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Wahrheit VIII
PhilTalk-Diskussion
PhilTalk Philosophieforen
Theoretische Philosophie >> Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie >> Wahrheit
VIII
(Thema begonnen von: Eberhard am 22. Feb. 2005)
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Titel: Wahrheit VIII
Beitrag von Eberhard am 22. Feb. 2005, 23:11 Uhr
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Hallo allerseits,
Dies ist die Fortsetzung der Diskussion in Wahrheit VII.
Ich will nicht viel Worte machen. Es geht gegenwärtig u.a. um die Möglichkeit und die Notwendigkeit, "objektiv" wahre Aussagen zu machen.
Eine Bitte an alle, die hier mitmachen wollen:
Schreibt zum Thema, seid hart in der Sache, aber lasst persönliche Angriffe draußen vor! Es geht hier nur um die besseren Argumente, nicht um die besseren Menschen.
Weiterhin eine spannende und kreative Diskussion in Wahrheit VIII
wünscht sich Eberhard.
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Beitrag von Jean_Luc am 22. Feb. 2005
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Zitat:
Nun sind "Gehirnvorgänge", "neuronal", "Korrelat" zweifelsohne Begriffe. Kannst Du mir erklären, wie ein Gehirnforscher irgendeine Aussage über die physiologischen "Voraussetzungen" von Begriffen machen kann, OHNE BEREITS BEGRIFFE ZU GEBRAUCHEN?
Hättest du meinen Beitrag etwas genauer gelesen, dann hättest du gemerkt, dass ich diesem Punkt zustimme. Wenn wir etwas verstehen wollen und wenn wir Aussagen über irgendetwas machen wollen, dann sind Begriffe notwendig.
Aber deshalb prägen unsere kognitiven Strukturen dennoch unsere Erfahrungen. Und diese Strukturen sind vor den Begriffen da, denn wir wollen ja wohl nicht behaupten, dass ein Begriff einfach so entsteht und dann auch noch einen Gehirnprozess verursacht. Aufgrund dieser Strukturen bilden wir diese Begriffe auf eine bestimmte Weise.
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Beitrag von Hermeneuticus am 23. Feb. 2005
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Hallo Jean-Luc!
Quote: Aber deshalb prägen unsere kognitiven Strukturen dennoch unsere Erfahrungen. Und diese Strukturen sind vor den Begriffen da...
Woher weißt Du das? Woher weißt Du, dass dieses Wissen wahr ist?
Quote: ... denn wir wollen ja wohl nicht behaupten, dass ein Begriff einfach so entsteht und dann auch noch einen Gehirnprozess verursacht. Aufgrund dieser Strukturen bilden wir diese Begriffe auf eine bestimmte Weise.
Kannst Du diese angeblich "bestimmte Weise" näher erläutern? Kannst Du mir die Wissenschaftler nennen, die den kausalen Zusammenhang zwischen - unter gewissen experimentellen Voraussetzungen - beobachtbaren Gehirnprozessen und unseren Begriffen lückenlos beschrieben und ihre Beschreibung unwiderleglich bewiesen haben? - Ich bin gespannt.
Die Wahrheit ist: Mit "bestimmte Weise" ist nicht mehr gesagt als "irgendwie". Über diesen Zusammenhang gibt es nicht mehr als Vermutungen.
Wir hatten dieses Thema schon mehrmals in dieser langen Diskussion. Und was ich dazu ernsthaft behaupte, ist dieses: Was die Hirnforscher unter experimentellen Bedingungen herausfinden und dem so und so definierten Gegenstand "Gehirn" zuschreiben, ist abhängig von einem naturwissenschaftlichen Paradigma der Erklärung. Und die Geltung dieser Erkenntnisse beschränkt sich auf genau den Geltungsbereich dieses Paradigmas. Der Zusammenhang von Gehrinprozessen und Perzeptionen/Begriffen wird, wie sich anhand der grundlegenden Definitionen und Regeln der Gehirnforschung leicht zeigen ließe, davon nicht erfasst.
Um nur zwei Punkte zur Erläuterung zu nennen:
- Alle Gegenstände der naturwissenschaftlichen Beschreibung haben messbare raumzeitliche Eigenschaften. Haben Begriffe eine räumliche Ausdehnung? Offenbar nicht. Sie können also kein Gegenstand der naturwissenschaftlichen Forschung sein. (Umgekehrt gibt es aber keine naturwissenschaftliche Forschung ohne Begriffe ...)
- Alle naturwissenschaftlich beschreibbaren Vorgänge unterliegen kausalen Bedingungen. Von unserem Begriffsgebrauch kann man das schlecht behaupten. Denn sonst wären z. B. Regeln für den richtigen Gebrauch von Begriffen sinnlos. Wenn es aber einen Sinn haben soll, anhand logischer Regeln korrigierend in unsere Begriffsverbindungen einzugreifen, müssen wir auch in der Lage sein, diesen Regeln entweder aus Einsicht zu folgen oder gegen sie zu verstoßen. Handelte es sich bei unserem Begriffsgebrauch um ein kausal bedingtes Geschehen, wären logische Normen gegenstandslos.
Wie es also aussieht, haben wir es mit ganz unterschiedlich konstituierten Bereichen von Wirklichkeit zu tun. Zwar gibt es zwischen ihnen einen erkennbaren Zusammenhang. Aber dieser ist eben dergestalt, dass - nach wie vor - die Erkenntnisleistungen der Naturwissenschaften von unserem Begriffsgebrauch abhängig sind. Aufgrund dieses asymmetrischen Voraussetzungsverhältnisses müssen wir - bei Strafe der Paradoxie - darauf achten, dass wir keine empirischen Aussagen für wahr halten, die den Wahrheitsbedingungen dieser Aussagen den Boden entziehen.
Dies ist, was ich zu diesem Thema allen Ernstes behaupte.
Gruß H.
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Beitrag von jacopo_belbo am 23. Feb. 2005
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hallo hermeneuticus,
einiges von dem, was du schreibst versetzt mich in erstaunen.
Quote: Der Zusammenhang von Gehirnprozessen und Perzeptionen/Begriffen wird, wie sich anhand der grundlegenden Definitionen und Regeln der Gehirnforschung leicht zeigen ließe, davon nicht erfasst.
ich bin gespannt, auf die weitere erläuterung des behaupteten; ich bezweifele, dass sich so etwas leicht zeigen - also (wider- bzw.)belegen läßt.
Quote: Alle Gegenstände der naturwissenschaftlichen Beschreibung haben messbare raumzeitliche Eigenschaften. Haben Begriffe eine räumliche Ausdehnung? Offenbar nicht. Sie können also kein Gegenstand der naturwissenschaftlichen Forschung sein. (Umgekehrt gibt es aber keine naturwissenschaftliche Forschung ohne Begriffe...)
soll das ein argument sein?
hier scheint - in meinen augen - der (deutsche) philosophische dünkel durch, welcher die arbeit am begriff für wichtiger erachtet, als sich konkret mit naturwissenschaftlichen fragen auseinanderzusetzen.
wenn wir dem einwand stattgeben, begriffe seien kein gegenstand naturwissenschaftlicher forschung -was auch immer das heißen mag-, gegenstand welcher "forschung" sind sie dann; mit welchen methoden arbeitet sie? ich denke, mit solchen schein-argumenten sind wir am rande des obskurantismus angekommen, wo krampfhaft versucht wird, zu mystifizieren.
zugegeben, es ist längst nicht alles von naturwissenschaftlicher seite aus erklärt. und es ist nicht abzusehen, was und wieviel erklärbar sein wird. aber etwas per se für unerklärbar zu deklarieren, hat etwas ideologisch voreingenommenes.
Quote: Dies ist, was ich zu diesem Thema allen Ernstes behaupte.
vis comica
- mfg thomas
p.s.:
Quote: Nun sind "Gehirnvorgänge", "neuronal", "Korrelat" zweifelsohne Begriffe. Kannst Du mir erklären, wie ein Gehirnforscher irgendeine Aussage über die physiologischen "Voraussetzungen" von Begriffen machen kann, OHNE BEREITS BEGRIFFE ZU GEBRAUCHEN?
diese aufforderung entbehrt nicht einer gewissen komik ...
erklären sie bitte XYZ aber ohne ein wort zu verwenden. [cheesy]
p.p.s: vielleicht kommen wir in unserer diskussion weiter, wenn wir der aufforderung eberhards nachgehen, und uns über den terminus "objektiv" unterhalten.
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Beitrag von Dyade am 23. Feb. 2005
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Morgen allerseits,
@ thomas,
" soll das ein argument sein?
hier scheint - in meinen augen - der (deutsche) philosophische dünkel durch, welcher die arbeit am begriff für wichtiger erachtet..."
Thomas, es scheint so zu sein, dass die zurückliegende, etwas heftige Stimmung uns jetzt noch dazu führt, dass wir unsere Statements gegenseitig und unzulässig reduzieren. Ich lese das einfach nicht, was du aus Herm's Äußerung machst.
Er sagt nicht: alles ist nur "Arbeit am Begriff". Natürlich ist das eines der Kerngeschäfte philosophischer Reflexion. Aber ohne, dass naturwissenschaftliche Arbeit zu Schlussforderungen kommt, die sie als "wahr" hinstellt, und ohne dass wir alle "im Leben" offen oder verdeckt mit "Wahrheit" im weitesten Sinne operieren, hätte auch philosophische Reflexion keinen Gegenstand.
Dass du hier von "Dünkel" sprichst, verdreht etwas die Realität einer ja auch öffentlich geführten Debatte, in der Philosophie gegenüber sog. "harter" naturwissenschaftlicher Forschung und daraus resultierender Technologie aufgefordert wird ihre Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen. Bei dieser Debatte werden aber, ohne viel Federlesen, die Kriterien, unter denen dieser Beweis geführt werden soll, von naturwissenschaftlich/technologischer Seite formuliert. Dabei wird die "philosophische Geste" der Distanzgewinnung, als "Dünkel" missinterpretiert. Sie, die Distanzgewinnung, ist aber exakt der Augenblick, in dem philosophische Reflexion Atem holt um Leben zu können.
Ich muss gestehen, dass eine Diskussion über "Wahrheit, Heute!" genau an dieser Stelle überhaupt erst richtig interessant würde. Wenn wir endlich mit diesen "Sandkastenszenarien" aufhören und uns Fragen zuwenden würden wie der: Wer "hat" denn überhaupt noch "Wahrheit" angesichts von technisch / naturwissenschaftlichen Formationen, die, soziale Realität schaffend, jede Distanz zu sich selbst, auch als Kontrolle ihrer selbst, verloren haben? Es müsste doch auffallen, dass die unzähligen Ethikkommissionen, mit der naiven Vorstellung, sie könnten etwas lenken oder gar entscheiden eingesetzt, in Wirklichkeit nur im Status von Unfall-Sachverständigen fungieren. In diesem Kontext und in dieser Dimension wird eine Frage nach der "Wahrheit" überhaupt erst interessant.
Grüße Dyade
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Beitrag von Eberhard am 23. Feb. 2005
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Hallo allerseits,
zur wiederholt aufgeworfenen Frage nach der richtigen Verwendung von Beispielen in der (philosophischen) Diskussion.
Vorweg gesagt: Ich halte methodische Reflexionen über die Art und Weise, wie argumentiert werden kann und darf, nicht für Zeitverschwendung, sondern umgekehrt für unbedingt notwendig, wenn man bei den inhaltlichen Fragen vorankommen will.
Es geht um die methodische Empfehlung, alle Probleme an möglichst einfachen konkreten Beispielen zu demonstrieren und zu diskutieren.
Für ein solches Vorgehen spricht Folgendes:
Wenn etwas in allgemeinen Begriffen formuliert wird, dann wird damit etwas über eine Vielzahl von Fällen ausgesagt und es bedarf einer gewissen Anstrengung, sich klar zu machen, was da konkret ausgesagt wird.
Wenn generelle Aussage an einem konkreten Bespiel veranschaulicht werden, so erleichtert dies das Verständnis. Die "Erleichterung des Verständnisses" ist unter dem Gesichtspunkt des Lernens - aber auch unter dem Gesichtspunkt der Fruchtbarkeit von Diskussionen - ein anzustrebendes Ziel.
Um diese Empfehlung selber gleich umzusetzen, nehme ich als Beispiele einmal die folgenden generellen Aussagen aus unserer Diskussion:
" Eine Aussage über das Wahrgenommene legt ihren Gehalt über das unabhängig funktionierende Instrument der Wahrnehmung fest.
Eine Aussage über die Qualität einer Aussage gewinnt ihren Gehalt durch die Festlegung des menschlichen Geistes."
Dem Leser dieser Aussagen hätte es das Verständnis erleichtert, wenn das Gemeinte an zwei exemplarischen Aussagen veranschaulicht worden wäre. Denn in dieser generellen und abstrakten Form der Darstellung fällt es außerordentlich schwer, zu verstehen, was gemeint ist, und es fällt noch viel schwerer, die Aussagen zu überprüfen.
Vom Beispiel ist zu fordern, dass es tatsächlich ein Beispiel für die generelle Aussage ist und z. B. nicht eine unzulässige Vereinfachung des Sachverhalts darstellt.
Weiterhin sollte es möglichst einfach sein, damit man nicht unnötigen gedanklichen Aufwand betreiben muss, um das Beispiel zu verstehen und im Kopf zu behalten.
Unter diesem Gesichtspunkt eignen sich besonders solche Beispiele, die dem Hörer bereits bekannt sind. Dass die Beispiele "aus dem Leben" stammen müssen, halte ich nicht für sinnvoll. Da es in dieser Runde um wahre Aussagen, also um Erkenntnis und Wissen geht, mussten z. B. häufig Resultate der "Realwissenschaften" als Beispiele herangezogen werden.
Gegen die Benutzung von "Beispielen aus dem Leben" wird von Hermeneuticus eingewandt:
" Das Problem der Beispiele aus dem Leben liegt in ihrer Kontextgebundenheit, d. h. hier sind wir bereits "vorverständigt", gebrauchen eingespielte Begriffe für eingespielte Situationen, die dann wegen ihrer SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT den Schein der Allgemeingültigkeit mit sich führen. Es wird nämlich in diesen Beispielen gerade nicht auf die SELEKTIVITÄT ihres jeweiligen Horizonts geachtet."
Frage: Stimmt das?
Bei der Überprüfung einer derartigen generellen Aussage über "Beispiele aus dem Leben" kommt ein anderer Aspekt des Gebrauchs von Beispielen zum Tragen: Beispiele veranschaulichen nicht nur generelle Aussagen, sondern sie dienen auch zur Belegung oder Widerlegung genereller Aussagen. Bemerkenswert ist dabei die Asymmetrie, dass eine generelle Aussage zwar durch ein einziges Beispiel widerlegt werden kann, aber selbst durch mehrere Beispiele nicht bewiesen werden kann.
Es ist also kein methodisch unzulässiger infiniter Regress (wie Dyade meint), wenn man eine generelle Aussage überprüft, indem man einen der Fälle, für den die Aussage gelten soll, beispielhaft überprüft. Anders ist eine Überprüfung allgemeiner Aussagen rein logisch überhaupt nicht möglich.
Der Fall, der (von Hermeneuticus) als Beleg für die generelle These "Beispiele aus dem Leben achten nicht auf die Selektivität ihres jeweiligen Horizonts" angeführt wird, stammt leider aus einer anderen Diskussion und ist vom Text her sehr umfangreich. Es würde diese Diskussionsrunde sprengen, wenn ich hier mit der gleichen Ausführlichkeit weiter diskutieren wollte. Ich bin deshalb gezwungen, die mir zentral erscheinenden Aspekte des Falles herauszugreifen.
Im Zusammenhang mit der diskursiven Konsensfähigkeit von Normen wie "Töten ist verboten" wurde (von Hermeneuticus) die These aufgestellt:
" Ich kann nie WISSEN, ob andere mich verstehen, ich kann es nur GLAUBEN. Denn auch wenn sie zustimmen, ist damit ja nicht garantiert, dass sie den Gedanken, dem sie dabei zustimmen, auch tatsächlich so verstehen wie ich."
Gegen diese generelle Behauptung wurde (durch mich) folgendermaßen argumentiert:
" Wenn ich zu jemandem sage: 'Mach bitte die Tür zu!' und er steht danach auf und schließt die Tür, dann hat er mich offensichtlich verstanden."
Meines Erachtens ist das genannte Beispiel – auch wenn es aus dem Alltagsleben stammt – ein zulässiges Argument und eine Widerlegung der aufgestellten Behauptung. Die beiden Aussagen "Er hat die Tür zugemacht" und "Er hat die Kassiererin erschossen" sind in Bezug auf ihre Verständlichkeit nicht mit völlig anderen Maßstäben zu messen.
Diese Ausführungen zum Nutzen und Nachteil von Beispielen in der philosophischen Diskussion mögen dem einen oder anderen als zu detailliert und etwas "klein kariert" erscheinen. Aber wir müssen den einzelnen Kritiken möglichst genau nachgehen, damit nicht pauschale aber unzutreffende Kritiken eine rein rhetorische Wirkung entfalten können nach dem Prinzip: Etwas wird schon dran sein.
Es grüßt euch Eberhard.
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Beitrag von Jean_Luc am 23. Feb. 2005
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Aber deshalb prägen unsere kognitiven Strukturen dennoch unsere Erfahrungen. Und diese Strukturen sind vor den Begriffen da ...
Hermeneuticus:
Quote:Woher weißt Du das? Woher weißt Du, dass dieses Wissen wahr ist?
Wissen ist immer wahr, hast du das immer noch nicht verstanden? Das ist eine These der Biologie! An was soll ich mich denn sonst halten wenn nicht an die Erkenntnisse der Naturwissenschaften? Genau so gut könnte ich auch fragen, woher weißt du denn, dass es überhaupt Begriffe gibt.
Hermeneuticus:
Quote:Was die Hirnforscher unter experimentellen Bedingungen herausfinden und dem so und so definierten Gegenstand "Gehirn" zuschreiben, ist abhängig von einem naturwissenschaftlichen Paradigma der Erklärung. Und die Geltung dieser Erkenntnisse beschränkt sich auf genau den Geltungsbereich dieses Paradigmas.
Das macht doch jede Wissenschaft sogar die Philosophie. Was ist denn das Problem dabei? Diese Paradigmen werden ja benutzt, weil sie sich über lange Zeit bewährt haben. Und Kuhns These in Bezug auf Paradigmenwechsel halte ich für nicht sinnvoll. Normalerweise wird ein Paradigma nicht durch ein vollkommen Neues ersetzt, sondern nur modifiziert.
Hermeneuticus:
Quote:Alle Gegenstände der naturwissenschaftlichen Beschreibung haben messbare raumzeitliche Eigenschaften. Haben Begriffe eine räumliche Ausdehnung? Offenabr nicht. Sie können also kein Gegenstand der naturwissenschaftlichen Forschung sein.
Begriffe haben sehr wohl eine raumzeitliche Ausdehnung! Entweder als Token, oder als Gehirnvorgang und deshalb können sie auch Gegenstand naturwissenschaftlicher Forschung sein.
Dyade:
Quote:Wer "hat" denn überhaupt noch "Wahrheit" angesichts von technisch/naturwissenschaftlichen Formationen die, soziale Realität schaffend, jede Distanz zu sich selbst, auch als Kontrolle ihrer selbst, verloren haben?
Das interessiert doch keinen Menschen!
Sinvoller halte ich es schon Jacopo Belbo's Vorschlag anzunehmen
Quote: und uns über den terminus "objektiv" unterhalten.
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Beitrag von Eberhard am 23. Feb. 2005
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Hallo allerseits,
Dyade fragte,
" Wo sollen denn die Bedingungen herkommen, die es einem anderen erlauben, deine Begründungen nachzuvollziehen? Wie werden denn dann 'intersubjektive' GÜLTIGE Aussagen gestiftet?"
Meine erste Antwort lautete:
Durch intersubjektiv und intertemporal übereinstimmende Wahrnehmungen.
Jean-Luc fragte nach:
Wie kann es denn zu einer solchen Übereinstimmung kommen?
Bevor ich auf diese Frage antworte, möchte ich festhalten, dass die Beantwortung dieser Frage NICHT erforderlich ist, um die Welt zu erkennen.
Genauso wenig, wie es nötig ist, zu wissen, wie Erinnerung möglich ist, um sich zu erinnern.
Oder (auf die aktuelle Diskussion bezogen) genauso wenig, wie es nötig ist, zu wissen, wie Begriffsbildung möglich ist, um Begriffe bei der Formulierung von Erkenntnissen richtig zu verwenden.
Wie kann es nun zu intersubjektiv übereinstimmenden Wahrnehmungen kommen?
Die Wahrnehmungen von Subjekt A und Subjekt B nenne ich dann "übereinstimmend", wenn jedes der beiden Subjekte seine Wahrnehmungen durch Aussagen wiedergibt, denen der anderen aufgrund seiner Wahrnehmungen zustimmt.
Dies ist möglich, wenn beide Subjekte die gleiche Sprache sprechen bzw. Sprachen, die ineinander übersetzbar sind.
Wenn Subjekt A dem Subjekt B seine Sprache beibringt, dann zeigt es z. B. in eine bestimmte Richtung, um dessen Aufmerksamkeit dorthin zu lenken, und sagt "Wauwau". Dadurch verbindet sich eine bestimmte Wahrnehmung mit bestimmten Lauten. Dieser Vorgang: "Benennung einer aufmerksamen Wahrnehmung" wird wiederholt, bis das lernende Subjekt auch selber Wahrgenommenes als "Wauwau" bezeichnet.
Dies wird anfangs mit sprachlichen Fehlern behaftet sein – unser Sohn verstand unter "Wauwau" zunächst Vierbeiner und sagte zu einer Kuh "Wauwau" – aber das lässt sich korrigieren.
Selbstverständlich setzt das Erlernen einer Sprache wiederum bestimmte Fähigkeiten und Gemeinsamkeiten voraus.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Eberhard am 23. Feb. 2005
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Hallo allerseits,
Ein Problem scheint mir besonders diskussionswürdig. Ich meine das Problem der Kausalität, das in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder auftaucht. Zum einen als "synthetisches Urteil a priori" bei Kant (Erkenntnis über die Welt vor jeder Wahrnehmung), dann bei der Unterscheidung verschiedener Bereiche der Wirklichkeit (Gehirnforschung versus Reich der Begriffe und Ideen), und bei der Frage, wie man Aussagen über Zukünftiges begründen kann (Naturgesetze als Grundlage für Prognosen). Meiner Meinung nach können wir auf die Annahme verzichten, dass sich alles Wirkliche nach Naturgesetzen vollzieht.
Weiterhin steht im Raum die Frage, was unter "objektiver" Wahrheit zu verstehen ist und inwiefern dies ein sinnvolles Ziel unserer Bemühungen um Erkenntnis der Welt darstellt. Meiner Meinung nach können wir auf dieses Ziel verzichten.
Doch dazu demnächst mehr. Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von jacopo_belbo am 24. Feb. 2005
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nachdem sich hier nun fuchs und hase, oder genauer, hermeneuticus und dyade "gute nacht" sagen, und das übrige publikum vor langeweile in (auto)agressionen verfällt, versuche ich mich an einem konstruktiven beitrag zum thema "objektivität".
stillschweigend hat sich das problem schon in früheren beiträgen zu den anderen wahrheits-threads eingeschlichen und dort für einigen wirbel gesorgt. ich selbst habe sehr früh schon auf eine schwierigkeit hingewiesen, eine andere, ähnliche schwierigkeit ist schon unter wahrheit VII angesprochen worden. es sind zum einen das thema "farbnamen" - welches ich selbst eingeführt habe, das andere thema ist das der "länge eines gegenstandes". beide themen sind für mich analog zu betrachten; beidemale geht es um die diskretisierung analoger, kontinuierlicher information.
zunächst greife ich nocheinmal das problem der "länge" auf:
wenn wir uns fragen, wie lang ein beliebiger gegenstand X sei, so erwarten wir eine antwort der art: »X ist nn maßeinheiten lang.« voraussetzung für die antwort ist, dass ein verfahren, ein algorithmus, definiert ist, nach welchem zu verfahren ist, um eine antwort wie z. B. "das rohr ist exakt 1 meter lang" zu produzieren. ein mögliches meßverfahren ist dadurch gegeben, dass sich der messende z. B. eines zollstocks bedient. folglich werden sich sprecher und zuhörer darüber verständigen können, welche länge das zu messende rohr besitzt. entsprechend findet der begriff "objektiv" seine anwendung dergestalt, dass unter beachtung des meßverfahrens, eine digitale selektion stattfindet, die es erlaubt der aussage einen der beiden wahrheitswerte (" wahr" / "falsch" ) zuzuweisen. entsprechend entsteht durch die anwendung zweier meßtechniken, die sich durch die digitale auflösung unterscheiden, möglicherweise eine diskrepanz im meßergebnis, und somit eine schwierigkeit in der eindeutigen zuordnung der beiden wahrheitswerte. angenommen, wir vergleichen das meßergebnis eines zollstocks mit einer lasermessung, so kann das ergebnis durchaus differieren. entsprechend müßte man sagen, der zollstock besitzt "objektiv" die länge nn maßeinheiten gilt für ein jeweils festgelegtes meßverfahren.
allerdings stellt sich die berechtigte frage, inwieweit wir ein solches ergebnis objektiv nennen können, wenn wir unter objektiv ein eindeutiges ergebnis verstehen. wenn wir einmal messungen im mikroskopischen bereich der quantenphysik außer acht lassen, können wir sagen, dass das objekt unserer untersuchung nicht oder nicht merklich durch unsere messung beeinflußt wird. und folglich können wir die bedeutung des terms ''objektiv' derart definieren, dass wir sagen, dass das objekt unserer messung eine invariante aller meßverfahren bildet, also uns quasi vorgibt, welche länge es besitzt. insofern ist es sinnvoll zu sagen, das zu messende objekt hat die objektive länge nn maßeinheiten - in abhängigkeit vom gewählten meßverfahren.
wie schon eingangs erwähnt sehe ich das thema der "farbnamen" als ein analoges thema an, wo einer kontinuierlichen information ein diskretes raster gegenübergestellt wird, so dass wir z.b sagen, die wellenlänge von x nanometer bis x' entspricht der farbe sowieso.
soweit ersteinmal mein kurzer beitrag. ich bin auf antworten gespannt.
- mfg thomas
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Beitrag von Eberhard am 24. Feb.
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Hallo Thomas,
schön, dass es wieder zur Sache geht in unserer kleinen Denkwerkstatt.
Zum Verhältnis von "Objektivität" und "Wahrheit".
Im Lateinischen bedeutet "Objekt" soviel wie "Gegenstand".
Im Alltag wird das Wort "objektiv" gern gleichbedeutend mit "sachlich" bzw. "sachgemäß" oder verwendet als Gegenbegriff zu "subjektiv", das oft gleichbedeutend mit "einseitig" oder "parteiisch" verwendet wird.
Ein "objektiver" Bericht über ein Geschehen ist dann ein Bericht, der die Fakten, die zum Geschehen gehören, nicht in einem bestimmten Interesse verfälscht oder auswählt und mit der erforderlichen Genauigkeit und Detailliertheit berichtet.
In dieser Bedeutung umfasst Objektivität also mehr als Wahrheit, da Objektivität auch die subjektbezogene Auswahl der Fakten verbietet. Ein Bericht über ein Geschehen kann aus lauter wahren Aussagen bestehen und trotzdem nicht objektiv sein, weil er Fakten nicht enthält, die für die Beurteilung des Geschehens von Bedeutung sind oder weil er zu unpräzise ist.
" Wahrheit" als das Wahr-sein von Aussagen bezieht sich auf einzelne Aussagen, die wahr oder falsch sind.
Ist es auch sinnvoll, von einer einzelnen Aussagen zu sagen, dass sie objektiv bzw. subjektiv sei? Kann das etwas anderes bedeuten, als dass die Aussage wahr ist?
Was ist dann gar eine "objektiv wahre Aussage" ? Eine Aussage, der objektive Wahrheit zukommt? Ist das Gegenteil einer objektiv wahren Aussage die subjektiv wahre Aussage?
Ich halte diese Ausdrucksweise für problematisch, solange nicht definiert ist, was sie bedeuten sollen.
Wenn du fragst, wie man die objektive Länge eines Gegenstandes messen kann, dann meinst du damit offenbar, wie man zu intersubjektiv übereinstimmenden Messergebnissen kommen kann. Eine "objektive Messung" wäre demnach eine Messung, die zu intersubjektiv übereinstimmenden Messergebnisse kommt.
Wenn man nicht den Grad der Genauigkeit angibt, mit dem gemessen werden soll, dann kommt es natürlich zu unterschiedlichen Messergebnissen. A sagt: "die Latte ist länger als 2 m", B sagt: "die Latte ist 2,20 m lang" und C sagt: "Die Latte ist 2,198764 m lang".
Wenn alle das gleiche Messinstrument benutzen, ist ein intersubjektiv übereinstimmendes Messergebnis eher zu erreichen, da Messinstrumente auf einen bestimmten Grad der Genauigkeit geeicht sind. Differenzen können sich dann nur durch unterschiedliche Handhabung und Ablesung des Messgerätes ergeben.
Die Frage ist, ob man das Wort "objektiv" in diesem Zusammenhang nicht durch "intersubjektiv übereinstimmend" ersetzen sollte.
Es grüßt Dich und alle an klarem Denken und Sprechen
Interessierte Eberhard.
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Beitrag von Dyade am 24. Feb. 2005, 10:55 Uhr
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Hallo zusammen,
zunächst an Eberhard: ich hatte in meiner letzten Mail das Symbol für "zugekniffenes Auge" vergessen. Deshalb war das missverständlich.
Ich finde es im übrigen sehr gut, das du jetzt auch von deiner Seite auf, für unsere Diskussion so wichtige Begriffe wie 'synthetische Urteile a priori', hinweist. Das löst die Lagerbildung in unserem Tread zumindest von den Rändern her etwas auf. :-)
Wir waren schon einmal an dem Punkt. Das war eine kurze Unterhaltung zwischen flo und Herm. Herm. hatte ein längeres Zitat von flo hier hineingestellt. (Wahrheit VII #62 am: 17. Februar 2005) In der zitierten Passage aus flo's Mail wird der Weg wie Kant auf diese Urteile kommt, mit anderen Worten beschrieben, und zwar für die Mathematik. Es ließe sich zeigen, und Kant hat das gezeigt, das es in allen theoretischen Wisssenschaften solche "sythetischen Urteile a priori" gibt, wie auch in der Geometrie und der Metaphysik.
Das entscheidende bei diesen Urteilen ist doch die Frage: wie kommt es zur Synthese? Wie komme ich von A zu B ohne mich auf Erfahrung zu stützen? Das was Kant zeigt untergräbt den Empirismus. Ich kann nicht alles aus einem Experiment und aus Beobachtung ableiten.
Wenn wir das bis hierhin akzeptieren könnten, so das wir keine schlüssigen Gegenargumente gegen Kants Beweisführung aufzeigen können (welche übrigens an sehr einfachen Beispielen erfolgt), dann wären wir in meinen Augen einen Schritt weiter. Wir hätten dann auch diesen ständigen Behauptungen a la : "Die Biologie sagt doch... oder unser Gehirn funktioniert doch so und so... oder aus der Physik wissen wir doch das... " den Boden entzogen, besser eine Grenze ihres Gültigkeitsbereiches aufgezeigt.
Grüße Dyade [cool]
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Beitrag von Dyade am 24. Feb. 2005, 14:53 Uhr
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Hi Leute, Eberhard, Thomas, flo, Hermeneuticus und alle die sich ernsthaft bemüht haben über den Begriff "Wahrheit" ins Gespräch zu kommen,
mein Eindruck ist, das wir zum Glück ein Stück Kontinuität und Standhaftigkeit unter Beweis gestellt haben in der Diskussion, in der Kommunikation, bevor das eingetreten ist was fast zwangsläufig eintritt, die Auflösung des roten Fadens. Es hat Spaß gemacht mit euch dieses Thema zu durchdenken. Vielleicht unternehmen wir in einem anderen Thread einmal den Versuch, darüber zu reden, welche Konsequenzen es hat, oder hätte, über "Wahrheit" überhaupt nicht mehr zu reden. Oder über die Konsequenzen, die sich ergeben wenn man zu dem Schluss kommt, es gibt nur relative Wahrheit. Ich glaube nämlich, dass sich der Wahrheitsbegriff, im weitesten Sinne, in einer Art Auflösung befindet was wiederum weitreichende Konsequenzen für uns hat. Ich habe ja in einer der letzten Mails angedeutet, wie ich das verstehe. Mal sehen, vielleicht mache ich dann einen neuen Thread auf allerdings dann unter "Kulturphilosophie, Medienphilosophie". Würde mich freuen euch zu sehen.
Euch noch viele Einsichten bei der weiteren Diskussion.
Grüße Dy [cool]
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Beitrag von Eberhard am 25. Feb. 2005, 20:23 Uhr
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Hallo allerseits,
Es sieht so aus, als wenn das Problem gelöst wäre. Diejenigen, die unsere Diskussion für grottenschlecht gehalten haben, werden einen eigenen Thread machen und uns zeigen, wie es besser geht. Ich danke allen, die durch ihre Stellungnahme dabei mitgeholfen haben.
Nicht Beschimpfungen sondern scharfe Kritiken, schlüssig begründete Widerlegungen, entlarvende Analysen, Aufdecken von Widersprüchen, Aufzeigen von Beschränkungen im Denken: das ist es, was hier erwünscht ist und was jeder hier einbringen kann.
Zur Kritik an dem Titel "Wahrheit I" usw. eine Anmerkung: Wer die Diskussion verfolgt hat, wird bemerkt haben, dass unter dem Gesichtspunkt "Wahrheit" zahlreiche andere Fragen der Philosophie angesprochen wurden. Der gleich bleibende Titel sollte auch eine Art Marke und Orientierungshilfe im Internetdschungel sein für den, der eine bestimmte Art und eine bestimmte Qualität der Diskussion sucht.
Zur Kritik, dass man Philosophie nur betreiben könne in Auseinandersetzung mit Texten, kann ich nur sagen: auch die klassische griechische Philosophie wurde in Dialogen entwickelt. Nicht dass ich was gegen Bücher hätte – bei mir Zuhause stehen nicht wenige – aber die Argumente müssen auch mal alleine gehen lernen, ohne sich als Zitate herausgeputzt auf irgendeine Autorität zu stützen.
Wo anders als in einem weltweit offenen, jedermann zugänglichen Diskussionsforum mit möglichst klar gestellten Fragen kann man erwarten, dass bestehende Borniertheiten der philosophischen Schulen und der regionalen Traditionen überwunden werden. Denn hier kann jederzeit einer auftreten, der es besser weiß und der zeigen kann, dass auf die hier gestellte Frage bereits eine soundso begründete Antwort gefunden wurde.
Die Bereitschaft, von anderen zu lernen, aber auch den Mut, seinen eigenen Kopf zu gebrauchen: das ist es, was wir brauchen.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Eberhard am 26. Feb. 2005
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Hallo allerseits,
nachdem wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, will ich von den allgemeinen Begriffsbestimmungen (Was verstehen wir unter "Wirklichkeit", "Wahrheit", "Objektivität" ?) einmal abgehen und von einem konkreten Beispiel ausgehen.
Der Fromme: "Ich glaube, dass es ein höheres Wesen, einen Gott gibt, der die Welt erschaffen hat."
Ich: "Nun gut. Ich glaube zwar nicht daran, aber jedem sein Recht auf einen eigenen Glauben."
Der Fromme: "Ich glaube, dass es am Ende aller Tage ein letztes Gericht gegeben wird, in dem Gott von allen Menschen Rechenschaft fordern wird für ihr Verhalten auf der Erde, auch dafür, dass sie sich von ihm abgewandt haben."
Ich: "Also Du meinst, auch ich werde vor dem letzten Gericht stehen und dafür bestraft werden, dass ich nicht an Gott geglaubt habe?"
Der Fromme: "Genauso ist es."
Ich: "Na gut. Da ich das Ganze für nicht real halte, kann mir egal sein, was Du denkst – auch wenn es sich dabei um mich handelt."
Der Fromme: "Gott hat uns Menschen auch geboten, den Feiertag zu heiligen. Deshalb kann nicht geduldet werden, dass Du am Feiertag zur Zeit des Gottesdienstes das Auto reinigst oder die Wäsche aufhängst."
Hier prallen nun die verschiedenen Weltbilder aufeinander, da der Fromme für sein Weltbild allgemeine Geltung beansprucht und aus seinem Weltbild andere Handlungsweisen folgen als aus meinem.
Dies ist der Punkt, wo sich unausweichlich die Frage stellt:
Ist es so, wie der Fromme sagt? Hat er Recht? Ist es wahr, was er behauptet?
Dazu muss geklärt sein, was "wahr" bedeutet und wie man dementsprechend über wahr oder nicht wahr entscheiden kann.
Was helfen unsere bisherigen Überlegungen bei der Lösung des Problems? Welche Rolle spielt das Kriterium der Wahrnehmung dabei?
Soweit erstmal von Eberhard.
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Beitrag von fFflLloOo am 26. Feb. 2005
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hallo eberhard,
gerade an dieser stelle bietet es sich doch an, im zusammenhang mit der erfassung der wahrheit nach der verifizierbarkeit der auffassung von wahrheit dieses frommen zu fragen.
man darf die scheinbare flexibilität des wahrheitsbegriffes nicht überbeanspruchen und in diesem fall erscheint mir eine gegenargumentation besonders einfach.
wenn man von dem frommen fordert, die wahrheit seiner behauptungen nachvollziehbar aufzuzeigen, dann wird dieser letzten endes daran scheitern, dass er nicht wasserdicht beweisen kann, dass die forderung an sonn- und feiertagen das auto nicht zu waschen tatsächlich dem willen seines gottes entspricht. es ist noch nicht einmal nötig. die existenz eines dies fordernden gottes anzuzweifeln und deren beleg zu fordern.
ich sehe in diesen beispielen, die zwar sehr anschaulich und gut handhabbar sind, die gefahr von einem diskurs über den wahrheitsbegriff abzuweichen, was in diesem fall natürlich noch nicht gegeben ist. ich verstehe zwar, dass du darauf hinaus willst den wahrheitsanspruch der theologen auch noch irgendwie unterzubringen, aber ich finde, dass das eine richtung einschlägt, die nicht notwendig begangen werden muss. der grund ist, dass es hier um die wahrheit eines aus deiner sicht (im sinne des protagonisten 'ich' in deinem beispiel) anzweifelbaren gegenstandes geht, also letzten endes um eine beweisführung oder gegenbeweisführung.
das ist doch aber gerade die anwendung eines bereits abgefertigten aspektes des wahrheitsbegriffes, bzw. des ganzen wahrheitsbegriffes auf ein konkretes beispiel.
wie gesagt kann man durch eine reihe von fragen im zusammenhang mit gott immer den status quo herstellen, der weder einen existenzbeweis noch einen nichtexistenzbeweis zulässt. wenn man das beispiel an diesem punkt aufgreift, kommt man meiner meinung nach dem interessanten aspekt der fragestellung näher: man findet nämlich eine behauptung vor, die letzten endes weder beweisbar noch widerlegbar ist, kann man daher sagen, dass sie weder wahr noch falsch ist?
im grunde ist es doch so: angenommen ich wäre hinduist und würde die gegenbehauptung aufstellen, dass mir nachts ein wiedergeborener vorfahre in form einer spinne erschien, der mir lang und breit erklärte, dass ich sehr wohl mein auto an sonn- und feiertagen waschen darf, weswegen der fromme nachbar das zu dulden hat. diese darstellung ist im grunde genau gleichwertig, denn beide argumentatoren verstehen sich als berechtigte interpretatoren des willens ihrer religiösen ikonen.
aber selbst das ist nicht wirklich nötig, denn es genügt doch, den frommen nachbarn aufzufordern zu zeigen, dass seine darstellung der wahrheit entspricht, da er letzten endes eine versteckte forderung aufgrund dieser angeblichen wahrheit stellt; nämlich dass es im namen des christlichen gottes moralisch verwerflich sei, am sonntag sein auto zu waschen. indem er sagt: 'das ist im grunde nicht zu akzeptieren' droht er doch bereits eine soziale sanktionierung an, die er schon nicht mehr rechtfertigen kann, weil der wie auch immer geartete wahrheitsgehalt seiner behauptung - gott wolle dies so - nicht verifizierbar ist.
es wäre sogar selbst dann nicht verifizierbar, wenn tatsächlich am himmel ein riesiges gesicht erschiene, dass mit dröhnender donnerstimme sagt 'tu wie dir dein nachbar heisst, denn ich bin der herr dein gott!', da man selbst dann noch anzweifeln kann, dass es sich bei dieser erscheinung um den biblischen gott handelt oder um einen simplen trick. selbst wenn sich diese erscheinung dann noch als eigenständiges wesen mit enormer macht entpuppen sollte, es wäre niemals imstande, dem menschen zu beweisen, dass es der schöpfer der welt und des menschen ist, selbst wenn es noch so tolle tricks drauf hat. dies ganz einfach deshalb, weil diese behauptung nicht mehr verifizierbar ist und die rechtfertigung, dass man diesem wesen gehorchen muss, weil es der biblische gott ist, einfach nicht greifen kann. letzten endes geht es dann nur noch um die autorität des jeweiligen dogmas.
die behauptung des frommen mannes ist also falsch, weil er eine nicht als wahr beweisbare behauptung postuliert und an eine forderung knüpft.
ich formalisiere das abschliessend nochmal:
der fromme mann behauptet, dass 'Q', weil 'P' wahr ist.
die wahrheit von 'P' ist jedoch nicht ohne weiteres durch den verstand einzusehen, weil sie unter keinen umständen verifizierbar ist.
daher ist die aussage "Q weil P wahr ist" eindeutig falsch. der wahrheitsbegriff des frommen mannes ist daher eindeutig ungültig weil die prämisse 'P ist wahr' nicht erfüllt ist.
mfg flo
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Beitrag von Jean_Luc am 26. Feb. 2005
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Hallo Forum,
Bei Eberhard's konkretem Beispiel kann Wahrnehmung wohl in keinster Weise zu einer Klärung der Frage nach dem Wahrheitsstatus der beiden Weltbilder führen. Gott ist eine nichtbeobachtbare Entität und in bestimmten Naturerscheinungen, die wahrnehmbar sind, Gottes Walten zu erkennen, wäre ein ungültiger Schluss.
Wenn Gott also nicht wahrnehmbar ist, dann muss seine Existenz auf anderem Wege bewiesen werden. Es geht nun darum, mit Argumenten zu zeigen, dass Gott existiert. Dabei gilt es zunächst bestimmte Begründungsprinzipien, etwa formallogische Prinzipien, z. B. Modus Ponens, zu finden, die von beiden Gesprächspartnern akzeptiert werden.
Nehmen wir an, der Satz "Gott existiert" ist wahr, wenn Gott existiert.
Wie lässt sich dieser Satz verifizieren?
Gar nicht, denn es gibt eine skeptische Hypothese, die diesen Fall ausschließt (Man denke etwa an das gängige 'brain in a vat" -szenario).
Folgt aus der nicht-Verifizierbarkeit der Existenz Gottes, dass es reine willkür ist, welchem Weltbild man nun zustimmt (falsifizieren lässt sich der Satz ja auch nicht) ?
Eine Antwort auf diese Frage hat normativen Status. Wir suchen nun nach einer Antwort auf die Frage: Was sollen wir glauben?
Und wie oben schon erwähnt, gilt es nun in Analogie zur Ethik, Begründungsnormen zu finden, die uns im Hinblick auf diese Frage leiten.
Was kann als ein solches Prinzip fungieren? An was orientieren wir uns? An den Ergebnissen der Naturwissenschaft? An unserer Intuition? Welche Erkenntnisse sind am ehesten wahr, d. h. am wahr-scheinlichsten? Gibt es gar sog. gewissheiten, die unkorrigierbar, unanzweifelbar und notwendig wahr sind?
Diese Fragen sind es, die sich jemanden stellen, der sich die Aufgabe stellt, sein Weltbild als das Beste herauszustellen.
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Beitrag von Eberhard am 26. Feb. 2005, 16:35 Uhr
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Hallo flo, hallo allerseits,
Erstmal Dank für Deinen sachbezogenen Beitrag.
Wenn ich Dich richtig verstehe, sollte der Nicht-Fromme (nennen wir ihn der Kürze halber NF) dem Frommen (nennen wir ihn F) entgegnen:
NF: "Deine Forderung beruht auf einer Aussage (" Gott der Herr hat befohlen, am Feiertag nicht zu arbeiten" ), die ich nicht für wahr halte und die Du unter keinen Umständen als wahr beweisen kannst. Deshalb akzeptiere ich sie nicht."
Darauf entgegnet F: "Das ist kein geeignetes Argument: Wenn Du mit 'als wahr beweisen' meinst: 'schlüssig logisch herleiten', so sehe ich bei mir keinen logischen Fehler. Ich beziehe mich auf das Dritte der Zehn Gebote, die Moses von Gott gegeben wurden."
Es grüßt Dich und alle andern Eberhard.
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eitrag von fFflLloOo am 26. Feb. 2005, 18:06 Uhr
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hallo eberhard
on 02/26/05 um 16:35:05, Eberhard wrote:Hallo flo, hallo allerseits,
Erstmal Dank für Deinen sachbezogenen Beitrag.
Wenn ich Dich richtig verstehe, sollte der Nicht-Fromme (nennen wir ihn der Kürze halber NF) dem Frommen (nennen wir ihn F) entgegnen:
NF: "Deine Forderung beruht auf einer Aussage (" Gott der Herr hat befohlen, am Feiertag nicht zu arbeiten" ), die ich nicht für wahr halte und die Du unter keinen Umständen als wahr beweisen kannst. Deshalb akzeptiere ich sie nicht."
Darauf entgegnet F: "Das ist kein geeignetes Argument: Wenn Du mit 'als wahr beweisen' meinst: 'schlüssig logisch herleiten', so sehe ich bei mir keinen logischen Fehler. Ich beziehe mich auf das Dritte der Zehn Gebote, die Moses von Gott gegeben wurden."
Es grüßt Dich und alle andern Eberhard.
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was bringt F das? er kann sich auf sonstwas berufen, deshalb muss ich das noch nicht nachvollziehen können. wie will er beweisen, dass es tatsächlich gott war, der moses die zehn gebote ueberbracht hat?
das ist einfach kein einwand, sondern eine seifenblase.
mfg flo
allerdings ist beispielsweise
3 = 1+1+1
per definition eine verifikation des symbolischen begriffs '3,' der im rahmen einer axiomatik eindeutig definiert ist und - ich bin es müde das immer wieder zu erwähnen - nichts mit der realität zu tun haben muss. wir wissen das doch längst alles, was sollen diese sinnlosen anläufe denn immer wieder? und: wem willst du hier nun wieder was beweisen?
mfg flo
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Beitrag von Eberhard am 26. Feb. 2005, 20:42 Uhr
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Hallo allerseits, hallo flo,
Du schreibst: "Er (der Fromme) kann sich auf sonstwas berufen, deshalb muss ich das noch nicht nachvollziehen können. wie will er beweisen, dass es tatsächlich gott war, der moses die zehn gebote überbracht hat?"
Du benutzt hier das Wort "beweisen" in Bezug auf eine Aussage. Wie Du an anderer Stelle deutlich machst, kann man allein mit Mitteln der Logik keine Aussage über die Wirklichkeit beweisen. Denn ich muss immer die Wahrheit irgendwelcher Prämissen voraussetzen, mit denen mein Beweis beginnt, und um zu Schlussfolgerungen über die Wirklichkeit zu kommen, müssen in den Prämissen bereits Informationen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit enthalten sein, so dass man wieder von vorne anfangen muss und die Prämissen beweisen muss usw. usf..
Man kann natürlich das Problem der unbewiesenen Prämissen dadurch aus der Welt schaffen, dass man von solchen Prämissen ausgeht, die vom anderen bereits als wahr anerkannt werden. Der Fromme kann z. B. einem anderen Glaubensbruder beweisen, dass Moses von Gott die 10 Gebote übermittelt bekommen hat, wenn dieser glaubt, dass die Bibel Gottes Wort enthält. Solche personenspezifischen Beweise sind allerdings keine allgemeingültigen Beweise.
Die Frage ist, ob es neben der logischen Ableitung auch noch andere Formen des Beweises gibt. Im Gerichtsprozess werden z. B. Zeugenaussagen und Urkunden als mögliche "Beweismittel" anerkannt, die der Richter jedoch "frei würdigen" kann.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Jean_Luc am 26. Feb. 2005, 21:44 Uhr
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Im Einklang mit flo und Neshmetjerechnet bin ich der Meinung, dass der Satz "Gott existiert" sowie die meisten anderen Sätze, die Gott als Subjekt, beinhalten nicht verifizierbar sind. Ich glaube aber nicht, dass es generell keine Verifikation gibt, im Gegensatz zu Neshmetjerechnet.
Wenn wir das Ganze anhand der Korrespondenztheorie der Wahrheit betrachten, dann besteht Verifikation darin, zeigen zu können, dass etwas de facto den Tatsachen entspricht. Erkenntnistheoretisch internalistisch gesprochen würde das bedeuten, zu wissen, dass man weiß, dass etwas wahr ist. Man müsste die Wirklichkeit unabhängig von der conditio humana, d. h. unabhängig von unserem Meinungssystem und unseren genetischen Dispositionen von einer externen Perspektive aus betrachten. Verifikation bedeutet hier: Beobachtung der Wirklichkeit von einem externen Standpunkt. Dies kann uns aber nie gelingen.
In diesem Sinne scheint es unmöglich zu sein, Urteile verifizieren zu können, denn es gelingt nicht, skeptische Hypothesen (z. B. Descartes böser Geist) auszuschließen. Alle Strategien gegen den Skeptizismus schlagen fehl. Sowohl Transzendentale Argumente (Kant, Strawson), als auch Verifikationismus (Wiener Kreis) und Kompatibilismus (Nozick) sind unfruchtbar. All diese Strategien stärken die skeptische Position eher als sie zu schwächen. Und wer über Verifikation redet, der muss sich essentiell mit dem Skeptizismus beschäftigen.
Was ist nun mit mathematischen Wahrheiten? Können sie angezweifelt werden? Es scheint nicht nur unvernünftig zu sein, sondern auch unmöglich, dass ein Satz wie 1+1=2 falsch ist. Gewöhnlich sind skeptische Hypothesen so konstruiert, dass man sie mit den Begriffen und Erkenntnissen dieser Welt verständlich sind und physikalisch und logisch möglich sind. Ein mathematisches Axiom anzuzweifeln bedeutet explizit ein logisch unmögliches Szenario anzunehmen und vor derartigen Verfahren schreckt gewöhnlich selbst der Skeptiker zurück.
Hier stellt sich aber, wie ich schon mal skizziert habe, die Frage, ob mathematische Sätze genauso behandelt werden können, wie normalsprachliche Sätze. Diese haben die Eigenschaft, dass sie sich explizit auf Objekte beziehen, von denen (korrespondenztheoretisch) angenommen wird, dass sie in der Wirklichkeit existieren und dass es so etwas wie eine objektive Wirklichkeit gibt, wird dabei vorausgesetzt. Wahrheit ist dann nicht das, was in der Wirklichkeit existiert. Wahrheit ist eine Eigenschaft von solchen Urteilen, die den Tatsachen entsprechen. Und Tatsachen sind nicht die Objekte selbst, sondern irgendwelche Prozesse (Russell) oder was auch immer, das diesen Urteilen diese Eigenschaft zukommen lässt, nämlich die Eigenschaft wahr zu sein.
Auf was aber beziehen sich Sätze wie 1+1=2? Gibt es eine Wirklichkeit, eine 3.Welt (Frege) in der mathematische Objekte existieren? Gibt es einen Referenten z. B. der Zahl 3?
Vielleicht kennt sich hier einer aus. Es gibt jedenfalls Autoren, die behaupten, es gebe derartige Objekte (Platonismus).
Wenn es mathematische Objekte gibt, haben sie dann raumzeitliche Ausdehnung oder sind es abstrakte Entitäten?
Bedeutet Verifikation hier ebenso, eine mathematische Wirklichkeit, eine 3. Welt von einer externen Perspektive zu beobachten? Oder sind mathematische Wahrheiten per definitionem veifiziert, da es keine mathematische Wirklichkeit gibt und diese Sätze mit der 'Realität' gar nichts zu tun haben (so ähnlich bei flo)?Ist es überhaupt sinnvoll bei formalen Systemen von Verifikation zu sprechen?
Während in Hinblick auf die Korrespondenztheorie, Verifikation mit einer bestimmten Art von Beobachtung gleichgesetzt werden kann scheint es bei mathematischen Sätzen möglicherweise anders zu sein (hier kenne ich mich aber überhaupt nicht aus, vielleicht weiß jemand anders mehr dazu, mich würde das sehr interessieren).
Wenn wir nun in Diskussionen versuchen nicht-verifizierbare Urteile zu begründen (siehe Flo's Beispiel), dann tritt, wie in meinem letzten Beitrag erwähnt, das Projekt einer "Ethik des Meinens" in Kraft. Es geht dann um die Beantwortung der Frage, was sollen wir Glauben? Wir müssen uns dann auf die Suche nach Begründungsprinzipien machen, die die Chance erhöhen, dass wir zu wahren Ansichten gelangen.
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Beitrag von Eberhard am 26. Feb. 2005, 23:00 Uhr
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Hallo allerseits,
eine Frage: Was bedeutet "Verifkation" in Bezug auf eine Aussage über Wirkliches? Wie werden folgende Aussagen verifiziert:
" Vor dem Bremer Rathaus steht der Roland"
" Wenn man zwei Steine gegeneinander reibt, erwärmen sich diese"
" Es gibt Lebewesen, die Feuer speien, die Drachen" ?
fragt Eberhard.
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Beitrag von Eberhard am 27. Feb. 2005, 10:05 Uhr
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Hallo,
und gleich noch eine Frage:
hier wird die These vertreten, es sei unmöglich, Aussagen über die Welt, wie sie ist, zu verifizieren, weil es nicht gelingt, skeptische Hypothesen auszuschließen.
Kann das mal möglichst Schritt für Schritt erläutert werden?
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Jean_Luc am 27. Feb. 2005
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Ein Wort zu skeptischen Hypothesen. Warum zeigen sie, dass eine Verifikation von Aussagen über die Welt unmöglich ist?
Skeptische Hypothesen konstruieren Szenarien, in denen alle unsere Meinungen und Erfahrungen genau so sind, wie sie jetzt sind, aber die Welt, von der wir diese Meinungen haben, ist ganz anders beschaffen als wir meinen.
Der Skeptiker wirft die Frage auf wie können wir wissen, das all unsere Meinungen, wirklich auf Wahrnehmung einer Ausenwelt beruht? Woher wissen wir, das uns unsere Meinungen nicht von einem Bösen Geist eingegeben werden oder das wir nicht Gehirne in einem Tank sind, denen durch elektrische und chemische Reize unsere Meinungen einprogrammiert werden?
Die Antwort des Skeptikers lautet, wir können das nicht wissen. Wenn wir glauben würden, dass wir Gehirne im Tank sind, dann könnte diese Meinung entweder einprogrammiert sein oder nicht. Wenn wir glauben wir sind keine Gehirne im Tank, dann könnte eben diese Meinung nur programmiert sein, oder auch nicht. Selbst wenn wir aus einem Traum aufwachen würden, den uns ein böser Geist eingegeben hat, würden wir nicht wissen, ob die Welt in die wir aufgewacht sind wieder nur eingegeben ist oder nicht. Verifikation, so zeigen diese Hypothesen ist unmöglich.
Skeptischen Hypothesen sind kausale Hypothesen. Wenn ich behaupte, meine Meinung, dass die Rose rot ist sei auf kausalem Wege zustande gekommen, d. h. durch Wahrnehmung, dann sagt der Skeptiker, woher willst du wissen, dass die Meinung nicht das Resultat eines anderen kausalen Prozesses ist, z. B. ein elektrochemischer Prozeß?
Skeptische Hypothesen sind empirisch nicht widerlegbar. Denn alles was man als Evidenz gegen diese Hypothesen anführen könnte, fällt selbst in den Bereich der universellen Täuschung, die der Skeptiker ins Auge fasst. Wenn also Moore meint er könne die Existenz der Außenwelt beweisen, in dem er seinen Arm hebt und sagt, das ist ein Arm ich hebe ihn und er existiert in einer Außenwelt, dann ist das offensichtlich unzulässig. Denn genau diese Meinung könnte ja auch wieder nur einprogrammiert sein.
Skeptische Hypothesen sind auch logisch nicht zu wiederlegen, sie sind logisch widerspruchsfrei. Sie haben die logische Form einer Kontravalenz, Entweder P oder Q.
Also scheint es keine Möglichkeit zu geben, diese Hypothesen zu widerlegen. Und dies ist aber notendig, wenn ich verifizieren möchte, dass eine Aussage mit den Tatsachen in der objektiven Wirklichkeit korrespondiert.
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Beitrag von Eberhard am 27. Feb. 2005, 17:35 Uhr
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Hallo allerseits,
der Skeptiker meint also, dass es sein könnte, dass all das, was wir für Wahrnehmungen der Welt halten, nur künstlich einprogrammierte Reize sind, und dass wir "in Wirklichkeit" nur Gehirne sind, die in einer Nährflüssigkeit gehalten werden. Dabei wird angenommen, dass die technische Anordnung so perfekt ist, dass unsere samtlichen Bewusstseinsinhalte genau dieselben sind bei Wahrnehmungen der Welt.
Durch die letztere Annahme wird ausgeschlossen, dass es irgendeine Versuchsanordnung geben könnte, die zu unterschiedlichen Ergebnissen würde, je nachdem, ob wir nun künstlich stimulierte Gehirne in einer Nährflüssigkeit sind oder Lebewesen mit Armen und Beinen, die auf der Erdoberfläche umher krabbeln.
Die Annahme des Skeptikers ist also durch die Art ihrer Konstruktion gegen ein Scheitern an der Erfahrung geschützt, sie ist nicht falsifizierbar. Wenn die Annahme des Skeptikers zuträfe, hätten wir exakt die gleichen Wahrnehmungen, als wenn sie nicht zuträfe.
Wenn dem aber so ist, dann braucht uns der Zweifel des Skeptikers allerdings auch nicht weiter zu interessieren. Es ist buchstäblich "gleichgültig", ob die eine oder die andere Variante zutrifft. Wenn wir – wie bisher angenommen - die Welt wahrnehmen, dann bleibt alles beim Alten. Wenn wir jedoch perfekt stimulierte Gehirne in Nährflüssigkeit wären, so müssten wir ebenfalls weitermachen wir bisher.
Was bringt es uns, wenn wir hinter jede (wirklich jede!) Wahrnehmung der Welt den Satz hängen würden: "Aber dieser Bewusstseinszustand könnte auch durch eine künstliche, perfekte Gehirnstimulation erzeugt worden sein" ? Da dieser Satz per Konstruktion ohne jede Bedeutung für das ist, was wir wahrnehmen, werden wir ihn nach einer halben Stunde weglassen, … eingefleischte Skeptiker spätestens nach einem halben Jahr
meint Eberhard.
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Beitrag von Hermeneuticus am 27. Feb. 2005, 17:58 Uhr
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Hallo Eberhard!
Meine volle Zustimmung zu Deinem letzten Beitrag.
Der Begriff des "verifizierens" (des "bewährens" ) sollte sich nicht an einer Idee orientieren, sondern am faktisch Erreichbaren. Was frommt's, Notwendigkeit und Ewigkeit mit dem Begriff der Wahrheit zu verknüpfen? Wir kontingenten, zeitlichen Wesen hätten für eine solche Wahrheit selbst dann keine Verwendung, wenn sie uns zur Verfügung stünde.
Der Skeptker, der alle möglichen künstlichen Szenarien erfindet, um die Möglichkeit der Verifikation zu widerlegen, ist insofern selbst noch Metaphysiker, als er einen metaphysischen Wahrheitsbegriff voraussetzt. Aber wer will den noch? Der Skeptiker bellt also im Grunde vorm falschen Baum... :-)
Gruß H.
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Beitrag von Jean_Luc am 27. Feb. 2005
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Quote:Wenn dem aber so ist, dann braucht uns der Zweifel des Skeptikers allerdings auch nicht weiter zu interessieren. Es ist buchstäblich "gleichgültig", ob die eine oder die andere Variante zutrifft. Wenn wir – wie bisher angenommen - die Welt wahrnehmen, dann bleibt alles beim Alten. Wenn wir jedoch perfekt stimulierte Gehirne in Nährflüssigkeit wären, so müssten wir ebenfalls weitermachen wir bisher.
Quote:Der Skeptiker bellt also im Grunde vorm falschen Baum...
Da muss ich entschieden widersprechen. Nur weil wir den Unterschied nicht bemerken würden, wenn die Welt ganz anders beschaffen ist, wie wir sie erfahren, heißt das nicht gleich, dass der Skeptizismus sinnlos ist. Immerhin zeigt uns der Skeptiker, dass objektive Erkenntnis für den Menschen unmöglich ist. Er liefert uns eine wichtige Information über unsere Erkenntnissituation. Und die Erkenntnistheorie beschäftigt sich mit den Fragen, was Erkenntnis ist und wie Erkenntnis möglich ist. Also ist der Skeptizismus für erkenntnistheoretische Fragen durchaus relevant.
Widerlegt ist der Skeptizismus damit natürlich nicht. Er wird nur als irrelevant abgestempelt. Popperianisch gesehen hat die skeptische Position in der Tat keinen empirischen Gehalt.
Wenn wir nun den Skeptizismus außen vorlassen, was können dann Prinzipien sein die uns auf der Suche nach der Wahrheit leiten? Birgt die Orientierung an naturwissenschaftlichen Paradigmen die Größte Chance zu wahren Erkenntnissen zu gelangen? Sind es logische Prinzipien, wie tertium non datur auf die wir uns berufen sollten?
Was meint ihr? Oder steht gerade eine andere Fragestellung im Vordergrund?
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Beitrag von Hermeneuticus am 27. Feb. 2005, 20:45 Uhr
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Hallo Jean-Luc!
Quote: Immerhin zeigt uns der Skeptiker, dass objektive Erkenntnis für den Menschen unmöglich ist. Er liefert uns eine wichtige Information über unsere Erkenntnissituation.
Du sprichst von "objektiver Erkenntnis", als ginge deren Definition nicht auf Menschen zurück. Zu sagen, dass objektive Erkenntnis für den Menschen unmöglich sei - das klingt fast, als könnte es Wesen geben, für die das nicht zutrifft. So hat die metaphysische Tradition in der Tat bis zu Kant gedacht: Man hing einem Ideal von Wahrheit an (nämlich der vollkommenen Übereinstimmung von Wissen und Sein), das im Vollsinn nur von Gott erfüllt werden konnte.
Dass dies eine Fiktion, und zwar eine wenig sinnvolle, war, kann man seit Kant wissen. Es wird also langsam zu einer "ollen Kamelle". Seither wird - zumindest von denen, die Kants Argumente eingesehen haben - "objektive Erkenntnis" anders verstanden, und zwar so, dass sie auch möglich ist.
Die Philosophen, die heute noch großes Tamtam um die immer gleichen skeptischen Argumente machen, zeigen dadurch bloß, dass Kant bei ihnen noch nicht angekommen ist. Es sind in der Regel Verfechter des erkenntnistheoretischen "Naturalismus", der immer noch der Fiktion einer "adaequatio rei et intellectus" nachjagt. Sie sind die eigentlichen Erben und Wahrer der Metaphysik, freilich ohne es zu wissen.
Gruß H.
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Beitrag von Eberhard am 27. Feb. 2005, 21:03 Uhr
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Hallo allerseits,
noch eine Nachbemerkung zum Skeptizismus. Es wird gesagt, dass der Skeptizismus nicht widerlegt sei.
Meine Frage: Ist es überhaupt nötig, ihn zu widerlegen?
Wenn der Skeptiker konsequent ist und selber nichts als wahr behauptet, sondern nur alles bezweifelt, dann habe ich mit ihm keine Probleme. Wer nichts behauptet, der kann weder mir noch irgendjemand anderem widersprechen.
Wenn der Skeptiker aber nichts behauptet, dann kann er uns auch nichts lehren, auch nicht, dass objektive Erkenntnis für den Menschen unmöglich ist (Was er ja auch nicht behauptet.)
Oder sehe ich das falsch? Behauptet der Skeptiker doch etwas?
fragt Eberhard.
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Beitrag von fFflLloOo am 27. Feb. 2005
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zur verifikation:
wenn ich etwas nehme, loslasse und beobachte wie es fällt und das ständig wiederhole verifiziere ich den erfahrungswert, das die dinge zur erde fallen. es ist zwar dennoch nicht endgültig aususchliessen, dass dieses prinzip niemals verletzt wird, aber es wurde eben noch nie beobachtet, daher kann man sagen, dass aufgrund der beobachtung der wirklichkeit offenbar diese eigenschaft zuzuschreiben ist, womit aber im grunde lediglich ein postulat afgestellt wird: gesetzt den fall, dass die beobachtung der realitaet entspricht, dann ist die beobachtung verifizierbar.
da ich insbesondere in der gegenwart nicht beobachten kann, dass gott moses vor jahrtausenden die bundeslade persönlich übergab, kann ich die gültigkeit religiöser dogmen auch einfach nicht verifizieren. dem widersprechen nicht einmal die theologen. dem ist einfach nicht zu widersprechen und im grunde gehört jeder, der es doch tut, in die geschlossene anstalt.
darüber hinaus ist der sturz eines objektes ein einfacher sachverhalt. irgendeine gotteserscheinung ist jedoch gewiss kein einfacher sachverhalt. man kann das genausowenig verifizieren, wie die atomare struktur von tee nur indem man daran riecht.
abläufe, in denen das simple prinzip 'actio = reactio' nicht unmittelbar beobachtbar sind, sind 'nicht-einfach' und insbesondere nicht durch bloßes hinsehen verifizierbar. dazu braucht es raffiniertere methoden. das verifizieren von hypothesen vermittelst des experimentes ist dann unter anderem naturwissenschaft, aber im grunde ist das dasselbe wie ballspielen, das man irgendwann perfektioniert.
mfg flo
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Beitrag von Jean_Luc am 27. Feb. 2005, 23:37 Uhr
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Hermeneuticus
Quote: Man hing einem Ideal von Wahrheit an (nämlich der vollkommenen Übereinstimmung von Wissen und Sein)
Wenn man korrespondenztheoretisch von Wahrheit spricht, dann klingt das ganz ähnlich. Und die Korrespondenztheorie der Wahrheit wird heute immer noch von den meisten Philosophen vertreten.
Mir ist auch nicht ganz klar, was das heißen soll, Übereinstimmung von Wissen und Sein. Ist damit dasselbe gemeint, wie "true to the facts" ? Jedenfalls habe ich immer von einer Korrespondenz zwischen Aussagen und Tatsachen geredet, nicht von Wissen und Sein. Somit verstehe ich deinen Einwand nicht, denn Kant hat sicherlich nicht gezeigt, dass die Korrespondenztheorie ein Mythos ist.
Was Kant gezeigt hat ist lediglich, dass wir die Welt immer nur durch eine begriffsapriorische Brille wahrnehmen können, was aber nicht zeigt, dass unsere Erfahrungen mit der Wirklichkeit korrespondieren. Im Gegenteil, gerade diese Beobachtung öffnet dem Skeptizismus Tür und Tor.
Der Skeptiker vermag übrigens nicht zu zeigen, dass es keine Aussagen gibt, die wahr sind, und das heißt objektiv wahr. Er zeigt nur, dass wir nicht wissen können, welche Aussagen wahr sind und ob es überhaupt wahre Aussagen gibt.
Hermeneuticus
Quote: Seither wird - zumindest von denen, die Kants Argumente eingesehen haben - "objektive Erkenntnis" anders verstanden, und zwar so, dass sie auch möglich ist.
Wie wird objektive Erkenntnis denn Heute verstanden?
Hermeneuticus
Quote: Die Philosophen, die heute noch großes Tamtam um die immer gleichen skeptischen Argumente machen, zeigen dadurch bloß, dass Kant bei ihnen noch nicht angekommen ist. Es sind in der Regel Verfechter des erkenntnistheoretischen "Naturalismus", der immer noch der Fiktion einer "adaequatio rei et intellectus" nachjagt.
Das ist mir neu. Alle erkenntnistheoretischen Naturalisten, die ich kenne waren anti-Skeptiker (Quine). Naturalismus und Skeptizismus sind wie Feuer und Wasser, wie A und nicht-A.
Eberhard
Quote: Behauptet der Skeptiker doch etwas?
Ja der Skeptiker hält etwas für wahr, nämlich den Satz: Entweder die Welt ist so wie wir sie erfahren oder sie ist es nicht.
Mir ist nicht klar, was Flo's Bemerkungen zur Verifikation zeigen sollen. Wenn ich die Hypothese, dass ein Stein zur Erde fällt, aufstelle, dann ist sie durch ein einfaches Experiment verifizierbar. Das ist aber sicherlich nicht die Art der Verifikation, die der Skeptiker als Antwort erwartet, wenn er fragt, woher wir wissen wollen, dass ein Satz wahr ist (das wollte Flo damit sicher auch nicht zeigen).
Ich stimme Flo aber zu, dass es bei der Begründung religiöser Dogmen und anderer Aussagen über unbeobachtbare Entitäten "raffiniertere Methoden" braucht als bloß hinzusehen. Hier haben wir ein besonderes Verifikationsproblem, auf das ich schon die ganze Zeit hinauswollte. Momentan scheint mir die Skeptizismus Debatte aber noch nicht am Ende zu sein, sondern ganz im Gegenteil, es scheint gerade eine zielstrebige und interessante Diskussion zu entstehen.
Was also bleibt noch zu sagen?
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Beitrag von leo_casimir am 28. Feb. 2005
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Jean_Luc wrote: Ja der Skeptiker hält etwas für wahr, nämlich den Satz: Entweder die Welt ist so wie wir sie erfahren oder sie ist es nicht.
Hallo Jean_Luc,
dein Satz da oben ist keine "Wahrheit", sondern eine Tautologie. Stattdessen könntest du auch sagen:
Der Skeptiker hält den Satz für wahr: Entweder ist die Welt ein Goldhamster oder sie ist kein Goldhamster.
Mit beiden Sätze verbindet sich keinerlei Erkenntnisgewinn.
Da ist Descartes mit seinem systematischen Zweifel schon unendlich viel weiter. Von Kant wollen wir erst gar nicht reden. Denn durch die "Kopernikanische Wende" bei Kant wissen wir ja: Wir können aus der Natur nur das herauslesen, was wir zuvor nach unseren Begriffen in sie hineingedacht haben (Beispiel mit Galilei und der schiefe Ebene am Anfang der Kritik der reinen Vernunft).
Grüße Leo
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Beitrag von Hermeneuticus am 28. Feb. 2005
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Hallo Jean-Luc!
on 02/27/05 um 23:37:51, Jean_Luc wrote: Und die Korrespondenztheorie der Wahrheit wird heute immer noch von den meisten Philosophen vertreten.
Ist das ein Argument für sie?
Quote: Jedenfalls habe ich immer von einer Korrespondenz zwischen Aussagen und Tatsachen geredet, nicht von Wissen und Sein. Somit verstehe ich deinen Einwand nicht, denn Kant hat sicherlich nicht gezeigt, dass die Korrespondenztheorie ein Mythos ist.
Mit "Wissen und Sein" habe ich mich auch nicht auf Dich bezogen, sondern auf die vorkantische Metaphysik.
Interessanter Weise versteht Kant Wahrheit durchaus als Korrespondenz (" Übereinstimmung der Erkenntnis mit ihrem Gegenstand" KrV B 82). Aber diese "Namenserklärung" interessiert ihn nicht sonderlich, sie sei hier "geschenkt und vorausgesetzt"... Was ihn interessiert, ist die MÖGLICHKEIT einer solchen Übereinstimmung, noch mehr: die Möglichkeit der GEGENSTÄNDE der Erkenntnis. Und da kommt er eben zu dem Resultat, dass unsere Erkenntnisse nur deshalb mit ihren Gegenständen übereinstimmen können, weil wir diese ALS Gegenstände überhaupt erst ERZEUGEN (nämlcih durch ihre vorgängige "Bestimmung" oder Spezifikation).
Es stimmt: Kant verweist also nicht die Korrespondenztheorie der Wahrheit ins Mythische, sondern er arbeitet ihre (" subjektiven" ) Voraussetzungen heraus.
Quote: Was Kant gezeigt hat ist lediglich, dass wir die Welt immer nur durch eine begriffsapriorische Brille wahrnehmen können, was aber nicht zeigt, dass unsere Erfahrungen mit der Wirklichkeit korrespondieren. Im Gegenteil, gerade diese Beobachtung öffnet dem Skeptizismus Tür und Tor.
Da bist Du falsch informiert. Denn die Hauptarbeit der transzendentalen Analytik gilt gerade der "Deduktion" der Kategorien UND IHRER OBJEKTIVEN GÜLTIGKEIT! Ohne diesen Nachweis wäre Kant in der Tat ein Skeptiker wie Hume.
Quote: Alle erkenntnistheoretischen Naturalisten, die ich kenne, waren anti-Skeptiker (Quine). Naturalismus und Skeptizismus sind wie Feuer und Wasser, wie A und nicht-A.
Das ist mir schon klar. "Tamtam" um etwas machen bedeutet ja nicht "zustimmen", sondern "viel Aufhebens davon machen", "ernst nehmen". Und wer nimmt denn die skeptischen Argumente heute noch ALS ARgumente ernst? Einen Kantianer jedenfalls können sie nicht mehr hinterm Ofen hervorlocken...
Gruß H.
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Beitrag von Eberhard am 28. Feb. 2005
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Hallo allerseits,
Es wird die Ansicht vertreten, dass der Skeptiker den Satz für wahr hält: "Entweder die Welt ist so wie wir sie erfahren oder sie ist es nicht".
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass dies eine inhaltsleere Tautologie ist. Mit diesem Satz kann deshalb nichts behauptet werden.
Wer aber nichts behauptet, der kann mir auch nicht widersprechen. Deshalb ist diese Position weiterhin irrelevant für mein Weltbild.
Zu dem Hinweis "Seit Kant wissen wir, dass …"
Solche Verweise zählen für mich in dieser Diskussionsrunde nur, wenn die Argumente hier ausgeführt werden. Damit umgehen wir das Hick-Hack um die richtige Interpretation des betreffenden Autors und können die Argumente direkt überprüfen.
Wenn dies wegen der Komplexität der Theorie nicht möglich ist, so ist dies ein Problem der Theorie, und es kann nicht verlangt werden, diese Theorie trotzdem hier zu akzeptieren.
Das heißt nicht, dass man die Theorie nicht in einem eigens zu diesem Thema eingerichteten Colloquium diskutieren könnte.
Entsprechendes gilt für den Einwand, "philosophische Skepsis" sei eine andere Position als die hier kritisierte. Die Kritik gilt natürlich nur für die hier formulierte Variante dieser vielgestaltigen Denkrichtung. Es wäre aber unfruchtbar, hier darüber zu streiten, was der "echte" Skeptizismus sei.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Jean_Luc am 28. Feb. 2005, 13:34 Uhr
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Hallo zusammen,
Quote:dein Satz da oben ist keine "Wahrheit", sondern eine Tautologie. Stattdessen könntest du auch sagen:
Quote:Da ist Descartes mit seinem systematischen Zweifel schon unendlich viel weiter. Von Kant wollen wir erst gar nicht reden. Denn durch die "Kopernikanische Wende" bei Kant wissen wir ja: Wir können aus der Natur nur das herauslesen, was wir zuvor nach unseren Begriffen in sie hineingedacht haben
Nur weil der Satz eine Tautologie ist, heißt das nicht, dass er keine Wahrheit ist. Im Gegenteil dieser Satz ist eine der wenigen Wahrheiten, die sich über die Jahrtausende gehalten hat. Es geht von Sätzen der Form P oder nicht-P durchaus ein Erkenntnisgewinn aus. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten fungiert z. B. als wertvolles Axiom in der Logik und der Skeptiker drückt damit aus, dass wir von jedem Sachverhalt nicht wissen, ob er tatsächlich besteht oder nicht, dass ist ein Erkenntnisgewinn.
Descartes ist da überhaupt nicht weiter! Descartes zieht zunächst auch die Existenz der Aussenwelt in Zweifel etc. ehe er sich dann auf das Cogito als unanzweifelbares Fundament stützt. Um zu zeigen, dass es doch eine Außenwelt gibt und dass das Cogito selbst nicht nur geträumt ist, versucht er dann die Existenz eines guten Gottes zu beweisen, der dafür sorgt, dass unsere Erfahrungen mit der Wirkllichkeit korrespondieren und die Gefahr nur ein Gehirn im Tank zu sein ausschließt. Das ist für mich aber eine offensichtlich unhaltbare Argumentation. Ersten glaube ich nicht, dass sich ein guter Gott tatsächlich beweisen lassen kann, es gibt genug Gegenargumente, außerdem könnte ein guter Gott selbst auch wieder nur von einem bößen Geist eingegeben sein. Zweitens könnte auch ein guter Gott seine Gründe dafür haben, uns eine Außenwelt vorzugaukeln, oder uns das Gefühl eines Cogito vermitteln.
Das Cogito ergo sum ist also als Kandidat für gewissheit höchstens ein Cogitat ergo Esse, und ein guter Gott schließt keine skeptischen Hypothesen aus. Descartes ist tot, was bleibt ist der Zweifel!
Und noch einmal laut für alle: Kant hat den Skeptizismus nicht widerlegt! Kant zeigt die Bedingungen der Möglichkeit von Erfahrung auf, gewisse a priorische Begriffe. Es gelingt Kant nicht, zu zeigen, dass diese Begriffe objektiv gültig sind, auch nicht im Kapitel transzendentale Deduktion.
Ich halte es wie Eberhard sagt für sinnvoll, wenn Behauptungen wie:
Quote:Interessanter Weise versteht Kant Wahrheit durchaus als Korrespondenz
Quote:Was ihn interessiert, ist die MÖGLICHKEIT einer solchen Übereinstimmung, noch mehr: die Möglichkeit der GEGENSTÄNDE der Erkenntnis.
Quote:Und da kommt er eben zu dem Resultat, dass unsere Erkenntnisse nur deshalb mit ihren Gegenständen übereinstimmen können, weil wir diese ALS Gegenstände überhaupt erst ERZEUGEN (nämlcih durch ihre vorgängige "Bestimmung" oder Spezifikation).
Quote:die Hauptarbeit der transzendentalen Analytik gilt gerade der "Deduktion" der Kategorien UND IHRER OBJEKTIVEN GÜLTIGKEIT! Ohne diesen Nachweis wäre Kant in der Tat ein Skeptiker wie Hume.
nicht nur durch Verweis auf Werke und Kapitel aufgestellt werden, sondern, wenn die entsprechenden Argumente gleich mitgeliefert werden. Mag sein, dass du recht hast Hermeneuticus, zeige das aber mit Argumenten. Ich habe am Beispiel Descartes vorgemacht, wie in etwa das aussehen kann.
Quote:Wer aber nichts behauptet, der kann mir auch nicht widersprechen. Deshalb ist diese Position weiterhin irrelevant für mein Weltbild.
Der Skeptiker widerspricht dir doch. Wenn du sagst, ich weiß, dass es eine Außenwelt gibt, dann sagt er: Nein, dass weißt du nicht, denn du kannst meine Hypothesen nicht ausschließen. Und laut Nozick ist Wissen, wahre Meinung, die die Wahrheit aufspürt, in jeder Situation, eine Meinung, die sensitiv für Wahrheit ist. Und Die Meinung, es gibt eine Außenwelt ist nicht mehr sensitiv für Wahrheit, wenn skeptische Hypothesen zutreffen würden. Ohne Nozick formuliert, Wissen erfordert Irrtumsfreiheit, und diese ist aufgrund skeptischer Hypothesen nicht gegeben.
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Beitrag von Eberhard am 28. Feb. 2005, 16:11 Uhr
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Hallo allerseits,
Ich hatte gesagt, dass die Position des Skeptikers (" Gehirne in Nährlösung" ) für mich irrelevant ist, solange er keine Behauptung aufstellt, die meinen Überzeugungen widerspricht.
Es wird nun gesagt, dass der Skeptiker mir widerspricht: "Wenn du sagst: 'Ich weiß, dass es eine Außenwelt gibt', dann sagt er: 'Nein, das weißt du nicht, denn du kannst meine Hypothesen nicht ausschließen'".
Sage ich überhaupt: "Ich weiß, dass es eine Außenwelt gibt" ?
Erstmal ist es doch nur so, dass ich etwas wahrnehme: Ich sehe z. B. auf dem Tisch vor mir eine Vase mit gelben Tulpen.
Dann mache ich die Aussage: "Auf dem Tisch vor mir steht eine Vase mit gelben Tulpen". Mehr sage ich eigentlich nicht.
Nun kommt der Skeptiker und sagt: "Es könnte sein, dass Du nur ein künstlich stimuliertes Gehirn in Nährlösung bist und dass deshalb kein Tisch mit gelben Tulpen vor Dir steht. Es könnte also sein, dass Du Dich irrst. Irrtumsfreiheit ist aufgrund skeptischer Hypothesen nicht gegeben."
Dann sage ich: "Für den Fall, dass ich ein künstlich stimuliertes Gehirn in Nährlösung bin, verspreche ich Dir die Zahlung jeder beliebig großen Summe Geld."
Ich könnte dies ohne jedes Risiko versprechen, denn der Irrtum, in dem ich mich nach Ansicht des Skeptikers möglicherweise befinde, ist ein Irrtum, der von seiner Konstruktion her niemals als ein solcher erkannt werden kann.
Ist es aber sinnvoll, von einer Annahme als einem "Irrtum" zu sprechen, wenn diese Annahme niemals zu enttäuschten Erwartungen führen kann, wenn man diesen Irrtum niemals korrigieren muss?
fragt Eberhard.
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 28. Feb. 2005, 16:30 Uhr
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Hallo Eberhard,
du hast , glaube ich, den Hauptpunkt herausgearbeitet.
Konsequent skeptisch sein ist sinnlos!
Es spielt für nachfolgend Überlegungen keine Rolle , ob du die Tulpen siehst oder "nicht".
Da DU sie ja SIEHST.
Leider ist das auch ein Argument gegen deinen (ich hoffe, ich darf das sagen [undecided] ) Glauben an Intersubjektivität.
Eine Entscheidubg, was intersubjektiv ist, kann nur von einem Subjekt getroffen werden. Also nie intersubjektiv sein.
Also spielt Intersubjektivität KEINE Rollefür nachfolgende Überlegungen.
NJ
NJ
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Beitrag von Eberhard am 28. Feb. 2005, 22:30 Uhr
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Hallo Neshmet,
Was meinst du mit meinem "Glauben an Intersubjektivität" ?
Wenn verschiedene Individuen zu gleichen Ergebnissen kommen, dann nenne ich das "intersubjektive Übereinstimmung". Diese lässt sich durch die Subjekte feststellen.
Die intersubjektiv übereinstimmenden Wahrnehmungen verschiedener Individuen sind die Grundlage allgemein gültiger Aussagen über unsere Welt.
Auf "Objektivität" als darüber hinaus gehendes Ziel kann ich verzichten.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Beitrag von Verena am 01. März 2005, 02:32 Uhr
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Hallo Eberhard,
ich denke, es macht schon einen Sinn zwischen intersubjektiver und objektiver Wahrheit zu unterscheiden.
Als intersubjektiv wahr würde ich eine Aussage bezeichnen, die zwar relative Allgemeingültigkeit besitzt (dh nicht nur für mich hier und jetzt zutrifft), aber die eindeutig nur in Beziehung auf unsre überindividuelle subjektiven Verfassung (insbes. unsre sinnliche Anschaung) allgemein gültig ist, zB:
Zucker schmeckt süß.
Der Tisch sieht oval aus.
" Süß" ist eine Prädikat, das seinen Ursprung eindeutig in unsrer Sinnlichkeit hat (Geschmacksinn), so wie die ovale Form des Tisches durch unsre perspektivische Sichtweise (Gesichtsinn) bedingt ist. Darauf deuten schon die unterschiedlichen Formulierungen hin: "schmeckt", "sieht" aus, im Unterschied zu "ist" - siehe nächstes Beispiel.
Wenn ich hingegen sage:
Zucker besteht (ist) aus Kohlenstoff-Molekülen.
Der Tisch ist rund (kreisförmig).
- dann wird die Bestimmung des Subjekts der Aussage (die Prädizierung) nicht mehr im Hinblick auf die spezifische Verfassung unsrer Sinnlichkeit vorgenommen, sondern unabhängig davon im Ausgang von der Beschaffenheit des Objekts und von daher mit dem Anspruch auf eine nicht bloß subjektive (sinnlich bedingte), sondern objektive (im Objekt begründete) Allgemeingültigkeit. Und sofern letztere Allgemeingültigkeit als im Objekt begründet eingestuft wird, billigt man ihr auch in viel höherem Maß subjektunabhängige, allgemeine Gültigkeit zu, als der ersten Form von bloß "subjektiv-sinnlicher" Allgemeingültigkeit.
Verena
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Beitrag von jacopo_belbo am 01. März 2005, 08:31 Uhr
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hallo liebe freunde des philosophischen gesprächs,
wie ich sehe, erfeut sich die kleine philosophische reihe, der frage nach der wahrheit, wieder einiger konstruktiver beiträge. das dient der sache, und erfreut mich.
unsere diskussion bewegt sich -noch immer- im dreieck von wahrheit, wissen und wirklichkeit. und wenn ich die letzten beiträge ansehe so ergeben sich momentan zwei hauptstränge: zum einen wird die frage nach der objektivität - und letztlich nach der gültigkeit unserer erkenntnis gestellt; als ein seitenpfad wird der skeptizismus erwähnt. zum anderen ist nachwievor das thema subjektivität vs. objektivität in der diskussion.
im zusammenhang mit dem skeptizismus ist auch das beinahe schon klassische brain in a vat-problem angesprochen worden. ich denke, bevor der skeptizismus ernst genommen werden kann, muss der vertreter dieser denkrichtung einige grundlegende fragen beantworten:
1) wenn wir davon ausgingen, wir wären gehirne in einem tank; könnten wir darum wissen, dass dem so ist- und wenn ja, wie?
2) wenn wir zweifel an irgendeiner art von welt -selbst der skeptiker wird in seinem sinne von "welt" sprechen- haben, woher haben wir die vorstellung dieser art von welt? ist die erfahrung irgendeiner art von welt nicht voraussetzung des skeptizismus überhaupt?
3) was genau bezweifelt ein skeptiker eigentlich? verwendet er das wort "zweifeln" überhaupt in dem sinne, wie wir es gewöhnlich verwenden? zweifelte descates überhaupt?
ich denke, dass kein skeptiker seinen skeptizismus aufrecht erhalten kann, ohne sinnvolle antworten auf diese fragen gegeben zu haben. sicherlich wird er unabhängig von einer antwort behaupten, zu zweifeln. aber handelt es sich dabei um einen gerechtfertigten zweifel, oder um das, was ch.s.peirce "paper doubt" genannt hat? ist es für einen zweifel ausreichend zu sagen: "ich zweifele daran, dass [...]" ?
an die vertreter der "subjektivität" richten sich die folgenden fragen:
sie scheinen mir "neffen" der skeptiker zu sein. wenn jemand die subjektive perspektive unterstreicht, so möchte er damit zum ausdruck bringen, dass es z. B. einen standpunkt gibt, der nicht von allen sprechern einer sprache geteilt wird. es gibt dort zwei quasi klassische ansatzpunkte:
a) perspektivität in der wahrnehmung
vertreter des "subjektiven gedankens" versuchen ihre meinung derart zu begründen, dass die perspektivität, die ausrichtung der wahrnehmung von einem "zentrum" aus "in die welt hinein" geschieht, derart, dass dasjenige, was wahrnimmt -das (in meinen augen konstruierte) subjekt- zum einen je einen vor anderen privilegierten zugang zu dem von ihm wahrgenommenen besitzt; und zum anderen, dass das wahrnehmende subjekt diesen standpunkt einzig einnimmt, und das aufgrund der ihm je eigenen raumposition.
b) unterschiede in geschmacksurteilen
es ist eine binsenweisheit, dass geschmack unterschiedlich ausgeprägt ist, dass "geschmacksurteile" unterschiedlich ausfallen. was dem einen ein rechter gaumenschmaus ist, kann dem nächsten eine verzerrte miene entlocken. folglich scheint es eine welt primärer und sekundärer eigenschaften zu geben: die eine art von eigenschaften scheint verbindlich, die andere vage-unverbindlich.
1) wenn wir von subjektivität, subjektiver wahrnehmung/empfindung sprechen, woher bezieht das "subjekt" sein wissen von der welt, bzw. woher hat es seine begriffe, die welt so und so zu klassifizieren?
2) wie groß ist der anteil an "subjektiven erfahrungssätzen" innerhalb der menge unserer übrigen erfahrungssätze?
wie groß sind die subjektiven unterschiede einzelner zueinander?
3) wie kommt es, dass zwar unterschiedliche meinungen darüber existieren, ob nun e.g. spargel mit butter oder hollandaise besser schmeckt, aber keine unterschiedliche meinungen über den geschmack von kot oder giftigen substanzen existieren - wohl keine kulturelle gruppe würde letztere als "wohlschmeckend" bezeichnen; wenn wir von einigen fällen psychischer aberration absehen?
- mfg thomas
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 01. März 2005, 08:44 Uhr
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Hallo Eberhard,
ich dachte , du meintest mit Intersubjektivität eine für alle Subjekte zutreffende und unabhängig von diesen seiende Objektivität .
Da du nur Übereinstimmung meinst, hat sich die Sache erledigt, aber welche Argumente gäbe es dann überhaupt?
Beispiel:
Jemand hantiert mit Kernbrennstäben vor deinem Haus.
Du bist der Überzeugung, durch die radioaktive Strahlung wird
die Gesundheit schwer beeinträchtigt. Darum forderst du eine Unterlassung. Dein Widerpart(evtl. der Fromme [sly])sagt aber
er glaube nicht daran.
Wie willst du ihm beweisen, dass deine Aussage zutrifft? Dadurch, dass du mehr Anhänger für deine These um dich scharren kannst als er? Wo bleibt da die Wahrheit? Und hängt die Wahrheit von der Anzahl der Subjekte, die an eine bestimmte glauben ,ab?
NJ
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Beitrag von Dyade am 01. März 2005, 09:39 Uhr
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Moin zsamn,
Wahrheit in Bezug auf Aussagen über die Wirklichkeit. Wir haben viel geschrieben. Haben die Begriffe hin und her gewendet. Die Diskussion über den Skeptizismus, die dessen Position verkürzt und etwas undifferenziert darstellt - es gibt ja mehrere Spielarten - verweist wieder auf die Frage nach der Wirklichkeit.
Ich finde das der Begriff Wirklichkeit enorm zäh ist. Der kommt immmer wieder in Sätzen vor, auch als trojanisches Pferd. Wenn einige mit dem Begriff "Tatsachen" argumentieren schleicht sich da Nachts Odysseus heraus um die Trojaner wieder mit der Wirklichkeit zu konfrontieren.
Können wir denn folgende Begriffe differenzieren:
Realität,
Objektivität,
Wirklichkeit,
Dinge außer uns,
Tatsachen,
Dinge an sich,
Welt,
alles was der Fall ist?
können wir hier einige Begriffe elminieren, weil sie a) ohne Sinn oder b) doppelt belegt sind oder c) liegt in jedem Begriff die Eigenschaft eines Meta-Begriffes, den jeder der einzelnen Begriffe meint? wenn ja welcher?
fragend
Dyade
[cool]
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Beitrag von Hermeneuticus am 01. März 2005, 10:57 Uhr
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Hallo miteinander!
Die Begriffe "subjektiv" und "objektiv" scheinen mir in der Diskussion noch nicht zu einer "intersubjektiven" Klärung gefunden zu haben. Dazu einige vorläufige, noch wenig geordnete Bemerkungen. (Grippal infiziert, wie ich derzeit bin, brummt mir der Kopf schon diesseits jeder erkenntnistheoretischen Reflexion.)
Selbst wenn, wie Thomas meint, das Subjekt nur eine "Konstruktion" ist, scheint es mir doch immer noch eine sinnvolle Konstruktion zu sein. Der Subjektbegriff ist unverzichtbar, um die Personen zu bezeichnen, die etwas behaupten, etwas wissen, etwas tun usw. Man kann zwar zu bestimmten Zwecken (z. B. in einer logischen Analyse) davon absehen, wie Aussagen in die Welt gekommen sind, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Aussagen immer von Personen/Subjekten hervorgebracht werden.
Wichtig ist es, sich über den Unterschied zwischen "Subjekt" und "Individuum" klar zu werden. Mit dem Begriff des Individuellen beziehen wir uns gewöhnlich auf das, was einer Entität ALLEIN zugehört. Das Individuelle ist das UNTERSCHEIDENDE z. B. zwischen den Elementen einer Klasse. Und ich darf wohl als unstrittig voraussetzen, dass unsere Vorstellung von "Existenz" aufs engste mit der Vorstellung der Individualität verbunden ist: Alles was existiert, existiert als Individuum.
Der Begriff des Subjekts bezieht sich nun aber gerade nicht auf das je Individuelle, sondern auf ein Bündel von GEMEINSAMEN Eigenschaften oder Dispositionen oder Kompetenzen. Daher ist die "Intersubjektivität" bereits in der "Subjektivität" (" analytisch" ) enthalten.
Das scheint mir in den letzten Beiträgen nicht immer klar gesehen worden zu sein. Zwar bezeichnen wir alltagssprachlich ein Urteil oder eine Ansicht als "subjektiv", wenn sie keinen Anspruch auf allgemeine (" intersubjektive" ) Geltung erhebt. Aber hier wäre es klarer, von einer "persönlichen" oder "individuellen" Ansicht zu sprechen.
In Kants Terminologie sind sog. Wahrnehmungsurteile (Verena hat dafür Beispiele genannt) "subjektiv", aber dies, weil sie sich auf die faktische Wahrnehmung BEZIEHEN, die ein Individuum gemacht hat, und nicht auf die wahrgenommene Sache selbst (" Objekt" ): "Ich sehe den Tisch gerade oval."
Über eine solche Behauptung lässt sich nicht streiten.
Anders wäre es, wenn behauptet würde: "Der Tisch ist oval." Dies ist eine "objektive", d. h. eine AUFS OBJEKT BEZOGENE Aussage, unabhängig davon, ob sie wahr oder falsch ist. Aber wie man sieht, erheben "objektive" Urteile zumindest den ANSPRUCH auf allgemeine Geltung (Wahrheit).
Das scheint mir ein interessanter Punkt zu sein. Der Anspruch auf allgemeine (" intersubjektive" ) Geltung setzt die Beziehung der Aussage auf ein Objekt voraus, d. h. auf etwas vom Urteilenden (dem "Subjekt" ) Verschiedenes und daher allgemein Zugängliches. Daran wird zugleich ersichtlich, dass "objektiv" nicht mit "intersubjektiv" synonym sein kann.
An die Adresse von Thomas:
BEIDE, "subjektive" wie "objektive" Urteile, setzen so etwas wie "Subjektivität" (im Unterschied zur Individualität) voraus. Denn in beiden Fällen handelt es sich ja um Aussagen oder Urteile, die sich an andere Sprecher wenden. d. h. nur schon als Sprecher hat der Urteilende grundsätzlich etwas mit anderen Sprechern derselben Sprache gemeinsam (eine gemeinsame "Kompetenz" oder wie man es nennen mag). Ob man dieses Gemeinsame nun für ein "Konstrukt" hält oder für "wirklich existierend", ist von untergeordneter Bedeutung. Man kommt nur nicht umhin, ein Bündel von gemeinsamen Eigenschaften / Kompetenzen / Dispositionen anzunehmen, die in jeder einzelnen Aussage, jedem Urteil aktualisiert werden. Zu den Kompetenzen eines Subjekts gehört es jedenfalls, zwischen dem, was nur zu ihm gehört, und dem, was es mit anderen Individuen teilt, zu unterscheiden. d. h. ein Subjekt kennt und beherrscht auch die Unterscheidung zwischen seiner Individualität und seiner Subjektivität.
Hier breche ich ab (= zusammen).
:-)
Gruß
H.
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 01. März 2005, 11:22 Uhr
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Hallo jacopo,
ich denke, dass der Subjektivismus seine Position mit der Komplexität der Welt begründen kann.
Wenn ich deinen Beitrag für mich übersetze sagt er folgendes
1. konsequente Skepsis ist sinnlos
- man kann z. B. davon ausgehen, dass 6 Mrd. Menschen
existieren (ob nur im Geist oder nicht ist egal)
2. Subjektivismus ist nicht zu begründen
- bis auf ein paar, zu vernachlässigende ,Abweichungen
schmeckt allen Menschen Zucker süss
3. Geschmacksfragen anderer Art kann man ignorieren
- ob jemandem Zucker ZU süss schmeckt oder nicht
ist irrelevant
aber der Subjektivismus den ich vertrete meint, es kann für Subjekte DA SIE UNTERSCHIEDLICH sind, ein Mensch ist eben kein "Quadrat der Seitenlänge 1" [???]oder die Zahl "5", keine "objektive Wahrheit" geben im Sinne von für ALLE wahr, sondern nur eine auf das Subjekt (seine Intention) bezogene richtige oder falsche Handlungsweise.
Die Welt ist zu komplex als das "Objektivität" für Alle eine Rolle spielt.
[???] [???] [???]
NJ
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Beitrag von Jean_Luc am 01. März 2005, 12:37 Uhr
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Eberhard
Quote:Dann sage ich: "Für den Fall, dass ich ein künstlich stimuliertes Gehirn in Nährlösung bin, verspreche ich Dir die Zahlung jeder beliebig großen Summe Geld."
Si tacuisses, philosophus mansisses!
Jacopo Belbo
Quote:1) wenn wir davon ausgingen, wir wären gehirne in einem tank; könnten wir darum wissen, dass dem so ist- und wenn ja, wie?
Nein.
Quote:2) wenn wir zweifel an irgendeiner art von welt -selbst der skeptiker wird in seinem sinne von "welt" sprechen- haben, woher haben wir die vorstellung dieser art von welt? ist die erfahrung irgendeiner art von welt nicht voraussetzung des skeptizismus überhaupt?
Ja. Aber das bedroht den Skeptizismus in keinster Weise, oder doch?
Quote:3) was genau bezweifelt ein skeptiker eigentlich? verwendet er das wort "zweifeln" überhaupt in dem sinne, wie wir es gewöhnlich verwenden? zweifelte descates überhaupt?
Der Skeptiker bezweifelt z. B. die Existenz einer Aussenwelt, Fremdpsychisches, Vergangenheit, Induktion etc. Ja Descartes hat gezeifelt, die Meditationes sind mittlereile sogar zum locus classicus philosophischen Zweifelns geworden.
Auf diese Fragen bin ich schon längst eingegangen, du musst nur die vorherigen Beiträge durchsehen. Der Skeptizismus bleibt unwiderlegt, und ja, er ist sinnvoll!
Wenn keine weiteren Einwände kommen, können wir uns ja nun der Intersubjektivitätsdiskussion widmen.
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Beitrag von jacopo_belbo am 01. März 2005, 14:43 Uhr
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kleines intermezzo:
Quote:NJ: aber der Subjektivismus den ich vertrete meint, es kann für Subjekte DA SIE UNTERSCHIEDLICH sind, ein Mensch ist eben kein "Quadrat der Seitenlänge 1" oder die Zahl "5", keine "objektive Wahrheit" geben im Sinne von für ALLE wahr, sondern nur eine auf das Subjekt (seine Intention) bezogene richtige oder falsche Handlungsweise.
Die Welt ist zu komplex als das "Objektivität" für Alle eine Rolle spielt
heute morgen bin ich aufegstanden, zum schrank gelaufen, habe mir toastbroat besorgt, es belegt und in unserem sandwichmaker zubereitet. anschließend habe ich das noch warme sandwich aufgegessen - dasjenige, was ich da gegessen habe, war das nun ein subjektives sandwich?
an jean-luc:
Quote:Jacopo Belbo Zitat:
1) wenn wir davon ausgingen, wir wären gehirne in einem tank; könnten wir darum wissen, dass dem so ist- und wenn ja, wie?
Nein.
so what?
wenn wir nicht darum wissen, bzw. nichteinmal darum wissen können, ob wir gehirne im tank sind, welche grundlage haben wir denn, anzunehmen, dass dem so sein? deiner antwort gemäß: keine.
was bringt uns also die pathologische frage: "und wenn es doch so ist?"
Quote:Zitat:
2) wenn wir zweifel an irgendeiner art von welt -selbst der skeptiker wird in seinem sinne von "welt" sprechen- haben, woher haben wir die vorstellung dieser art von welt? ist die erfahrung irgendeiner art von welt nicht voraussetzung des skeptizismus überhaupt?
Ja. Aber das bedroht den Skeptizismus in keinster Weise, oder doch?
das sehe ich ein wenig anders. es müßte ersteinmal geklärt werden, woran denn der skeptiker wirklich zweifelt, und wie die logische ordnung dieses zweifels ist. der skeptiker wird, wenn wir annehmen, er ist ein homo sapiens sapiens, ebenso wie die anderen menschen gelernt haben zu sprechen. und entsprechend hat er gelernt, die begriffe "wahr", "falsch", "traum", "illusion", "täuschung" etc. in einer gewissen art und weise zu verwenden. zum beispiel wird er gelernt haben, was es heißt, jemanden für jemand anders zu halten, und sich darin getäuscht zu haben.
der skeptiker käme aber in arge erklärungsnot, wenn er erklären müßte, wie er das wort "illusion" bzw. das wort "täuschung" gelernt hat. woran bemäße sich das wort täuschung - wenn nicht an einer vorgängigen welt, in welcher es auch das gegenstück gibt. ihm ist dann zum vorwurf zu machen, er verwende das wort "täuschung" resp. "zweifel" in einer art und weise, die die eigentliche bedeutung aushöhlt, ja die sogar letztlich bedeutungslos ist.
mit sicherheit ist der skeptizismus nicht widerlegt worden. was aber nicht daran liegt, dass er an sich unwiderleglich ist, sondern dass niemand -außer vielleicht ein paar philosophen- ernsthaft eine skeptizistische position vertreten kann, ohne sein leben in der gesellschaft so wie bisher weiterzuführen.
- mfg thomas
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 01. März 2005, 14:54 Uhr
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Hallo jacopc,
" heute morgen bin ich aufegstanden, zum schrank gelaufen, habe mir toastbroat besorgt, es belegt und in unserem sandwichmaker zubereitet. anschließend habe ich das noch warme sandwich aufgegessen - dasjenige, was ich da gegessen habe, war das nun ein subjektives sandwich?"
Das spielt keine Rolle was es für ein Sandwich war, solange
du keine ALLGEMEINEN Schlüsse daraus ziehst.
NJ
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Beitrag von Hermeneuticus am 01. März 2005, 15:09 Uhr
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Hallo Jean-Luc!
Quote:Der Skeptizismus bleibt unwiderlegt, und ja, er ist sinnvoll!
Skepsis ist philosophisch und vorphilosophisch durchaus sinnvoll, als nähere Prüfung, Zweifel, Umsicht... Aber Skeptizismus als theoretische Position, die alle möglichen, für unsere tägliche Lebensbewältigung grundlegenden Gewissheiten als unbewiesen ausgibt, ist steril.
(Übrigens sind Descartes' Meditationen durchaus ein "locus classicus" des - methodischen! - Zweifels, aber sie sind gewiss kein locus classicus des Skepitzismus.)
Mag ja sein, dass so mancherlei Elementares nicht "beweisbar" ist. Das kann aber doch nur für denjenigen ein Skandal sein, der nur Bewiesenes als gewiss anerkennt. Und was bedeutet das schon - "Beweis", "Widerlegung" ? Jeder Beweis beruht auf Prämissen, die ihrerseits unbewiesen sind. Und es ist kein Kunststück, die Prämissen eines Beweises in Zweifel zu ziehen. Fragt sich nur, ob es immer auch SINNVOLL ist.
Die Gehirn-im-Tank-Hypothese, die sich nicht ausschließen lässt - ist sie sonderlich sinnvoll? Mag sein, diese künstliche Annahme lässt sich nicht aussschließen, aber da sie folgenlos für alles weitere ist, kann man sie auch einfach weglassen. Das sind gelehrte Sandkastenspiele.
Gruß
H.
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Beitrag von Eberhard am 01. März 2005, 17:00 Uhr
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Hallo Verena,
Schön wieder was von dir zu hören.
Du hältst es für sinnvoll, zwischen intersubjektiv wahren Aussagen und objektiv wahren Aussagen zu unterscheiden.
Ich sehe einen wichtigen Unterschied zwischen:
- Aussagen, die einen Wahrnehmungsinhalt wiedergeben, und
- Aussagen, die diesen Wahrnehmungsinhalt als wirklich behaupten.
Beispiele für die erste Art von Aussagen wären:
" Ich sehe dort eine Verkehrsampel" oder "Sie sieht dort eine Verkehrsampel" oder "Alle Anwesenden sehen dort eine Verkehrsampel."
Ein Beispiel für die zweite Art wäre:
" Dort ist eine Verkehrsampel."
Die erste Aussage gibt (interpretierte) Wahrnehmungsinhalte wieder. Als innerpsychische Phänomene sind diese Wahrnehmungsinhalte nur dem betreffenden Individuum durch Introspektion direkt zugänglich.
Die zweite Art von Aussagen ist eine (subjektunabhängig formulierte) Behauptung der Existenz des Wahrgenommenen.
Problematisch ist der Übergang von Aussagen der ersten Art zu Aussagen der zweiten Art. Es handelt sich bei dem Übergang von "Ich sehe dort eine Verkehrsampel" zu "Dort ist eine Verkehrsampel" ja nicht um einen logischen Schluss.
Die Aussagen, die Du als "intersubjektiv" wahr bezeichnest (" Der Tisch sieht oval aus" ) würde ich als Aussagen charakterisieren, die UNINTERPRETIERTE Wahrnehmungsinhalte wiedergeben. Solche Aussagen geben nur den Sinneseindruck wieder, ohne ihn als Eindruck eines bestimmten Gegenstandes oder eines bestimmten Geschehens zu interpretieren. Beim Tisch-Beispiel bleibt offen, ob der Tisch oval ist oder ob er rund ist und nur aufgrund der perspektivischen Verzerrung als oval erscheint.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Beitrag von Verena am 01. März 2005, 18:18 Uhr
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Hallo Dyade,
on 03/01/05 um 09:39:09, Dyade wrote:...
Ich finde dass der Begriff Wirklichkeit enorm zäh ist. Der kommt immmer wieder in Sätzen vor, auch als trojanisches Pferd. Wenn einige mit dem Begriff "Tatsachen" argumentieren schleicht sich da Nachts Odysseus heraus um die Trojaner wieder mit der Wirklichkeit zu konfrontieren.
Können wir denn folgende Begriffe differenzieren:
Realität,
Objektivität,
Wirklichkeit,
Dinge außer uns,
Tatsachen,
Dinge an sich,
Welt,
alles was der Fall ist?
Das Problem bei solchen Begriffen ist immer, dass sie je nach philosophischem System oder Standpunkt unterschiedliche Bestimmungen erhalten - dh es gibt keine klar umrissene Bedeutung dieser Begriffe losgelöst von jedem philosophischen Kontext und deshalb ist deine Frage bezüglich redundanter Bedeutung allgemeinverbindlich so nicht beantwortbar.
Nach meiner unmaßgeblichen "persönlichen" Meinung (du weißt ja, dass ich aus der Kantschen Ecke die Dinge sehe ;-)) ist eigentlich keiner der Begriffe durch einen anderen ersetzbar. Aber du kannst gerne diesbezüglich bei mir "nachhaken".
Gruß
Verena
PS
Meine ganz persönlich Auffassung von "Wirklichkeit" :
Dasjenige, was unter dem Einfluss dessen, was auf uns wirkt, uns aber über unsre Sinnlichkeit nur fragmentarisch-partikulär erschlossen ist, von uns gewirkt wird. "Wirklichkeit" also weniger von "Ursache-Wirkung" her passiv-rezeptiv verstanden, sondern eher aktiv-konstruktiv analog zum Wirken (Herstellen) eines Gewebes.
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Beitrag von Jean_Luc am 01. März 2005, 19:02 Uhr
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Jacopo Belbo
Quote:wenn wir nicht darum wissen, bzw. nichteinmal darum wissen können, ob wir gehirne im tank sind, welche grundlage haben wir denn, anzunehmen, dass dem so sein? deiner antwort gemäß: keine.
Moment Moment Moment, wohin denn so eilig?
Wo habe ich das denn behauptet?
Um das ganze etwas klarer zu fassen, werde ich nun ein klassisches Argument des Skeptizismus in Bezug auf die Außenwelt anführen. Ich werde dabei bestimmte Annahmen aus dem naturwissenschaftlichen common sense zugrundelegen. Gleich eine Bemerkung vorweg, diese Annahmen zeigen nicht, dass die skeptische Position inkohärent ist. Der Skeptiker hat auch nur unser Weltbild zur Verfügung und anhand dieses Bildes will er uns zeigen, dass unsere Meinungen falsch sein könnten (Bieri):
Wenn wir Erfahrungen über die Welt machen, dann ist alles was wir wahrnehmen über Sinnesdaten vermittelt. Wir können die Welt also niemals direkt wahrnehmen. Wenn wir uns jetzt fragen, woher wir denn wissen, dass unsere Sinnesdaten uns nicht täuschen, dann scheint es keinen Weg zu geben, die Reliabilität derselben zu etablieren, ohne sich dabei auf die Sinnesdaten selbst zu berufen. Entweder man argumentiert im Kreis, d. h. setzt das vorraus, was es zu beweisen gilt (siehe Locke, der sagte, immer wenn ich meine Augen zur Sonne richte, empfinde ich Schmerz, oder Moore), oder ich berufe mich auf die Sinnesdaten, um ihre Reliabilität zu beweißen, und setzte dabei deren Verläßlichkeit stillschweigend vorraus. Was also kann ich gegen dieses Argument anführen?
Kontextualistische und andere pragmatische Einwände sind hier nicht angebracht. Es geht hier um eine essentiell erkenntnistheoretische Fragestellung, um theoretische Philosophie und da hat der Skeptizismus mehr als nur methodologische Bedeutung, bzw. die kann er sowieso nur haben, wenn er sich als falsch herausstellt. Das bedeutet, der verifikationistische Einwand den Jacopo Belbo, Eberhard und co immer wieder anführen ist hier fehl am Platz, ich kann das nicht oft genug sagen.
Jacopo Belbo
Quote:der skeptiker wird, wenn wir annehmen, er ist ein homo sapiens sapiens, ebenso wie die anderen menschen gelernt haben zu sprechen. und entsprechend hat er gelernt, die begriffe "wahr", "falsch", "traum", "illusion", "täuschung" etc. in einer gewissen art und weise zu verwenden. zum beispiel wird er gelernt haben, was es heißt, jemanden für jemand anders zu halten, und sich darin getäuscht zu haben.
der skeptiker käme aber in arge erklärungsnot, wenn er erklären müßte, wie er das wort "illusion" bzw. das wort "täuschung" gelernt hat. woran bemäße sich das wort täuschung - wenn nicht an einer vorgängigen welt, in welcher es auch das gegenstück gibt. ihm ist dann zum vorwurf zu machen, er verwende das wort "täuschung" resp. "zweifel" in einer art und weise, die die eigentliche bedeutung aushöhlt, ja die sogar letztlich bedeutungslos ist.
Das scheint mir eine etwas schlampig vorgetragene Version von semantischem Externalismus zu sein, der sich gegen das Brain in a vat Argument wendet (Putnam). Putnam behauptet, dass Begriffe nur dann einen Inhalt haben wenn wir mit der Außenwelt in kausalem Kontakt stehen, d. h. Begriffe sind dann erst gehaltvoll, wenn sie einen außersprachlichen Referenten haben. Ich kann z. B. den Begriff eines Baumes nur dann haben, wenn ich mit irgendeinem Gegenstand in der Welt in kausalem Kontakt gestanden bin. Oder um dein Beispiel zu verwenden, der Begriff der Täuschung müsste sich auf ein Gegenstück in der Welt beziehen.
Nun ist aber auf den ersten Blick zu sehen, dass es sich hierbei um einen ZirkelSchluss handelt. Die Existenz einer Außenwelt wird hier explizit vorausgesetzt. Weiterhin könnte doch der Programmierer mit einer Welt in Kontakt stehen, in der es Bäume, Täuschung etc. gibt und das Gehirn im Tank würde dann über den Programmierer vermittelt mit wirklichen Bäumen in Kontakt stehen. Einige Philosophen haben dagegen eingewendet, dass es sich dabei um eine deviante Kausalverbindung handelt, aber aus meiner sich lässt sich nicht sinnvoll zeigen, worin eigentlich die Devianz einer devianten Kausalverbindung besteht.
Also ist auch dieses Argument fehlerhaft!
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Beitrag von Skeptiker am 01. März 2005, 19:34 Uhr
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on 03/01/05 um 15:09:29, Hermeneuticus wrote:Hallo Jean-Luc!
Skepsis ist philosophisch und vorphilosophisch durchaus sinnvoll, als nähere Prüfung, Zweifel, Umsicht... Aber Skeptizismus als theoretische Position, die alle möglichen, für unsere tägliche Lebensbewältigung grundlegenden Gewissheiten als unbewiesen ausgibt, ist steril.
(Übrigens sind Descartes' Meditationen durchaus ein "locus classicus" des - methodischen! - Zweifels, aber sie sind gewiss kein locus classicus des Skepitzismus.)
Mag ja sein, dass so mancherlei Elementares nicht "beweisbar" ist. Das kann aber doch nur für denjenigen ein Skandal sein, der nur Bewiesenes als gewiss anerkennt. Und was bedeutet das schon - "Beweis", "Widerlegung" ? Jeder Beweis beruht auf Prämissen, die ihrerseits unbewiesen sind. Und es ist kein Kunststück, die Prämissen eines Beweises in Zweifel zu ziehen. Fragt sich nur, ob es immer auch SINNVOLL ist.
Die Gehirn-im-Tank-Hypothese, die sich nicht ausschließen lässt - ist sie sonderlich sinnvoll? Mag sein, diese künstliche Annahme lässt sich nicht aussschließen, aber da sie folgenlos für alles weitere ist, kann man sie auch einfach weglassen. Das sind gelehrte Sandkastenspiele.
Gruß
H.
Warum nur alle auf dem Skeptiker rumhacken ? :)
99% aller Philosophen sind heute Skeptiker. Poppers krit. Rationalismus, evol. Erkenntnistheorie, Konstruktivismus etc - was ist das wohl ? Das ist alles klass. Skeptizismus. Die meisten heutigen Philosophien sind skeptisch, weil sie den Anspruch auf Sicherheit und Gewissheit aufgegeben haben.
Das Problem vieler Anfänger ist, dass wenn sie Bemerkungen wie diese von Herm. lesen, denken könnten, der Skep. sei fehlerhaft, sinnlos und überhaupt wird er kaum von ernsthaften Phil. vertreten. Das Gegenteil ist der Fall, auch wenn der Begriff des Skep. dort nicht mehr auftaucht. Der Skeptizsit war und ist ein Mensch der sagt: Ich weiß nichts, und selbst das nicht etc. und weil das so ist, kann ich ja trotzdem versuchen auf dem einen oder anderen Wege Erkenntnisse sammeln (Naturwissenschaften, Alltagswissen etc.). Der Unterscheid ist: Der S. wird gelassener sein dabei, denn er ahnt, dass die Suche niemals so enden wird, dass man sie "abhaken" kann, er ahnt. Skep. ist eben auch alltagstauglich, GERADE WEIL der Skep. nicht nur skeptisch bzgl. Warheit etc. ist, sondern durchaus auch Alltagserfahrungen, Wissenschaftren schätzt - aber eben in ihrer relat. Bedeutung.
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Beitrag von jacopo_belbo am 01. März 2005, 19:42 Uhr
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nachtrag zu JL:
Quote:Wenn wir Erfahrungen über die Welt machen, dann ist alles was wir wahrnehmen über Sinnesdaten vermittelt. Wir können die Welt also niemals direkt wahrnehmen.
hier führt schon die beschreibung von wahrnehmung auf ein falsches gleis.
Quote:Jacopo Belbo Zitat:
wenn wir nicht darum wissen, bzw. nichteinmal darum wissen können, ob wir gehirne im tank sind, welche grundlage haben wir denn, anzunehmen, dass dem so sein? deiner antwort gemäß: keine.
Moment Moment Moment, wohin denn so eilig?
Wo habe ich das denn behauptet?
ich habe diesen Schluss aus dem gesagten gezogen, nicht behauptet, du habest ihn selbst gezogen.
Quote:Das scheint mir eine etwas schlampig vorgetragene Version von semantischem Externalismus zu sein, der sich gegen das Brain in a vat Argument wendet (Putnam).
es geht darum, zu klären, wie der skeptiker die begriffe "wahr" und "falsch" bzw. "illusion" verwendet. wenn die welt des skeptikers eine "illusion" ist, stellt sich die frage, welche bedeutung das wort "illusion" bei ihm hat - anscheinend eine, die von der unsrigen abweicht. wir unterscheiden illusionäres und nichtillusionäres in unserem weltbild. diese unterscheidung ist entweder für den skeptiker hinfällig, oder seine position wird bedeutungslos. ich dachte eher an wittgensteins "über gewissheit", wo er z. B. das sprachspiel "zweifeln" analysiert.
- mfg thomas
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Beitrag von Eberhard am 01. März 2005, 19:58 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Neshmet,
wie kann man begründen, dass es so ist, wie die Aussage 'p' besagt?
angenommen 'p' lautet: "Das Messgerät zeigt an, dass ich einer Strahlung von mehr als x Becquerel ausgesetzt bin."
Ich sage zu Herrn Müller, der mit Kernbrennstäben vor meinem Haus hantiert: "Überzeugen Sie sich mit eigenen Augen davon, dass es so ist, wie ich sage!"
Ohne diese konsensstiftende, übereinstimmende Wahrnehmung der Individuen gäbe es keine allgemeingültigen Aussagen in Bezug auf die Beschaffenheit der Wirklichkeit.
Dass die Wahrnehmungen der Individuen in hinreichender Weise übereinstimmen, zeigt sich daran, dass die Individuen eine gemeinsame Sprache sprechen. Dies wäre ohne übereinstimmende Wahrnehmungen nicht möglich.
Bei Begründungen von positiven bzw. faktischen Aussagen geht es um die Nachvollziehbarkeit der Argumente durch andere, nicht um aktuell vorhandene Meinungen. Im Extremfall kann es ein einziges Individuum sein, das eine Theorie für wahr hält und diese Theorie auch intersubjektiv nachvollziehbar begründen kann.
Es grüßt dich Eberhard.
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Beitrag von Hermeneuticus am 02. März 2005, 02:32 Uhr
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Hallo miteinander!
Weitere Erläuterungen zum Subjektbegriff...
on 03/01/05 um 10:57:35, Hermeneuticus wrote:Selbst wenn, wie Thomas meint, das Subjekt nur eine "Konstruktion" ist, scheint es mir doch immer noch eine sinnvolle Konstruktion zu sein. Der Subjektbegriff ist unverzichtbar, um die Personen zu bezeichnen, die etwas behaupten, etwas wissen, etwas tun usw. Man kann zwar zu bestimmten Zwecken (z. B. in einer logischen Analyse) davon absehen, wie Aussagen in die Welt gekommen sind, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Aussagen immer von Personen/Subjekten hervorgebracht werden.
Ich habe wirklich nichts dagegen, das Subjekt als eine (heuristische) Konstruktion anzusehen - wenn wir uns denn darauf einigen können, dass sie unverzichtbar ist, um Phänomene der "Intersubjektivität" (vor allem: Regeln) verständlich zu machen. Jedenfalls hat es seine Schwieirgkeiten, die Subjektivität unter die empirischen Fakten einzuordnen.
Als empirische Gegebenheiten sind alle Menschen Individuen, wenn auch mit gattungstypischen Gemeinsamkeiten. Diese Gemeinsamkeiten - also die menschliche Art-Natur - positiv zu bestimmen, wirft schon gewisse Probleme auf und ist jedenfalls abhängig davon, welche Definition von "Art" man zugrundelegt. Aber ob man nun das allen Menschen von Natur aus Gemeinsame morphologisch oder genetisch (d. h. statistisch) bestimmt - die "Subjektivität" wird man kaum unter diese empirischen Kriterien einreihen wollen oder können.
Trotzdem lässt sich eine Reihe von "Merkmalen" angeben, die wir mit dem Begriff des Subjekts verbinden und anhand derer wir in der Kommunikation mit unseresgleichen auch Subjektivität erkennen. Nur weisen diese "Merkmale" weniger auf objektive "Eigenschaften" hin als auf FÄHIGKEITEN. (Ich denke, dass letztlich alle "Merkmale", die unseren Begriff der Subjektivität konstituieren, auf die Fähigkeit des SELBSTÄNDIGEN REGELBEFOLGENS zu reduzieren sind.) Fähigkeiten lassen sich zwar durchaus beobachten, wenn sie ausgeübt werden. Aber um bei einem Menschen "objektiv festzustellen", dass er z. B. den Kwakiutl-Dialekt beherrscht, muss ich diese Sprache selbst einigermaßen beherrschen (sonst könnte er mir auch etwas vormachen). Und ob jemand in der Lage ist, ein sachliches Argument zu äußern oder zurückzuweisen, kann ich ebenfalls nicht "objektiv beobachten" ohne die Fähigkeit zum Argumentieren.
Subjektivität wird also nur von Subjekten wahrgenommen oder erkannt. Und das bedeutet: Was allen Subjekten als Subjekten gemeinsam "ist" (sozusagen als "objektive Eigenschaft" ), wird bereits benötigt, um sein "objektives" Vorliegen im einzelnen Fall überhaupt erkennen zu können.
Man kann das auch mit dem Unterschied zwischen einer Beobachter- und Teilnehmerperspektive formulieren, den wir früher in der Diskussion schon einmal aufgegriffen haben: Die Subjektivität von Subjekten lässt sich nicht aus einer reinen Beobachterperspektive erkennen. Um Subjektivität als "gegeben" erkennen zu können, muss man sich selbst auf Subjektivität verstehen.
So, hier unterbreche ich mal wieder.
Zum Schluss aber noch eine Frage: Ist es allein die objektivierende Beobachterperspektive, die so etwas wie "Wirklichkeit" zu fassen bekommt? Oder gehört auch das, was wir als Teilnehmer an geregelten Kommunikationen wahrnehmen und erkennen, zur Wirklichkeit?
Gruß
H.
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Beitrag von Hermeneuticus am 02. März 2005, 10:33 Uhr
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Hallo Skeptiker!
Du sagst es: Die meisten (vernünftigen) Philosophen sind heutzutage Skeptiker in dem Sinne, dass sie die vorkantianische Idee der notwendigen und ewigen Wahrheit ablehnen. Man hat eingesehen, dass es vernünftig ist, von der endlichen Menschenvernunft nichts zu erwarten, was sie nicht leisten kann. Und somit hat man Konzepte von Wahrheit entwickelt, die unseren faktischen Fähigkeiten angemessen sind.
Wenn man nun diesen Schritt, diese vernünftige Selbstbescheidung einmal vollzogen hat - greifen dann nicht die skeptischen Argumente gegen DEN ALTEN WAHRHEITSBEGRIFF ins Leere? Schließlich hat man aus ihnen gelernt, so wie Kant von Hume gelernt hat:
Quote:Ich gestehe frei: die Erinnerung des David Hume [scil. dass wir kausale Gesetzmäßigkeiten nicht aus Erfahrungen ableiten können] war eben dasjenige, was mir vor vielen Jahren zuerst den dogmatischen Schlummer unterbrach, und meinen Untersuchungen im Felde der spekulativen Philosophie eine ganz andere Richtung gab.
Kant, Prolegomena, A13
Mit seiner Vernunftkritik zog Kant nach eigenem Zeugnis die positiven, SYSTEMATISCHEN Konsequenzen aus Humes "gegründetem, obzwar nicht ausgeführtem Gedanken". In der Tat hat Kant Humes skeptischen Einwand nicht "widerlegt", aber er hat die philosophische Reflexion auf einen neuen Stand gebracht, der Humes Einwand zu einer Selbstverständlichkeit machte. Niemand, der Kants Kerngedanken eingesehen hat, wird sich von Argumenten à la Hume noch aufschrecken lassen.
Und ich frage mich ernsthaft: Was sind das für hochgelehrte PhilosophInnen, die ihre begrenzte, kostbare Erdenzeit mit Szenarien wie dem "Gehirn-im-Tank" verbringen - sei es, sie zu erfinden, sei es, sie zu widerlegen? In meinen Augen ist das SOWAS von kaltem Kaffee... und zwar gerade deshalb, weil ich, von Kant (und manchen anderen) BELEHRT, einen bescheidenen, unmetaphysischen, pragmatischen Begriff von Wahrheit habe. Mag sein, dass ich nur ein gesteuertes Gehirn im Tank bin, es ist mir Schnuppe. Diese Möglichkeit ändert nichts an den Problemen, mit denen ich zu tun habe. Also, ich bleibe angesichts solcher Argumente absolut GELASSEN.
Du sagst:
Quote:Der Skeptizist war und ist ein Mensch der sagt: Ich weiß nichts, und selbst das nicht etc. und weil das so ist, kann ich ja trotzdem versuchen auf dem einen oder anderen Wege Erkenntnisse sammeln (Naturwissenschaften, Alltagswissen etc.).
Der Skeptizist, der "trotzdem" Erkenntnisse sammelt - ist er denn noch sinnvoll als Skeptizist zu bezeichnen? Oder ist er nur einfach ein nüchterner, erwachsener Realist, der weiß, was er kann und was nicht?
Wie gesagt, Skepsis ist sinnvoll. Aber Skeptizismus tritt auf der Stelle, weil er nicht fähig ist, DIE KONSEQUENZEN aus seinen Einsichten zu ziehen.
Gruß
H.
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Beitrag von Dyade am 02. März 2005, 10:39 Uhr
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Hallo zusammen,
" Als empirische Gegebenheiten sind alle Menschen Individuen, wenn auch mit gattungstypischen Gemeinsamkeiten. Diese Gemeinsamkeiten - also die menschliche Art-Natur - positiv zu bestimmen, wirft schon gewisse Probleme auf und ist jedenfalls abhängig davon, welche Definition von "Art" man zugrundelegt. Aber ob man nun das allen Menschen von Natur aus Gemeinsame morphologisch oder genetisch bestimmt - die "Subjektivität" wird man kaum unter diese empirischen Kriterien einreihen wollen oder können." (Herm)
im übrigen steht bei der vorläufigen Bestimmung des Subjektes, oder besser der Subjektivität eines Objektes, denn genau das ist die Subjektivität eines anderen Menschen für mich, nur eine Schlussform zur Verfügung. Die Schlussform 'Von sich auf andere'. Das ist doch der entscheidende Knackpunkt bei jeder Rede über "Intersubjektivität", das mir der Zugang zur Subjektivität des anderen vollkommen verschlossen ist. Ich bin also letztlich darauf angewiesen bei der Untersuchung eines Konstruktes wie dem des Subjektes, wenn es um dessen Subjektivität geht, das zu untersuchen was ich je schon bin. Das ist dann auch die Konstellation die es uns nicht erlaubt über die Röte des Rot oder die Bläue des Blau eine nähere "intersubjektive" Bestimmung zu finden. Da taucht nämlich auch in der Kommunikation eine Grenze auf hinter die ich nicht mehr zurückfragen kann ohne das die Worte der Bestätigung die der andere Mensch mir zuruft für mich leer werden.
Grüße
Dy
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Beitrag von Jean_Luc am 02. März 2005, 13:03 Uhr
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Hallo zusammen,
Es wird Zeit, dass ich mal wieder ein paar Worte zum Diskussionsstil verliere. Zwar ist die Debatte insgesamt zielstrebiger geworden, aber es gibt immer noch Dinge die in einem Streitgespräch unzulässig sind.
Zunächst ein Wort zu Neshmetjerechnet. Es zeugt von wenig Gespür für die Thematik, dass du ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Skeptizismus Debatte, eine neue Fragestellung aufwirfst.
Quote:Eine Entscheidubg, was intersubjektiv ist, kann nur von einem Subjekt getroffen werden. Also nie intersubjektiv sein. Also spielt Intersubjektivität KEINE Rollefür nachfolgende Überlegungen.
Es kann auch nicht sein, dass Eberhard dann auch noch darauf antwortet, und wir nun das Problem haben, dass die einen über Skeptizismus reden, die anderen über Intersubjektivität. Das sind zwei interessante und auch wichtige Themen, aber sie können niemals gleichzeitig besprochen werden. Immer schön der Reihe nach.
Ich hatte einem meiner Beiträge die Frage angehängt, ob es noch Fragen oder Einwände gegen den Skeptizismus gibt. Ich hatte dann gesagt, dass wenn dem nicht so ist, wir uns der Intersubjektivitätsdebatte zuwenden können. Nun kamen weitere Fragen und Anregungen und zwar von fast allen Teilnehmern. Wie kann es dann sein, dass einige meinen, sie müssten trotzdem nebenher über Intersubjektivität reden?
Es wäre in Zukunft sinnvoll, wenn man sich nach dem aktuellen Stand und der aktuellen Fragestellung der Debatte erkundigt, bevor man eine neue Thematik anspricht. Sonst bleiben wichtige Themen unzureichend behandelt und sie werden links liegen gelassen gerade dann, wenn es wirklich interressant wird.
Das zweite große Problem ist, dass eure Beiträge meistens reine Thesenpapiere sind. Es fehlen die Argumente.
So hatten ich und Eberhard Hermeneuticus daraufhingewiesen, dass es nicht sinnvoll ist nur Thesen von Kant und co ohne Argumente ins Feld zu führen, wenn die Thesen dazu noch offensichtlich falsch sind.
Hermeneuticus
Quote:Die meisten (vernünftigen) Philosophen sind heutzutage Skeptiker in dem Sinne, dass sie die vorkantianische Idee der notwendigen und ewigen Wahrheit ablehnen.
Was ist denn die kantiansiche Idee von Wahrheit, und inwiefern zeigt sie, dass der Skeptizismus sinnlos ist.
Quote:Niemand, der Kants Kerngedanken eingesehen hat, wird sich von Argumenten à la Hume noch aufschrecken lassen.
Dein Kantzentrismus geht mir langsam auf die Nerven. Als ob Kant der Nabel der Welt ist. Die Großen Philsophen alter wie neuer Zeiten, haben den Skeptizismus ernst genommen.
Hume, Locke, Berkley, Kant, Wittgenstein, Nozick Davidson, Putnam, Denett etc. forti forti pp.
Quote:Und ich frage mich ernsthaft: Was sind das für hochgelehrte PhilosophInnen, die ihre begrenzte, kostbare Erdenzeit mit Szenarien wie dem "Gehirn-im-Tank" verbringen - sei es, sie zu erfinden, sei es, sie zu widerlegen?
Das ist philosophisch und intellektuell ganz klein! Du kannst es ja auch bleiben lassen mit der Philosophie. Probiers mal als Dachdecker.
Weiterhin ist die Charakterisierung des Skeptikers durch den Forumsteilnehmer Skeptiker falsch.
Reist euch mal am wieder am Riemen!
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Beitrag von Dyade am 02. März 2005, 13:36 Uhr
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ich frage mich warum hier andere überhaupt noch eingehen auf diesen Bubi Namens Jean_Luc? Da kann ich auch Eltern verstehen die ihrem Kleinen sagen: Ach Jean_Luc, schau doch mal was im Fernsehen läuft. Ich werde den Kleinen jetzt jedenfalls auf "ignore" setzen. Das kann man hier unter "profil" sehr einfach machen.
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Beitrag von Verena am 02. März 2005, 17:56 Uhr
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Hallo,
@ Dyade
Nicht so schnell mit dem Plonken ;-)
Ich finde zwar auch, dass Jean_Luc sich im Ton etwas vergriffen hat, aber was die Gefahr einer Zerfaserung des Diskussionsfadens durch die beiden gewichtigen Themen Skeptizismus und Intersubjektivität/Objektivität betrifft, muss ich ihm recht geben. Natürlich sind beide Themen im Zusammenhang mit dem thread-Thema "Wahrheit" von Relevanz, aber man sollte sie nicht beide gleichzeitig, sondern nacheinander behandeln.
@ Jean_Luc
Was die Rolle Kants hier betrifft, so musst du dich wohl damit abfinden, dass man sich in der philosophischen Diskussion des öfteren auf den Standpunkt des wohl größten Philosophen der Neuzeit bezieht. Sogar in der gegenwärtigen angelsächsischen Philosophie gewinnt Kants Denken in zunehmender Weise (wieder) Einfluss:
So beginnt der hauseigene Verlag der altehrwürdigen Universität von Oxford "Oxford Companion to Philosophy" (OUP 1995) seinen Beitrag über Kant mit folgenden Worten:
" Perhaps the most important European philosopher of modern times." (S. 435)
Im Vorwort des "Oxford Companion to Philosophy" schreibt der
Herausgeber Ted Honderich u.a. Folgendes:
" By anyoneŽs reckoning, this pantheon of philosophy includes [...], Kant, [...]."
John McDowell (" one of the most influential philosophers writing today" ) konstatiert:
"...je weiter ich mich seither ... durch Kants Text hindurch arbeite, desto mehr muss ich anerkennen, was am Ende vermutlich jeder denkt, der sich lange genug mit Kant beschäftigt:
Er ist der Größte. Er ist einfach unglaublich scharfsichtig und tiefschürfend."
Interview zwischen Marcus Willaschek und John McDowell (Verfasser von "Mind and World" )
http://www.information-philosophie.de/philosophie/kantMcDowell.html
Gruß
Verena
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Beitrag von Eberhard am 02. März 2005, 18:25 Uhr
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Hallo allerseits,
vorweg zur Klarstellung: Ich beurteile hier nicht ganze Denkrichtungen wie den Skeptizismus, sondern ich diskutiere bestimmte Behauptungen wie z. B. die, dass wir keine sicheren Erkenntnissen über die Welt gewinnen können, weil es sein kann, dass wir künstlich stimulierte Gehirne in Nährflüssigkeit sind.
Obwohl ich inzwischen kein Philosoph mehr bin ( s.o.: "Si tacuisses …" ) erlaube ich mir dennoch einige kritische Anmerkungen.
Die These von den stimulierten Gehirnen kann nicht nur unter der Rubrik "Skeptizismus" diskutiert werden. Diese These ist auch ein Beispiel für Theorien, die so konstruiert wurden, dass eine Widerlegung nicht möglich ist. Man nennt so was auch den Schutz einer Theorie durch eine "Immunisierungs-Strategie".
Die gegen Widerlegung immunisierte Theorie ist so angelegt, dass sie mit allen Wahrnehmungen, die wir haben, vereinbar ist und deshalb niemals an der Erfahrung scheitern kann. Die uns zugängliche Welt bleibt die gleiche, ob die Theorie nun stimmt oder nicht. Die Theorie macht ihre Annahmen jenseits der uns zugänglichen wahrnehmbaren Welt. So auch in diesem Fall. Unsere Wahrnehmungen bleiben im Käfig künstlich erzeugter Nervenimpulse.
Das besondere an der Theorie von den Gehirnen in Nährflüssigkeit besteht darin, dass es sich um eine immunisierte Theorie handelt, die unsere Erkenntnisfähigkeit betrifft.
Nun kann jeder ohne allzu große Schwierigkeiten eine gegen Kritik immunisierte Theorie entwerfen und voller Zufriedenheit feststellen: "Du kannst meine Theorie nicht widerlegen. Du kannst nicht ausschließen, dass ich Recht habe."
Der Haken bei den durch Immunisierungsstrategien geschützten Theorien besteht allerdings darin, dass sie für uns gleichgültig sind, gerade WEIL sie nichts über die uns erfahrbarer Welt aussagen und stattdessen Aussagen bzw. Annahmen über eine Welt JENSEITS unserer Erfahrungen machen.
Übrigens zeigt sich schon das nächste Exemplar dieser unsterblichen Spezies von Theorien, die so konstruiert wurden, dass sie unwiderlegbar sind und nicht an der Erfahrung scheitern können. Ich meine die Rede von den "unsichtbaren Entitäten", den Wesen, die jenseits menschlicher Wahrnehmung existieren. (Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären, der Diskussion mit dem Frommen).
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 02. März 2005, 20:16 Uhr
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Hallo Jean _Luc,
leider habe ich noch nie Gespür dafür besessen, was andere
wollen. Ich versichere dir, das keines meiner Worte, wenn auch oft unverständlich, leichten Herzens dahingesagt ist, um evtl. andere zu ärgern etc.pp.Ich war der Meinung, Skeptizismus war durch Argumente abgehakt!
Mein Problem ist, wenn mich eine Sache beschäftigt, und der Subjektivismus tut es, rede ich dazu. Warum sollte ich warten bis andere mit ihrem Thema durch sind? Um mir dann anzuhören, ich störte ihre neuerliche Debatte?
Wer mit mir nicht diskutieren will, sei es, weil ich zu dumm, unverständlich, unverschämt oder sonst was bin, sollte es nicht tun.
Im Übrigen weiß ich es zu schätzen, dass Eberhard geantwortet hat.
Er sagt:
" "Das Messgerät zeigt an, dass ich einer Strahlung von mehr als x Becquerel ausgesetzt bin."
Ich sage zu Herrn Müller, der mit Kernbrennstäben vor meinem Haus hantiert: "Überzeugen Sie sich mit eigenen Augen davon, dass es so ist, wie ich sage!"
Ohne diese konsensstiftende, übereinstimmende Wahrnehmung der Individuen gäbe es keine allgemeingültigen Aussagen in Bezug auf die Beschaffenheit der Wirklichkeit."
Und genau das ist das Problem! Herr Müller erkennt zwar die Anzeige des Meßgerätes an, aber nicht die FOLGERUNG aus dieser Anzeige.
NJ
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Beitrag von Eberhard am 02. März 2005, 21:11 Uhr
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Hallo allerseits,
noch nie wurde eine Behauptung widerlegt, indem man denjenigen kritisierte, der die Behauptung aufstellte. Deshalb: verzichtet auf persönliche Angriffe und Herabsetzungen anderer Teilnehmer. Der Schmähstil unter deutschen Gelehrten ist ein fragwürdiger Traditionsbestand des philosophischen Denkens.
Wenn man genau sein will, dann kann man immer nur bestimmte Thesen überprüfen aber nicht das gesamte Werk eines Autors. Deshalb wäre ein "Lagerdenken" - hier die Kantianer und dort die Antikantianer - für die Diskussion Gift.
Bei Wahrheitsfragen kommt es auf die Qualität der Argumente an, Diese wird nicht dadurch besser, dass die Argumente statt von Einzelnen von ganzen Mannschaften vorgetragen werden.
Wegen der Gefahr der Unübersichtlichkeit von nicht-reglementierten Diskussionen wie dieser meine Empfehlung: formuliert Eure Beiträge möglichst als in sich verständliche Einheiten. Deutet Gedankenhänge nicht nur an, sondern formuliert die einzelnen Schritte aus. Beschränkt Euch bei Euren Beiträgen möglichst auf einen zentralen Punkt. Man muss nicht allem widersprechen, was man als falsch betrachtet.
Ansonsten finde ich die Diskussion sehr anregend.
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Dyade am 02. März 2005, 21:46 Uhr
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Hallo Verena,
du hast ja recht, aber dieser Jean_Luc hat einfach keine Manieren.
Im übrigen lese ich mit Freude, das die angelsächsische Philosophie nach Hume endlich ein "aktuelleres" [smiley=tot.gif] philosophisches Ereignis feiert. [sun][smiley=finger.gif][smiley=ironie.gif]
Im übrigen rennt man bei mir mit Kant offene Türen ein.[smiley=welcome.gif]
Sehr zu empfehlen, so als Ersatz für solch anspruchsvolle philosophische Bildung[smiley=hobby.png] wie 'Matrix reloaded'.
Grüße Dyade [smiley=zwillinge.gif]
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Titel: DRe: Wahrheit VIII
Beitrag von Jean_Luc am 02. März 2005, 23:25 Uhr
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Hallo zusammen,
Ich hoffe, dass nicht alle meine neuerliche Kritik am Diskussionsstil so falsch verstanden haben, wie Dyade.
Ich habe nur dafür plädiert, sich auf eine Fragestellung zu beschränken, d. h. die beiden großen Fragen Skeptizismus und Intersubjektivität nacheinander abzuhandeln.
Dabei ist es absolut gerechtfertigt immer wieder daraufhinzuweisen, dass die Beiträge keine reinen Thesenpapiere sein sollten, denn das sind die meisten Beiträge immer wieder. Hier einige Beispiele:
Verena
Quote:Was die Rolle Kants hier betrifft, so musst du dich wohl damit abfinden, dass man sich in der philosophischen Diskussion des öfteren auf den Standpunkt des wohl größten Philosophen der Neuzeit bezieht. Sogar in der gegenwärtigen angelsächsischen Philosophie gewinnt Kants Denken in zunehmender Weise (wieder) Einfluss:
Es reicht nicht die Wichtigkeit eines Philosophen dadurch zu begründen, dass man Zeugen herbeiruft, die das bestätigen. Man muss explizit zeigen, welche Thesen inklusive Argumente von Kant Heute noch eine Rolle spielen. Begründungsbedürftig sind hier folgende Sätze:
(1)" Was die Rolle Kants hier betrifft, so musst du dich wohl damit abfinden, dass man sich in der philosophischen Diskussion des öfteren auf den Standpunkt des wohl größten Philosophen der Neuzeit bezieht."
Man bezieht sich nicht auf den größten Philosophen, sondern auf die besten Argumente. Die besten Argumente der Neuzeit sind nicht die besten Argumente der Gegenwart. Viele kantische Konzepte sind widerlegt oder weiterentwickelt worden. Wenn Kant die besten heute noch gültigen Argumente hat, dann gilt es diese explizit anzuführen.
(2)" Sogar in der gegenwärtigen angelsächsischen Philosophie gewinnt Kants Denken in zunehmender Weise (wieder) Einfluss"
Es reicht hier nicht Zitate anzubringen, in denen Kant gelobt wird. Philosophie ist nicht Demokratie. Es muss explizit gezeigt werden, welche Argument von Kant wo in der angelsächsischen zunehmend Einfluß haben.
Auch ich halte Kant für einen großen Philosophen, und es stimmt, dass seine Ideen großen Einfluß auf die Philosophie der Gegenwart haben (z. B. Stawsons Deskriptive Metaphysik oder Kants Bemerkungen zur Willensfreiheit), aber viele dieser Ideen wurden weiter entwickelt.
Hermeneuticus
Quote:Einen Kantianer jedenfalls können [skeptisch Argumente] nicht mehr hinterm Ofen hervorlocken...
Warum nicht. Hier fehlt doch eindeutig das Argument. Es wurde noch kein einziges kantisches Argument gegen den Skeptizismus angeführt. Auch Eberhard hat das immer wieder angemerkt.
Zum Vergleich ein Beispiel, wie es aussehen sollte:
Eberhard
Quote:Der Haken bei den durch Immunisierungsstrategien geschützten Theorien besteht allerdings darin, dass sie für uns gleichgültig sind, gerade WEIL sie nichts über die uns erfahrbarer Welt aussagen und stattdessen Aussagen bzw. Annahmen über eine Welt JENSEITS unserer Erfahrungen machen.
Die These ist hier der Satz:
Der Haken bei den durch Immunisierungsstrategien geschützten Theorien besteht allerdings darin, dass sie für uns gleichgültig sind
Die Begründung:
gerade WEIL sie nichts über die uns erfahrbarer Welt aussagen und stattdessen Aussagen bzw. Annahmen über eine Welt JENSEITS unserer Erfahrungen machen.
Begründungen erkennt man am leichtesten, an Nebensatzeinleitungen wie weil, denn, da. Also einfach an die nächste These mal ein weil anhängen und eine Erkärung nachschieben, die den Satz vor dem weil begründet. Das ist keine Herabsetzung oder Beleidigung einer Person, sondern eine Kritik am Argumentationsstil. Und Kritik ist ja wohl eine Hauptaufgabe des Philosophen.
Ich bin außerdem empört über Dyade's Reaktion. Ich habe ja wohl mit meinen neusten Beiträgen immer wieder unter Beweis gestellt, dass ich sehr an einer ernsthaften thematischen Diskussion interressiert bin. Das ich mehr bin als ein Querulant und eine Schimpfwortschleuder bin dürfte doch mittlerweile klar sein. Und wenn ich Kritik am Diskussionstil, nicht an Personen, äußere, dann liegt dass auch in eurem Interesse. Ich habe meine Kritik ja auch detailliert erläutert und mit Beispielen versehen.
Philosophie beginnt nicht nur beim fragenden Staunen, sie ist vor allem und zu allererst Selbstkritik!
Ich hoffe, dass sich alle meine Ratschläge zu Herzen nehmen oder, wenn nicht ihr nicht einverstanden seid, mitzuteilen warum nicht.
Ansonsten hoffe ich auf mit weils gespickte Beiträge. Nur zu welchem Thema, Skeptizismus oder Intersubjektivität? Was meint ihr?
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Beitrag von Hermeneuticus am 02. März 2005, 23:57 Uhr
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Hallo Jean-Luc, m.k.ph.K.-P.,
Du bist die philosophische Autorität für die Regeln des rationalen Diskurses, auf die wir sehnlichst gewartet haben. Jetzt, da es Dich gibt, denke ich, ist meine weitere Teilnahme überflüssig. Du wirst es schon richten.
Gutes Gelingen!
Gruß
H.
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Beitrag von jacopo_belbo am 03. März 2005, 00:30 Uhr
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okay liebe leute, jetzt hört mal auf mit diesen ewigen kinderein. solangsam verliere ich auch die lust daran, mich in irgendeiner form einzubringen.
es bringt meines erachtens wenig, sich selbst zum philosophenkönig aufschwingen zu wollen, indem man anderen ständig in den ohren liegt, wie schlecht doch ihre beiträge sind, wie wenig philosophisch etc. das hat nichts mit philosophie sondern mit nörgelei und klugscheißerei -wenn auch auf vermeintlich hohem niveau- zu tun. wenn jemand einen argumentativen fehler begangen hat, so reicht es zu sagen, wo er liegt, und wie man ihn a) umgehen oder b) lösen kann. wir dürfen überdies nicht vergessen, dass es sich bei diesem forum um kein fachphilosophisches forum handelt -somit ist hier (vermehrt) mit "fehlern" - zu rechnen. glücklich wer ohne fehler!
darüberhinaus habe ich auch schon selbst mehrfach angemahnt, argumente, die lediglich auf der autorität desjengen philosophen beruhen, der sie geäußert hat, zu unterlassen. die philosophie hat sich -man höre und staune- seit kant weiterentwickelt. hätte sie dies nicht, so könnten wir zusammenpacken und uns alle ins nächste kloster begeben und unsere kritik der reinen vernunft als quelle für meditative mantras verwenden. wenn jemand von einem philosophen, einer philosophischen richtung überzeugt ist, schön und gut. ich mag wittgensteins art zu philosophieren, andere bevorzugen die "lehrgestelle" der (spät-)aufklärung. wenn der ein oder andere philosoph sich einer fragestellung gewidmet hat, so ist es nicht unangebracht, dessen gedanken zu zitieren und zur diskussion zu stellen. aber die diskussion leidet daran, dass argumente entweder gewichtig sein sollen, weil sie der kant'schen systematik entsprechen, oder nichtig, weil sie entgegen der kantschen auffassung stehen.
wayne interessierts?
entweder ein gedanke ist gut oder er ist es nicht. und dann hilft es auch nichts, wenn es ein schlechter gedanke kants war.
und zu guter letzt finde ich es nachgerade lachhaft, dass hermeneuticus immerzu die beleidigte philosophenleberwurst spielt, und ständig mit "rücktritt" bzw. rückzug droht. das glaubt weder herrn schröder jemand noch dir, hermeneuticus. wenn du aussteigen willst, dann sei wenigstens konsequent darin. ansonsten mach's wie ich. überlese einfach beiträge.
- mfg thomas
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Beitrag von Verena am 03. März 2005, 01:25 Uhr
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Hallo zusammen,
statt eines neuen Beitrags sind vielleicht eher Zusammenfassungen des status quo der Diskussion gefragt.
Aber da sich sich die Diskussion nun anscheinend doch dem Thema "Skeptizismus" zuwendet, ein kurzer Appell vorweg:
Ich möchte dafür plädieren, Aussagen, die sich auf den Bereich dessen beziehen, was jenseits unsrer sinnlichen Anschauung (inkl. deren Erweiterung durch technische "Prothesen" ) als das zu behandeln, was sie sind: nämlich Spekulationen zu einem uns unzugänglichen Bereich, über deren Wahrheit wir deshalb weder im positiven noch im negativen Sinne etwas sagen können. In dieser Konsequenz würden all den wunschmotivierten Träumen metaphysischer Geisterseher aber genauso auch den wilden Spekulationen von Science-Fiktionalisten von vorneherein der Boden entzogen.
Wenn man sich darauf einigen könnte, blieben trotzdem noch drei Bereiche möglicher Wahrheit (wenn man die ethische Wahrheitsproblematik mal außen vor lässt), zu welchen man mE eine sinnvolle Diskussion führen kann:
1. Die Frage nach der Begründbarkeit formallogischer Aussagen.
2. Die Frage nach der Begründbarkeit empirischer Aussagen.
3. Die Frage nach der Begründbarkeit der Annahme, DASS unsre Erkenntnis in irgendeiner Weise in Abhängigkeit bzw. Relation zu einer erkenntnistranszendenten Welt zu sehen ist.
Die letztere Fragestellung (3) kann man mE philosophisch durchaus behandeln, OHNE in wilde metaphysische Spekulationen über die Beschaffenheit dieser erkenntnistranszendenten Welt zu verfallen, wie es in den vorangehenden Beiträgen geschehen ist.
Im Zusammenhang mit der Fragestellung (2) wurde vor allem das Verhältnis von (sprachlicher) Aussage zu nichtsprachlicher Wirklichkeit thematisiert. Dabei wurden mE im Wesentlichen zwei unterschiedliche Strategien verfolgt:
a) Versuche einer Bestimmung des Verhältnisses von nichtsprachlicher Wirklichkeit und Aussage, mit dem Zweck, durch die Klärung der Beziehung zwischen Aussage und nichtsprachlicher Wirklichkeit größere Klarheit über die Art und Solidität empirischer Aussagenwahrheit zu bekommen.
b) formale Lösungsvorschläge (zB nach Tarski) zur Aussagenwahrheit, die aus der Einstellung resultierten, dass man über nichtsprachliche Wirklichkeit nicht sprechen und ergo auch keine Bestimmung des Verhältnisses der Aussage zu einer solchen nichtsprachliche Wirklichkeit vornehmen könne.
(1) wurde weitgehendst aus der Erörterung ausgeschlossen.
Soweit mal mein Versuch einer kurzen Zusammenfassung - Ergänzungen und Korrekturen willkommen.
Gruß, Verena
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Beitrag von Jean_Luc am 03. März 2005, 03:18 Uhr
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a:-)
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Beitrag von Eberhard am 03. März 2005, 09:04 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Neshmet,
Zu der Frage, wie man in empirischen Fragen (Fragen nach der Beschaffenheit der Welt) zu einem argumentativen Konsens kommen kann, und welche Rolle dabei die übereinstimmende Wahrnehmung der Individuen spielt:
Wie kann ich Herrn Müller und anderen begründen, dass seine Kernbrennstäbe vor meinem Haus radioaktive Strahlung aussenden, die meine Gesundheit beeinträchtigen?
Über die Stärke der Strahlung gemessen in Becquerel konnten wir durch Ablesen des Messgerätes Übereinstimmung erzielen. (" Ich und auch Herr Müller sehen, dass der Zeiger des Messgerätes mehr als x Becquerel anzeigt" )
Wie lässt sich intersubjektive Übereinstimmung in Bezug auf folgende Aussage herstellen: "Eine Strahlung von mehr als x Becquerel führt zu Zellschädigungen" ?
Wenn Herr Müller sich in der theoretischen Atomphysik nicht auskennt bzw. diese nicht akzeptiert, würde ich zu ihm sagen:
" Herr Müller, Sie erinnern sich doch sicher an das Unglück von Tschernobyl, wo vor einigen Jahren ein Kernkraftwerk explodierte, weil die atomare Kettenreaktion außer Kontrolle geriet.
Vielleicht erinnern Sie sich auch noch daran, dass im letzten Jahr eine Gruppe strahlenkranker Kinder aus der Gegend um Tschernobyl in Deutschland zu Gast war.
Diese Kinder hatten Krankheiten, die weder auf Infektionen noch auf sichtbare Verletzungen, Verbrennungen oder Vergiftungen zurückzuführen waren. Es waren alles Kinder, die nach dem Unglück einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt waren, und die dieselben Symptome aufwiesen wie die Überlebenden der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki.
Wenn Sie an diesen Fakten Zweifel haben, so rate ich Ihnen zu einem Besuch der unkrainischen Stadt. Dort können ihnen Augenzeugen von dem Kraftwerksunglück berichten und von der danach herrschenden hohen radioaktiven Strahlung. Sie können das Absperrgebiet um den Unglücksreaktor sehen und die Strahlenkranken besuchen und befragen."
Einen produktiven Dissens und eine gut begründete Entgegnung wünscht sich Eberhard.
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 03. März 2005, 11:20 Uhr
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Hallo Eberhard,
Ich versuche unsere Standpunkte einmal zu beschreiben.
Deine Aussage ist, wenn es Individuen gibt(dem stimme ich zu, den konsequenten Skeptizismus können wir beide abhaken) und wenn es gleiche Wahrnehmung dieser Individuen gibt(dem stimme ich auch zu, bis auf die wenigen
" Abweichler" die sich aber wieder übereinstimmend erklären lassen) dann muss es OBJEKTIVITÄT geben. Wozu dann Subjektivismus, oder soll hier auf psychologischer Ebene argumentiert werden? Dann sind Neshmets Argumente hier verkehrt.
Genau die Aussage aber:" Ich MÖCHTE keine Kernbrennstäbe in meiner Nähe, weil die Strahlung meine Gesundheit beeinträchtigt" ist eine SUBJEKTIVE (bezogen auf die Objektivität) und NICHT zu verallgemeinern.
Wahrheit kann es also nur im Bezug auf eine Intention geben.
Ein Stein braucht keine Wahrheit, weil er kein Subjekt ist.
Kurz, dass es objektiv Subjekte gibt spricht für eine subjektive
Objektivität und IST letztendlich Subjektivität.
Vielleicht magst du noch einwenden, die Standpunkte der Subjekte die Strahlung betreffend, lassen sich wiederum objektiv erkläre, nach dem Motto, diese Gehirnaktivität bedeutet dies und dieses Gen bewirkt das, also subjektives Verhalten läßt sich objektiv begründen(vorhersagen)?
Nun, das mag sein, ich halte es aber wegen der, von mir vermuteten, Komplexität der Welt für unwahrscheinlich.
Vielleicht ist also die Wahrheit nur nicht
komplett zu erkennen.
Hallo Verena,
zu deinen 3 Themenschwerpunkten habe ich leider nichts gesagt, da es nicht meine sind, wenn über Wahrheit philosophiert wird.
NJ
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Beitrag von leo_casimir am 03. März 2005, 16:09 Uhr
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on 03/03/05 um 11:20:09, NeshmetJerechnet wrote:Hallo Verena,
zu deinen 3 Themenschwerpunkten habe ich leider nichts gesagt, da es nicht meine sind, wenn über Wahrheit philosophiert wird.
NJ
Hallo NJ,
mir scheint, du träumst. Du, Eberhard usw. usf. ihr verwendet ständig implizit diese drei Formen von Begründung. Und solange ihr euch weigert, diese impliziten Voraussetzungen aufzudecken und zu diskutieren, solange wird in eurer philosophischen Bude kein Licht angehen.
Grüße
Leo
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 03. März 2005, 16:47 Uhr
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Hallo Leo,
Ich verwende zur Begründung zwar formallogische Aussagen,
empirische Aussagen und Aussagen die sich weder aus der Logik noch Empirie herleiten lassen, glaube aber nicht, dass das Erforschen der Grundlagen der Grundlagen oder ähnliches
irgendeinen Sinn hat, außer reines Gedankenspiel zu sein.
Mit Sicherheit werden dabei Tiefen erreicht, in denen es mich erdrücken würde, aber NA UND?
Mir reicht es völlig aus, wenn einer meine Gedanken versteht und diesen zustimmt. Ob du das Philosophie nennst oder nicht [nixweiss]!
NJ
(Was wolltest du eigentlich sagen??)
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Beitrag von leo_casimir am 04. März 2005, 07:30 Uhr
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on 03/03/05 um 16:47:43, NeshmetJerechnet wrote:Mir reicht es völlig aus, wenn einer meine Gedanken versteht und diesen zustimmt. Ob du das Philosophie nennst oder nicht [nixweiss]!
NJ
(Was wolltest du eigentlich sagen??)
Hallo NJ,
so von außen betrachtet dreht sich die Diskussion hier zeimlich im Kreis. Bei den "gewichtigen Fragen", die im Umlauf sind, muss ich ganz unwillkürlich an Heidegger denken. Der sagt nämlich:
Jede Frage hat ein Gefragtes
oder etwas griffiger formuliert:
Was einer über ein Sachgebiet im Hirn hat, das kann man seinen Fragen ansehen
Wenn du dich einer Herztransplantation unterziehen müßtest, würdest du die auch nicht von einem Fleischermeister ausführen lassen, der in Sachen Medizin von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Mir ist persönlich kein Fleischermeister bekannt, der den großen Mediziner geben wollte, aber haufenweise welche, die sich für Philosophen halten.
Naturgemäß darfst du hier soviel Schweine schlachten wie du willst.
Grüße
Leo
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 04. März 2005, 08:38 Uhr
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Hallo Leo,
Woher die Überheblichkeit?
Ein Adler sind Sie nicht!
Gedankenflüge hoch und weit?
Ich sehe nur Gezänk und Streit,
Sie Sperling mit Gewicht! [smash]
1.Ich hatte es wohl schon mehrmals betont, mit ziemlicher Sicherheit sind die meisten hier gebildeter, intelligenter und weltläufiger als ich. Wem ich zu dumm ...blabla bin, der muss nicht mit mir reden!
2.Dein Vergleich hinkt selbst mutatis mutandis denn:
3.Einen Philosophen erkennt man daran, dass er überhaupt Fragen stellt.
" oder etwas griffiger formuliert:"
Einen überheblichen Besserwisser daran, dass er keine mehr stellt.
Naturgemäß kannst du hier soviele Elfenbeinbaracken bauen wie du willst. Ich habe nicht vor dort einzuziehen.
Noch Fragen?
NJ
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Beitrag von Eberhard am 04. März 2005, 08:49 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Verena,
Danke für deine Gliederung und Zusammenfassung. Wir haben uns in der bisherigen Diskussion im Wesentlichen auf die Wahrheit empirischer Aussagen beschränkt, die unter der Bezeichnung "Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit" liefen.
Die etwas umständliche Formulierung "Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit" habe ich deshalb vorgeschlagen, weil nicht vorweg entschieden werden sollte, was das Kriterium für die Gültigkeit derartige Aussagen ist. Wenn man von "empirischen Aussagen spricht, dann sind das per Definition solche Aussagen, die empirisch, also durch Erfahrung und Wahrnehmung überprüft werden können.
Dafür haben wir uns allerdings die Schwierigkeiten eingehandelt, zu bestimmen, was "wirklich" ist.
Aber vielleicht hätten sich ähnliche Schwierigkeiten ergeben bei der Bestimmung dessen, was eine "empirische" Aussage ist.
Aus meiner Sicht gibt es an verschiedenen Punkten noch Unklarheiten:
Zum einen bei den "institutionellen Tatsachen", die den Bezug auf ein bestimmtes System von Werten, Regeln oder Normen voraussetzen.
Nehmen wir den Satz: "Ich habe mir gestern ein Paar Schuhe gekauft." Das ist die Beschreibung einer scheinbar einfachen beobachtbaren Tatsache. Aber Juristen haben manchmal erhebliche Schwierigkeiten zu entscheiden, ob in einem bestimmten Fall ein Kaufvertrag zu Stande gekommen ist.
Ähnlich ist das Problem bei den "sinnhaltigen Tatsachen", die den Bezug auf ein bestimmtes System von Zeichen und deren Bedeutungen voraussetzen.
Was hat A getan, als er – gut sichtbar für B - mit dem Zeigefinger an seine Stirn getippt hat? Hat er ihn beleidigt? Ist das eine beobachtbare Tatsache?
Problematisch bleibt weiterhin derjenige Bereich der Wirklichkeit, der nur durch die Selbstwahrnehmung bzw. Introspektion des jeweiligen Individuums direkt zugänglich ist.
Die Beziehung eines Menschen auf sich selbst hat für den Einzelnen ein kaum zu unterschätzendes Gewicht: "Die Welt", das ist für den jeden Menschen erstmal er selber.
Dies zeigt sich auch an der Vielzahl von Worten, die die Sprache bereithält, um innerpsychische Vorgänge wie Gefühle, Gedanken, Motive oder Einstellungen zu beschreiben.
Und was gewöhnlich als "Ich" auftritt, zeigt sich in der Selbstwahrnehmung als ein komplexes System von keineswegs hierarchisch geordneten Motivquellen und Instanzen, etwa gemäß dem Oldietext: "Mein Herz sagt 'ja', doch mein Verstand sagt 'nein'".
Zahlreiche Wort drücken das Verhältnis des Individuums zu sich selbst aus: Wir sprechen von Selbstzufriedenheit und Selbstzerfleischung, von Selbstsicherheit und Selbstzweifel, von Selbstüberschätzung und Selbstunterschätzung, von Selbstachtung und Selbstverachtung, von Selbstbewusstsein und Selbstvergessenheit, von Selbsterkenntnis und Selbsttäuschung, Selbstgerechtigkeit und Selbstvorwürfen u. a. m.
Sicherlich ist die Introspektion kein unproblematischer Zugang zur innerpsychischen Wirklichkeit, und Beschreibungen des introspektiv Wahrgenommenen sind nicht mit Beschreibungen äußerer Wahrnehmungsinhalte methodisch gleichzusetzen. Dies ergibt sich schon daraus, dass durch das Hinzutreten der - normalerweise fehlenden - Selbstbeobachtung die psychischen Vorgänge selber verändert werden. Wenn man von psychoanalytischen Theorien der Verdrängung und der Rationalisierung ausgeht, ergeben sich zusätzliche Fragezeichen hinter der introspektiven Selbsterkenntnis.
Trotzdem ist der introspektive Zugang zu innerpsychischen Vorgängen eine wichtige Quelle der Erkenntnis, auf die man nicht deshalb verzichten sollte, weil hier die intersubjektive Nachprüfbarkeit und die Übereinstimmung der Wahrnehmungen schwieriger ist. So wie es eine Erforschung der Täuschungen unserer auf die "Außenwelt" gerichteten Sinne gibt, so kann es auch eine Erforschung der bei Introspektion auftauchenden Täuschungen und Verzerrungen geben.
Als letzten Punkt will ich die Problematik von Aussagen über Zukünftiges nennen. Es sträubt sich unser Sprachempfinden dagegen, von einer "zukünftigen Tatsache" zu sprechen oder zu sagen: "Es ist wahr, dass morgen um 22.10 Uhr eine partielle Mondfinsternis eintreten wird". Die Zukunft "ist" noch nicht Wirklichkeit, sie wird erst "verwirklicht", und die Vorhersage "ist" noch nicht wahr, sie "bewahrheitet" sich erst - zumindest wenn man der Umgangssprache folgt.
Die Frage: "Was können wir über die Zukunft wissen und mit welcher Begründung?" erscheint mir diskussionswürdig. (Wobei sich übrigens auch zeigen wird, ob wir weiterhin (?) ohne die Theorie Kants auskommen.)
Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von Eberhard am 04. März 2005, 13:59 Uhr
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Hallo allerseits,
Ich würde gern einmal feststellen, inwieweit Konsens in dem Gebrauch des Wortes "wahr" in Bezug auf Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit besteht. Sind die folgenden Thesen akzeptabel, und wenn 'nein', warum nicht?
Ich beziehe mich im Folgenden nur auf "explizite" Aussagen, in denen keine Platzhalter oder Variablen (wie "heute", "hier", "ich" ) vorkommen und in denen keinerlei verborgene Bedeutungsanteile enthalten sind, die erst aus dem Kontext erschlossen werden müssen.
1. Eine Aussage ist wahr, wenn es so ist, wie die Aussage besagt ('p' ist wahr, wenn p).
2. Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch. (Das bedeutet nicht, dass wir immer in der Lage sind, dies auch zu entscheiden. Es kann jederzeit der Fall eintreten, dass wir über die Wahrheit einer Aussage im Ungewissen sind, was zur Folge hat, dass bis auf weiteres mehrere miteinander nicht zu vereinbarende Aussagen vertretbar bleiben.)
3. Eine Aussage über einen Bereich der Wirklichkeit kann wahr sein, obwohl die Aussage den betreffenden Teil der Wirklichkeit weder besonders vollständig noch besonders genau beschreibt (z. B. "Deutschland hat weniger als eine Milliarde Einwohner".)
4. Wenn eine Aussage wahr ist, dann ist sie für jedes Subjekt wahr (Intersubjektivität).
Eine vollständig explizierte Aussage kann nicht für A wahr sein und für B falsch. Allerdings kann A eine bestimmte Aussage für wahr halten, die B für falsch hält.
5. Wenn eine Aussage wahr ist, dann ist sie zu jedem Zeitpunkt wahr. (Intertemporalität).
Eine vollständig explizierte Aussage kann nicht heute wahr sein und morgen falsch. So kann die Aussage "Die Hauptstadt von Frankreich ist am 04.03.2005 Paris", wenn sie heute wahr ist, nicht durch den bloßen Zeitablauf falsch werden, sie kann jedoch "veralten" und nur noch historischen Wert haben, wenn eine andere Stadt zur Hauptstadt Frankreichs erklärt wird.
6. Das Wort "wahr" besitzt einen empfehlenden Charakter: Wenn man eine Aussage als "wahr" bezeichnet, d. h. wenn man sie "behauptet", dann fordert man damit jedermann auf, diese Aussage seinerseits "für wahr zu halten". Man fordert jedermann dazu auf, die Aussage in sein Weltbild aufzunehmen und dem eigenen Denken und Handeln zugrunde zu legen.
Das schließt nicht aus, dass jemand andere Individuen über bestimmte Sachverhalte bewusst in Unwissenheit oder im Irrtum belässt oder diesen Irrtum sogar durch Lügen oder Täuschen gezielt erzeugt.
7. Damit der Anspruch des Für-wahr-haltens keine bloße Aufforderung bleibt, eine Aussage zu glauben, muss derjenige, der eine Aussage als "wahr" behauptet, diese Aussage begründen.
8. Um den intersubjektiven und intertemporalen Geltungsanspruch einer Aussage begründen zu können, müssen die zur Begründung herangezogenen Argumente ihrerseits intersubjektive und intertemporale Gültigkeit besitzen und der Übergang von bestimmten Aussagen zu anderen Aussagen muss ein logisch gültiger Schluss sein.
9. Die begründenden Argumente müssen intersubjektiv verständlich formuliert sein und die benutzten Begriffe müssen in ihrer Bedeutung über den Zeitverlauf hin konstant bleiben.
10. Die Wahrheit von Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit muss sich direkt oder indirekt an den übereinstimmenden Wahrnehmungen der Individuen erweisen.
Dies schließt nicht aus, dass die intersubjektiv übereinstimmenden Wahrnehmungen durch mehrere, unterschiedliche theoretische Konstruktionen widerspruchsfrei erklärt werden können. Insoweit bleiben mehrere Theorien über die Beschaffenheit der Wirklichkeit vertretbar.
11. Wahrnehmungen sind interpretationsbedürftig. Sie können deshalb auch falsch interpretiert werden. Diese Fehler können jedoch korrigiert werden, indem flüchtige oder undeutliche Wahrnehmungen durch gezielte und deutliche Wahrnehmungen ersetzt werden. Sinnestäuschungen können durch die Erforschung ihrer Ursachen bekämpft werden.
12. Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit sind zu unterscheiden von Werturteilen, Normen, Definitionen und anderen sprachlichen Regeln sowie methodologischen, logischen und mathematischen Regeln. Für diese gelten andere Kriterien der Gültigkeit als für Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit.
Soweit mein jetziger Erkenntnisstand. Es grüßt Euch Eberhard.
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Beitrag von leo_casimir am 06. März 2005, 19:13 Uhr
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on 03/04/05 um 08:38:48, NeshmetJerechnet wrote:1.Ich hatte es wohl schon mehrmals betont, mit ziemlicher Sicherheit sind die meisten hier gebildeter, intelligenter und weltläufiger als ich. Wem ich zu dumm ...blabla bin, der muss nicht mit mir reden!
Hallo NJ,
Dummheit oder Klugheit, steht hier nicht zur Diskussion. Es gibt einfach Techniken, die zur Behandlung der Wahrheitsfrage hilfreich sind.
Du ißt ja auch mit Messer und Gabel - oder wirst du noch gefüttert?
Grüße
Leo
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Beitrag von NeshmetJerechnet am 06. März 2005, 20:22 Uhr
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Hallo Leo,
" Du ißt ja auch mit Messer und Gabel - oder wirst du noch gefüttert?"
Ich esse mit dem Mund. Mit Messer und Gabel führe ich überwiegend feste Speisen zu demselbigen.
" Dummheit oder Klugheit, steht hier nicht zur Diskussion. Es gibt einfach Techniken, die zur Behandlung der Wahrheitsfrage hilfreich sind. "
Eine davon scheint mir zu sein, Beiträge oder Beiträgler zu ignorieren, die man für zu flachköpfig hält. So wie du mich.
NJ
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Beitrag von Eberhard am 23. März 2005, 12:05 Uhr
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Hallo allerseits,
hier noch einmal eine Zusammenstellung der verschiedenen Satzarten rund um den Begriff "wahr". Interessant ist der Übergang von Sätzen der 2. und 3. Art auf Sätze der 4. Art. Allerdings steht alles auf dem gelungenen Fundament von Sätzen der 1. Art.
1.)
" Das da nennt man einen 'Baum'."
Dieser Satz benennt eine bestimmte Art von wahrnehmbaren Objekten (durch Demonstration). Das Erlernen des Wortes "Baum" und seiner richtigen Verwendung ist die Voraussetzung für das Verständnis aller Aussagen darüber.
2.)
" Ich sehe dort etwas, das groß und grün ist und das so aussieht wie ein Baum."
Dieser Satz beschreibt eine nicht endgültig interpretierte Wahrnehmung (einen bloßen "Sinneseindruck" ) eines Objektes. Damit wird noch nichts über die Welt behauptet (abgesehen von der Mitteilung der aktuellen Wahrnehmung selbst).
3.)
" Jeder sieht (von dieser Stelle aus) dort einen Baum."
Dieser Satz beschreibt die übereinstimmende Interpretation der Wahrnehmung desselben Objekts durch mehrere Subjekte. Damit werden subjektiv bedingte Wahrnehmungsfehler weitgehend ausgeschlossen.
4.)
" Dort ist ein Baum."
Dieser Satz macht eine subjektunabhängige Aussage über ein existierendes Objekt als Teil der gemeinsamen Welt.
5.)
" Die Aussage: "Dort ist ein Baum" ist wahr."
Dieser Satz bekräftigt eine Aussage über die Welt mit dem Anspruch uneingeschränkter Geltung.
6.)
" Ich halte die Aussage: 'Dort ist ein Baum' für wahr."
Dieser Satz beschreibt die Überzeugung eines Subjekts hinsichtlich einer Aussage über die Welt.
7.)
" Ich bin von der Wahrheit der Aussage: 'Dort ist ein Baum' restlos überzeugt."
Dieser Satz beschreibt den Grad an Gewissheit eines Subjekts hinsichtlich einer Aussage über die Welt.
Grüße an alle Interessierten von Eberhard.
p.s.: Dass der Thread "Wahrheit IX" nicht die Fortsetzung dieser Runde ist sondern einen Fall von Etikettenschwindel darstellt, ist unschwer zu merken.
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Beitrag von Verena am 29. März 2005, 19:19 Uhr
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Hallo Eberhard,
on 03/23/05 um 12:05:16, Eberhard wrote:...hier noch einmal eine Zusammenstellung der verschiedenen Satzarten rund um den Begriff "wahr". Interessant ist der Übergang von Sätzen der 2. und 3. Art auf Sätze der 4. Art. Allerdings steht alles auf dem gelungenen Fundament von Sätzen der 1. Art.
1.)
" Das da nennt man einen 'Baum'."
Dieser Satz benennt eine bestimmte Art von wahrnehmbaren Objekten (durch Demonstration). Das Erlernen des Wortes "Baum" und seiner richtigen Verwendung ist die Voraussetzung für das Verständnis aller Aussagen darüber.
Ich möchte deinen Beispielsatz zwecks Erläuterung etwas abändern zu:
" Dieses da ist ein Nadelbaum."
Ausgangssituation:
A. Man sieht "etwas" (das Wahrgenommene)
B. Man ordnet diesem wahrgenommenen "Etwas" einen Begriff zu.
Nun stellt sich die Wahrheitsproblematik unter verschiedenen Aspekten.
1. Meine Wahrnehmung) dieses "Etwas" betreffend.
Ist meine "Wahrnehmung" korrekt - oder irre ich mich in irgendeiner Weise, in dem, was ich sehe (als Wahrnehmung) habe - falsche oder richtige Deutung meiner sinnlichen Eindrücke, Sinnesdaten?
Wahrheitsproblem als Frage nach der "Stimmigkeit" meiner Gegenstandsvorstellung mit den gegebenen sinnlichen Eindrücken.
Wahrheitskriterium der richtigen (erfolgreichen) Deutung ist die sinnliche Ausweisung:
Widerspruchslose Integrierbarkeit der vielfältigen sinnlichen Eindrücke in meine Vorstellung vom Gegenstand.
Je kleiner die "Grundlage" des sinnlichen Datenmaterials, desto größer die Gefahr einer falschen Deutung und die evtl. Notwendigkeit einer Korrektur meiner Vorstellung vom Gegenstand. (Das wird bei komplexen Gegenständen wie zB große Gebäude, Stadtregionen, Landschaften usw. besonders deutlich - vom Problem der richtigen Deutung ist aber alle Wahrnehmung betroffen.)
2. Meinen Begriff (eines "Nadelbaums" ) betreffend.
Stimmt mein Begriff eines "Nadelbaums" ? Habe ich den richtigen Begriff (Sachgehalt, Bedeutung des Wortes) und wie stelle ich das fest?
Wahrheitsproblem als Frage nach dem Kriterium für die Richtigkeit, Korrektheit meines Begriffs.
Überprüfungs- bzw. Wahrheitskriterium:
(Übereinstimmung mit der) Verwendung eines Begriffs in einer Sprechergemeinschaft.
3. Die Beziehung von Gegenstand und Begriff betreffend - die Aussage als sprachliche Bezugnahme auf einen Gegenstand.
Wahrheitsproblematik:
Wie erkenne ich, ob ich den Begriff zurecht auf einen Gegenstand anwende?
Frage nach dem Kriterium für die Übereinstimmung der begrifflichen Merkmale (dem Sachgehalt, der Bedeutung des Begriffs "Nadelbaum" ) mit den betreffenden Eigenschaften dieses Gegenstands.
a) Ich muss (richtig) wissen, was die begrifflichen Merkmale als solche meinen und
b) muss (richtig) erkennen (identifizieren) können, ob das betreffende konkrete Objekt auch die gemeinten Eigenschaften aufweist.
Sowohl a) die sprachliche Kompetenz als auch b) die kognitive Kompetenz sind notwendige Bedingungen dafür, eine korrekte Aussage über etwas machen zu können, einen Begriff richtig auf etwas anzuwenden, richtig über etwas auszusagen, zu urteilen.
Da die richtige Anwendung eines Begriffs auf ein Vergleichen der begrifflichen Merkmale mit den Eigenschaften des konkreten Objekts hinausläuft, müssen beide Glieder (bzw. Momente der Struktur des Vergleichs) vergleichbar (kompatibel) sein, dürfen also nichts prinzipiell Verschiedenartiges darstellen.
Oder etwas anders formuliert:
Die in der Aussage (Urteil) vorgenommene Vergleichung des empirische Gegenstands (bzw dessen Eigenschaften) mit dem Begriff (bzw. den begrifflichen Merkmale) fordert, dass beide Entitäten (Begriff und emp. Gegenstand) überhaupt vergleichbar sind - bei prinzipieller Verschiedenartigkeit ist kein Vergleichen möglich.
Wenn aber di Vergleichbarkeit eine Gleichartigkeit (von Begriff und emp. Gegenstand) fordert, damit die verschiedenen Entitäten (Begriff und emp. Gegenstand) überhaupt verglichen werden können, stellt sich die Frage worin die Gleichartigkeit (als Voraussetzung für die Vergleichbarkeit) von Gegenstand und Begriff besteht.
Die Antwort des transzendentalen Idealismus hierauf ist: Begriff und dasjenige, worauf sich der Begriff (im vergleichenden Aussagen über etwas) bezieht sind insofern gleichartig und deshalb vergleichbar, als beide - Begriff und Gegenstand - Vorstellungen sind.
Soweit mal -
Gruß, Verena
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Beitrag von Eberhard am 31. März 2005, 19:06 Uhr
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Hallo Verena,
vorweg meine Anerkennung für Deine klaren Worte an den Initiator von "Wahrheit IX".
Uns geht es um subjektunabhängig formulierte empirische Aussagen (" Dort ist ein Nadelbaum" ) und deren Wahrheit. Es geht um unsere Berechtigung, eine derartige Aussage zu machen.
Zur Wahrnehmung des Nadelbaums:
Unstrittig ist wohl, dass unsere Sinneseindrücke interpretiert werden müssen, um sie in Sätzen wie: "Ich sehe dort einen Nadelbaum" wiederzugeben.
Wie man sieht, wird dabei eine Sprache mit einem bestimmten Begriffsraster vorausgesetzt, in der die interpretierten Sinneseindrücke (die Wahrnehmungen) festgehalten und wiedergegeben werden. Damit sind bereits Gegenstände begrifflich vorgegeben.
Unstrittig ist wohl auch, dass es verschiedene berechtigte Interpretationsmöglichkeiten desselben Sinneseindrucks durch ein Subjekt gibt (" Ich sehe dort eine große Pflanze" ). Das Risiko einer Fehlinterpretation ist dabei umso größer, je spezifischer die Interpretation ist.
Interpretationen desselben Sinneseindrucks dürfen nicht logisch widersprüchlich sein, wenn sie Grundlage einer wahren empirischen Aussage sein sollen.
Fehler bei der Interpretation von Sinneseindrücken durch das jeweilige Subjekt können nicht ausgeschlossen werden. Jedoch lassen sich die Bedingungen erforschen, unter denen derartige Fehler auftreten. Insofern kann man die Fähigkeit zur richtigen Wahrnehmung auch gezielt verbessern und aus Fehlern lernen. Und man kann lernen, aus der Kenntnis der Bedingungen den Grad an Ungewissheit der Interpretation mit einzuschätzen (" Ich bin mir ziemlich sicher, dass dort ein Nadelbaum ist." )
Beim Sehen der eigenen Hand (" Hier ist meine linke Hand" ) besteht z. B. eine in jeder Hinsicht ausreichende Gewissheit hinsichtlich der richtigen Interpretation meiner Wahrnehmung.
Die Art der Gegenstände macht ihre Identifizierung unterschiedlich schwierig. So kann ich aus einer Entfernung von 200 Metern bei normalen Lichtverhältnissen vielleicht erkennen, dass dort ein Baum ist, ich kann jedoch meist nicht erkennen, ob es sich dabei um einen Laubbaum oder um einen Nadelbaum handelt.
Schließlich gibt es "wahrnehmungsnahe" Gegenstände (Baumstamm, Tannenzapfen) und "wahrnehmungsferne" Gegenstände (Wachstum, Photosynthese).
Meiner Einschätzung nach stellen fehlerhafte Interpretationen von Sinneseindrücken zwar ein reales Problem dar. Dies Problem lässt sich jedoch bewältigen (Wiederholung von Wahrnehmungen, wechselseitige Kontrolle der verschiedenen Sinne, Konfrontation mit den Wahrnehmungen anderer Individuen, systematische Wahrnehmung nach vorgegebenen Regeln etc.)
Zum Begriff des Nadelbaumes :
Der Satz: "Dort ist ein Nadelbaum" enthält das Wort: "Nadelbaum", mit dem im Deutschen eine bestimmte Bedeutung verbunden wird. Ich finde zum Beispiel im Wörterbuch die Erläuterung: "Zapfenträger, Koniferen, Tannen und Verwandte". Offensichtlich lässt sich der Begriff "Nadelbaum" nicht so leicht durch Zeigen erlernen, wie der Begriff "Baum".
Hier gibt es sicherlich Abgrenzungsprobleme zu anderen Baumarten, aber dass eine Kiefer ein Nadelbaum ist und eine Birke nicht, dürfte z. B. unstrittig sein.
Auch hier gilt, dass Missverständnisse in Bezug auf die Bedeutung von Wörtern ein reales Problem darstellen. Dies Problem lässt sich jedoch bewältigen durch zusätzliche Definitionen und Demonstrationen dessen, was als "Nadelbaum" bezeichnet wird.
Meiner Meinung nach gibt es nicht DIE richtige Bedeutung eines Wortes in einer sich verändernden Umgangssprache. Wem die Umgangssprache mit ihren Mehrdeutigkeiten und Vagheiten nicht ausreicht, der muss die Begriffe soweit präzisieren, wie es für seine Zwecke erforderlich ist. Definitionen sind Konventionen. Konventionen können sinnvoll sein oder unsinnig aber sie können nicht wahr oder falsch sein.
Zur Beziehung zwischen Wahrnehmung und Begriff des Nadelbaums
Wenn gilt, dass alle Nadelbäume Zapfen ausbilden und andere Baumarten dies nicht tun, so bin ich berechtigt zu sagen: "Dort ist ein Nadelbaum", wenn ich einen Baum sehe, der Zapfen trägt. (Wobei sich natürlich sofort das neue Problem stellt, was ein "Zapfen" ist oder genauer: welche Bedeutung mit dem Wort "Zapfen" verbunden wird.)
Ob der Satz "Dort ist ein Nadelbaum" wahr ist, hängt also davon ab, ob es sich bei dem gemeinten Gegenstand um einen Baum handelt und ob dieser Baum Zapfen ausbildet.
Um dies festzustellen, müssen diejenigen Bewusstseinsinhalte (Vorstellungen), die durch Wahrnehmung erzeugt werden, verglichen werden mit denjenigen Bewusstseinsinhalten, die logisch zu erwarten sind, wenn es sich um einen Nadelbaum handelt (Stamm, Zapfen etc.)
Ich bevorzuge den Terminus "Bewusstseinsinhalt" gegenüber dem Terminus "Vorstellung", weil "Vorstellung" etwas willensmäßig Herbeizuführendes nahelegt (" Stell Dir einmal vor, du bist in einem Wald" ) im Sinne von Imagination. Die durch Wahrnehmung erzeugten Bewusstseinsinhalte sind jedoch nicht willensmäßig beeinflussbar.
Es grüßt Dich Eberhard.
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Beitrag von Jean_Luc am 01. Apr. 2005, 15:00 Uhr
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Two weeks ago I turned my back on the Philtalk-Forum. I couldn't bear this bullshit any longer. Now I'm back. Es wird Zeit, dass ich mal wieder den Nonsense vom wegräume, den ihr hier auftischt.
Zeit für den Frühjahrsputz.
Quote:Uns geht es um subjektunabhängig formulierte empirische Aussagen (" Dort ist ein Nadelbaum" )
Es gibt keine solche Aussagen. Aussagen müssen doch von irgendeinem Subjekt formuliert werden. Mon Dieu.
Quote:Beim Sehen der eigenen Hand (" Hier ist meine linke Hand" ) besteht z. B. eine in jeder Hinsicht ausreichende Gewissheit hinsichtlich der richtigen Interpretation meiner Wahrnehmung.
Den Blödsinn muss dir ein dummer Geist geflüstert haben. Das ist zu falsch um wahr zu sein.
Quote:Die Art der Gegenstände macht ihre Identifizierung unterschiedlich schwierig. So kann ich aus einer Entfernung von 200 Metern bei normalen Lichtverhältnissen vielleicht erkennen, dass dort ein Baum ist, ich kann jedoch meist nicht erkennen, ob es sich dabei um einen Laubbaum oder um einen Nadelbaum handelt.
Das liegt dann aber nicht an der Art der Gegenstände, sondern an den Wahrnehmungsbedingungen.
Quote:Meiner Einschätzung nach stellen fehlerhafte Interpretationen von Sinneseindrücken zwar ein reales Problem dar. Dies Problem lässt sich jedoch bewältigen (Wiederholung von Wahrnehmungen, wechselseitige Kontrolle der verschiedenen Sinne, Konfrontation mit den Wahrnehmungen anderer Individuen, systematische Wahrnehmung nach vorgegebenen Regeln etc.)
Ho ho ho ganz langsam nicht so schwungvoll, BRRRRR Pferdchen steh. Wahrheit lässt sich nicht durch verlässliche Prognosen feststellen, nicht durch Anhäufung von Perspektiven (Was soll den dann die Wahrheit sein? Das aritmethische Mittel aller Perspektiven?), optimale Wahrnehmungsbedingungen sind doch rein willkürlich festgelegt. Quel Malheur.
Das muss erst mal reichen, man kann nicht alles Übel der Welt auf einmal beseitigen, wenn 1 Stunde Internet 1,50 kostet (Das sind immerhin 3 Mark).
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Beitrag von Eberhard am 01. Apr. 2005, 21:43 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Jean Luc,
ich will die Mätzchen mal beiseite lassen und nur auf die (stark verkürzt vorgetragenen) Argumente eingehen.
Zum einen: eine Aussage über die Wirklichkeit wie "Dort ist ein Nadelbaum" ist insofern subjektunabhängig formuliert, als darin kein Bezug auf ein erkennendes Subjekt genommen wird – im Unterschied zu dem Satz "Ich sehe dort einen Nadelbaum".
Doch zu dem wichtigeren Punkt, ob und wie sich falsche Interpretationen von Sinneseindrücken ermitteln und korrigieren lassen.
Ich hatte verschiedene Möglichkeiten dafür genannt wie: Wiederholung von Wahrnehmungen, wechselseitige Kontrolle der verschiedenen Sinne, Konfrontation mit den Wahrnehmungen anderer Individuen, systematische Wahrnehmung nach vorgegebenen Regeln.
Dagegen wendest Du ein: "Wahrheit lässt sich nicht durch verlässliche Prognosen feststellen, nicht durch Anhäufung von Perspektiven (Was soll denn dann die Wahrheit sein? Das arithmetische Mittel aller Perspektiven?), optimale Wahrnehmungsbedingungen sind doch rein willkürlich festgelegt."
Ich bin in der Tat der Meinung, dass sich Irrtümer in der Interpretation von Sinneseindrücken durch die Konfrontation mit weiteren Wahrnehmungen feststellen und korrigieren lassen.
Sinneseindrücke sind oft nicht eindeutig. Ich sehe eine Person von weitem: das könnte Harald sein oder aber auch Kalle, beide sind groß und dunkelhaarig. Ich kann dann näher herangehen oder ich kann eine Brille aufsetzen, ich kann zusätzlich jemand anders fragen, um mich zu "vergewissern", ob meine Interpretation richtig war.
Was optimale Wahrnehmungsbedingungen sind, wird dabei keineswegs willkürlich festgelegt. Man kann z. B. Versuchsreihen machen, bei denen Personen unter verschiedenen Wahrnehmungsbedingungen (Lichtverhältnisse, Entfernung, Alkoholspiegel, Hunger, Angst, Schlafmangel) Objekte richtig erkennen müssen.
Natürlich setzt das voraus, dass der Versuchsleiter selber die Wahrheit kennt, dass er also weiß, was für ein Objekt die Versuchspersonen erkennen sollen. Man kann von Irrtum nur sprechen, wenn man sich zugleich auf etwas Wahres bezieht.
Meiner Ansicht nach kann ich mich zu Recht auf etwas Wahres berufen, selbst wenn ich mir bewusst bin, dass es letztlich keine definitive Gewissheit in Bezug auf die Beschaffenheit der Wirklichkeit gibt.
Wenn ich mich trotzdem auf etwas Wahres beziehe (z. B. dass es sich bei der Person tatsächlich um Harald handelt), so handelt es sich um Aussagen über die Welt, die nach meinem aktuellen Erkenntnisstand auf unbefristete Zeit Geltung beanspruchen können.
"Zeitlich nicht befristet" bedeutet etwas anderes als "für immer und ewig". Es bedeutet "andauernd bis auf Widerruf".
Es grüßt Euch Eberhard.
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