpersonalen Nutzenvergleich".
Trotz der Fortschritte in den Erfahrungswissenschaften lassen sich manche dieser Fragen nicht mit Gewissheit beantworten. Man denke etwa an die Diskussion über die (Un)Schädlichkeit von Haschisch. Folglich bleiben auch unterschiedliche moralische Vorstellungen rational vertretbar. Auch dort, wo die Antworten gleichwertig sind (" Soll man links oder rechts fahren?" ), ergibt die inhaltliche Diskussion kein eindeutiges Resultat.
Der verbleibende Dissens und die verbleibende Ungewissheit in entscheidungsrelevanten Fragen machen zusätzlich zur inhaltlichen Diskussion der Normen einen Beschluss und ein ausdrückliches In-Kraft-Setzen der Normen als "verbindlich" erforderlich.
(Damit überschreiten wir den traditionellen Bereich der Ethik und bewegen uns im Bereich der Politik und des Rechts. Aber es erscheint nicht sinnvoll, deswegen den Standort dieser Diskussion zu wechseln.)
Wie verbindliche Normen gesetzt werden und welche Institutionen mit welchen "Ämtern" welche Bereiche normativ regeln, das macht die "Verfassung" einer Gesellschaft aus.
Da Verfassungen unterschiedlich sein können, müssen auch hier Entscheidungen getroffen werden. Damit verschiebt sich die Frage: es wird nicht mehr nach den inhaltlich "besten" Normen für das Handeln gefragt, sondern nach den am besten geeigneten Verfahren der Normsetzung. Die Bewertung der Verfahren richtet sich dabei nach deren Resultaten, also nach der inhaltlichen Qualität der gesetzten Normen.
Hier will ich erstmal unterbrechen, bevor ich die Frage stelle, welchen Kriterien eine allgemein akzeptable Verfassung genügen muss.
Bis dann Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 10. Sept. 2004, 15:37 Uhr
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Hallo allerseits,
im Park sagt Rentner Müller zu einer Gruppe, die auf dem Rasen lagert und Picknick macht: "Auf dieser Wiese sollten Sie nicht grillen!" Die Grillfreunde fragen zurück: "Und warum dürfen wir hier nicht grillen?"
Rentner Müller kann diese Frage nach der Begründung der von ihm vertretenen Norm auf zweierlei Weise begründen. Er könnte einmal sagen: "Wo gegrillt wird, bleibt erfahrungsgemäß immer viel Müll zurück und außerdem wird der Rasen davon auch nicht gerade besser". Dies wäre eine INHALTLICHE Begründung.
Dagegen könnten die Grillfreunde argumentieren und z. B. sagen: "Also hören Sie mal! Wir haben unsern Abfall noch nie einfach zurückgelassen. Außerdem kann der Rasen schon mal vertragen, dass hier gegrillt wird."
Rentner Müller wird klar, dass er mit inhaltlichen Argumenten bei den Grillfreunden keine Einsicht in die Berechtigung des Grillverbots herbeiführen wird. Deshalb wechselt er die Art der Begründung: "Ich will mich hier mit Ihnen hier lange herumstreiten. Sehen Sie nicht das Schild hier?! Da steht drauf: Geschützte Grünanlage nach dem Gesetz usw."
Damit gibt er eine FORMALE oder VERFAHRENSMÄSSIGE Begründung der Norm und hofft, damit eher durchzudringen.
Gewöhnlich endet eine normative Diskussion mit dem Verweis auf geltendes Recht. Darin liegt die besondere "friedensstiftende" Kraft des Rechts, dass es jenseits von unterschiedlichen normativen Meinungen bzw. moralischen Überzeugungen der Individuen Geltung beansprucht.
Was ist, wenn die Grillfreunde diesen besonderen Anspruch der Rechtsordnung nicht akzeptieren sondern auf der inhaltlichen Ebene entgegnen: "Das mag ja gesetzlich verboten sein, hier zu grillen, aber wenn das so ist, dann ist das ein unsinniges Gesetz, um das wir uns deshalb nicht scheren werden."
Rentner Müller ist fassungslos und am Ende seines Lateins; "Dann muss ich wohl die Polizei rufen!"
Damit hat er die Diskussion beendet, denn die Drohung mit der Polizei ist kein Argument für die Anerkennung des Grillverbots. Wie könnte er weiter argumentieren?
fragt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 14. Sept. 2004, 08:02 Uhr
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Hallo allerseits,
Ich will mal an Stelle von Rentner Müller argumentieren.
Die unterschiedlichen Überzeugungen hinsichtlich der Richtigkeit von Handlungen lassen sich nicht definitiv auflösen. Dies gilt erst recht, wenn es keine von allen geteilte und für alle verbindliche Weltanschauung (Religion, Ideologie) mehr gibt, die auch eine verbindliche Ethik enthält.
Damit fehlt eine verlässliche Grundlage für Konfliktlösung, Koordination, Kooperation und längerfristige Planungssicherheit. Dies sind aber – neben der inhaltlichen Gerechtigkeit des Normensystems - notwendige Bedingungen für das Gedeihen und Überleben von Gruppen und Individuen.
Jedes Individuum muss wissen, welche Normen für wen gelten, und es muss darauf vertrauen können, dass die betreffenden Individuen entsprechend handeln.
Dies erfordert eine anerkannte Instanz, die für eine bestimmte Menge von Individuen (" Rechtsgemeinschaft" ) Normen (" Recht" ) verbindlich setzt (" Gesetzgeber" ), auslegt (" Richter" ) und durchsetzt (" Vollzug" ).
D' accord? fragt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 15. Sept. 2004, 10:42 Uhr
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on 09/14/04 um 08:02:50, Eberhard wrote:Hallo allerseits,
Ich will mal an Stelle von Rentner Müller argumentieren.
Die unterschiedlichen Überzeugungen hinsichtlich der Richtigkeit von Handlungen lassen sich nicht definitiv auflösen. Dies gilt erst recht, wenn es keine von allen geteilte und für alle verbindliche Weltanschauung (Religion, Ideologie) mehr gibt, die auch eine verbindliche Ethik enthält.
Damit fehlt eine verlässliche Grundlage für Konfliktlösung, Koordination, Kooperation und längerfristige Planungssicherheit. Dies sind aber – neben der inhaltlichen Gerechtigkeit des Normensystems - notwendige Bedingungen für das Gedeihen und Überleben von Gruppen und Individuen.
Jedes Individuum muss wissen, welche Normen für wen gelten, und es muss darauf vertrauen können, dass die betreffenden Individuen entsprechend handeln.
So einfach ist das nicht. Normen werden ja ständig auf individuelle Lebenssituationen angepasst.
Quote:Dies erfordert eine anerkannte Instanz, die für eine bestimmte Menge von Individuen (" Rechtsgemeinschaft" ) Normen (" Recht" ) verbindlich setzt (" Gesetzgeber" ), auslegt (" Richter" ) und durchsetzt (" Vollzug" ).
Was willst Du jetzt primär? Vernünftige Normen oder einen Rechtsgesetzgeber, der Dir sagt, was Du darfst?
Mir scheint, Du hast eine fixe Idee (ein ideologisches Weltbild), mit der Du glaubst, (für Dich) vernünftige Normen erreichen zu können.
Und Du ignorierst permament, was ich Dir längst erklärt habe. Siehe Defintion Recht. Recht hat den Sinn sich bei Rechtstreue stark und bei Rechtsbruch schwach zu machen. Mit welcher "Institution" das durchgesetzt werden kann, ist da schon implizit enthalten.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 16. Sept. 2004, 22:09 Uhr
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Hallo Ragnar,
ich dachte mir, dass Du mit meinem Gedankengang und meiner Begrifflichkeit nicht einverstanden bist.
Ich kann Dir versichern, dass es mir weiterhin um "vernünftige" Normen geht.
Das Problem ist: Wenn kein dauerhafter Konsens hinsichtlich der für alle besten Normen erzielt wird, dann besteht die Gefahr, dass jeder von seine subjektiven Überzeugungen ausgeht und keiner weiß, wer wann wie handeln wird.
Wenn nicht feststeht, welche Normen zu verbindlichem "Recht" gemacht wurden, (" Welches sind die verbindlichen Normen?" ) und wer zur "Rechtsgemeinschaft" gehört (" Von wem kann normgerechtes Verhalten erwartet werden?" ), misslingt Koordination und Kooperation und es stellt sich keine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens her.
Deine Konzeption einer allein auf Verträgen zwischen Individuen basierenden Rechtsordnung führt zu einer in extremer Weise dezentralisierten Rechtssetzung (in Form der abgeschlossenen Verträge) und eine in immens viele "Mini-Rechtsgemeinschaften" (die jeweiligen Vertragspartner) aufgeteilte Rechtsordnung. Besondere Instanzen einer allgemein verbindlichen Normenauslegung (Gerichte) und Normdurchsetzung (Polizei) gibt es in Deiner Gesellschaft nicht.
Meine Bedenken in Bezug auf eine solche Ordnung habe ich bereits formuliert.
In einer traditionellen statischen Gesellschaft kann die Rechtsordnung übrigens sehr einfach sein. Es genügt eine seit unvordenklichen Zeiten überlieferte und religiös begründete Moral, die vom Häuptling oder Priester im Konfliktfall autoritativ ausgelegt wird. Zentrale Norm ist das Gewohnheitsrecht: So wie es bisher gemacht wurde, so ist es richtig.
Mittels dieser einfachen Institutionen kann Konfliktlösung, Koordination, Kooperation und Vertrauen in das Handeln der andern ermöglicht werden. Allerdings genügt das nicht in modernen, sich schnell ändernden Gesellschaften,
meint Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Ragnar D. am 17. Sept. 2004, 19:35 Uhr
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Hallo Eberhard
> Ich kann Dir versichern, dass es mir weiterhin um "vernünftige" Normen geht.
Erst an zweiter Stelle, wenn ich Dein letztes Posting berücksichtige.
> Das Problem ist: Wenn kein dauerhafter Konsens hinsichtlich der für alle besten Normen erzielt wird, dann besteht die Gefahr, dass jeder von seinen subjektiven Überzeugungen ausgeht und keiner weiß, wer wann wie handeln wird.
Der Punkt ist erstmal, dass es keine Normen gibt, die für alle am besten sind, wenn man nur von subjektiven Überzeugungen ausgehen kann.
> Wenn nicht feststeht, welche Normen zu verbindlichem "Recht" gemacht wurden, (" Welches sind die verbindlichen Normen?" ) und wer zur "Rechtsgemeinschaft" gehört (" Von wem kann normgerechtes Verhalten erwartet werden?" ), misslingt Koordination und Kooperation und es stellt sich keine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens her.
Deine These ist also, wenn kein Konsens zustande kommt in einer strittigen Frage, dann bedeute das "Kriegszustand" und Du meinst, es müsse dann irgendwas anderes als ein Konsens her, um diesen Kriegszustand zu verhindern. Habe ich das so richtig verstanden?
> Deine Konzeption einer allein auf Verträgen zwischen Individuen basierenden Rechtsordnung führt zu einer in extremer Weise dezentralisierten Rechtssetzung (in Form der abgeschlossenen Verträge) und eine in immens viele "Mini-Rechtsgemeinschaften" (die jeweiligen Vertragspartner) aufgeteilte Rechtsordnung.
Nein. Das muss keineswegs so sein. Es kann auch sein, dass sich in einer freien Gesellschaft ein einziger Standard für "Rechte" herausbildet, einfach deshalb, weil das so als praktisch angesehen wird und niemand ein Bedürfnis hat, an diesem Standard noch was zu drehen. Bestehen aber neben diesem Standard auch andere Methoden um Rechte zu gebrauchen, dann müssen diese irgendwie für die Probleme besser geeignet sein als ein preiswerter Standard. Das ist dann eine schnöde Frage der Ökonomie.
> Besondere Instanzen einer allgemein verbindlichen Normenauslegung (Gerichte) und Normdurchsetzung (Polizei) gibt es in Deiner Gesellschaft nicht.
Doch. Es gibt ja eine allgemein verbindliche Normenauslegung. Nur dass sich diese auf die Initiierung von Gewalt beschränkt.
Gruß
RD
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 17. Sept. 2004, 21:46 Uhr
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Hallo Ragnar,
man muss mit der Möglichkeit rechnen, dass es zu keinem Konsens der über Normen argumentierenden Individuen kommt, selbst wenn in der Methodik der Konsensfindung noch Fortschritte gemacht würden (wie ich stark hoffe).
Das Problem sind vor allem strittige empirische Fragen (" Schadet Haschisch dem Gehirn?" "Ist das Ozonloch die Folge von Abgasen?" ), auf die es mehrere wissenschaftlich vertretbare Antworten gibt. Dadurch bleiben u. U. auch mehrere Antworten auf normative Fragen rational vertretbar. Die Überzeugungen der Individuen hinsichtlich des richtigen Handelns decken sich dann nicht.
Auf dieser Grundlage ist kein rücksichtsvolles, kein koordiniertes und kein kooperatives Verhalten möglich. Konflikte bestehen fort und die Form ihrer Austragung kann sich bis zum Krieg, dem Kampf mit allen Mitteln, steigern.
Ich meine allerdings nicht, dass jetzt "irgendwas anderes als ein Konsens her (muss), um diesen Kriegszustand zu verhindern", wie Du vermutest. Es soll nicht IRGENDETWAS an Stelle des unsicheren rationalen Konsens treten, sondern eine möglichst GUTE VERFASSUNG.
Über die Kriterien für eine gute Verfassung sollten wir hier diskutieren.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 21. Sept. 2004, 06:31 Uhr
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Hallo an alle, die nach vernünftigen Regeln des Zusammenlebens suchen,
Der folgende Text stammt aus einer andern Runde, gehört aber eigentlich auch zum Thema dieser Runde.
Ich gebe zu, dass es hinsichtlich der Möglichkeiten einer Argumentation in moralischen Fragen noch viele ungelöste Fragen gibt (nicht zuletzt deshalb diskutieren wir ja hier), aber ich bin der Meinung, dass es unter dem Gesichtspunkt der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit bereits eine Reihe brauchbarer moralischer Argumente und einsichtiger Begründungen gibt.
Dazu gehören Argumente wie:
" Was wäre, wenn jeder so handeln würde wie Du? Das würdest Du doch auch nicht wollen"
oder
" Möchtest Du so behandelt werden, wie Du gerade sie behandelst? Das würdest Du doch auch nicht wollen"
oder
" Dann musst Du andern aber das gleiche Recht zugestehen, wie das, was Du Dir jetzt herausnimmst!"
oder
" Versetz Dich doch mal in meine Lage! Dann wärst Du sicherlich nicht mit dieser Regelung einverstanden"
oder
" Wenn ich dasselbe mit Dir machen würde, dann hättest Du schon lange protestiert"
oder
" Das schadet doch niemandem, warum soll ich es also nicht tun, wenn es mir gefällt?"
oder
" Du darfst nicht nur Deine eigenen Interessen im Auge haben. Denk auch mal an die Interessen der andern!"
oder
" Du darfst andern nicht mehr zumuten, als was Du selber bereit wärst zu ertragen!"
oder
" Auch Du könntest mal unverschuldet in eine solche Notlage kommen, und dann würdest Du doch auch erwarten, dass man Dir hilft"
oder
" Es gibt keinen Grund, Dich besser zu behandeln als andere. Auch nicht wegen Deiner schönen blauen Augen und auch nicht weil Du XYZ heißt"
oder
" Eine solche Regel lehne ich ab, weil sie mich ohne sachlichen Grund benachteiligt"
oder
" Damals hast Du in einem gleich gelagerten Fall aber ganz anders geurteilt"
oder
" Zwischen beiden Fällen gibt es relevante Unterschiede z. B. hinsichtlich der Zahl der Betroffenen. Deshalb kann man nicht beides über einen Kamm scheren."
oder
" Dies ist für Dich und mich geltendes Recht und jeder von uns hat sich daran zu halten, (es sei denn, Du hättest gute Gründe, die geltende Rechtsordnung insgesamt zu verwerfen.)
Dies sind alles moralische Argumente, die sich an einer allgemeinen Konsensfähigkeit orientieren und es ist ein Unterschied, ob eine moralische Position versucht, sich in dieser Weise allgemein akzeptabel und nachvollziehbar zu begründen oder nicht.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Wolfgang_Horn am 21. Sept. 2004, 09:14 Uhr
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Hi, Eberhard,
Quote:Der folgende Text..." Was wäre, wenn jeder so handeln würde wie Du?...
Zustimmung.
All das finde ich auch in dem uralten Rat: "Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu!" (" Quod tibi fieri non vis, alteri ne feceris!", römisches Sprichwort)
Eberhard, mit Deinem Text jetzt hast Du aber einen kleinen Wandel vollzogen, den ich für eine Art Fortschritt halte.
Von: "Welche Verhaltensregeln kann ich den Menschen predigen/aufzwingen, damit sie sich 'gut' verhalten?"
Zu: "Welche Denkweise kann ich den Menschen anraten, damit sie selbst diejenigen Verhaltensregeln finden, die sie für sich für 'gut' finden können?"
Das halte ich für einen Schritt der Aufklärung, von der Bevormundung der Kirche zur liberalen Denk- und Lebensweise.
In der der Einzelne aber auch mehr Verantwortung über sein Leben, sein Tun und Handeln übernehmen muss. Was mir die Mehrheit der Menschen zu scheuen scheint wie der Teufel das Weihwasser oder der Gläubige peinliche Fragen.
Ciao
Wolfgang Horn
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Titel: Re: Zu (er)finden: einsichtig begründete Normen
Beitrag von Eberhard am 01. Okt. 2004, 19:18 Uhr
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Hallo allerseits,
vorweg ein Wort zu Wolfgang: es geht und ging immer um allgemein konsensfähige Normen. Das sind solche Normen, für deren Richtigkeit es Argumente gibt, die von jedem "vernünftigen" Individuum nachvollzogen und geteilt werden können. Ich habe in meinem letzten Beitrag nur mal einige Bespiele für eine derartige, an der Herstellung eines gewaltfreien allgemeinen Konsens orientierte Argumente zusammengestellt.
Ich will aber noch mal zurückkehren zur Unterscheidung zwischen der Ebene der moralischen Überzeugungen, wo es um inhaltliche Richtigkeit (" Gerechtigkeit" ) von Normen geht, und der Ebene der verfahrensmäßigen Normsetzung, wo es um die Erzeugung verbindlicher Rechtsnormen geht.
Inhaltlich "richtig" unabhängig von Person und Zeitpunkt können nur Normen sein, die diesen Anspruch auf Allgemeingültigkeit auch durch Begründungen einlösen können, die grundsätzlich für jedermann jederzeit nachvollziehbar und teilbar sind, d. h. die jedem vernünftigen Individuum einsichtig gemacht werden können.
Normen, die in dieser Weise konsensfähig sein sollen, ergeben sich nur bei einer unparteiischen Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten. Die Berücksichtigung verschiedener Interessen erfordert neben der Abwägung ihrer Dringlichkeit auch die Kenntnis der bei den unterschiedlichen Regelungen jeweils zu erwartenden Folgen und deren Auswirkungen auf die Interessen der Beteiligten.
Trotz der Fortschritte in den Erfahrungswissenschaften lassen sich manche Fragen nach den zu erwartenden Folgen verschiedener Regelungen nicht mit Sicherheit beantworten. Man denke etwa an die Diskussion über die (Un)Schädlichkeit von Haschisch. Folglich bleiben auch unterschiedliche moralische Vorstellungen rational vertretbar und der Konsens stellt sich nicht ein. Aber auch dort, wo die zur Auswahl stehenden Regelungen gleichwertig sind (" Soll man links oder rechts fahren?" ), ergibt die inhaltliche Diskussion kein eindeutiges "gerechtes" Resultat.
Der verbleibende Dissens und die verbleibende Ungewissheit in entscheidungsrelevanten Fragen machen deshalb ein zusätzliches Entscheidungsverfahren und ein ausdrückliches "In-Kraft-Setzen" der Normen als "verbindlich" erforderlich.
Die Kluft zwischen der Regelung, die man persönlich für "inhaltlich richtig" hält, und der Regelung, die "verfahrensmäßig verbindlich" gesetzt wurde, ist nicht leicht auszuhalten und ist erst ein Produkt der europäischen Moderne (mit Vorläufern in der Antike.)
Die Trennung beider Ebenen ist zentral für den pluralistischen Verfassungsstaat, der einen Ausweg bot aus den Glaubenskriegen der in verschiedene Konfessionen zerfallenen christlichen Gesellschaft des Mittelalters.
Die pluralistische Demokratie mit ihrem Recht auf öffentliche Kritik und organisierte Opposition gegenüber der Regierung erfordert von den Staatsbürgern ein Aushalten dieser Kluft zwischen "richtig" und "verbindlich", eine Unterscheidung, die den traditionellen Religionen und Weltanschauungen eher fremd ist.
Dies ist einer der Gründe, warum die pluralistische Demokratie mit ihrer Trennung von Kirche und Staat nicht ohne weiteres exportierbar ist in Länder mit einer "fundamentalistischen" Kultur. Wo eine einzige Religion oder Ideologie das soziale Leben bestimmt, besteht die Tendenz, abweichende Positionen zu unterdrücken und die vorherrschenden Überzeugungen unmittelbar in staatliches Recht umzusetzen, sei es als christlicher oder islamistischer "Gottesstaat", sei es als gleichgeschaltete Gesellschaft unter dem Motto: "Ein Volk, ein Reich, ein Führer!", sei es als Staat unter der Führung einer Partei, die immer recht hat.
Es grüßt Euch Eberhard.
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