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Parteiendemokratie - Rechtfertigung und Kritik

(Diskussion bei PhilTalk)


PhilTalk Philosophieforen  Praktische Philosophie >> Politische Philosophie, Rechtsphilosophie, Wirtschaftsphilosophie >> Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
(Thema begonnen von: Eberhard am 2007-05-24, 20:55 Uhr)



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Titel: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am 2007-05-24, 20:55 Uhr
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Hallo allerseits,

Diese Diskussionsrunde schließt an die Runde an: „Mehrheitsprinzip: Rechtfertigung und Kritik“. Sie soll sich mit der Frage beschäftigen, wie dem Willen der Bürger am besten politische Wirkung verliehen werden kann.

Die Kritik an Parteien, die im Parlament sitzen und sich von den Bedürfnissen und Wünschen der Wähler entfernen, ist weit verbreitet. Als ideal gilt vielen die direkte Demokratie, wo Entscheidungen durch Volksabstimmungen getroffen werden. Und wenn schon mehrstufig verfahren werden muss über gewählte Abgeordnete, die die Entscheiungen anstelle der Bürger treffen, dann sollten diese Abgeordneten jederzeit abgewählt werden können.

Dieser Auffassung möchte ich widersprechen und die These vertreten, dass den Parteien in einer Demokratie eine wichtige Funktion zukommt (Dies wurde auch von den „Vätern“ des Grundgesetzes so nicht gesehen. Dort heißt es zu den Parteien in Artikel 21 nur beiläufig: „Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit.“)

Ich gehe bei meiner These von der Unentbehrlichkeit der Parteien in größeren Gemeinwesen von folgenden Überlegungen aus:

1. Isolierte Abstimmungen zu einzelnen Entscheidungen sind aus zwei Gründen problematisch.

Zum einen wird dabei nicht berücksichtigt, dass die Bürger von diesen Entscheidungen unterschiedlich stark betroffen sein können. Nur bei Bündelung der Entscheidungen kann der Bürger die relative Wichtigkeit der einzelnen Punkte zum Ausdruck bringen. Bei einer Folge isolierter Abstimmungen ergeben sich ganz andere Resultate, als wenn über dieselben Punkte als Ganzes abgestimmt wird.

Zwischen den Einzelentscheidungen können zum andern Abhängigkeiten bestehen. Das heißt, dass die Entscheidung im Punkt x anders ausfallen sollte, je nachdem wie die Entscheidung im Punkt y ausfällt und umgekehrt. Bei derartigen wechselseitigen Abhängigkeiten muss über beide Punkte zusammen abgestimmt werden.

Beides spricht dafür, dass über ganze Programme und nicht über Einzelpunkte abgestimmt werden sollte.

2. Die unorganisierten einzelnen Bürger sind nicht in der Lage, politische Programme zu entwerfen, die mehrheitsfähig wären. Eine Versammlung aller Bürger, die Punkt für Punkt alles durchdiskutiert und schließlich als Programm zusammenstellt, ist ein Unding. Und wo kein Programm existiert, kann es auch keine an das Programm der Bürger gebundenen politischen Vertreter geben.

Stattdessen werden von politisch aktiven Bürgern gemeinsam politische Programme entworfen, die den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt werden. Diese Gruppen, die dich um bestimmte politische Ziele sammeln, sind die Parteien.

Um erfolgreich zu sein müssen die Parteien ihre Programme inhaltlich so gestalten, dass sie möglichst viele Stimmen erhalten. Sie müssen dazu diejenigen Punkte aufgreifen, die den Wählern wichtig sind und erfolgversprechende Lösungen präsentieren.

Wenn sie - allein oder im Bündnis mit anderen - die Mehrheit erringen, können sie Gesetze verabschieden und die Regierung mit eigenen Leuten besetzen. Nur dann können sie ihre politischen Ziele umsetzen und nur dann können sie über die Besetzung weiterer Ämter verfügen.

In regelmäßigen Abständen finden erneut Wahlen statt, so dass sich andere Mehrheiten bilden können und die Regierung abgelöst wird.

Sind die Wahlperioden kurz, können die Wähler schnell eine enttäuschende Mehrheit wieder abwählen. Andererseits besteht dann die Gefahr, dass nur eine relativ kurzatmige Politik gemacht werden kann, die auf rasche Erfolge angelegt ist, während wichtige langfristige Projekte versäumt werden. Einige Jahre sollte eine Wahlperiode deshalb schon dauern.

Ein solches politisches Modell ist m.E. grundsätzlich in der Lage, die Politik an den Wünschen der Mehrheit der Bürger zu orientieren, wenn man annimmt, dass die Parteien bestrebt sind, die Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinigen.

Ich sehe vor allem drei Probleme:

Problem Nr.1)

Wenn keine Partei alleine eine Mehrheit der Stimmen (und damit der Sitze im Parlament) erringt, kommt es zu Koalitionsverhandlungen, deren Ergebnis oft niemand vorausgeahnt hatte.

Dem könnte eine Wahl mit zwei Wahlgängen abhelfen.

Im 1. Wahlgang wird der Prozentsatz an Stimmen für die einzelnen Parteien ermittelt.

Am 2. Wahlgang nehmen nur die zwei stärksten Parteien oder Koalitionen teil, wobei sich die Stärke einer Koalition aus der Summe der Anteile für die einzelnen Parteien ergibt, aus denen die Koalition besteht. Zwischen dem 1. und dem 2. Wahlgang können auch neue Koalitionen gebildet werden.

Die Wähler entscheiden also direkt über das kommende Regierungsprogramm.

Problem Nr. 2)

Die Wahlprogramme (wobei auch Personen Programm sein können) müssen sich an den Wählermeinungen orientieren und nicht die Meinungen an den Werbekampagnen. Deshalb sind gesetzliche Regelungen gegen Meinungsmonopole erforderlich.

Problem Nr.3)

Die einzelnen Politiker sind korrumpierbar. Deshalb sind scharfe Kontrollmaßnahmen und Sanktionen erforderlich.

Viele kritische Argumente – und wenig Gequake – wünscht sich

Eberhard.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Alltag am 2007-05-25, 14:45 Uhr
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on 05/24/07 um 20:55:47, Eberhard wrote:... Wie [kann] dem Willen der Bürger am besten politische Wirkung verliehen werden?

... Als ideal gilt vielen die direkte Demokratie, wo Entscheidungen durch Volksabstimmungen getroffen werden. Und wenn schon mehrstufig verfahren werden muss über gewählte Abgeordnete, die die Entscheiungen anstelle der Bürger treffen, dann sollten diese Abgeordneten jederzeit abgewählt werden können.

Dieser Auffassung möchte ich widersprechen und .... gehe bei meiner These von der Unentbehrlichkeit der Parteien in größeren Gemeinwesen von folgenden Überlegungen aus:

1. Isolierte Abstimmungen zu einzelnen Entscheidungen sind ... problematisch[, weil] die Bürger von diesen Entscheidungen unterschiedlich stark betroffen sein können. Nur bei Bündelung der Entscheidungen kann der Bürger die relative Wichtigkeit der einzelnen Punkte zum Ausdruck bringen. Bei einer Folge isolierter Abstimmungen ergeben sich ganz andere Resultate, als wenn über [all diese] Punkte [zugleich/zusammen] abgestimmt wird.
....

2. ... Und wo kein Programm existiert, kann es auch keine an das Programm der Bürger gebundenen politischen Vertreter geben.

... Diese Gruppen, die sich um bestimmte politische Ziele sammeln, sind die Parteien.

Um erfolgreich zu sein müssen die Parteien ihre Programme inhaltlich so gestalten, dass sie möglichst viele Stimmen erhalten. Sie müssen dazu diejenigen Punkte aufgreifen, die den Wählern wichtig sind und erfolgversprechende Lösungen präsentieren.

Wenn sie - allein oder im Bündnis mit anderen - die Mehrheit erringen, können sie Gesetze verabschieden und die Regierung mit eigenen Leuten besetzen. .....

In regelmäßigen Abständen finden erneut Wahlen statt, so dass sich andere Mehrheiten bilden können und die Regierung abgelöst wird.

.... Einige Jahre sollte eine Wahlperiode deshalb schon dauern.

Ein solches politisches Modell ist m.E. grundsätzlich in der Lage, die Politik an den Wünschen der Mehrheit der Bürger zu orientieren, wenn man annimmt, dass die Parteien bestrebt sind, die Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinigen.

Ich sehe vor allem drei Probleme:

Problem Nr.1) ... Koalitionsverhandlungen, deren Ergebnis oft niemand vorausgeahnt hatte. ....
[Vorschlag] ......

Problem Nr. 2) .... Die Wahlprogramme (wobei auch Personen Programm sein können) müssen sich an den Wählermeinungen orientieren und nicht die Meinungen an den Werbekampagnen.
[Vorschlag] ....

Problem Nr.3) .... Die einzelnen Politiker sind korrumpierbar.
[Vorschlag] .....



:-) Hallo Eberhard und allseits,

(hoffentlich ist obiges Zitat nicht zu sehr verfälscht)

Gibt es nebst der schweizerischen noch andere direkte Demokratien?

Auch in der CH-Bundesverfassung heisst es:

Art. 137 "Die politischen Parteien wirken an der Meinungs- und Willensbildung des Volkes mit."

Art. 147 Vernehmlassungsverfahren: "Die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten Kreise werden bei der Vorbereitung wichtiger Erlasse und anderer Vorhaben von grosser Tragweite sowie bei wichtigen völkerrechtlichen Verträgen zur Stellungnahme eingeladen."

(Volksabstimmungen gibt es infolge von Initiativen, Referenden und bei u.a. aussenpolitisch wirksamen Gesetzen und Verträgen. Viele Entscheide kommen auch gar nie zur Volksabstimmung)


Deine Überlegung 2, "Und wo kein Programm existiert, kann es auch keine an das Programm der Bürger gebundenen politischen Vertreter geben.", wirft einige Fragen auf:

Gibt es ein Programm der Bürger? Nein, sondern Parteiprogramme, die aufgrund der Wahlergebnisse durch die Wählerschaft gewertet wurden.

Braucht es Programme der Bürger resp. Parteiprogramme? Der Leistungsausweis der Parteien und Kandidaten ist doch Programm genug. Und bei neuen Parteien ist das ganze so oder so visionär!

Gibt es eine Bindung an Parteiprogramme? Keine rechtliche, sondern bloss jene Bindungen, die innerhalb einer Partei üblich sind. Die Gepflogenheiten sind von Partei zu Partei verschieden. Ob ein Parteiprogramm eingehalten wird oder nicht, ist meiner Meinung nach eine partei-interne Angelegenheit: Nicht-Mitglieder haben da gar nichts zu sagen. Klagerecht oder Rechtsanspruch auf Einhaltung gibt es nicht.

Na! Ich halte da mit meinem Gequacke inne.

Danke & Gruss
Dein mitquackender Alltag



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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am 2007-05-25, 15:59 Uhr
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Hallo allerseits,
Hallo alltag,

Zuerst einmal Danke für deine Antwort. Du schreibst:

„Braucht es Programme der Bürger resp. Parteiprogramme? Der Leistungsausweis der Parteien und Kandidaten ist doch Programm genug. Und bei neuen Parteien ist das ganze so oder so visionär!“

Zu den Programmen, die die Parteien zur Wahl formulieren, ist einiges zu sagen.

1.) Was in den Wahlprogrammen formuliert ist, ist nicht alleinentscheidend für die Stimmabgabe der Bürger. Erforderlich ist außerdem, dass der Bürger darauf vertrauen kann, dass dieses Wahlprogramm auch in die Tat umgesetzt wird. Dies Vertrauen kann eine Partei auch verspielen, und die Bürger können ihre Konsequenzen für die kommenden Wahlen daraus ziehen.

2.) Das, was in der nächsten Legislaturperiode zur Entscheidung kommt, hängt nicht nur von den Absichten der Parteien ab. Es können mitten in der Legislaturperiode plötzlich wichtige Entscheidungen notwendig werden (siehe Irak Krieg). Oder es können neue Entwicklungen eintreten, die bei Abfassung der Programme noch nicht vorhergesehen werden konnten und die eine Neubewertung der Programmatik erforderlich machen.

Deshalb spielt es eine große Rolle, welche Personen die Regierung bilden, und ob man diesen Personen zutraut, auch solche noch nicht vorhersehbaren Probleme erfolgreich zu meistern.

3.) Es muss den Parteien und ihren Kandidaten überlassen bleiben, wie konkret sie sich in Wahlprogrammen und Wahlversprechen festlegen. Der mündige Bürger wird daraus seine Schlussfolgerungen ziehen. Hier kommt es auch auf die Tätigkeit der Medien an. Nicht erstrebenswert wären Verhältnisse, die einen Wahlkampf ohne konkrete Inhalte bescheren, der vor allem in Sympathiewerbung für die Spitzenkandidaten besteht.

Wünschenswert wären Medien, die die Parteien und ihre Kandidaten unter die Lupe nehmen, die vergleichen, was die verschiedenen Parteien zu den einzelnen Problemen zu sagen haben, und die berücksichtigen, wie glaubwürdig diese Programme angesichts der bisherigen Politik dieser Parteien sind. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Spitzenkandidaten der Parteien.

Soweit das Wichtigste von Eberhard.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Alltag am 2007-05-26, 12:06 Uhr
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on 05/25/07 um 15:59:35, Eberhard wrote:...

3.) ... Der mündige Bürger wird daraus seine Schlussfolgerungen ziehen. Hier kommt es auch auf die Tätigkeit der Medien an. Nicht erstrebenswert wären Verhältnisse, die einen Wahlkampf ohne konkrete Inhalte bescheren, der vor allem in Sympathiewerbung für die Spitzenkandidaten besteht.

Wünschenswert wären Medien, die die Parteien und ihre Kandidaten unter die Lupe nehmen, die vergleichen, was die verschiedenen Parteien zu den einzelnen Problemen zu sagen haben, und die berücksichtigen, wie glaubwürdig diese Programme angesichts der bisherigen Politik dieser Parteien sind. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Spitzenkandidaten der Parteien.



:-) Hallo Allseits, hallo Eberhard,

Zustimmung! Auch zu den im Zitat weggelassennen Punkten. Problematisch, im Sinne von Diskussionswürdig, ist das Thema "mündige Bürger":

Gibt es, nebst den juristisch Unmündigen, weitere? - Nein!
Sind Demokratie und "mündige Bürger" synonym? - Ja!

Kann das demokratische Verfahren im Hinblick auf "Unterstützung der Bürger" optimiert werden? Gegebenenfalls, wäre zu fragen, ob das denn auch getan werden soll.

Gruss - Alltag :-)

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am 2007-05-27, 10:58 Uhr
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Hallo allerseits,
Hallo Alltag,

die parlamentarische Demokratie setzt voraus, dass der Einzelne soviel Wissen hat, dass er die Parteien in eine Rangfolge entsprechend seinen eigenen Interessen und Werten bringen kann.

Diese Anforderung wird wohl überwiegend erfüllt. Insofern halte ich die erwachsenen Staatsbürger für wahlmündig.

Dass man sich irren kann oder dass man getäuscht werden kann, steht außer Frage. Aber hierin unterscheidet sich der politische Bereich nicht von anderen Bereichen des Lebens. Der Einzelne hat die Möglichkeit, bei der nächsten Wahl seinen Fehler zu korrigieren.

Das heißt nicht, dass hier keine Verbesserungen mehr möglich sind. Ein Vergleich mit dem wirtschaftlichen Bereich könnte hier Anregungen geben.

So gibt es einen Verbraucherschutz, der den Anbieter einer Ware zu bestimmten Informationen über die angebotene Ware verpflichtet. Es gibt ein Vertragsrecht, das Täuschungen des Vertragspartners untersagt. Es gibt ein Gesetz über unlauteren Wettbewerb, das bestimmte Formen der Werbung verbietet. Es gibt öffentlich geförderte Institutionen wie die Stiftung Warentest, die die angebotenen Waren auf ihre Qualität hin untersuchen.

Etwas Ähnliches könnte ich mir auch für den politischen Bereich vorstellen. Wenn ich mich nicht irre, so gab es bei der letzten Bundestagswahl eine Website, auf der in einer Art Synopse die Parteien mit ihren programmatischen Vorstellungen dargestellt waren und wo man seine eigenen Vorstellungen mit denen der Parteien vergleichen konnte.

Sofern es nicht bereits gemacht wird sollte im Fach Sozialkunde/Politische Weltkunde schwerpunktmäßig die Frage behandelt werden, was ein Wähler bei einer politischen Wahl zu bedenken und zu berücksichtigen hat.

Es sollte geübt werden, die politischen Parteien mit ihren programmatischen Aussagen und ihren Kandidaten unter dem Gesichtspunkt der eigenen Zielvorstellungen zu prüfen.

Die Schüler sollten lernen, was eine verwaschene Aussage von einer konkreten Aussage unterscheidet.

Sie sollten anhand früherer Wahlen die Äußerungen der Kandidaten vor der Wahl mit den Äußerungen und den Taten nach der Wahl vergleichen.

Sie sollten lernen, immer die Frage nach der Finanzierbarkeit von Wahlversprechen und Wahlgeschenken zu stellen.

In einer demokratischen Gesellschaft müsste es möglich sein, solche Fragen in der Schule sachlich zu behandeln, ohne dass Lehrer oder Schüler Propaganda für bestimmte Parteien machen.

Ich denke, dass es noch zahlreiche andere Möglichkeiten für die Verbesserung der demokratischen Kultur in diesem Lande gibt.

Dazu gehört es meiner Ansicht nach auch, unsinnige Anwendungen demokratischer Verfahren abzuschaffen, die höchstens das demokratische Feigenblatt für Entscheidungen abgeben, die von ganz anderen Kräften gefällt werden. Dazu gehören die sogenannten „Sozialwahlen“, bei denen die Mitglieder der staatlichen Rentenversicherung Vertreter in die Aufsichtsgremien der Rentenversicherer wählen. Hier kennt man weder die Kandidaten noch die Programme. Man weiß nicht, was die gewählten Vertreter eigentlich in den Aufsichtsgremien machen. Kurz gesagt: Diese Wahlen sind eine einzige Farce und schaden der demokratische Idee mehr als dass sie nützen. Ähnliches findet auch in anderen Institutionen statt. (Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.)



Abschließend würde mich noch interessieren, was ihr von dem Vorschlag der zweistufigen Bundestagswahl haltet.

Im 1. Wahlgang gäbe es eine reine Verhältniswahl, bei welcher der Prozentsatz bestimmt wird, mit dem die verschiedenen Parteien im Parlament vertreten sind. Gewinnt eine Partei hier bereits mehr als die Hälfte der Sitze, so stellt sie die Regierung und der 2. Wahlgang entfällt.

Wenn nicht, dann treten im 2. Wahlgang – 4 Wochen später – nur noch die zwei stärksten Kräfte im Parlament gegeneinander an. Das sind entweder einzelne Parteien oder Koalitionen von Parteien.

Bei diesem Verfahren finden Koalitionsbildung und Formulierung des Programms für die kommende Legislaturperiode also vor der entscheidenden Wahl statt. Dadurch können die Wähler direkter ihre Meinung einbringen.

Grüße an alle, die nicht nur politisieren wollen von Eberhard.








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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-27, 19:18 Uhr
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Hi,


Quote:Im 1. Wahlgang gäbe es eine reine Verhältniswahl, bei welcher der Prozentsatz bestimmt wird, mit dem die verschiedenen Parteien im Parlament vertreten sind. Gewinnt eine Partei hier bereits mehr als die Hälfte der Sitze, so stellt sie die Regierung und der 2. Wahlgang entfällt.



Bin ich gegen, Eberhard.
Die Persönlichkeitswahl ist ein m.E. wichtiges Element, das, obwohl von Medien und Wahlforschern (weil komplizierter zu berechnen?) gerne vernachlässigt, in der demokratischen Praxis von großer Bedeutung ist.

Die Persönlichkeitswahl zwingt die Parteien, Kandidaten aufzustellen, die bei den Bürgern tatsächlich auch ankommen, heißt, die Kontakt suchen, persönlich mit ihnen sprechen, in ihrem Wahlkreis Bürgerbüros unterhalten, in denen gerade die Schwächeren z.B. Unterstützung bei Konflikten mit Sozialbehörden erhalten, zumindest bei den Roten (soll man nicht unterschätzen, ist recht häufig!), Veranstaltungen organisieren usw. Es sind diese Kandidaten, die vor Ort für die Partei einstehen. Sie sind es auch, die die Glaubwürdigkeit bestimmen. Nicht zu vergessen ist auch die Macht, die ein direkt gewählter Kandidat hat. Er ist wesentlich unabhängiger seiner eigenen Fraktion und auch seiner eigenen Regierung gegenüber als ein Parlamentarier, der nur über die Liste ins Parlament gekommen ist. Wer über die Liste ins Parlament gekommen ist, der ist der Partei verpflichtet. Denn wenn er ihr zu unbequem wird, wird er in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr aufgestellt.
Ein Direktkandidat hingegen, dem ist auch die Partei verpflichtet, denn der hat Stimmen geholt, von denen in der Regel etliche verloren gehen, wenn die Parteiführung ihn nicht mehr mag und sich einer nächsten Aufstellung verweigern sollte. Wobei die Frage ist, ob das überhaupt geht, denn wenn der auch noch seine Parteibasis hinter sich hat, dann ist es so gut wie unmöglich, ihn zu schassen.

Bei einer reinen Verhältniswahl könnten die Parteien zu anonymen Organisationen mit diktatorischer Machtfülle werden, wie wie sie von SED und KPDSU z.B. kennen.

Gruß

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Alltag am 2007-05-27, 20:15 Uhr
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on 05/27/07 um 19:18:52, Abrazo wrote:...
Die Persönlichkeitswahl ist ein m.E. wichtiges Element, das, obwohl von Medien und Wahlforschern (weil komplizierter zu berechnen?) gerne vernachlässigt, in der demokratischen Praxis von großer Bedeutung ist.

Die Persönlichkeitswahl zwingt die Parteien ...



:-) Hallo Abrazo und allseits,

Deine Darlegung überzeugt mich. Aber was meint ihr zu folgender naheliegenden Modifikation des Eberhard'schen Vorschlags:

- Der erste Wahlgang wird, wie von Abrazo dargelegt (und somit nach dem, wie ich meine, bereits praktizierten Verfahern), durchgeführt.

- Der zweite Wahlgang wird aber so angehängt, wie Eberhard vorschlägt und bezwecken will.

Ergäbe sich dadurch eine Verschlimmbesserung?

Danke & Gruss
Ihr selten politischer Alltag ;-)

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-27, 21:23 Uhr
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Alltag, Eberhard geht vom Faktischen aus: davon, dass Politik Parteipolitik ist.
Er stellt fest:

Quote:die These vertreten, dass den Parteien in einer Demokratie eine wichtige Funktion zukommt (Dies wurde auch von den „Vätern“ des Grundgesetzes so nicht gesehen. Dort heißt es zu den Parteien in Artikel 21 nur beiläufig: „Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit.“)


Ich stimme nicht zu, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes das Problem nicht gesehen haben; im Gegenteil.
Die waren von zwei historischen Erfahrungen geprägt: zum einen der NSDAP, zweifellos eine Partei, zum anderen den KPD's, ebenfalls Parteien.
Dieser Erfahrung stellten sie entgegen, dass die Parteien an der politischen Willensbildung eben nur mitwirken, sie jedoch nicht alleine in den Händen haben. Mit den Parteien konkurrieren tun Meinungsfreiheit, Wissenschaftsfreiheit und Pressefreiheit. Vergessen wir hierzu nicht die oft gescholtenen öffentlich-rechtlichen Medien. Hier ist nämlich durch den Rundfunkrat festgelegt, dass die Parteie (ebenso wie andere gesellschaftliche Gruppierungen, z.B. Kirchen) zwar Stimmen haben, aber keine einzelne Gruppe einen beherrschenden Einfluss haben darf - und Rundfunk und Fernsehen wirken ja doch erheblich an der Willensbildung mit.
Von daher halte ich unsere Bestimmungen für sehr wohl deutlich gesehen und keineswegs beiläufig.
Dagegen steht auch der Grundsatz der repräsentativen Demokratie und eben das Element der Persönlichkeitswahl. Die Verpflichtung des Abgeordneten als Repräsentant seiner Wählerschaft einzig auf sein Gewissen und damit seine Unabhängigkeit würde durch eine Stärkung der Parteiendemokratie ebenso relativiert wie durch das imperative Mandat, das eine Koalition bekäme. Das Problem des imperativen Mandates ist seine Unflexibilität. Ändert sich die Situation - und man kann jede Situation als anders darstellen - so ist entweder eine neue Wahl notwendig (man bedenke, wie oft die Regierungen in der Weimarer Republik wechselten), oder die bestehende Koalition beruft sich auf ihr Mandat und macht, was sie will.

Als das tatsächlich dahinter steckende Problem sehe ich die mangelnde Bereitschaft großer Teile der Bevölkerung, sich persönlich politisch zu engagieren. Also will man die Funktion der Demokratie sicherstellen durch Regeln, durch die ein Mitwirken der Bevölkerung unnötig erscheint - und das ist die Quadratur des Kreises.

Hier erinnere ich wieder mal an Goethe: "nur der verdient die Freiheit und das Leben, der täglich neu sie sich erobern muss." Demokratie ist nun einmal für den einzelnen Bürger weit arbeitsaufwendiger als eine Diktatur. In einer Diktatur kann er genau so über die Entscheidungen mosern wie in einer Demokratie, nur braucht er sich da nicht vorwerfen zu lassen, "dann tu was", weil er ja gar nichts tun kann. Wer hingegen in einer Demokratie mosert und nichts tut, der kriegt auch noch auf den Deckel gehauen, wenn du keine Kartoffeln schälen willst, dann musste eben das fressen, was diejenigen, die dazu nicht zu faul sind, dir vorsetzen.

Zumindest von Abrazo. [cheesy]

Gruß

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-28, 01:42 Uhr
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on 05/27/07 um 21:23:18, Abrazo wrote:Hier erinnere ich wieder mal an Goethe: "nur der verdient die Freiheit und das Leben, der täglich neu sie sich erobern muss." Demokratie ist nun einmal für den einzelnen Bürger weit arbeitsaufwendiger als eine Diktatur.




Wie naiv! Goethe spricht doch nicht von von der Demokratie.

"Warum mir aber in neuester Welt Anarchie gar so gut gefällt?
Ein jeder lebt nach seinem Sinn, das ist nun also auch mein Gewinn!
Ich laß' einem jeden sein Bestreben, um auch nach meinem Sinn zu leben."
Johann Wolfgang v. Goethe in "Zahme Xenien", 1827

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-28, 09:40 Uhr
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My home is my castle - Regierungsrat Goethe unterscheidet nach alter deutscher Tradition zwischen Privatleben, in dem die Meinungsfreiheit gilt, und Staat, der von anderen verwaltet wird und die Bedingungen schafft, in denen das Privatleben stattfindet.

Das sehen Demokraten heute anders. Sie beanspruchen, die Bedingungen, in denen sich das Privatleben entfalten kann, mitzubestimmen.

Wie, bitte schön, willst Du denn nach Deinem Sinn leben, wenn die Kommune, in der Du lebst, beschließt, in dem Naturgebiet, in dem Du Dich ergehst, eine Straße zu bauen? Hinnehmen, ohne darüber zu verhandeln, ob und wie sie gebaut werden soll? Dich in die Innerlichkeit des Lebens nach Deinem Sinn unter Ignorierung der tatsächlichen Bedingungen zurückziehen? Das ist Biedermeier. Danke, nein.

Gruß

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-28, 14:53 Uhr
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on 05/28/07 um 09:40:10, Abrazo wrote:My home is my castle - Regierungsrat Goethe unterscheidet nach alter deutscher Tradition zwischen Privatleben, in dem die Meinungsfreiheit gilt, und Staat, der von anderen verwaltet wird und die Bedingungen schafft, in denen das Privatleben stattfindet.



Das ist eine Form von Eigentum, wenn man den Staat als rechtmäßigen Eigentümer betrachtet. So war das eben im Ausfluß des Feudalismus. Widerrede war nicht ratsam.



Quote:Das sehen Demokraten heute anders. Sie beanspruchen, die Bedingungen, in denen sich das Privatleben entfalten kann, mitzubestimmen.

Wie, bitte schön, willst Du denn nach Deinem Sinn leben, wenn die Kommune, in der Du lebst, beschließt, in dem Naturgebiet, in dem Du Dich ergehst, eine Straße zu bauen? Hinnehmen, ohne darüber zu verhandeln, ob und wie sie gebaut werden soll? Dich in die Innerlichkeit des Lebens nach Deinem Sinn unter Ignorierung der tatsächlichen Bedingungen zurückziehen? Das ist Biedermeier. Danke, nein.

Gruß




Erstmal ist der demokratische Staat kein Eigentümer sondern ein unmoralischer Besetzer. Wäre das anders, d.h. wenn der Eigentümer auf seinem Land nach seinen Regeln eine Straße baut, dann ist das seine ureigenste Angelegenheit in der ihm niemand reinzureden hat, solange er damit keine Aggression verübt. ist er aber kein Eigentümer, dann kann er auch kein Recht haben, eine Straße zu seinem Zwecke zu bauen. Soll er erstmal Recht schaffen!


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-28, 17:17 Uhr
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Maulwurf, Du bist nicht ganz dicht.

Bevor Du was schreibst, solltest Du Dich erst mal über die Rechtslage erkundigen.

Wenn eine Kommune eine Straße bauen will, dann muss sie selbstverständlich Eigentümerin des Bodens sein, auf dem diese Straße gebaut werden soll. D.h. entweder, der Boden ist ohnehin in ihrem Eigentum, oder sie muss den Boden von den Eigentümern käuflich erwerben.

Die Kommune ist aber keine Person, sondern, was das kommunale Eigentum betrifft, Verwalterin des Gemeinschaftseigentums, welches Eigentum der in ihr gemeldeten Bürger ist. Kannste vergleichen mit einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Da gibt es auch Sondereigentum, nämlich die Wohnung, die einem bestimmten Eigentümer gehört und in die keiner reinzureden hat, und Gemeinschaftseigentum, das der gesamten Eigentümergemeinschaft gehört. Dazu gehören, je nach Teilungserklärung, Garten, Wände, Dach, Wasser- und Stromleitungen, Aufzüge usw. Wenn die Verwaltung der WEG nun plant, die Aufzüge zu renovieren, dann kann sie das nicht einfach beschließen, sondern muss dies der Eigentümerversammlung zum Beschluss vorlegen, die das Für und Wider diskutiert und dann darüber abstimmt.

Die Eigentümergemeinschaft einer Kommune wird vertreten durch den von den Bürgern vertretenen Rat der Kommune.
Wenn nun der Rat dem Vorschlag der Verwaltung, eine Straße zu bauen, zustimmt, so muss dennoch der Plan öffentlich ausgelegt werden, denn der Rat ist nicht unfehlbar, und es ist ohne weiteres möglich, dass mehr oder minder betroffene Bürger auf Gedanken kommen, auf die der Rat nicht kommt. Praktisches Beispiel: darauf, dass eine Straße, die lt. 25 Jahre altem Plan verkehrsberuhigt werden sollte, seit 6 Jahren eine überaus ruhige Sackgasse war. Und dann gibt es eben Einsprüche, und wenn die berechtigt sind. wird der Plan entsprechend modifiziert.

Ebenso bist Du nicht ganz dicht, wenn Du meinst, mit seinem Eigentum könne jeder machen, was er wolle. Wenn ein Wohnungseigentümer in seiner Wohnung eine Wand durchbrechen will, dann muss er sich das von der WEG genehmigen lassen. Warum? Weil es die Statik des Hauses verändert. Und wenn es eine tragende Wand ist, dann wird ihm die Sache verboten, Sondereigentum hin, Sondereigentum her, weil seine Aktion das Eigentum anderer gefährden würde. Wir leben nämlich lange schon nicht mehr in der Steinzeit, wo jeder nur für seinen eigenen Pfahlbau zuständig war. Heutzutage teilt man sich Steinhäuser.

Und was Eigentümerrechte der öffentlichen Hand betrifft: Ist Dir z.B. die Rechtsform Stiftung bekannt? Es gab und gibt Leute, die besonders den Kommunen was stiften: insbesondere Kunstwerke, Häuser, ganze Museen, Computer für Schulen, Geld für bestimmte, oft soziale, Zwecke - das ist alles öffentliches Eigentum, mein Lieber, und Du hast nicht das geringste Recht, darüber zu mosern.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-28, 17:42 Uhr
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on 05/28/07 um 17:17:20, Abrazo wrote:Maulwurf, Du bist nicht ganz dicht



Die persönlichen Angriffe gehören wohl zum demokratischen Aktionsprogramm.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-28, 17:50 Uhr
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Dass Du nicht ganz dicht bist, ist m.E. wohl begründet; hab nur versehentlich zu früh gespeichert.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Meisterdieb am 2007-05-28, 18:31 Uhr
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[cool]

Demokratie?

Vier Jahre das Maul halten und dann die Stimme abgeben, die man längst verloren hat.

Meisterdieb, der Aphoristiker

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-28, 20:07 Uhr
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on 05/28/07 um 17:50:58, Abrazo wrote:Dass Du nicht ganz dicht bist, ist m.E. wohl begründet; hab nur versehentlich zu früh gespeichert.




Begründet? So?

Aber immerhin hast Du schon mal verstanden, dass man so eine infame (um nicht zu sagen strafrechtlich relevante) Anschuldigung wenigstens begründen muss.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am 2007-05-28, 20:48 Uhr
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Hallo allerseits,
hallo Abrazo,

ich teile Deine Ansicht über die Bedeutung von Persönlichkeitswahlen. Die Frage ist allerdings: Wer kennt schon den direkt gewählten Abgeordneten des eigenen Wahlkreises? Wer hat sich schon mal an ihn gewandt? Die Realität sieht hier wohl eher dürftig aus.

Ich sehe bei meinem Vorschlag (Einführung eines zweiten Wahlgangs zur Bestimmung der Regierung, bei dem nur die 2 stärksten Gruppierungen zur Auswahl stehen) inzwischen auch immer mehr Probleme. So kommt es dabei leicht zu Regierungen, die im Parlament keine Mehrheit haben. Wer beruft eine unfähige Regierung ab?

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass das Parlament bei der Regierungsbildung nicht umgangen werden sollte. Dies vor allem deswegen, weil die Bevölkerung nicht in der Lage ist, die Regierung zu kontrollieren. (Der einzelne Bürger ist allerdings in der Lage, Kritik zu üben mit der Drohung, bei der nächsten Wahl anders zu entscheiden.)

Wahrscheinlich ist es sinnvoller, die einzelnen Abgeordneten im Parlament stärker durch die Wähler kontrollieren zu lassen. Dazu ist es notwendig, die Informationen zu sammeln und für den Normalbürger aufzubereiten. (Wer hat welche Initiativen ergriffen? Wer hat wie gestimmt? etc.)

Zu den Fans des Privateigentums:

Überall da, wo es externe Effekte gibt (z. B.: Der Lärm auf dem andern Grundstück ist auch bei mir zu hören) oder wo es öffentliche Güter oder Gefahren gibt (Eine Epidemie bedroht alle) sind kollektive Entscheidungsregeln angebracht, weil nur so alle Betroffenen ihr Interesse einbringen können. (Gegenargumente erwünscht.)

Außerdem haben Eigentumsordnungen die Tendenz zu ungleicher Verteilung des Eigentums, was nicht allgemein wünschenswert ist.

Es grüßt Euch Eberhard.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-28, 22:46 Uhr
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Hi Eberhard,

lies mal diesen Thread:
http://www.philtalk.de/msg/1179436317.htm

Vorgestern stand in unserem Leib- und Magenblatt Kölner Stadt-Anzeiger eine längere Chronik über die 68'er, die eigentlich die 67'er waren: Schah-Besuch und Benno Ohnesorg.

(Für die Lästerer: als Bonn noch Bundeshauptstadt war, war dort in der Politikerkaste der folgende Spruch verbreitet: wer Deutschland regieren möchte, liest die Welt. Wer glaubt, Deutschland zu regieren, liest die FAZ. Und wer Deutschland regiert, liest den Bonner Generalanzeiger.)

Wenn auch ich mir die Frage stelle, was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe, so ist es das uneingeschränkte Eintreten für die Demokratie.

Was das betrifft, sehe ich besonders in der jüngeren Bevölkerung, erhebliche Mängel. Vor allem intellektuelle Mängel: das System wird nicht begriffen. Ich vermute stark, das liegt nicht an den jungen Leuten, sondern an ihrer Schulbildung: Pisa. Alles mögliche sollte die Schule ihnen beibringen: Medienkompetenz, Wirtschaftskompetenz, Gesundheitskompetenz, bis hin zur unsäglichen Lebenskompetenz, aber ihnen die tragenden Säulen der Demokratie beizubringen, Gewaltenteilung, vorausschauende Machtbegrenzung, Mitbestimmung und Widerspruch über Medien, NGO's, Petitionen, Diskussionen, Anfragen an den Mandatsträger des Wahlkreises bis hin zum Anrufen von Gerichten, das hat sie anscheinend niemand gelehrt.

Wie sonst wären Dummheiten erklärlich, wie die Verwechselung von Gesetzen mit irgend jemandes Moral?

(Hier, Ihr Unbedarften, guckt da mal rein:

Quote:SachenRÄndG
Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher, grundbuchrechtlicher und anderer Vorschriften PDF

SachenRBerG
Gesetz zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet PDF

SachvPrüfV
Verordnung über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts von Versicherungsunternehmen, auf die § 341k des Handelsgesetzbuches nicht anzuwenden ist, durch einen unabhängigen Sachverständigen PDF

SachvRatG
Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung PDF

SAEGÜSchG
Gesetz zur Gewährleistung der Geheimhaltung der dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften übermittelten vertraulichen Daten PDF

SanOAAusbgV
Verordnung über das Ausbildungsgeld für Sanitätsoffizier-Anwärter PDF

SatellitÜbk
Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale PDF

SatellitÜbkG
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale PDF

SattlMstrV
Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Sattler-Handwerk PDF

SBG
Soldatenbeteiligungsgesetz PDF

SBGWV
Wahlverordnung zum Soldatenbeteiligungsgesetz PDF

SBkBG
Gesetz über die Staatsbank Berlin PDF

SBkBÜblG
Gesetz über die Überleitung der Staatsbank Berlin (Anlage I Kap. IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 46 EinigVtr) PDF

SCEAG
Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) PDF

SCEBG
Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer Europäischen Genossenschaft PDF

SchädlBekAusbV
Verordnung über die Berufsausbildung zum Schädlingsbekämpfer/zur Schädlingsbekämpferin PDF

SchädlBekUV
Verordnung über die berufliche Umschulung zum Geprüften Schädlingsbekämpfer/zur Geprüften Schädlingsbekämpferin PDF

SchaEVZG
Gesetz über eine staatliche Vorauszahlung an durch Straftaten geschädigte Bürger PDF

Schaf/ZiegeZLpV
Verordnung über die Leistungsprüfungen und die Zuchtwertfeststellung bei Schafen und Ziegen PDF

SchallschutzerstattungsV 77
Verordnung zur Änderung des Höchstbetrages der Erstattung von Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen auf Grund des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm PDF

SchallschutzV
Verordnung über bauliche Schallschutzanforderungen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm PDF

SchAnpG 2
Zweites Gesetz zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard PDF

SchAnpGArt11Abs2aBek
Bekanntmachung nach Artikel 11 Abs. 2a des Seeschiffahrtsanpassungsgesetzes PDF

ScharkaV
Verordnung zur Bekämpfung der Scharkakrankheit PDF


- kleine Auswahl aus Juris, Gesetze und Verordnungen, Buchstabe S. Und dann erzählt mir mal, was das mit Moral zu tun hat!)

Schlimmer noch die Gleichsetzung von Legislative und Exekutive. De facto die innere Aufhebung der Gewaltenteilung. Ich denke, die geringe Wahlbeteiligung spricht hauptsächlich dafür. Wem nicht klar ist, dass die gewählten Abgeordneten im Parlament zwar die Regierung wählen, aber nicht die Regierung sind, wer meint, dass er mit seiner Stimme nun die Regierung wählt, der er vier, fünf Jahre lang auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist, der, in der Tat, muss sich fragen, wozu er überhaupt noch wählt.

Das war mal anders. Zumindest hier im fernen Westen (wahrscheinlich ist es im viel gescholtenen Bayern immer noch so - nur mit umgekehrtem Vorzeichen). Da saßen die Parteien tief verwurzelt in der Bevölkerung. Vor den regelmäßig aufgestellten Ständen der Parteien standen Pulks von Bürgern. Man kannte sich. Und man wusste auch, wem man seine Meinung geigt, auch abends am Tresen. Man wusste, von wem man guten Rat erhielt, und wenn der Abgeordnete bei einer Versammlung auftauchte oder am Stand oder bei einem Fest, dann wurde der nicht nur gefeiert, sondern auch schon mal gerupft. Über solche Mandatsträger schrieben die Medien dann, das seien Abgeordnete mit Bodenhaftung. Eben die Bodenhaftung, die, wie viele zu Recht sagen, heute meist verloren gegangen ist. Hier muss ich nun zumindest die mir persönlich bekannten Kölner Abgeordneten in Schutz nehmen: an denen liegts nicht. Die sind bereit, alles mögliche aufzustellen, nur, die, die kommen sollen, die kommen nicht: der ganz normale, schlichte, einfache Bürger. Möchtegern-Mitregenten jede Menge. Aber nicht die, für die sie eigentlich da sein wollen. Ich denke, die falsche Identifizierung von Abgeordneten und Regierung, das mangelnde Bewußtsein, dass der Abgeordnete und der Kanzler mit seinen Ministern und der gesamten Verwaltung bis runter zur Stadtverwaltung tatsächlich zwei verschiedene Gewalten sind, wirkt da entscheidend mit.

Die Bevölkerung ist in der Lage, die Regierung zu kontrollieren, über den Einfluss, den sie auf ihre Abgeordneten ausüben kann. Den soll man nicht unterschätzen. Aber die Bürger müssen das auch wissen - und dann den Arsch hochkriegen. Von nix kütt nix.

Ich hab mich beim für das hiesige Wahlkreisbüro unserer Abgeordneten zuständigen Mitarbeiter mal informiert, wer denn dort so hingeht. Von Vertretern von Vereinen und Verbänden abgesehen (ne, ne, nix politisch, das sind auch Taubenzüchter-, Schwimmvereine und der Musikzug Humba Täterä) sind das überwiegend Rentner, Hartz IV und Sozialhilfeempfänger, die mit den Behörden nicht klar kommen, also der Exekutive. Und solche Probleme werden gar nicht mal so selten in den Bundes- und Landtagsausschüssen als Beispiele angeführt - dafür, wie es eben nicht sein soll.

Aber m.E. sind es viel zu wenige Bürger, die sich an ihre Mandatsträger wenden. Zu wenige, die sich sagen, der da, das ist meiner, der sitzt da im Parlament für mich. Also will ich wissen, was er will, und er soll wissen, was ich will. Die Zähne eines Abgeordneten sind die Zähne seiner Wähler. Wenn die Wähler keinen Bock haben, sich mit ihm zu befassen, dann kann er nicht mehr beißen. Schlimmstenfalls ist der einzige, der dann noch beißt, die Regierung, und da habe ich was gegen. Denn Richtlinienkompetenz hin, Richtlinienkompetenz her, die ist letztlich ausführendes Organ, mehr nicht. Basta.

Gruß

P.S.: nach welchem Gesetz machst Du hier denn eine strafrechtliche Relevanz geltend, lieber Maulwurf? Sag doch mal.
Ich biete § 193 StGB "Wahrnehmung berechtigter Interessen". Was bietest Du?
[cheesy]

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-28, 23:22 Uhr
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on 05/28/07 um 22:46:01, Abrazo wrote:P.S.: nach welchem Gesetz machst Du hier denn eine strafrechtliche Relevanz geltend, lieber Maulwurf? Sag doch mal.
Ich biete § 193 StGB "Wahrnehmung berechtigter Interessen". Was bietest Du?
[cheesy]



Berechtigtes Interesse zu sagen "Du bist nicht ganz dicht"

Bei Dir ist wohl selbiges nicht ganz dicht.
[smiley=hammer3.gif]

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-29, 01:36 Uhr
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Maulwurf, Du bist nicht ganz dicht.


Quote:Erstmal ist der demokratische Staat kein Eigentümer sondern ein unmoralischer Besetzer. Wäre das anders, d.h. wenn der Eigentümer auf seinem Land nach seinen Regeln eine Straße baut, dann ist das seine ureigenste Angelegenheit in der ihm niemand reinzureden hat, solange er damit keine Aggression verübt.



Würde ich Dich ernst nehmen - was ich nicht tue - dann müsste ich hier verfassungswidrige Aussagen feststellen. Tue ich, wie gesagt, nicht, ich sag, Du hast von der Materie null Ahnung.

Nun bringt Dich Deine Ahnungslosigkeit dazu, die Demokratie abzulehnen, hier: unsere demokratische Verfassung. Was, nebenbei, verfassungsfeindlich ist, aber das rührt mich nicht weiter. Weil ich ja sage, Du bist nicht ganz dicht. Das wäre dann § 21 StGB. Nun berufst Du Dich aber auf das Strafrecht dieses von Dir abgelehnten demokratischen Staates und beschwerst Dich auch noch, wenn ich meine Aussage, Du seiest nicht ganz dicht, wohlbegründet belege, so dass sie als nachvollziehbare tadelnde Äußerung durchaus aufzufassen ist. Womit Du allerdings wiederum meine Aussage verifizierst, dass Du nicht ganz dicht bist.
[cheesy]

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-29, 09:39 Uhr
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on 05/29/07 um 01:36:27, Abrazo wrote:Maulwurf, Du bist nicht ganz dicht.


Würde ich Dich ernst nehmen - was ich nicht tue - dann müsste ich hier verfassungswidrige Aussagen feststellen. Tue ich, wie gesagt, nicht, ich sag, Du hast von der Materie null Ahnung.

Nun bringt Dich Deine Ahnungslosigkeit dazu, die Demokratie abzulehnen, hier: unsere demokratische Verfassung. Was, nebenbei, verfassungsfeindlich ist, aber das rührt mich nicht weiter. Weil ich ja sage, Du bist nicht ganz dicht. Das wäre dann § 21 StGB. Nun berufst Du Dich aber auf das Strafrecht dieses von Dir abgelehnten demokratischen Staates und beschwerst Dich auch noch, wenn ich meine Aussage, Du seiest nicht ganz dicht, wohlbegründet belege, so dass sie als nachvollziehbare tadelnde Äußerung durchaus aufzufassen ist. Womit Du allerdings wiederum meine Aussage verifizierst, dass Du nicht ganz dicht bist.
[cheesy]



Wenn Du ständig Deine infame Beschuldigung der körperlichen oder geistigen Unzulänglichkeit ständig wiederholst, dann nimmst Du mich ja offensichtlich zumindest als "Person" ernst.

Deine jämmerliche Arroganz geht nun gar soweit, dass Du "verfassungsfeindliche" Äußerungen erkennst. LOL. Seit wann darf man in Deutschland seine nicht verfassungskonforme pollitische Meinung über den Staat in einem Philosophieforum nicht hineinsetzen ohne dabei seine Rechte auf persönliche Integrität zu verlieren? LOL.

Du solltest Dich nun nicht wundern, wenn der Administrator, der ganz sicher eine Hutschnur der Toleranz für strafrechtlich relevanten Müll in seinem Forum besitzt, Dir eine gelbe Karte verpasst. Nur so als Tipp.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-29, 10:22 Uhr
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on 05/28/07 um 20:48:06, Eberhard wrote:Zu den Fans des Privateigentums:

Überall da, wo es externe Effekte gibt (z. B.: Der Lärm auf dem andern Grundstück ist auch bei mir zu hören) oder wo es öffentliche Güter oder Gefahren gibt (Eine Epidemie bedroht alle) sind kollektive Entscheidungsregeln angebracht, weil nur so alle Betroffenen ihr Interesse einbringen können. (Gegenargumente erwünscht.)



Gerade Lärm oder mögliche Epidemien sind ein Argument gegen öffentliches GemeinEigentum.
Warum sollte ich denn hochinfektiöse Personen in ein städtisches Schwimmbad reinlaufen lassen oder meine Kinder auf eine öffentlichen Schule schicken müssen, wo sie sich Läuse von anderen verwahrlosten Kindern einfangen können?
Das Thema Lärm ist natürlich subjektiv. Aber wie mit allem, was subjektiv ist, es kann nur eine objektiv richtige Lösung erzielt werden, wenn zu einem Konflikt ein Konsens erzielt wird wie mit dem subjektiven Problem verfährt. Das hat mit kollektiven Entscheidungsregeln gar nichts zu tun, denn Du meinst ja solche Regeln in denen der Konsens zugunsten der "Macht des Pöbels" abgeschafft werden soll. So werden die Probleme nur größer anstatt geringer wie man unschwer überall im öffentlichen Bereich sehen kann.
Zum Thema öffentliche Güter empfehle ich weiterhin:
Hans Hermann Hoppe: Capitalist Production and the Problem of Public Goods (Chapter 10 of Socialism & Capitalism)
http://www.hanshoppe.com/publications/Soc&Cap7.pdf



Quote:Außerdem haben Eigentumsordnungen die Tendenz zu ungleicher Verteilung des Eigentums, was nicht allgemein wünschenswert ist.



Warum sollte Eigentum dann rechtsstaatlichen Schutz genießen?
Außerdem kommt die Umverteilung in diesem Staat gar nicht bei den wirklich Bedürftigen an (vor allem verhungernde Kinder in Afrika), sondern bleibt komplett in den Mühlen der Bürokratie und des staatlichen Klassenkampfes hängen.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am 2007-05-29, 11:08 Uhr
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Hallo maulwurf,

leider formulierst Du nicht sehr verständlich. Trotzdem eine Antwort. Du schreibst:

"Es kann nur eine objektiv richtige Lösung erzielt werden, wenn zu einem Konflikt ein Konsens erzielt wird wie mit dem subjektiven Problem verfährt."

Meine Frage dazu:

Und was ist, wenn der Lärmerzeuger weiter lärmen will und der Impfgegner die Pocken einschleppt?

Was ist, wenn keine Einigung stattfindet?

fragt Eberhard.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am 2007-05-29, 11:42 Uhr
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on 05/29/07 um 11:08:48, Eberhard wrote:Hallo maulwurf,

leider formulierst Du nicht sehr verständlich.



Kann schon sein. Bei Dir bleibt ja auch manches zu wünschen übrig.



Quote:Trotzdem eine Antwort. Du schreibst:

"Es kann nur eine objektiv richtige Lösung erzielt werden, wenn zu einem Konflikt ein Konsens erzielt wird wie mit dem subjektiven Problem verfährt."

Meine Frage dazu:

Und was ist, wenn der Lärmerzeuger weiter lärmen will und der Impfgegner die Pocken einschleppt?

Was ist, wenn keine Einigung stattfindet?

fragt Eberhard.



Was soll dann sein? Dann ist das ein Sache bei der für eine Partei noch keine befriedigende Lösung gefunden wurde. Hat ja mit der Form der Normbildung erst mal nix zu tun. Bei demokratischen Lösungen bleiben auch jede Menge Unzufriedene auf der Strecke, die mit der Autobahn, Straßenbahn, Schwerlastverkehr und Fluglärm leben müssen.

Umso mehr ein ökonomischer Anreiz die externen Effekte abzubauen, solange wie sie gesetzlich nicht manifestiert sind.

Und gerade Pocken sind doch ein Beispiel dafür, wie sie durch den Mangel an individueller Freiheit mit Eigentum zu diskriminieren, verbreitet werden können.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am 2007-05-29, 22:17 Uhr
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Also:
Nächste Lektion in Staatsbürgerkunde für den Maulwurf, denn er hat's nötig und mir macht's Spaß.

Art. 5 GG gewährleistet die Meinungsfreiheit. Diese Freiheit findet jedoch gem. Abs. 2 ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze.

Hierzu empfiehlt sich die Lektüre von § 90a StGB, in Verbindung mit § 92 StGB, der enthält nämlich die Begriffsbestimmung. Hier handelt es sich um eine der o.g. Schranken, und hier wirst Du gewisslich fündig werden.

Würde man Dich also ernst nehmen - was man natürlich nicht tut - so könnte man hiernach schon eine Strafanzeige konstruieren.

Es ist also der Fall, dass unsere Gesetze Deine Aussagen als tadelnswert betrachten. Wenn Abrazo Deine Ergüsse tadelt, so ist sie dazu schon mal ohne Zweifel berechtigt. Insofern ist sie berechtigt, sich auf § 193 StGB zu berufen.

Kommen wir zur Aussage, dass der Maulwurf nicht ganz dicht ist. Hier kommt nun der Punkt zum Tragen, dass Abrazo dies, im Gegensatz zu Dir, nicht als Beleidigung ansieht, sondern als Feststellung einer Tatsache. Man kann auch sagen, diese Aussage als begründetes Urteil ansieht.

"Nicht ganz dicht sein" trifft nämlich genau das, an dem Deine nicht ernst zu nehmenden Ergüsse kranken: mangelnde Stringenz. Deine Argumentationskette zeichnet sich durch klaffende Löcher aus und ist somit nicht ganz dicht. Woraus sich ohne weiteres schließen lässt, dass Du als ihr Produzent nicht ganz dicht bist.

Folgt: meine Aussage ist a) berechtigt und b) begründet. Also musst Du sie ertragen.

Wobei ich zu allem Überfluss auch noch auf Art. 20 (4) GG hinweise, woraus sich ohne weiteres herleiten lässt, dass einem Bürger der Bundesrepublik Deutschland, der verfassungswidrige Äußerungen tadelt, ein berechtigtes Interesse zu unterstellen ist.

Und um die Sache auch noch auf die Spitze zu treiben: solltest Du tatsächlich auf die aberwitzige Idee kommen, bei der Staatsanwaltschaft vorstellig zu werden - was ich mit nicht geringem Vergnügen zur Kenntnis nehmen würde - so würdest Du zudem auch noch an § 153 StPO erbärmlich scheitern, denn siehe, der Staatsanwalt ist der Anwalt des Staates, er wird sich all meine schönen Erklärungen sparen und erklären, dass eine Verfolgung von Abrazos Äußerungen, ohne sich überhaupt in irgend einer Form näher damit zu befassen, nicht im öffentlichen Interesse liegt.

Noch Fragen?
[cheesy]

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am Vorgestern, 17:40 Uhr
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Nun wenn sich der Staatsanwalt bloß nach dem öffenlichen Interesse ausrichtet, dann zeigt das ja auch nur eine Schwäche des Systems auf, auf die Du Dich hier versuchst zu berufen. D.h. Du bist so eine unmoralische Person, die von Gesetzeslücken gewissenlos Gebrauch machen würde und dann noch damit prallt wie toll sie damit der Gesellschaft auf der Nase tanzen kann.

Und die andere moralische Konsequenz, die Du mir aufzeigst, nämlich das Recht "Tatsachenfeststellungen" zu treffen, die dadurch definiert sind, dass es rambulistische "Tatsachen" der eigenen Auffassung sind und sie somit hemmungslos auf den Sozialpartner angewendet werden dürfen, werde ich mir bei Dir zu eigen machen und Dir auch das ins Gesicht antworten, was meine Überzeugung ist. Das fängt damit an, dass Du offensichtlich schlecht erzogen bist, vielleicht bist Du von deinem besoffenem Vater zu oft geschlagen worden und Deine Mutter war/ist eine Hure, die sich um Dich nicht kümmern konnte. Das wären freilich nur Erklärungen für Deinen minderbegabten Sozialumgang. Viele Frauen leiden auch sehr darunter, dass sie zuwenig im Mittelpunkt stehen und versuchen dann alles um Beachtung zu erheischen. Aber mache einfach nur weiter, dann finde ich sicher noch mehr raus über Deine Psychopatie.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am Vorgestern, 20:50 Uhr
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Dazu kann ich nur sagen: widerwärtig ...

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Abrazo am Gestern, 00:15 Uhr
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Quote:§ 186 StGB: Üble Nachrede

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.




Quote:§ 189 StGB: Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener

Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.



Die Geldstrafe ist natürlich interessant.
Würde Uwe sich mal einen Kostenvoranschlag bei einer IT-Firma machen lassen, was es kosten würde, hier eine Funktion einzubauen, mit deren Hilfe jeder unqualifizierte Postings dauerhaft für sich ausblenden könnte, würde ich einen Strafantrag ernsthaft in Erwägung ziehen, vorausgesetzt, Philtalk hat Gemeinnützigkeitsstatus (der im Zweifel problemlos zu erlangen wäre), so dass ein Richter Geldstrafen zur Zahlung an Philtalk verordnen kann.

Übrigens, es heißt rabulistisch und nicht rambulistisch; ein psychologisch recht amüsanter Fehler [cheesy]

Maulwurf, rein menschlich kann ich durchaus Verständnis für Dich aufbringen, jedoch hilft auch das nichts, Du musst Dich mit der traurigen Tatsache abfinden: für Abrazo bist Du zu dumm.

[smiley=biggrinumbrella1.gif]

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Eberhard am Gestern, 14:32 Uhr
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Hallo allerseits,
hallo Abrazo,

von Schumpeter ("Kapitalismus, Sozialismus, Demokratie") und Downs ("Ökonomische Theorie der Demokratie") stammt die Interpretation der parlamentarischen Demokratie als eine Konkurrenz der Parteien um Wählerstimmen, wobei die Parteien das Ziel haben, allein oder in Koalition die Mehrheit im Parlament zu bekommen, und die Wähler das Ziel haben, derjenigen Partei oder Koalition zur Mehrheit im Parlament zu verhelfen, die ihren politischen Vorstellungen am besten entspricht.

Wenn man annimmt, dass die Parteien und die Wähler im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung ihre Interessen verfolgen, dann ergibt sich beim Wähler das Kalkül, dass sich irgendwelche Kosten des Wahlgangs (Verzicht auf den Ausflug ins Grüne o.ä.) eigentlich nicht lohnen, denn ob er nun wählt oder nicht macht bei Millionen von Wählern keinen entscheidenden Unterschied.

Wenn man dies weiterdenkt, dann lohnen sich auch die Kosten der politischen Information nicht - zumindest nicht für ein eigennützig motiviertes Individuum.

Eine Antwort auf dies Problem sehe ich im gegenwärtigen Stand politischer Bildungsbemühungen noch nicht.

Grüße von Eberhard.

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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am Heute, 11:12 Uhr
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on 06/02/07 um 00:15:13, Abrazo wrote:Du musst Dich mit der traurigen Tatsache abfinden: für Abrazo bist Du zu dumm.



LOL, ich sicher kein Problem damit, was Du Leute von mir halten, die einfach nur den Arsch offen haben. Das tangiert meine Ehre nicht im Geringsten. Die Sorge ist eine ganz andere.

Aber nach der ersten Sitzung stelle ich fest: Es heißt nicht mehr 'ich bin das', sondern 'ich bin leider das für A.'. Eine doppelte Aufweichung. Wenn das kein nenneswerter Fortschritt ist.


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Titel: Re: Parteiendemokratie: Rechtfertigung und Kritik
Beitrag von Maulwurf am Heute, 11:16 Uhr
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on 06/02/07 um 14:32:29, Eberhard wrote:Eine Antwort auf dies Problem sehe ich im gegenwärtigen Stand politischer Bildungsbemühungen noch nicht.




"Was für mich wahr sein soll, muss von mir auch eingesehen werden können."


LOL

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