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Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II

(Diskussion bei PhilTalk)


PhilTalk Philosophieforen  Theoretische Philosophie >> Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie >> Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
(Thema begonnen von: Eberhard am 10. Aug. 2005, 13:39 Uhr)



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Titel: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 10. Aug. 2005, 13:39 Uhr
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Hallo allerseits,

dies ist die Fortsetzung der Diskussion zur Frage: „Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches?“

Ihr findet sie auf der Website:

www.philtalk.de/msg/1120282463.htm

Ich hoffe, dass die weitere Diskussion dicht am Thema und sachlich argumentierend verläuft, so wie es bei der bisherigen Diskussion – meistens - der Fall war. Allerdings besteht bei viel gelesenen Threads wie diesem immer das Problem, dass sich Leute hier in Szene setzen wollen, die sachlich kaum etwas beizusteuern haben.

Grüße an alle, denen es um Klarheit des Denkens und Sprechens geht, von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 10. Aug. 2005, 13:41 Uhr
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Hallo allerseits,

Ich habe vorgeschlagen, dass wir die Frage: „Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches?“ in der Weise angehen, dass wir fragen: „Wie kann man für oder gegen Aussagen über das Bestehen von Möglichkeiten argumentieren? Wie kann man Aussagen über die Existenz von Möglichkeiten verifizieren oder falsifizieren?“ (Nebenfrage: Was bedeutet hier „Existenz“?)

Nehmen wir das Beispiel des A, der den E erschießt. Abrazo stellt in Bezug auf A die Frage, „ob es für ihn auch noch die Möglichkeit gab, E nicht zu erschießen.“

Wie kann man für oder gegen das Bestehen dieser Möglichkeit argumentieren?

Auf den ersten Blick würde ich erstmal sagen: „Insofern A die Bewegungen des Zeigefingers seiner rechten Hand steuern kann – was man empirisch testen kann - war es ihm möglich, nicht abzuziehen“.

Es grüßt Euch Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 10. Aug. 2005, 18:07 Uhr
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Hallo miteinander!

Wir haben schon mehrfach den Zusammenhang von Möglichkeit(en) und „Vermögen“ (Können, Fähigkeit, Kompetenz) berührt; nun scheint mir der Zeitpunkt günstig, ihn näher zu untersuchen.

Sprachgeschichtlich sind das „mögen“ und die „Möglichkeit“ in der Tat aus dem „vermögen“ (im Sinne von können) hervorgegangen, die Spuren reichen laut Wahrig zurück bis in den indogermanischen Wortstamm „magh-“ bzw. „megh-“. Aber mir scheint da auch ein grundlegender sachlicher Zusammenhang zu bestehen.

Ich will mich hier auf die „positive“, die bestimmte oder bestimmbare Möglichkeit konzentrieren, die sich wohl grundsätzlich von der unbestimmten, defizitären Möglichkeit unterscheidet. Diese defizitäre, unbestimmte Möglichkeit hat nämlich mehr mit dem Unvermögen zu tun als mit dem Vermögen. Wenn wir etwas nicht genau wissen, nicht kontrollieren oder nicht vorhersehen können, gebrauchen wir „möglich“ in diesem unbestimmten Sinne. „Es mag sein, ich weiß es nicht.“ „Möglich, dass es morgen regnet; ich habe noch keinen Wetterbericht gesehen.“ „Bei dieser Augenkrankheit, deren Ursache wir nicht kennen, ist alles möglich – von der spontanen Heilung bis zur Erblindung.“ Usw.

Für das Bestehen der „positiven“ Möglichkeit – z.B. die der Wahl zwischen Alternativen – ist irgendeine Form des Könnens unabdingbar vorausgesetzt: Zunächst wird man diese Alternativen erkennen und unterscheiden können und dann auch in der Lage sein müssen, sich für eine der möglichen Handlungen zu entscheiden. Aber wie entstehen solche alternativen Handlungsmöglichkeiten überhaupt? Sind sie einfach von irgendwo her „gegeben“? Finden wir sie vor? Oder hängen sie mit unserem Können unmittelbar zusammen – d.h. schaffen wir sie uns selbst? Ich denke, letzteres trifft zu.

Nehmen wir Abrazos Bespiel, bei dem A den E erschießt. Dazu sagt Eberhard: „Insofern A die Bewegungen des Zeigefingers seiner rechten Hand steuern kann – was man empirisch testen kann - war es ihm möglich, nicht abzuziehen“

Schauen wir genauer hin:
Hätte A zum ersten Mal eine Feuerwaffe in der Hand gehabt, wäre der Schuss „per Zufall“ ausgelöst und E auch nur „per Zufall“ getroffen worden. Aber vielleicht war A im Umgang mit der Waffe geübt und wusste, wie man entsichert, lädt, zielt und abdrückt und konnte sich auf dieses Können auch unter Stress verlassen. Das Schießen wäre dann für ihn ein sorgsam einstudiertes Handlungsschema, über das er jederzeit verfügt. Er wäre dann auch in der Lage, die einzelnen Teilhandlungen des Entsicherns, Ladens, Zielens und Abdrückens zu unterscheiden und zu kontrollieren. Und das wiederum bedeutet, er hätte nach jedem Schritt im Handlungszusammenhang des Schießens die Wahl, zum nächsten Schritt überzugehen. Er kann zum Beispiel E ins Visier nehmen und mit dem Zielfernrohr verfolgen und sich dann noch entscheiden, ob der abzieht oder nicht. Und das sichere Zielen wiederum erlaubt es ihm, bewusst vorbeizuschießen, um E nur zu warnen und zum Stehenbleiben zu veranlassen. - Für das zielsichere Treffen ist besonders das Auseinanderhalten von Zielen und Abdrücken wichtig, also die Kontrolle über den Impuls, sofort zu schießen, weil etwa „Gefahr im Verzuge“ besteht.

An diesem Beispiel kann man gut sehen, wie sich uns Handlungsmöglichkeiten dadurch eröffnen, dass wir Handlungsschemata einstudieren. Nichts anderes als das Verfügen über Handlungsschemata meinen wir auch eigentlich, wenn wir von „Können“ oder „Fähigkeit“ sprechen. „Können“ bezieht sich nicht auf einzelne, flüchtige Handlungen oder Regungen, sondern auf wiederholbare und wiedererkennbare Handlungen, die außerdem auch nicht nur von einem einzigen Handelnden ausgeführt werden können, sondern von vielen. So ist das Schießen ein Handlungsschema, das im Prinzip jedermann erlernen kann wie das Grüßen, das Kaffeekochen oder Zigarettendrehen.
An einer einmaligen Handlung können wir sehr viel schwieriger unterscheiden, ob sie „gesteuert“ und „gewollt“ war. Erst wenn wir sehen, dass jemand die Handlung auf Aufforderung oder unter gleichen Umständen wiederholen kann, können wir sicher sein, dass er sie „beherrscht“ – und das heißt, dass er willkürlich darüber verfügt.

Über ein Handlungsschema mit seinen Teilhandlungen verfügen – das bedeutet eo ipso: Handlungsmöglichkeiten haben. Denn wer eine Handlung beherrscht, kann sie auch unterlassen. Er kann entscheiden, wann und zu welchem Zweck er sie vollzieht. Usw. Möglichkeiten im „positiven“ Sinne scheinen also unmittelbar verknüpft zu sein mit „Steuerung“ oder „Kontrolle“. Und zwar nicht nur im Bereich des Handelns, sondern auch im Bereich des Erkennens (z.B. bei der Vorhersage von Ereignissen). Überhaupt scheinen sich mir das Handeln und das Erkennen gar nicht so ohne weiteres von einander trennen zu lassen. Denn auch das gezielte Erkennen beruht auf Handlungsschemata und das Vollziehen von Handlungsschemata wiederum setzt Wiedererkennen und Unterscheiden voraus...

Der Umstand, dass Handlungsschemata grundsätzlich übertragbar, also nicht an eine einzelne Person gebunden sind, dürfte auch der Schlüssel zur Veri- oder Falsifizierung von Möglichkeiten sein. Handlungsschemata sind aufgrund ihrer Wiederholbarkeit und Wiedererkennbarkeit etwas „Objektives“. Damit selbstverständlich auch die Möglichkeiten, die sich durch das Verfügen über Handlungsschemata eröffnen.

Schöne Grüße
Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 10. Aug. 2005, 20:18 Uhr
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Hallo Eberhard

Sind das nicht zwei verschiedene Dinge?
Aussagen über Möglichkeiten
die Frage der Existenz von Mgölichkeiten

Aussagen über Möglichkeiten beziehen sich auf einen bestimmten Fall. z.B. "es gibt sechs Möglichkeiten mit diesem
Würfel eine unterschiedliche Zahl zu würfen" -> diese Aussage über Möglichkeiten kann wahr oder falsch sein...

Die Frage, ob Möglichkeiten 'existieren', ob sie ebenso
'wirklich' sind, wie der Sessel, auf dem ich sitze hat einen
ganz anderen Bezug.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Gepe am 10. Aug. 2005, 20:55 Uhr
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Ich stelle mir den hypothetischen Fall vor, dass jemand ein Kästchen erfindet, welches ein absolutes Zufallsresultat erzeugt (völlig nicht deterministisch).
Damit koennte ich tatsaechlich mein Leben nicht deterministisch machen: Ich koennte bei einzelnen Entscheidungen das Kästchen entscheiden lassen, und so mein Leben bestimmen.
Einverstanden: In diesem Fall wäre mein Leben sicher nicht mehr deterministisch.
Aber, ware dies jetzt ein freier Entscheid von mir zwischen 2 Moeglichkeiten?
- ein freier Entscheid schon,
- aber nicht ein freier Entscheid von MIR, sondern vom Kästchen

Ich stelle mir den hypothetischen Fall vor, dass jemand herausfindet, dass alle Menschen bereits so ein Kästchen im Kopf haben.
Dann wuerden wir wissen, dass unser Leben nicht mehr deterministisch ist.
Aber das Grundproblem bleibt: Die beiden Wörter ICH und FREI gehoeren nicht zusammen:
- entweder mache ICH deterministische Entscheidungen (basierend auf meinem ICH)
- oder das KAESTCHEN macht fuer mich die freie Entscheidungen.



@Abrazo
Zitat: Eine Entscheidung ist immer eine Funktion meiner Art des Denkens. Die Frage ist doch gerade, ob ich die Möglichkeit habe, meine Art des Denkens frei zu wählen.

Um eine 'Art des Denkens' frei wählen zu koennen, muss man aber denken (mittels der dann existierenden persönlichen 'Art des Denkens)
Das erscheint mir als Schwanzbeisser: Mit einer (angenommen) unfreien 'Art des Denkens' wird man nicht zwingend eine freie 'Art des Denkens' wählen koennen.

@Abrazo
Zitat: Wenn A keinen freien Willen hat, dann ist er für seine Wahl auch nicht verantwortlich zu machen. Dann trägt er keine Schuld, kann folglich nicht bestraft werden

Auch wenn (angenommen) kein freier Wille beseht, dann ist der Entscheid (zu schiessen) trotzdem mit Einbezug der Konsequenzen geschehen. Damit meine ich, dass der Täter das allgemeine Rechtsempfinden und die Rechtssprechung kennt, und weiss welche Strafe darauf steht.
Das Akzeptieren der moeglichen Strafe ist somit in den Entscheid (zu schiessen) hineingeflossen.
Der ganze Vorgang ist somit sehr nahe einem Handel: Wenn ich etwas tue (jemanden toeten) bekomme ich etwas (eine Strafe) und möchte (Entscheid) den Handel unter diesen Bedingungen abschliessen.
Deshalb wuerde ich Deinen Satz folgendermassen schreiben:
Wenn A keinen freien Willen hat, dann ist er für seine Wahl vielleicht nicht verantwortlich und nicht schuldig. Aber er kann bestraft werden weil das ein Teil des von ihm akzeptierten Handels ist.



@Eberhard
Zitat: Es gehört zu mir und meiner Natur, dass ich Nahrung benötige und bei fehlender Nahrung Hunger habe. Also wähle ich dann das Brot und nicht die Schuhe, denn die kann ich nicht essen und gegen Nahrung eintausche ist auch gerade nicht möglich. Aber trotzdem wähle ich.

Die Anatomie des Auges bewirkt einen 'blinden Fleck'. Trotzdem schafft es mein Denken nicht, sich auf diesen Fleck so zu konzentrieren, dass ich ihn bewusst erkenne.
Das bedeutet, dass die Physik meines Gehirns mein Denken dermassen massiv manipulieren kann, dass der Fleck immer aus dem Bewusstsein entfernt wird.
==> Ja, ich werde zwischen Brot und Schuhen wählen. Aber ist das wirklich ein freier Entscheid, und nicht eher eine Manipulation?

Gepe


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 10. Aug. 2005, 21:28 Uhr
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Hi,

Könnten wir uns darauf einigen, dass eine Möglichkeit voraussetzt, dass sie möglich ist?
Dass z.B. die Möglichkeit, einen gezielt zu erschießen, voraussetzt, dass man schießen kann?
Und demnach die irrealen Möglichkeiten aus unserer Diskussion ausschließen? Wäre, glaube ich, ganz praktisch.

Dann könnten wir die Frage so präzisieren: wenn es - theoretisch - mehrere mögliche Handlungsmöglichkeiten gibt: gibt es dann auch die Möglichkeit, zwischen ihnen zu wählen? Ein Determinist würde wohl sagen, mehrere Möglichkeiten gibt es nur in der Theorie. Tatsächlich gibt es nur eine einzige Möglichkeit, nämlich die, die einer wählen muss, weil er selbst und seine Umgebung so beschaffen ist. Alle anderen Möglichkeiten sind nur scheinbar Möglichkeiten. Möglichkeiten vielleicht für einen anderen, aber nicht für diesen Menschen. Das würde heißen, für diesen Menschen sind alle anderen Möglichkeiten Unsinn, weil gar nicht möglich. Anders gesagt, sie existieren nicht als reale Möglichkeit. Sie existieren so, wie in der Sonnenblume das Kürbisgen existiert, nämlich gar nicht.

Das heißt, X schießt in dem genannten Fall nicht, weil X eine Sonnenblume ist, in der die Entscheidung, zu schießen, nicht angelegt ist. A aber schießt, weil er ein Kürbis ist und er sich gar nicht anders entscheiden kann; es ist quasi seine Natur. Und alles andere ist nur Theorie.

Das würde bedeuten: wenn wir von Möglichkeiten sprechen, sprechen wir von allgemeinen Möglichkeiten, also Möglichkeiten, die jeder Mensch aufgrund seiner Fähigkeiten hat. Jeder, der schießen kann, hat die Möglichkeit, zu schießen oder auch nicht.
Das heißt, die Möglichkeiten sind die Möglichkeiten, die eine Menge ähnlicher Individuen hat.

Bei den einzelnen Individuen sieht die Sache aber anders aus. Element X der Menge Schießkundige hat nur die Möglichkeit, nicht zu schießen, Element A der Menge hat nur die Möglichkeit zu schießen.

So. Das wäre ne Behauptung. Und denn gucken wir mal weiter.

Ich schlage zweitens vor, die Möglichkeiten, die eine Menge hat, aus der Diskussion herauszunehmen. Denn dass die unterschiedliche Wahlmöglichkeiten hat, kann nicht bestritten werden. Die Menge aller wahlberechtigten Deutschen hat die Möglichkeit, bei der (möglicherweise [saint]) kommenden Wahl ein Kreuzchen an irgendeiner Stelle der ihnen vorliegenden Liste zu machen oder auch nicht. Wieviele Möglichkeiten es gibt hängt davon ab, wie die Menge definiert ist. Definieren wir die Menge aller wahlberechtigten deutschen WASG/PDS-Mitglieder, werden die Möglichkeiten tatsächlich erheblich eingeschränkt (siehe z.B. Fraktionszwang bei offenen Parlamentsabstimmungen. Da bestehen Wahlmöglichkeiten überwiegend nur noch theoretisch). Letztlich geht es aber nicht um die Möglichkeiten, die eine Menge hat, sondern um die Möglichkeiten, die ein Element, ein Individuum hat. Also sollten wir uns damit befassen.

Eberhard hat mit dem Finger am Abzug angefangen. Hatte A - Individuum A, keine Menge - die Wahl, den Finger zu krümmen oder auch nicht? Mit welcher Begründung? Ich kürze das jetzt mal radikal ab. Nach jeder Begründung entsteht die Frage nach der Begründung der Begründung. Das können wir so weiter spielen bis vor Adam und Eva - mit ziemlicher Sicherheit sind wir längst vorher in den dicken Nebel der Undurchschaubarkeit eingetaucht und bei der Chaostheorie gelandet, wonach die Ursache für das Krümmen von A's Finger letztlich der Flügelschlag eines Schmetterlings vor 200.000 Jahren gewesen sein könnte, dessen Ursache wir noch nicht kennen. Wilde Spekulationen, bringt nichts.

Also müssen wir einen anderen Ansatz finden, einen, den man festhalten kann. Vielleicht - dazu neige ich - nicht fragen, ob A sich in dieser speziellen Situation hätte anders entscheiden können, sondern ob es überhaupt in seinem Leben eine Situation gegeben hat, ob er prinzipielle Entscheidungen getroffen hat, die er auch hätte anders treffen können. Das heißt, es ist nicht nötig festzustellen, ob er in diesem Fall die Wahl hatte, nötig ist es festzustellen, ob er irgendwann einmal die Wahl hatte. Das heißt, ich verlege mich hier auf die Wahl der Art des Denkens. Aber nicht apodiktisch: nur so ne vage Vermutung, sicher bin ich mir da noch keineswegs.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 10. Aug. 2005, 22:46 Uhr
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Hi - und weiter im Text.

@ginger:

Aussagen über Möglichkeiten beziehen sich auf einen bestimmten Fall. z.B. "es gibt sechs Möglichkeiten mit diesem
Würfel eine unterschiedliche Zahl zu würfen" -> diese Aussage über Möglichkeiten kann wahr oder falsch sein...

Hast du ernsthaft Einfluss darauf, welche Zahl du würfelst? Anders gesagt: bist du in der Lage, die Ursachen, die zu einer 6 führen, so zu bestimmen und die Bedingungen so zu erfüllen, dass du tatsächlich gewollt eine 6 würfeln kannst?
Wenn nein, schlage ich nämlich vor, wir diskutieren lieber die Frage, ob du wählen kannst zwischen würfeln und nicht würfeln. Denn darüber kann man - theoretisch zumindest - bestimmen.

Womit wir übrigens eine Ergänzung zu meiner Aussage bezügl. prinzipielle Entscheidung hätten. Wenn ich mit dir Monopoly spiele, muss ich würfeln. Da habe ich im Grunde keine sinnvolle Wahl. Ich habe aber (vielleicht) die Wahl, ob ich mit dir Monopoly spiele oder nicht.

Zur Existenzfrage von Möglichkeiten: wenn ich alle Möglichkeiten erfasst habe, wird eine dieser Möglichkeiten (Antrieb vorausgesetzt) Wirklichkeit. Wir wissen nur nicht, welche. Wenn ich einen Sonnenblumenkern in die Erde stecke, wird entweder eine Sonnenblume draus oder es wird keine Sonnenblume draus. Welche dieser beiden Möglichkeiten sich verwirklicht - sehen wir in der Zukunft. Wenn eine Sonnenblume daraus geworden ist, können wir den Fall so a posteriori konstruieren, dass gar keine andere Möglichkeit bestand als die, dass aus dem Kern eine Sonnenblume wird. Das ist aber nur eine nicht überprüfbare Konstruktion, denn wir konstruieren eine vergangene Entwicklung. Is also unredlich.
Warum unredlich? Weil wir die Möglichkeiten reduzieren auf eine einzige, nämlich auf die, von der wir wissen, dass sie sich verwirklicht hat. Z.B. es ist genug Regen gefallen, der Kern ist nicht vertrocknet.
A posteriori können wir das sagen.
A priori haben wir keine Ahnung, ob genug Regen fallen wird.

A posteriori ist eine aller Möglichkeiten sich unabwendbar entwickelnde Wirklichkeit.

@gepe

Mit einer (angenommen) unfreien 'Art des Denkens' wird man nicht zwingend eine freie 'Art des Denkens' wählen koennen.

Ebent. Dat nimmste nur an. Und wie willste dat beweisen?
Du müsstest beweisen, dass das Denken nur eine einzige und keine andere Möglichkeit hat. Du müsstest also alle anderen Möglichkeiten falsifizieren. Geht dat? Kennste denn alle anderen Möglichkeiten?

Wenn A keinen freien Willen hat, dann ist er für seine Wahl vielleicht nicht verantwortlich und nicht schuldig. Aber er kann bestraft werden weil das ein Teil des von ihm akzeptierten Handels ist.

Nö. A findet, dass er Recht hat.
Und hätte A statt dessen einen Einbruch begangen, hätte er auch keinen Handel abgeschlossen, weil er darauf vertraut hätte, dass er nicht erwischt wird.
Und bestraft wird er nicht deswegen, weil er das so verhandelt hat, sondern weil A nicht der einzige ohne freien Willen ist, die Richter sind das auch. Und die sind nun mal so beschaffen, dass sie quasi ihrer Natur nach strafen.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 11. Aug. 2005, 10:49 Uhr
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Gepe schrieb: "Ich stelle mir den hypothetischen Fall vor, dass jemand ein Kästchen erfindet, welches ein absolutes Zufallsresultat erzeugt (völlig nicht deterministisch). "

Diese „Kästchen“ gibt es bereits. Sie müssen einen quantenmechanischen Prozess enthalten, weil nur ein solcher ein echtes Zufallsereignis erzeugen kann. Am einfachsten benutzt man dazu den radioaktiven Zerfall.
Das Doppelspaltexperiment habe ich eingeführt, weil sich Laien anhand seines Beispiels die Tiefe und Fremdheit der Quantenwelt am besten zeigen läßt. Anhand meiner viel zu kurzen Beschreibung läßt sich natürlich nichts wirklich verstehen. Aber wozu gibt’s das Internet??! Die Stichworte hab ich gegeben. Auch hatte und hab ich noch immer die Absicht anhand dieses Experimentes den quantenmechanischen Zufallsprozess zu diskutieren.
Möglichkeiten gibt es nur, wenn es echten Zufall gibt, oder wenn wir eine Definition des Freien Willens finden, die ohne Zufall auskommt – eine echte Aufgabe.
Zurück zu Gepes Kästchen.
Bewußtsein läßt sich meiner festen Überzeugung nach nur quantentheoretisch beschreiben. Dazu bedarf es IMHO einer informationstheoretischen Fassung der Quantentheorie. Der Stoff aus dem die Welt besteht wäre dann Information. (Weizsäcker, Lyre, Görnitz, Zeilinger....)

Ja Gepe, wahrscheinlich tragen wir alle solche Kästchen im Kopf spazieren! Lesenswertes dazu schreiben:
Der Neurologe J. Eccles (Nobelpreisträger). Bei ihm spielen präsynaptische Vesikelgitter die Rolle deines Kästchens.
Oder der Physiker R. Penrose. Bei ihm müssens die Mikrotubuli tun.

Eine weitere sehr spannende Frage: Generieren diese Kästchen tatsächlich reinen Zufall, wie von der aktuellen Quantentheorie behauptet, oder gibt es, wie von Einstein vermutet, verborgene Parameter? (Einstein: Gott würfelt nicht!)
Wenn ja, wo könnten sie stecken? Laut Eccles in Poppers Welt 2.
Seiner Meinung nach spielt der GEIST (!!!) auf der Klaviatur dieser „Kästchen“ wie ein Klavierspieler auf seinem Instrument. Entsprechende Versuche ( außerordentlich seriös und wissenschaftlich) hat W.v. Lucadou durchgeführt. Seine Ergebnisse weisen in Richtung der Ecclesschen Vermutungen.




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Titel: Zitat:Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 11. Aug. 2005, 13:01 Uhr
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Zitat: "Wenn A keinen freien Willen hat, dann ist er für seine Wahl auch nicht verantwortlich zu machen. Dann trägt er keine Schuld, kann folglich nicht bestraft werden."

Dieses Argument konnte ich noch nie nachvollziehen.
Freier Wille heißt letztendlich rein zufällig ausgelöster Wille. Unbedingt, statistisch beliebig. (Für eine Neudefinition bin ich offen)
Gerade für die Auswirkungen eines derart freien Willens wäre A nicht verantwortlich zu machen.
Umgekehrt, wenn der Wille nicht frei, sondern Ausdruck des innersten Wesens von A wäre, wenn A als A nur so und nicht anders hätte handeln können, wäre A verantwortlich für sein Tun.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 11. Aug. 2005, 13:26 Uhr
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Hallo Johnny!

Deine Ausführungen sind so weit durchaus interessant. Nur kommen mir sofort Fragen zum Zusammenhang, in dem sie zum - recht verschachtelten - Thema der Diskussion stehen.

Ich sehe da bei Dir vor allem eine Neigung zum Kurzschluss. Zu einem weit verbreiteten, typischen Kurzschluss, den man als den "naturalistischen" bezeichnen könnte. Er besteht grob gesagt darin, dass von der Beschreibung physikalischer Phänomene auf menschliches Verhalten und Handeln oder "Geist" zurückgeschlossen wird. Dabei wird vorausgesetzt, "Geist" oder Handeln oder Erkennen seien Phänomene, die prinzipiell auf derselben Beschreibungsebene liegen wie das Verhalten von Teilchen im subatomaren Bereich.

Dieser Satz aus Deinem Beitrag ist dafür typisch, denn er schließt sich umstandslos an Deine Ausführungen zum Doppelspaltenexperiment an:


Quote:Möglichkeiten gibt es nur, wenn es echten Zufall gibt, oder wenn wir eine Definition des Freien Willens finden, die ohne Zufall auskommt – eine echte Aufgabe.



Der Begriff des "freien Willens" ist kompliziert und möglicherweise verzichtbar. Aber mir ist überhaupt nicht klar, wieso physikalische Beobachtungen etwas zu seiner Erklärung sollen beitragen können.

Ich will noch kurz andeuten, was beim "naturalistischen Kurzschluss" systematisch übersehen oder unterschlagen wird. Das nämlich ist das HANDELN der Physiker, ihr Argumentieren, Theoretisieren und Experimentieren. Diese Tätigkeiten bilden die Voraussetzung dafür, dass es überhaupt physikalische Beobachtungen geben kann, also Beobachtungen in einem von den Physikern selbst abgegrenzten Bereich. Zu diesem Bereich gehört, nach begründeter ENTSCHEIDUNG der Physiker, kein Phänomen, das anderswo als "Geist" oder "Wille" bezeichnet wird.

Will man nun eine Beziehung zwischen physikalischen Phänomenen und lebensweltlichen oder "geistigen" Phänomenen herstellen, muss man zunächst einmal klären, ob und wie die eine Beschreibungssprache sich in die andere übersetzen lässt. Sprich: Es ist z.B. zu klären, ob ein sog. Willensakt DASSELBE ist wie gewisse typische neuronale Prozesse im Gehrin, die sich in einem Kernspintomographen visualisieren lassen, wenn ein Proband eine Entscheidung tirfft. Und dann ist zu klären, ob man von den beobachtbaren Regelmäßigen der einen Ebene auf Regelmäßigkeiten der anderen schließen darf.

An dieser heiklen Schnittstelle verlieren viele Wissenschaftler, die in ihrem Fachgebiet äußerst penibel sind, oft jegliche methodische Vorsicht.

Schönen Gruß
Urs





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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 11. Aug. 2005, 14:57 Uhr
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Hi Urs, der du mich meintest, aber nicht trafst!
In der Standardphysik haben Konstrukte namens "Geist" und "Wille" nichts verloren.
Allein, die Feste der Standardphysik bröckelt mächtig. Die Quantentheoretiker werden durch ihre eigene Theorie gezwungen, sich selbst in ihren Theorien wiederzufinden.
Die Trennung zwischen Beobachter und Beobachtetem, einst die heilige Kuh der klassischen Physik, ist nicht länger einzuhalten. Da brechen gerade Dämme.
Die Trennungslinie Geist - Materie wird aufgerollt werden.
Am aktuellsten und deutlichsten passiert das in der Parapsychologie. Eine zukünftige Physik muss die Phänomene der Parapsychologie beschreiben können. Geist und Wille werden in die Sprache der Physik übersetzt werden. Begriffe wie "Elementarteilchen" haben keine Überlebenschance.
Die ontischen Elemente werden Informationen sein. Ihr Maß das bit. Noch kannst du nicht sehen, wo ich hin will. Geduld.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 11. Aug. 2005, 16:10 Uhr
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Gelbe Seiten - fragen sie jemanden, der sich damit auskennt.

Heute ist die Zauberkunst ein weites Gebiet, in dem professionelle Zauberkünstler, genau wie Amateure, einen regen internationalen Erfahrungsaustausch betreiben. Mehrere Verbindungen wie der "Deutsche magische Zirkel" und die "International Brotherhood of Magicians", erlauben es dem Interessierten, sich in der Zauberkunst weiterzubilden. ...

Trotzdem ist die Zauberkunst ihrer Art nach immer noch eine "Geheimwissenschaft". Das gilt für die Techniken der Zauberkünstler, aber noch mehr für den Umfang, den das Wissen über Täuschungsphänomene inzwischen angenommen hat. Der Außenstehende ist sich meist nicht im klaren, welche Differenziertheit die Kenntnisse über Täuschungsmethoden heute erreicht haben. So hat oft genug auch der an Parapsychologie interessierte Wissenschaftler keinen Zugang zu diesem "Insider-Wissen" über Täuschung.
entnommen aus:
"Magier, Medien, Scharlatane : Voraussetzungen, Methoden und Analysen von Täuschungsvorgängen in Parapsychologie und Zauberkunst / Thilo Weich : Libertas, 1995, ISBN 3-921929-49-0"


Bevor du dich mit Parapsychologie beschäftigst, lege ich dir diese Lektüre ans Herz. Autor hat auch festgestellt, dass Naturwissenschaftler sich immer am leichtesten täuschen lassen - und dass Theologen die Ungläubigsten sind. :-)

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 11. Aug. 2005, 16:40 Uhr
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Danke Abrazzo, aber die Warnung kommt zu spät. Ich hab mich bereits sehr ausführlich mit Parapsychologie beschäftigt, hab sogar mehrere Scheine an der Uni Freiburg gemacht. Sogar noch die berühmt berüchtigten Vorlesungen Hans Benders gehört, die für mich allerdings mehr anektodischen Wert haben. Anders die Seminare bei Lucadou. Der Inhalt deiner Warnung ist trivial. Ich werde mich an dieser Stelle nicht dazu äußern.
Das mit den Theologen find ich witzig.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 11. Aug. 2005, 16:44 Uhr
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Woher kommt eigentlich die aberwitzige Überheblichkeit, die mir hier entgegenschlägt??? [???] [nixweiss]

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 11. Aug. 2005, 16:53 Uhr
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Hallo allerseits,

Parapsychologie für und wider ist sicher eine eigene Runde wert. Aber bleiben wir bei unserm Thema. Hier zählen nur die für jeden Teilnehmer nachvollziehbaren Argumente. Aber solange die Fragestellung nicht von allen Diskussionsteilnehmern im gleichen Sinne verstanden wird, brauchen wir uns wegen unterschiedlicher Antworten nicht zu streiten oder zu wundern.

Deshalb meine Bitte: macht immer deutlich, ob ihr die Worte „möglich“ oder „Möglichkeit“ im Sinne von „es ist mir möglich“ oder „ich habe die Möglichkeit“ (also in der Begrifflichkeit von Urs die „bestimmte“ Möglichkeit) verwendet, oder ob ihr diese Worte im Sinne von „es ist nicht auszuschließen, dass ..“ (bei Urs die „unbestimmte“ Möglichkeit) benutzt.

Ich will auch noch mal meine früheren Unterscheidungen in Erinnerung bringen (zugleich eine Antwort auf Gingers Frage):

1. die Wahlmöglichkeit (eines Subjektes zwischen Alternativen),
(Ich habe die Möglichkeit, die ABC-Partei zu wählen oder die DEF-Partei.)

2. die Möglichkeit (eines Subjektes) etwas bestimmtes zu vollbringen,
(Ist es dir möglich, den schweren Koffer zu tragen?)

3. die Möglichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt,
(Es ist möglich, dass es morgen regnet.)

4. die „logische“ oder „theoretische“ Möglichkeit,
(Es gibt von 00 bis 99 insgesamt 100 verschiedene Möglichkeiten, die Ziffern 0,1,2,3,4,5,6,7,8 und 9 zweistellig anzuordnen).

Dazu vielleicht noch das naturgesetzlich und technisch Mögliche.

Der quantenphysikalische Begriff der Möglichkeit ist davon wohl ebenfalls zu unterscheiden.

Die Ausgangsfrage: „Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches?“ habe ich wegen des nicht geklärten Begriffs der Wirklichkeit umformuliert in die Frage: „Wie lässt sich feststellen (beweisen), ob einem bestimmten Subjekt eine bestimmte (Wahl-)Handlung möglich ist?“

Auf unser Beispiel bezogen, in dem Person A Person E erschießt, ist zu fragen: War es dem A möglich, den E nicht zu erschießen?

Was sind die Kriterien hierfür? Was sind Gründe und Gegengründe für die Behauptung: „A hatte die Möglichkeit …“

Da die juristische Fragestellung von Schuld und Strafe unsern Blick zu sehr in eine bestimmte Richtung lenkt, sollten wir parallel den Fall annehmen, dass A die Großtat vollbracht hat, die Geißel der Menschheit, das kannibalistische extra-terrestrische Monster E, zur Strecke zu bringen. (Unsere Kriterien müssten ja in beiden Fällen die gleichen sein.)

Was wären Gründe gegen die Behauptung: „A hatte die Möglichkeit, Monster E nicht zu erschießen?“

Ein Grund, den Urs bereits genannt hat, wäre gegeben, wenn A den E erschossen hätte, indem er stolperte, sich ein Schuss löste und der Querschläger E tödlich traf.

Ein anderer Fall wäre gegeben, wenn die aggressiven Gefühle gegen E bei A so heftig waren, dass er darüber jede Kontrolle über sein Handeln verlor.

Beide Argumente führen nicht zu dem von Abrazo befürchteten infiniten Regress.

Normalerweise würde man sich davon überzeugen, ob Person A überhaupt gezielt schießen kann und man würde den A fragen, ob er E erschießen wollte. Wenn beides bejaht wird kann man daraus den Schluss ziehen, dass A dem Monster E auch in die Beine hätte schießen können, wenn er gewollt hätte.

Dagegen würde Abrazo wohl einwenden, dass A unter Umständen aufgrund seiner Lebensgeschichte nicht anders wollen konnte, als er tatsächlich wollte. Insofern hat A doch nicht die Möglichkeit gehabt, E nicht zu erschießen.

Soweit erstmal von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 11. Aug. 2005, 17:53 Uhr
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Hallo Johnny!


Quote:Woher kommt eigentlich die aberwitzige Überheblichkeit, die mir hier entgegenschlägt???



Ich weiß nicht, ob Du auch mich damit meinst. Aber von Überheblichkeit kann meinerseits keine Rede sein.

Wohl bin ich inzwischen etwas reizbar, wenn ich gewisse undurchdachte Behauptungen von (Natur-)Wissenschaftlern landauf, landab wiederholt höre, als ob es gesicherte Erkenntnisse wären. Ich meine damit vor allem "naturalistische Kurzschlüsse" der angedeuteten Art. Sie gehören schon zum Allgemeingut des populärwissenschaftlichen "Diskurses". Heute "weiß" jede Hausfrau, dass ihre Verliebheit von "den Hormonen" kommt; dass nicht sie ihr Handeln kontrolliert, sondern "ihr Gehirn"; dass ihr Ehemann ins Fitness-Studio geht, weil sich in ihm das genetische Erbe von Alpha-Tieren regt... usw. usw.

Ich halte es für eine ganz wichtige, aufklärerische Aufgabe der Philosophie, in diese naturwissenschaftlich infizierte Populär-Mythologie ein bisschen Ordnung hineinzubringen. Denn in vielen Fällen haben solche "Erkenntnisse" mit pseudowisenschaftlichem Anstrich nur Verdummung zur Folge.
Und dagegen hab ich was. Wissenschaftlichkeit und (unkritische) Wissenschaftsgläubigkeit sind zweierlei.

Es ist aber auch ein Unterschied zu machen zwischen kritischen Nachfragen und Überheblichkeit. Mir liegt nichts daran, Dich zu vergraulen. Aber Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich solche ganz und gar unbscheidenen Sätze einfach gläubig und dankbar hinnehme:


Quote:Eine zukünftige Physik muss die Phänomene der Parapsychologie beschreiben können. Geist und Wille werden in die Sprache der Physik übersetzt werden. Begriffe wie "Elementarteilchen" haben keine Überlebenschance.
Die ontischen Elemente werden Informationen sein. Ihr Maß das bit.



:-)

Schöne Grüße
von
Urs





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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 11. Aug. 2005, 19:22 Uhr
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@ Jonny W: Genannte Personen sind dem Autor alle persönlich gut bekannt. Das Buch ist die Umschreibung einer wissenschaftlichen Arbeit in lesbare Form.
[surprise]

@ Eberhard:
Habe ich dich jetzt richtig verstanden:
Die Ausgangsfrage: "Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches?" habe ich wegen des nicht geklärten Begriffs der Wirklichkeit umformuliert in die Frage: "Wie lässt sich feststellen (beweisen), ob einem bestimmten Subjekt eine bestimmte (Wahl-)Handlung möglich ist"
Das heißt, mit der Frage, ob Möglichkeiten etwas Wirkliches sind meinst du, ob Wahlmöglichkeiten - bis auf eine, nämlich die, die tatsächlich gewählt wird - reale Wahlmöglichkeiten sind und nicht nur fiktive? (Das war dann, ehrlich gesagt, aber ursprünglich kaum verständlich formuliert [confused])

Wenn das klar ist, sind wir beide am selben Kern.

Übrigens solltest du mich nicht missverstehen: je mehr ich mich in die Argumentation der Deterministen hineinzuversetzen suche, desto absurder erscheinen sie mir. Inzwischen denke ich, es handelt sich dabei eher um eine Glaubensfrage (z.B. infinitiver Regress als Begründung), um eine These, die überhaupt nicht beweisbar ist. Und ich habe mich schon gefragt, wieso wir uns eigentlich mit so was herum schlagen sollen.

Das Wort Möglichkeit macht uns Schwierigkeiten. Weil wir immer wieder mit der Mehrfachbedeutung durcheinander kommen: einerseits einer von mehreren Plänen, andererseits das Urteil, ob ein Plan realistisch oder irreal ist und schließlich eine vage Vermutung, eine Hypothese in's Unreine. Um dieses Missverständnis auszuschalten würde ich es vorziehen, von Optionen zu reden. Nicht unüblich, da politischer Sprachgebrauch. Ich denke, um solche Optionen, die möglich im Sinne von realistisch sind und mehr sind als eine vage Vermutung, geht es letztlich.

So würde die Frage dann lauten, hat ein Subjekt Mensch mehr als eine realistische Option, so dass er unter ihnen auswählen kann, oder sind bis auf die gewählte alle anderen Optionen irreal (wobei mir dabei natürlich prompt einfällt, dass die irrealen Optionen ja immer a posteriori als solche festgestellt werden...)

Sind wir d'accord oder nicht?

@ Urs:
Jau.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 12. Aug. 2005, 10:41 Uhr
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.... ein mensch auf dieser welt
hat zwei reale möglich keiten

>>> end weder er ver kauft den pharizäern gold kettelchen

>>> oder er sagt ihnen die wahr heit ........




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Adson_von_Melk am 12. Aug. 2005, 13:46 Uhr
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Nachfolgend ein lesenswerter Auszug aus "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn", einem Aufsatz Friedrich Nietzsches von 1873, der den bisherigen Diskussionsansatz nochmal in ein anderes Licht stellt:

"Wenn jemand ein Ding hinter einem Busche versteckt, es ebendort wieder sucht und auch findet, so ist an diesem Suchen und Finden nicht viel zu rühmen: so aber steht es mit dem Suchen und Finden der »Wahrheit« innerhalb des Vernunft-Bezirkes. Wenn ich die Definition des Säugetieres mache und dann erkläre nach Besichtigung eines Kamels: »Siehe, ein Säugetier«, so wird damit eine Wahrheit zwar ans Licht gebracht, aber sie ist von begrenztem Werte, ich meine, sie ist durch und durch anthropomorphisch und enthält keinen einzigen Punkt, der »wahr an sich«, wirklich und allgemeingültig, abgesehen von dem Menschen, wäre. Der Forscher nach solchen Wahrheiten sucht im Grunde nur die Metamorphose der Welt in den Menschen, er ringt nach einem Verstehen der Welt als eines menschenartigen Dinges und erkämpft sich besten Falles das Gefühl einer Assimilation. Ähnlich wie der Astrolog die Sterne im Dienste der Menschen und im Zusammenhange mit ihrem Glück und Leid betrachtete, so betrachtet ein solcher Forscher die ganze Welt als geknüpft an den Menschen, als den unendlich gebrochenen Wiederklang eines Urklanges, des Menschen, als das vervielfältigte Abbild des einen Urbildes, des Menschen. Sein Verfahren ist, den Menschen als Maß an alle Dinge zu halten: wobei er aber von dem Irrtum ausgeht, zu glauben, er habe diese Dinge unmittelbar, als reine Objekte vor sich. Er vergisst also die originalen Anschauungsmetaphern als Metaphern und nimmt sie als die Dinge selbst.
Nur durch das Vergessen jener primitiven Metapherwelt, nur durch das Hart- und Starrwerden einer ursprünglichen, in hitziger Flüssigkeit aus dem Urvermögen menschlicher Phantasie hervorströmenden Bildermasse, nur durch den unbesiegbaren Glauben, diese Sonne, dieses Fenster, dieser Tisch sei eine Wahrheit an sich, kurz nur dadurch, dass der Mensch sich als Subjekt, und zwar als künstlerisch schaffendes Subjekt, vergisst, lebt er mit einiger Ruhe, Sicherheit und Konsequenz: wenn er einen Augenblick nur aus den Gefängniswänden dieses Glaubens heraus könnte, so wäre es sofort mit seinem »Selbstbewusstsein« vorbei. Schon dies kostet ihn Mühe, sich einzugestehen, wie das Insekt oder der Vogel eine ganz andere Welt perzipieren als der Mensch, und dass die Frage, welche von beiden Weltperzeptionen richtiger ist, eine ganz sinnlose ist, da hierzu bereits mit dem Maßstabe der richtigen Perzeption, das heißt mit einem nicht vorhandenen Maßstabe, gemessen werden müsste. Überhaupt aber scheint mir »die richtige Perzeption« - das würde heißen: der adäquate Ausdruck eines Objekts im Subjekt - ein widerspruchsvolles Unding: denn zwischen zwei absolut verschiedenen Sphären, wie zwischen Subjekt und Objekt, gibt es keine Kausalität, keine Richtigkeit, keinen Ausdruck, sondern höchstens ein ästhetisches Verhalten, ich meine eine andeutende Übertragung, eine nachstammelnde Übersetzung in eine ganz fremde Sprache: wozu es aber jedenfalls einer frei dichtenden und frei erfindenden Mittelsphäre und Mittelkraft bedarf."

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 12. Aug. 2005, 15:39 Uhr
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@Adson:
Könntest du mir noch erklären, wie du das auf unser Problem freier Wille = freie Wahl zwischen mehreren realen Möglichkeiten beziehst?
[ruffle]

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 12. Aug. 2005, 18:30 Uhr
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Damit ist gemeint - "Unter den Blinden ist der Einäugige König."

Schönes WE, ludovico


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 12. Aug. 2005, 18:42 Uhr
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Du bist also der Ansicht, blind und/oder einäugig sein sind Wahl- bzw. Handlungsmöglichkeiten?
[applause]

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 12. Aug. 2005, 19:01 Uhr
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Du vergisst schon wieder die Poesie, Abrazo. Hast du denn wenigstens ordentlich meditiert?

Ich muss jetzt leider los, bye

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 13. Aug. 2005, 07:46 Uhr
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Hallo allerseits,

es geht um die Frage, wie man belegen kann, dass ein Individuum mehrere Möglichkeiten zum Handeln hat.

Dazu sind meines Erachtens bereits richtige Hinweise gegeben worden. Zum einen muss das Individuum die entsprechende Fähigkeit zum Handeln haben. Um einen anderen Menschen zu erschießen, muss ich gezielt schießen können. Ich muss z. B. auf Ansage eines Anderen genannte Ziele treffen, wobei der Andere auch ein Zufallsgenerator sein kann.

Ein Individuum hat verschiedene Handlungsalternativen, wenn es sich selbst steuern kann, wenn es über Selbstkontrolle verfügt, wenn es - wie man so sagt - Herr seiner selbst ist.

Dass ich mich selbst steuere ist ein derart komplexer Sachverhalte, dass er in einfachen Ursache-Wirkung-Ketten kaum adäquat zu erfassen ist. Er setzt eine Theorie der Persönlichkeit voraus, vor dem auch die zuständige Wissenschaft, die Psychologie, bisher weitgehend kapituliert hat.

So viel erstmal leider nur skizzenhaft von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 13. Aug. 2005, 10:12 Uhr
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..... wenn die massen dumm heit

nur den dummen sich wünscht
dann haben wir genau das
was wir seit eh und je haben !

dumm heit .............



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 13. Aug. 2005, 11:42 Uhr
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Eberhard wurde der Begriff der "Wirklichkeit" zu heiß und bevor er sich nun die Finger zu verbrennen drohte, zog er sich lieber in scheinbar sicherere Gefilde zurück nur um meines Erachtens in noch gefährlicheres Terrain zu geraten.

Was bitte ist ein "bestimmtes Subjekt"?

Dass ich mich selbst steuere ist NICHT ein derart komplexer Sachverhalte, dass er in einfachen Ursache-Wirkung-Ketten kaum adäquat zu erfassen ist. Diese Aussage scheint schlichtweg falsch zu sein: Ich steuere mich nicht selbst. Ich treffe keine Entscheidungen. Entscheidungen werden auf einer tieferen Ebene als der des Ich-Bewußtseins getroffen.
B.Libet hat das experimentel untersucht. Ich setze seine Experimente in einer Runde, die sich mit dem Problem des freien Willens beschäftigt, als bekannt voraus.
Die Lösung dieses Problems setzt eine Theorie des Bewußtseins voraus, vor dem auch die zuständige Wissenschaft (die Psychologie?) bisher weitgehend kapituliert hat.
Ich bleibe also erstmal bei der Anfangsfragestellung: "Sind Möglichkeiten wirklich?" (merkt ihr den kleinen Unterschied in der Formulierung?)


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 13. Aug. 2005, 16:48 Uhr
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Wirklich ist, was auf ein von mir ausgewähltes Probeobjekt wirkt. Genauer gesagt ist dieses <wirklich> laut dieser Definition nun nur noch <wirklich relativ zu etwas>.
So ist das Holz vor meinem Haus wirklich relativ zu meiner Axt.
Aber es ist nicht wirklich relativ zu Primzahlen. Mit denen kann man nämlich kein Brennholz machen.
Primzahlen sind wiederum wirklich relativ zu anderen mathematischen Objekten, wie zb gewissen Operatoren...
Winetou ist wirklich in Bezug auf Old Shatterhand, aber nicht in Bezug auf Gerhard Schröder...
Wirklichkeit ist also kein absoluter Begriff, sondern ein relatives Konstrukt.

Ich lese gerade <Die Flucht aus der Beliebigkeit> von Josef Mitterer. Seine zentrale Behauptung:
"Philosophie ist eine Argumentationstechnik, mit deren Hilfe in Diskurskonflikten beliebige Eigenauffassungen immunisiert und beliebige Gegenauffassungen kritisiert werden können."
Er endet: " Die Wirklichkeit ist nichts anderes, als der <letzte Stand der Dinge>, als jene Auffassungen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt vertreten werden............wir sollten nicht von einer Übereinstimmung unserer Auffassungen mit einer unabhängigen Wirklichkeit sprechen, sondern von einem KONSENS (Hervorhebung von mir) zwischen Teilnehmern eines Gesprächs, das nur laufen kann, solange die Basiskonsense, von denen aus es geführt wird, nicht zerbrechen."
Vermutlich wollte Adson von Melk auf ähnliches mit seinem Nietzsche Zitat hinweisen. Es ist also IMHO nicht ganz fehl an diesem Platze.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 13. Aug. 2005, 18:06 Uhr
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Hi,

Um einen anderen Menschen zu erschießen, muss ich gezielt schießen können.

Ich denke, der Begriff können ist hier unverzichtbar.

3 Beispiele:
A kann schießen und erschießt E.
B kann auch schießen, sagt aber, ich kann E nicht erschießen, weil ich keine Menschen erschießen kann. Das heißt, trotz seiner objektiven Fähigkeiten lässt seine psychische Verfassung die Aktion nicht zu.
C kann auch schießen, beweist das vielleicht sogar, indem er E den Hut vom Kopf schießt, sagt aber, ich kann, aber ich will nicht.
Letzteres sind die interessanten Fälle.

Nochmals gebe ich zu bedenken: die Frage nach dem freien Willen lässt sich nicht auf die isolierte Tätigkeit beziehen. Ob E den Finger krümmt ist irrelevant, wenn er sich zum Schießen entschlossen hat. Dann wird er nämlich nicht mehr überlegen, ob er nun den Finger krümmen soll, er wird es quasi automatisch tun.
Wie in dem Beispiel mit dem Monopoly-Spiel: habe ich mich entschlossen, es mit dir zu spielen, werde ich mich nicht fragen, ob ich nun würfeln soll oder nicht. Das Würfeln ist unverzichtbar für das Spiel, es gehört dazu, ist in dem Komplex, den ich beschlossen habe, enthalten, folglich denke ich darüber nicht mehr nach. Von daher ist es übrigens unsinnig, Experimente zum freien Willen über einzelne Tätigkeiten zu machen. Der Proband wird die Tätigkeiten im Zweifelsfalle automatisch und ohne nachzudenken durchführen, weil die Entscheidung, an der sein freier Willen beteiligt gewesen sein könnte, längst vorher gefallen ist, nämlich die Entscheidung, an diesem Experiment teilzunehmen.
Vulgo: wer A sagt, muss auch B sagen.

Ein Individuum hat verschiedene Handlungsalternativen, wenn es sich selbst steuern kann, wenn es über Selbstkontrolle verfügt, wenn es - wie man so sagt - Herr seiner selbst ist.

Die Selbstkontrolle ist ja gerade der springende Punkt. Hat das Individuum die? Vom Körper her sind wir ein Viech wie jedes andere auch. Für die Viecher gibt es genetisch einprogrammierte Steuerungsmechanismen, wir nennen sie, auf uns selbst bezogen, Gefühle. Gefühle steuern das Individuum hin zum Überleben. Dazu gehören Beuteaggression, Revieraggression, Dominanzaggression, sexuelle Aggression, aber auch soziale-, Beute- und Nachwuchsappetenz. Über solche Gefühle (dass man das bei Tieren Instinkt nennt, halte ich für Blödsinn; wer Tiere nüchtern beobachtet, stellt fest, es ist genau dasselbe) wird das Individuum gesteuert, es kann darüber nicht selbst verfügen. Ich kann nicht steuern, ob mir etwas stinkt. Schädliche Substanzen stinken mir nunmal und provozieren in mir das Gefühl, mich davon zu machen.

Selbststeuerung heißt, dass ich die reale Möglichkeit (!) habe, mich nicht davon zu machen, also wider meine biologische Steuerung zu agieren.

Kann ein Tier in den Hungerstreik treten?

Wenn ich die Möglichkeit habe, wider meine Gefühle zu agieren, so heißt das nicht, dass ich dafür keinen Grund habe. Aber es ist eben ein anderer Grund. Ja, die Frage nach dem Grund entsteht überhaupt erst dann, wenn ich die Möglichkeit habe, auch etwas anderes zu tun. Denn wenn ich diese Möglichkeit nicht habe, kann ich gar nicht erst nach Alternativen, also anderen Gründen, fragen. Ist also nicht die Frage nach dem Grund meines Handelns bereits ein Beleg dafür, dass ich einen freien Willen habe?

Ist nicht die Frage nach den Möglichkeiten letztlich eine Frage nach möglichen Gründen?

Und wenn ich mich für einen Grund entscheide, dann entscheide ich mich nicht für eine einzelne, quasi isolierte Aktion, sondern für einen ganzen Handlungskomplex, der aus automatischen, unbewussten Handlungen besteht.

A hat sich - wahrscheinlich lange vor dem Ereignis - entschieden, seinem Gefühl zu folgen, das ihn Asylbewerber verabscheuen lässt. C hat sich dafür entschieden, dass dieser Fall nicht rechtfertigt, seine Schießfähigkeiten einzusetzen. Er verfolgt wahrscheinlich einen vernünftigen Grund. Auch C hat sich wahrscheinlich lange vor dem Ereignis entschieden, statt seinen Gefühlen vernünftigen Gründen zu folgen.

Womit wir bei der schwierigen Frage wären, ob jedem Menschen diese alternativen Gründe zur Verfügung stehen.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 13. Aug. 2005, 18:12 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Jonny,

ich habe die Fragestellung deshalb umformuliert, weil sich im Laufe unserer Diskussion herausgestellt hat, dass der Begriff „Möglichkeit“ mehrdeutig ist und dass der Begriff des Wirklichen in seiner Bedeutung zwischen uns strittig war.

Deshalb dieser Versuch, zu einer möglichst eindeutigen Fragestellung zu kommen, die sich sinnvoll diskutieren lässt. Dies methodische Vorgehen schließt nicht aus, dass die damit ausgegrenzten Fragen nicht ebenfalls behandelt werden.

Mein Vorschlag ist, die Frage zu diskutieren, wie man begründen oder widerlegen kann, dass ein bestimmter Mensch in einer bestimmten Situation mehrere alternative Handlungsmöglichkeiten hat, zwischen denen er sich entscheiden kann.

Der Begriff der Handlungsalternative scheint mir klar zu sein, während der juristische Begriff der Option auch noch das normative Element enthält, wählen zu dürfen.

Die Behauptungen:

„Ich steuere mich nicht selbst. Ich treffe keine Entscheidungen. Entscheidungen werden auf einer tieferen Ebene als der des Ich-Bewusstseins getroffen“

können wohl in dieser Allgemeinheit nicht aufrechterhalten werden. Nicht ohne Grund unterscheiden Neurologen zwischen einem willkürlichen und einem unwillkürlichen Nervensystem. Kein Libet-Experiment hilft einem Schachspieler weiter, wenn er vor der Entscheidung steht, eine Rochade zu machen oder nicht. Und im Restaurant treffe ich die Entscheidung, welches Menü ich mir bringen lasse.

Dass es auch Pseudoentscheidungen gibt, über deren tatsächliche Motivation man sich selber täuscht, wusste schon Siegmund Freud, der hierfür den Begriff der Rationalisierung prägte.

Grüße an alle Interessierten von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 13. Aug. 2005, 19:54 Uhr
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@ Eberhard:
Meine Antwort habe ich in meinem Kopf.
Ich schreibe sie nicht.
Ich schreibe sie später.
Wenn ich will.
Warum?
Weil ich diese Möglichkeit habe.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 13. Aug. 2005, 20:06 Uhr
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Guten Abend Eberhard,
ich zögere noch dir zuzustimmen. Als alter Schachspieler weiß ich, daß nicht Ich die richtigen Züge finde. Ich habe möglichst viel Eröffnungen und Endspielsituationen auswendig gelernt, aber gegen einen ebenbürtigen Gegner muß da noch was dazukommen. Mit den Kindern spiel ich oft Memory. Da zieh "ich", ohne zu denken, laß einfach die Hand hingreifen wohin sie will. Ich bin ein gefürchteter Memoryspieler!
Und im Restaurant vor der Speisekarte bin ICH hilflos, ohne meinen Magen und Darm...
Das ICH wird von uns sehr überschätzt. Die Menschheit hat vielleicht die meiste Zeit ihres Erdenlebens ohne ICH gelebt.(Jaynes, Whyte...)

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 13. Aug. 2005, 22:01 Uhr
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Hallo Abrazo,

Du könntest also, wenn Du wolltest. Aber: Das kann jeder sagen. Solange Du nicht willst, ist Deine Behauptung, dass Du kannst, nur eine Aufforderung, Dir zu glauben. Wenn Dir etwas möglich ist, so musst Du die Bedingen angeben, unter denen Du Deine Möglichkeit auch realisierst

meint Eberhard.


Hallo Jonny,

auf das „Ich“ kommt es nicht an. Im Vietnamesischen soll es das Wort „ich“ gar nicht geben, und auch Kinder sprechen von sich anfangs in der 3. Person. (Ich in meiner Grußfloskel übrigens auch.).

Ich glaube, Abrazo hat einen brauchbaren Hinweis gegeben auf das, was die Menschen von anderen Säugetieren unterscheidet. Gefühle haben beide. (Mein Hund ist ein reines Gefühlsbündel. Der kriegt sich vor Freude oder Aggression meistens kaum ein.)

Menschen sind nicht nur für kausale Gründe (Ursachen) empfänglich wie z.B. Hunger, der das Verhalten bestimmt, Menschen sind auch für Vernunftgründe (Argumente) empfänglich – oder sie können es zumindest sein.

Wenn es uns – so wie gegenwärtig – um die richtige Antwort auf eine gestellte Frage geht und wir uns gegenseitig von der Richtigkeit oder Falschheit bestimmter Positionen und Behauptungen überzeugen wollen, dann geht es nicht um eine kausale Beeinflussung des andern im Sinne der eigenen Ansichten. Wir könnten vielleicht durch geschickte Rhetorik den einen oder anderen überreden, aber damit wären wir dem Ziel, der richtigen Antwort, keinen Zentimeter näher gekommen.

Wodurch unterscheidet sich eine Argumentation, die zu einer Einsicht in die Richtigkeit einer Behauptung führt, von einer Überredung oder einer Gehirnwäsche, die zu einem Bekenntnis zur Richtigkeit einer Behauptung führt?

Meiner Ansicht nach ist entscheidend, dass ich zu einem Argument „nein“ sagen kann und dass damit die Wirkung des Argumentes auf mich aufgehoben ist.

Demgegenüber kann ich zu einer Drohung („Wenn Sie Ihre kritischen Ansichten zur Lehre X nicht ablegen, ist für Sie hier kein Platz mehr“) zwar „nein“ sagen, eine Drohung wirkt jedoch weiter und übt auf mich einen Einfluss aus. Und eine geschickte Überredung gibt dem Überredeten gar keine Möglichkeit, „nein“ zu sagen, weil sein kritisches Urteilsvermögen eingelullt wurde.

Die Empfänglichkeit für Argumente, die sich an das kritische Urteilsvermögen, an die „Vernunft“ richten, macht einen entscheidenden Unterschied zwischen einem erwachsenen Menschen und einem ausgewachsenen Hund aus, was die Fähigkeit zur Selbststeuerung betrifft. Ich kann mich in meinem Verhaltensfluss unterbrechen und darüber nachdenken, was ich gerade tue, ich kann mich fragen, welche Handlungsmöglichkeiten für mich bestehen, kann das Für und Wider der Argumente erwägen und nach reiflicher Überlegung eine Entscheidung treffen.

Hier ist meines Erachtens das anzusiedeln, was man mit Selbststeuerung und der Existenz von Handlungsalternativen für einen bestimmten Menschen in einer bestimmten Situation meint.

behauptet Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 13. Aug. 2005, 23:04 Uhr
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Hi,

Ok.
Jetzt antworte ich.
Kannst du einen Grund dafür angeben, warum es mir beim ersten Mal nicht möglich gewesen sein soll zu antworten, oder warum es mir jetzt unmöglich sein soll, nicht zu antworten?

Du könntest imho nur auf das Motiv gehen: obwohl ich beim ersten Mal ebenso wie jetzt die Möglichkeit gehabt hätte zu antworten, konnte ich diese Möglichkeit aufgrund meiner subjektiven Verfassung nicht nutzen.
Ich denke, hauptsächlich geht es darum: kann ich die objektiven Möglichkeiten wahlweise nutzen oder bin ich nur auf eine einzige Möglichkeit quasi programmiert?

Hier halte ich entgegen: setzt nicht der Zweifel am freien Willen die Existenz des freien Willens voraus, d.h. ist nicht dieser Zweifel ein unsinniger Zweifel?
Oder: könnten wir die Frage, ob es den freien Willen gibt, stellen, wenn es ihn nicht gäbe?

P.S.: als Bedingung gebe ich an, dass ich an einem funktionierenden PC sitze, eine Antwort im Kopf habe und auch die Zeit, sie nieder zu schreiben.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 14. Aug. 2005, 09:26 Uhr
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on 08/13/05 um 20:06:11, jonny_W. wrote:Das ICH wird von uns sehr überschätzt. Die Menschheit hat vielleicht die meiste Zeit ihres Erdenlebens ohne ICH gelebt.(Jaynes, Whyte...)



Nicht überschätzt, sondern vielleicht im Sprachgebrauch falsch angewandt. "Ich" ist immer der ganze Mensch. Aber z.B. zur Feststellung von Krankheiten ist es erforderlich zu wissen welcher Teil des Menschen erkrankt ist. Vielleicht ist es übertrieben bei Schnupfen zu sagen: "Ich bin krank", bei anderen Krankheiten wo die Auswirkungen weitreichenden sind, ist "Ich bin krank" schon angebrachter, aber selbst dann ist nicht der ganze Mensch krank, also funktionsuntüchtig oder -eingeschränkt, sondern immer nur Teile von ihm. Sonst wäre er tod.

schönen Tag
Lina

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 14. Aug. 2005, 09:27 Uhr
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Hallo allerseits,

mir wird bei unserer Diskussion immer klarer, dass der Ausdruck: „Ich habe die Möglichkeit x oder y zu tun“ eine verkürzte Redeweise ist, die ausgeführt heißt: „Ich habe die Möglichkeit x oder y zu tun, wenn ich es will.“

Dieses „wenn ich es will“ steht offenbar unausgesprochen hinter allen Aussagen über die eigenen Handlungsmöglichkeiten.

Der praktische Zweck solcher Möglichkeitsaussagen besteht darin, dass ich mit ihrer Hilfe klären kann, was ich überhaupt will. Ich kann mir damit die verschiedenen Handlungsalternativen mit ihren Eigenschaften und Folgewirkungen vorstellen, kann sie bewerten und zu einer Entscheidung kommen.

Das bedeutet: Mein Wille als Ausdruck meiner Selbststeuerung ist keine Ansammlung fertig gegebener Motive, sondern er bildet sich in der Überlegung erst heraus. Der Wille ist insofern etwas dauerhaftes, was sich auch an der damit verbundenen Ausbildung langfristiger Zielsetzungen zeigt.

Ein stimmungsabhängiger Handlungsimpuls oder eine Reaktion in einer starken emotionalen Erregung ist also noch nicht mit dem Willen des betreffenden Menschen gleichzusetzen.

In der Form „Wenn ich wollte, könnte ich x tun“ kann eigentlich auch kein Determinist etwas gegen das Bestehen verschiedener Handlungsmöglichkeiten einwenden. Ansonsten müsste er konsequenter Weise auch etwas gegen den Satz haben: „Wenn das Wasser 100 Grad Celsius hätte, dann würde es kochen.“

Anhand der Diskussion meines Kopfdreh-Beispiels kann ich verdeutlichen, wie wichtig der stillschweigende Bezug zu dem „wenn ich wollte ..." bei Aussagen über Handlungsmöglichkeiten ist.

Ich hatte als Nachweis für die Existenz mehrerer Handlungsmöglichkeiten folgendes Gedankenexperiment gemacht:

Ich sitze und blicke geradeaus,

Dann sage ich zu dem Deterministen, der vor mir sitzt:

„Ich habe zwei alternative Möglichkeiten, als nächstes meinen Kopf zu drehen: einmal nach links und das andere Mal nach rechts.

Da Du bestreitest, dass es für mich mehrere Handlungsmöglichkeiten gibt, zwischen denen ich mich entscheiden kann, sage mir bitte, welche der beiden Möglichkeiten mir denn nicht offen steht!“

Wenn der Determinist sagt: „Du hast nicht die Möglichkeit, Deinen Kopf nach links zu drehen“, dann drehe ich ihn nach links.

Wenn der Determinist sagt: „Du hast nicht die Möglichkeit, Deinen Kopf nach rechts zu drehen“, so drehe ich ihn nach rechts.

Damit hätte ich zwingend demonstriert, dass ich „wirklich“ zwei Handlungsmöglichkeiten hatte.

Soweit mein kleines Gedankenexperiment.

Einem Deterministen ist dann jedoch eine rettende Idee gekommen, wie er sich dieser von mir aufgebauten Zwickmühle entziehen kann. Rage, so hieß mein Diskussionspartner, sagte zu meiner Verblüffung: „Auf Deine Frage, welche der beiden Möglichkeiten Du nicht hast, antworte ich Dir: Du hast diejenige Möglichkeit nicht, die Du nicht wählen wirst.“

Ich war mit dieser Antwort zwar irgendwie nicht zufrieden, konnte aber nicht genau festmachen, woran das lag. Jetzt würde ich das Mangelhafte seiner Antwort darin sehen, dass der Satz „Du hast diejenige Möglichkeit nicht, die Du nicht wählen wirst“ völlig an dem Sinn und Zweck von Erwägungen über Möglichkeiten vorbeigeht.

Denn die Antwort ignoriert völlig, dass sich das, was ich wählen werde und was ich damit schließlich will, erst durch die Erwägung der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten (die ich hätte, wenn ich wollte) herausbildet.

Entsprechendes gilt für die Handlungsmöglichkeiten eines Anderen. Die Frage: Hätte A auch anders handeln können (anstatt E zu erschießen)?“ ist immer zu verstehen mit dem Zusatz, „wenn er es gewollt hätte“.

Ich will hier erstmal abbrechen, weil der Beitrag von seiner Länge her sowieso schon schwer verdaulich ist.

Einen schönen Sonntagmorgen ohne Sorgen wünscht allen Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 14. Aug. 2005, 09:29 Uhr
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erstes résumé:
Die Detektoren des Doppelspaltexperimentes sind nach allgemeiner Übereinkunft als wirklich zu bezeichnen.
Möglichkeiten wirken auf diese Detektoren.
Also sind Möglichkeiten (wie sie die Quantenmechanik definiert) wirklich. Möglichkeiten sind Elemente der Realität.
Das sei mit sehr leiser Stimme gesagt, ganz vorsichtig und keineswegs im Brustton der Überzeugung.

Jetzt erst können wir uns der veränderten Fragestellung zuwenden:
Können Subjekte aus diesen Möglichkeiten auswählen?
In der Sprache der Physik klingt das ketzerisch: Können Subjekte den Kollaps der Wellenfunktion beeinflußen?
Auch diese Frage läßt sich im Experiment beantworten. Die wissenschaftlich arbeitende Parapsychologie hat dies geleistet. Mit signifikantem Ergebnis.
Nochmal meine immer noch unbeantwortete Frage;
"Was ist ein Subjekt?
Neu dazu stellt sich die Frage:
"Was ist das <ICH>?"

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Titel: Wenn dRe: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 14. Aug. 2005, 09:50 Uhr
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Guten Morgen Eberhard!
"Wenn der Determinist sagt: „Du hast nicht die Möglichkeit, Deinen Kopf nach links zu drehen“, dann drehe ich ihn nach links.

Wenn der Determinist sagt: „Du hast nicht die Möglichkeit, Deinen Kopf nach rechts zu drehen“, so drehe ich ihn nach rechts. "
Damit hast du nur eines bewiesen, nämlich deine vollkommene Abhängigkeit von den Befehlen des Deterministen.

Eberhard:"Mein Wille als Ausdruck meiner Selbststeuerung ist keine Ansammlung fertig gegebener Motive, sondern er bildet sich in der Überlegung erst heraus. Der Wille ist insofern etwas dauerhaftes"
<Wille> als Substantiv ist gefährliche Metaphysik. Schopenhauer läßt grüßen. Das ist als Leseempfehlung gedacht. Nach der echt amüsanten Lektüre von <Die Welt als Wille und Vorstellung> tut man sich nämlich schwer mit Sätzen wie: "der Wille bildet sich in der Überlegung erst heraus". All deine Überlegungen sind Ausdruck des Willens. Der Wille ist primär.
schönen Sonntag!

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 14. Aug. 2005, 10:25 Uhr
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on 08/14/05 um 09:29:52, jonny_W. wrote:Also sind Möglichkeiten (wie sie die Quantenmechanik definiert) wirklich. Möglichkeiten sind Elemente der Realität.



Ist es nicht so, dass wenn Möglichkeiten bestehen, sich für die Möglichkeit entschieden wird, von der ausgegangen wird, dass sie ein Eigenleben führen kann? Ich meine auf elementarster Ebene im Sinne von "Wir schlagen diesen Weg ein" und nicht im Sinne von "Haben wollen". Und wenn wir auf zwei Wege zusteuern, dann können wir doch davon ausgehen, auch wenn sie sich gleich sind, dass sich für den Weg entschieden wird aus dem eine real eingestufte Information, im Sinne von einer Information, die den Weg als tatsächlich vorhanden, als Eigenleben, interpretiert. Unterliegen Quanten dieser etwas anderen Art der Bereicherungstheorie? Wenn sich geteilt werden muß um einen Punkt zu erreichen, dann spricht es dafür, dass diese beiden Wege als nicht wirklich, als ohne Eigenleben interpretiert werden und wirklich ist nur dasjenige was den Weg geht. Entscheiden heisst Zusammenführen. Entscheiden ist so nichts weiter, als zwei Wege die für sich alleine keine Realität haben in sich selbst zur Realität werden zu lassen. Wenn wir nun die Zellteilung z.B. beim Menschen nehmen, dann ist es so, dass der Zusammenhalt dieser Zellen trotz Teilung dadurch entsteht, dass jede Zelle für sich alleine genommen schon mehr Informationen beinhaltet, als dass sie von Außen mit Zellen oder Etwas in Berührung kommt, was sie dazu auffordern könnte einen anderen Weg einzuschlagen, nämlich die fehlende Information, dass da noch Eigenständigeres ist, als sie selbst als Ihresgleiches sein kann. Eine Chance übrigens für den Krebs, als entartete Zellen, die Wohl über dieses Prinzip hinaus etwas erkannt haben, was sie im Sinne des Menschen besser nicht getan hätten.

nochmal schönen Tag
Lina [smiley=feder.gif]

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Titel: Wenn sRe: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 14. Aug. 2005, 11:05 Uhr
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Sheelina: "Wenn sich geteilt werden muß um einen Punkt zu erreichen, dann spricht es dafür, dass diese beiden Wege als nicht wirklich, als ohne Eigenleben interpretiert werden und wirklich ist nur dasjenige was den Weg geht."
Das gilt nicht für Quantenobjekte. Ein Teilchen, das in A erzeugt wird und kurz darauf in B durch einen Detektor gemessen wird, hat keinen definierten Weg von A nach B zurückgelegt. Der Weg des Teilchens ist kein Element der Realität, ist nicht wirklich.
Wie ich schon - vielleicht etwas zu blumig - sagte, Quantenobjekte leben, solange sie nicht gemessen werden, im Reich der Möglichkeiten. Dieses Reich der Möglichkeiten ist wirklich.

Nach meiner letzten Antwort an Eberhard, beschloss ich einen Teil dieses verregneten Sonntages lesend zu verbringen. Ich schnappte mir ein Büchlein von D.T.Suzuki über Zen und was durfte ich da lesen:
Zitat:
"Wie ich bereits sagte, ist der Wille im primären Sinne elementarer als der Verstand, weil er das Prinzip ist, das an der Wurzel aller Existenzen liegt und sie alle in der Einheit des Seins vereint.Die Felsen sind wo sie sind - das ist ihr Wille.Die Flüße fließen - das ist ihr Wille.......Menschen sprechen - das ist ihr Wille.............
Sein und Werden ist gleich Wollen. Es gibt in dieser Welt absolut nichts, das nicht seinen eigenen Willen besitzt.
Der eine große Wille, aus dem all diese unendlich verschiedenartigen Willen fließen, ist das, was ich das >>kosmische (oder ontologische) Unbewußte<< nenne, das Null-Reservoir unendlicher MÖGLICHKEITEN (!)."


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 14. Aug. 2005, 11:13 Uhr
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Guten Morgen zusammen,

1. zum Ich:
Hier erscheint mir als der Weisheit letzter Schluss:
Ich ist derjenige, der etwas über sich aussagt.
Ich ist nicht dasjenige, was er über sich aussagt.
Begründung u.a. siehe Wittgenstein, Tractatus Logico-Philosophicus.

2. zu den Möglichkeiten
Ich denke, dass unser Problem nicht darin besteht, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt. Die gibt es, das beweist auch Eberhards Kopfdrehexperiment. Unser Problem besteht darin, aus welchem Grund ich das eine oder das andere wähle. Das heißt, was immer ich wähle, ich habe für meine Wahl einen Grund. Fragt sich nur, welchen, und ob ich auch da Entscheidungsfreiheit habe.

3. "Auf Deine Frage, welche der beiden Möglichkeiten Du nicht hast, antworte ich Dir: Du hast diejenige Möglichkeit nicht, die Du nicht wählen wirst."
Gefällt mir auch nicht, aber in erster Linie deswegen, weil es ein Beweis a posteriori ist. Der Beweis dafür, dass man vorher die Wahlmöglichkeit nicht hatte, wird nachher erbracht. Wie könnte man diesen Beweis widerlegen? Antwort: gar nicht. Nicht, weil er stimmt, sondern weil er nicht falsifizierbar ist. Verifizierbar oder falsifizierbar ist nämlich nur die Prognose einer Wirkung, weil sie über den Moment hinaus in die Zukunft reicht. Die Prognose ist unvollendet. Ob sie stimmt oder nicht kann durch das in der Zukunft vollendete Ereignis festgestellt werden.
Die Aussage "du hast die Möglichkeit nicht..." ist quasi eine umgekehrte Prognose. Aus der vollendeten Wirkung wird die Prognose konstruiert, die man in der Vergangenheit hätte machen können. Die stimmt natürlich immer. Sie ist nur nicht überprüfbar, da in der Vergangenheit gar keine Prognose erstellt wurde.
Auf die Wahlsituation bezogen heißt diese Aussage: entweder A oder B oder C. Wenn A, dann nicht B oder C. Wenn B, dann nicht A oder C. Wenn C, dann nicht A oder B.
Wat willste damit anfangen?
Wenn B eintritt, kriegste die Bestätigung, wenn B dann nicht A oder C. Na jut, aber dat wussteste auch schon vorher.

4. Wahl
Was sagt Herr Hund dazu?
Wenn der Herr auf einen fremden Rüden trifft, hat er objektiv zwei Möglichkeiten: a) er verprügelt ihn, b) er verprügelt ihn nicht.
Sein Gefühl treibt zu Möglichkeit a.
Nun ist der fremde Rüde aber ein ebenso großer, kampferprobter Rabauke. Also staksen die zwei umeinander herum und stellen offenbar fest, der Kraftaufwand, den eine Prügelei erfordern würde, wäre ziemlich hoch und der Ausgang nicht gewiss. Folglich 'wählen' beide Möglichkeit b. Vorsichtig ausgedrückt: das eine Gefühl - wird mühsam - dominiert das andere Gefühl - hab Lust.
Ist dies nicht der Fall, 'wählt' der Herr dennoch b, wenn Abrazo unmissverständlich Missfallen bekundet. Dann dominiert die Gefolgschaftstreue die Lust.
(geht auch anders. Wenns um ne läufige Hündin geht, dominiert die Lust die Gefolgschaftstreue.)
Gibts keine Hinderungsgründe, gibts Prügel.
Diese Wahl ist nicht frei, weil der Herr die Gründe nicht frei wählen kann.

Beim Menschen verhält es sich genau so. Aber offenbar nicht immer. Selbst, wenn es nur Menschen gäbe, die entweder der Lust oder dem gesetzlichen Verbot folgen würden (was keine freie Wahl wäre), bliebe die Frage, warum es denn dieses gesetzliche Verbot gibt. Denn wenn die hündische Gesellschaft ohne ein solches Verbot (verkörpert in Abrazo) funktioniert, warum sollte es die menschliche Gesellschaft nicht tun (Antwort der Religionen: weil Gott das verboten hat!Danach wäre Gott für den Menschen das, was Abrazo für Herrn Hund ist. Allerdings ist Abrazos Existenz dem Herrn unmittelbar einsichtig, die Existenz Gottes dem Menschen nicht.)? Will behauten: das gesetzliche Verbot ist das Resultat einer irgendwann einmal stattgefundenen freien Wahl.

5. Das bedeutet: Mein Wille als Ausdruck meiner Selbststeuerung ist keine Ansammlung fertig gegebener Motive, sondern er bildet sich in der Überlegung erst heraus. Der Wille ist insofern etwas dauerhaftes, was sich auch an der damit verbundenen Ausbildung langfristiger Zielsetzungen zeigt.
M.E. eine sehr wichtige Feststellung mit ner Menge komplizierter Folgerungen. Ich möchte nur gerne erst das vorhergehende fest klopfen, bevor man sich jener These widmet. Und das sollte man imho unbedingt.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 14. Aug. 2005, 12:07 Uhr
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Hallo jonny w,

wenn Du Deine wissenschaftlich sich fundierend zeigenden Betrachtungen dafür nutzt missionarisch in eine bestimmte Religion zu weisen, wie hier der von Dir eingeführte Begriff des "Zen", als Deinen wissenschaftlichen Überlegungen übergeordnetem sich erscheindenen, dann würde ich doch eher passen wollen.

nette Grüße
Lina

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 14. Aug. 2005, 15:08 Uhr
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Hi Sheelina,
nein ich bin kein Anhänger irgendeiner wie auch immer gearteten Religion. Missionseifer verspür ich auch nicht.
Vom Zen hab ich viel gelernt. In unseren Meditationen über den freien Willen werden wir hoffentlich noch auf den Begriff der Spontanität stoßen. Und dazu hat Zen wiederum etwas zu sagen.

Nochmal zurück zum Doppelspalt:
Ein Teilchen starte in A und werde in B mittels eines Detektors gemessen. Zwischen A und B befinde sich eine undurchdringliche Wand mit zwei Spalten.
Das Teilchen, das in B ankommt ist nicht entweder durch den einen oder den anderen Spalt gekommen. Es hat immer noch beide Möglichkeiten. Beide Möglichkeiten sind sozusagen in B angekommen.
Wenn wir das teilchen nun einfach nur messen, wird die Antwort auf eine diesbezügliche Frage auch auf immer im Reich der Möglichkeiten verbleiben. Wir können aber durch ein trickreiches Arragment das Teilchen kurz vor B zwingen, sich für einen Weg zu entscheiden. Genauer: sich für einen Weg entschieden zu haben! Es liegt in unserer Macht das Teilchen zu einer (zeitlich rückwirkenden) Entscheidung zu zwingen. Wir können es aber nicht zu einem bestimmten Spalt zwingen. Die Antwort auf die durch-welchen-Spalt-Frage ist, nach Lehrmeinung der Quantentheorie, rein zufällig. Rein zufällig!!!
Wer oder was entscheidet? Nichts und niemand ? Rainer Zufall oder jonny W. oder der freie Wille des Teilchens?????

Die Symmetrie der Anordnung wurde spontan gebrochen.
Spontanität ist eine Eigenschaft der Quantenwelt.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 14. Aug. 2005, 15:43 Uhr
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Die Religion steht jedem frei zu wählen. Nur, ich kann nicht davon ausgehen, dass eine bestimmte Religion das priviligerte Recht haben sollte eine Wissenschaftstheorie oder wissenschaftliche Hypothesen laut zu bestätigen. Da müssten sich die Religionen bzw. deren Angehörige schon erstmal untereinander auch lautend einig werden. Da ich nun in reinen Fragen der Begrifflichkeiten lande, höre ich jetzt erstmal auf.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 14. Aug. 2005, 16:47 Uhr
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Hallo Jonny,

was Du ausführst, kann ich in den meisten Punkten nicht nachvollziehen.

Zu meinem Gedankenexperiment schreibst Du: "Damit hast du nur eines bewiesen, nämlich deine vollkommene Abhängigkeit von den Befehlen des Deterministen."

Wie kann ich durch eine Strategie zur Widerlegung des Deterministen beweisen, dass ich von den Befehlen des Deterministen abhängig bin? Meine Reaktionen auf ihn sind doch nicht Ausfluss von Gehorsam sondern ergeben sich aus dem Ziel der Widerlegung.

Meinen Erläuterungen, wie ich den Begriff „Wille“ gebrauchen will, entgegnest Du mit einer Lektüreempfehlung und setzt meinen Aussagen zum Willen einen anderen Gebrauch des Wortes entgegen, nach dem auch Felsen ein Wille zugesprochen wird.

Soll das bedeuten, dass ich den Begriff des Willens nur in Deinem Sinne bzw. im Sinne des von Dir genannten Autors benutzen darf?

fragt Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 14. Aug. 2005, 18:36 Uhr
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Hallo Eberhard,
die letzte Frage war rethorisch, ich erspare mir mit einem klaren "Nein" zu antworten. [saint]
Zum Rest ein andermal mehr.
Der Begriff des freien Willens wird mir immer suspekter.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 14. Aug. 2005, 22:16 Uhr
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Also weiter im Text.
Von hinten durch die Brust ins Auge.
Ich will. Ist das ein Atomsatz?
Ich meine, nein.
"Ich will" hat keinen Sinn, sofern es nicht im Kontext mit vorher Genanntem steht. Anders als "Ich esse", "Ich laufe", "Ich arbeite". Das sind klare Tätigkeitsbeschreibungen. "Ich will" ist das ebensowenig wie "Ich habe". Solche Sätze sind unsinnig ohne die Angabe, was man will oder was man hat. Sie geben vielmehr die Beziehung an, in der ein Subjekt zu einem Objekt steht. Ohne Angabe des Objektes ist der Satz ebenso sinnlos wie der mathematische Ausdruck 21 + .

Womit ich endlich mal verstehe, wieso Wittgenstein im TLP sagte, vom Willen als Träger des Ethischen kann nicht gesprochen werden. Klar, den reinen Willen gibt es ja gar nicht. Er benötigt immer ein Etwas, auf das er sich richtet

Wenn wollen eine Beziehung zwischen Subjekt und Objekt ist, muss es das Objekt geben. Wobei es gleichgültig ist, ob es das Objekt in concreto oder als subjektive Vorstellung gibt. Aber geben muss es das.

Nicht nur das: es muss auch in irgend einer Form für das Subjekt erkennbar oder fassbar sein.

Wenn es nichts gibt, kann auch nichts gewollt werden.
Wenn aber etwas gewollt werden kann, so setzt dies nicht nur voraus, dass es etwas gibt, sondern auch, dass etwas erkannt wird.

Das Neugeborene will keine Nahrung, wenn es schreit. Es schreit nur sein unwohles Hungergefühl heraus. Die Brust wollen kann es erst dann, wenn es gelernt hat, dass das, was da raus kommt, das unangenehme Hungergefühl beseitigt.

Mein Wille ist, weil er zu ihr in Beziehung steht, abhängig von der Welt und ob und wie ich sie erkenne.

Wie verhält es sich hier nun mit den Möglichkeiten? Spontan würde ich sagen, je bessere Kenntnis ich von der Welt habe, desto mehr Möglichkeiten habe ich auch. Es kann aber auch das genaue Gegenteil der Fall sein.

Ich mach hier mal Pause. Klar dürfte sein, dass der Komplex Wollen mit dem Komplex Erkennen zusammenhängt und dass es sich bei beidem um Prozesse in der Zeit handelt.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 15. Aug. 2005, 10:52 Uhr
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.... es gibt absolut keine realen möglich keiten !

weil ein dummer mit dem andern konkuriert
seiner mama imponieren

frau
tochter
sekretärin



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 15. Aug. 2005, 13:07 Uhr
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Hallo allerseits,

es scheint angebracht eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen und die Positionen zu klären.

Meine Frage:

Besteht Einverständnis, dass man die Möglichkeit, die Individuum A in der Situation s hat, die Handlung h auszuführen, durch einen Satz von der allgemeinen Form wiedergeben kann: „Individuum A kann in der Situation s die Handlung h ausführen, wenn es das will.“

Ob es einen freien Willen – was immer das bedeuten mag – gibt oder nicht, steht auf dieser Ebene noch gar nicht zur Debatte.

Mit dem Satz: „A will h ausführen“ dürfte es auch keine unüberwindbaren Probleme geben.

Und eine Vorentscheidung über die Einbeziehung des menschlichen Handelns in die naturgesetzlich bestimmte Welt ist damit auch nicht verbunden.

Besteht Einverständnis, dass derartige Aussagen über das Bestehen von Handlungsmöglichkeiten richtig oder falsch sein können?

Wenn ja, was sind die Kriterien für die Richtigkeit? Offenbar kann der Nachweis durch A selber dadurch erbracht werden, dass er h tut.

Dritte haben es wohl schwerer. Der Satz: „Sie könnte, wenn sie nur wollte“ lässt sich auf diese Weise nicht belegen, solange sie nicht will.

Grüsse und Leuchtzeichen durch den Wortnebel sendet Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 15. Aug. 2005, 14:34 Uhr
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Hi, Eberhard,

Besteht Einverständnis, dass man die Möglichkeit, die Individuum A in der Situation s hat, die Handlung h auszuführen, durch einen Satz von der allgemeinen Form wiedergeben kann: "Individuum A kann in der Situation s die Handlung h ausführen, wenn es das will."

Nein, das sehe ich nicht so.
Der Zusatz 'wenn es das will' ist imho überflüssig.

A kann die Statik eines Hauses berechnen, wenn er diplomierter Bauingenieur ist, denn dann hat er seine Fähigkeit dazu bewiesen.
Oder:
B kann zu Fuß zum Dom gehen, denn er hat zwei gesunde Beine, einen Stadtplan und kann laufen.
Daran ändern würde sich nur etwas, wenn die Situation sich entscheidend ändert, etwa wenn B sich ein Bein gebrochen hätte.
Ob er zu Fuß gehen will oder nicht, ist völlig unerheblich dafür, dass er es kann. Wenn B lieber mit der Straßenbahn fahren will, kann er trotzdem zu Fuß gehen; er tut es nur nicht.
Für das Können können objektive Maßstäbe entwickelt werden. Die Möglichkeiten, die einer hat, hängen imho vom Können ab, nicht vom Wollen.

Die Determinismusdiskussion zielt darauf ab, dass das Wollen tatsächlich nur ein Können ist. 'Er will nicht' wird gleichbedeutend aufgefasst mit 'er kann aufgrund seiner subjektiven Bestimmungen nicht'.

Mit dem Satz: "A will h ausführen" dürfte es auch keine unüberwindbaren Probleme geben.
Damit gibt es insofern ein Problem, als man, um diese Aussage machen zu können, entweder auf eine entsprechende Aussage von A angewiesen ist oder auf die Interpretation seines Handelns. Ob er das tatsächlich will, lässt sich mit Sicherheit nicht sagen; er kann auch lügen oder sich verstellen. Um das subjektive Moment kommen wir hier nicht herum.

Zur Aussage 'A kann das' lassen sich Kriterien entwickeln, durch die sich entscheiden lässt, ob die Aussage wahr oder falsch ist.

Zur Aussage 'A will das' lassen sich solche Kriterien nur dann entwickeln, wenn man Wollen tatsächlich auf die reine Subjekt-Objekt-Beziehung beschränkt, ohne einen mehr oder minder psychologischen Aspekt einzubeziehen. Wenn mein Hund mich abends anstuppst, sage ich, 'der Hund will was zu Fressen haben'. Aus Erfahrung, weil es seine Zeit ist und weil er das immer tut, wenn er Hunger hat. Objektive Kriterien. Allerdings kann diese Definition des Wortes wollen nichts zur Klärung beitragen, ob Möglichkeiten bestehen, weil das Wollen nur festzustellen ist als Beziehung eines einzigen Subjekts zu einem einzigen Objekt. Alternativen bleiben außen vor.

Willst du das Wollen aber definieren als das Wollen einer von mehreren Möglichkeiten (Können), dann kannst du imho keine objektiven Kriterien finden, sondern bist einzig und allein angewiesen auf subjektive Aussagen. Selbst im Nachhinein könntest du nicht mit Sicherheit feststellen, ob A h gewollt hat, denn ein Determinist wird dir immer entgegnen, aufgrund seiner subjektiven Bestimmungen konnte A gar nichts anderes wählen als h.

Davon bleibt unbenommen, dass, wie schon gesagt, der Determinist seine Aussagen auch nicht belegen kann.

Außerdem neble ich nicht. Was dir wie Nebel erscheinen mag, sind höchstens die Späne, die beim Kleinhacken der Materie fliegen
[cloud]

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 15. Aug. 2005, 20:45 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

Dein Einwand leuchtet mir ein. Mit dem Wort „kann“ ist ja die Kategorie der Möglichkeit bzw, Fähigkeit bereits eingeführt, die ich gerade definieren will.

Also noch mal ganz von vorne, auch wenn es mühselig ist. (Auf Englisch sagt man dazu wohl „philosophy in the making“.)

Unser Ziel ist es, den Begriff des Möglichen zu klären, insbesondere in seiner Beziehung zum Wirklichen.

Es geht gegenwärtig speziell um die Frage: Wie kann man für und wider das Bestehen von Handlungsmöglichkeiten (eines bestimmten Subjekts in einer bestimmten Situation) argumentieren?

Nehmen wir das sehr simple aber gerade deswegen sehr geeignete Kopfdreh-Beispiel. (Das Problem ist selber schon kompliziert genug.)

Es geht um den Nachweis für die Behauptung: „Ich kann (jetzt) meinen Kopf nach links drehen“.

Die Argumente „Er hat das gelernt, deshalb muss er es können“ und „Er hat vorhin den Kopf nach links gedreht. Das beweist, dass er es kann“ sprechen zwar für die Behauptung, können jedoch entkräftet werden durch ein Argument wie: „Er kann den Kopf jetzt nicht nach links drehen, weil er sich gerade einen Nerv eingeklemmt hat“.

Das Argument „Er dreht den Kopf aber nicht nach links, offenbar kann er es auch nicht“ kann durch den Hinweis „Er kann es schon, aber er wollte gar nicht den Kopf nach links drehen“ entkräftet werden.

Der beste Beweis dafür, dass ich jetzt den Kopf nach links drehen kann, scheint mir darin zu bestehen, dass ich den Kopf tatsächlich nach links drehe. Dazu muss ich ihn nach links drehen wollen.

Meine umformulierte Frage lautet nun:

Kann ich den Satz „Ich habe jetzt die Möglichkeit, den Kopf nach links zu drehen“ durch den Satz übersetzen „Wenn ich will, drehe ich jetzt den Kopf nach links“?

Wenn nein, worin unterscheiden sich die beiden Sätze?
Wenn der zweite Satz nicht Ausdruck einer Möglichkeit des Handelns ist, was ist er dann?

fragt Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 15. Aug. 2005, 22:40 Uhr
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Unser Problem ist doch folgendes:
Eberhards Aussage:
"Punkt ein Uhr werde ich meinen Kopf nach links oder rechts drehen. Beide Möglichkeiten stehen mir offen. Ich habe mich noch nicht für die Richtung entschieden. Ich werde diese Entscheidung Punkt ein Uhr spontan fällen. Beide Richtungen sind bis dahin möglich."
Ist diese Aussage richtig???
Oder steht schon jetzt für einen Laplaceschen Dämon fest, wie Eberhard sich entscheiden wird ?

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 15. Aug. 2005, 23:13 Uhr
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Hi,

können jedoch entkräftet werden durch ein Argument wie: "Er kann den Kopf jetzt nicht nach links drehen, weil er sich gerade einen Nerv eingeklemmt hat".
Ich sehe erst mal nicht, dass dieses Argument entkräftet. Wenn wir sagen "X kann" (ob ich X bin, ist dabei völlig egal), setzen wir voraus, unter nicht wesentlich geänderten Bedingungen. Ich kann heute Abend mit dem Hund im Park Gassi gehen. Wenn mir allerdings auf dem Weg ein Blumentopf auf den Kopf fällt, kann ich das nicht. Dann hat sich die Situation wesentlich geändert.

Es verhält sich hier doch nicht viel anders als in den Naturwissenschaften. Wir sagen, Wasser kocht bei 100 Grad und setzen voraus, unter normalen Bedingungen. Setze ich den Topf in ein Vakuum, kocht das Wasser bei wesentlich niedrigerer Temperatur - aber das ist dann eben eine im Verhältnis zu normalen Bedingungen wesentlich andere Situation.

Wie kann man für und wider das Bestehen von Handlungsmöglichkeiten (eines bestimmten Subjekts in einer bestimmten Situation) argumentieren?
Mir fällt jetzt auf, dass wir uns im Grunde selbst aufs Glatteis führen. Du nimmst jetzt das Kopfdrehbeispiel. Aber kannst du in dieser Situation wirklich nur den Kopf nach links oder nach rechts drehen? Du kannst statt dessen auch aufstehen oder dich setzen, mit den Armen rudern, dir was zu trinken holen ... ist es nicht unsinnig, die Handlungsmöglichkeiten, die man in einer Situation hat, auf einen bestimmten Ausschnitt zu beschränken, unsinnig, weil es nicht der Wirklichkeit entspricht?

Tatsächlich setzt doch das Kopfdreh-Experiment voraus, dass du das Ziel hast, unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zu beweisen (was du eigentlich gar nicht brauchst, aber bleiben wir dabei).

Ich denke, der springende Punkt ist nicht, dass du den Kopf nach links drehen kannst (wie gesagt, dafür gibt es, vorausgesetzt die Situation ändert sich nicht wesentlich, objektive Kriterien), sondern, dass du ihn genau so nach rechts drehen kannst. Dabei handelt es sich um gleichwertige Möglichkeiten in der Verfolgung des Zieles, nämlich, Beweis des Bestehens alternativer Möglichkeiten. Ich denke, das ist wichtig, denn dadurch unterscheidet sich das Kopfdrehen vom Bier aus dem Kühlschrank holen, denn diese Handlung hätte ein anderes Ziel (obgleich du unterschiedliche Möglichkeiten genau so nachweisen kannst, wenn du sagst, ne, statt Experimentieren hole ich mir lieber ein Bier, die Möglichkeit habe ich auch).

Irgendwie ist das alles sehr künstlich. Laboratmosphäre.

Und wenn ich sage: ich kann den Kopf jetzt nach links oder nach rechts drehen, wie es ja tatsächlich der Fall ist? Buridans Esel?

Kann ich den Satz "Ich habe jetzt die Möglichkeit, den Kopf nach links zu drehen" durch den Satz übersetzen "Wenn ich will, drehe ich jetzt den Kopf nach links"?
Wenn du die Möglichkeit hast, kannst du es. Das ist abhängig von äußeren Bedingungen. Das kannst du feststellen wie jeden anderen natürlichen Umstand. Z.B. durch eine medizinische Untersuchung, die ergibt, wenn vom Gehirn ein bestimmter Impuls ausgeht, wird er den Kopf nach links drehen. Das heißt, wenn zum bestehenden Umstand ein bestimmter dazu kommt, wird etwas bestimmtes passieren. Im Grunde nichts anderes als wenn ich sage, wenn ich Wasser Wärmeenergie zuführe, bis es sich auf 100 Grad erhitzt, wird es kochen.

"Ich habe jetzt die Möglichkeit, den Kopf nach links zu drehen, wenn ich will" hat dann die gleiche 'Wirklichkeitsqualität' wie der Satz, wenn ich dieses Wasser bis auf 100 Grad erhitze, wird es kochen.

"Wenn ich will, drehe ich den Kopf jetzt nach links" bedeutet nur scheinbar dasselbe. Wenn ich will. Und wenn ich nicht will, was dann? Ich denke, über eventuell bestehende Möglichkeiten sagt dieser Satz überhaupt nichts aus.

"Ich habe jetzt die Möglichkeit, zum Mond zu fliegen, wenn ich will." Hä? Blödsinn. Welche Möglichkeit?
"Wenn ich will, fliege ich jetzt zum Mond." Wat haste genommen?
Das heißt, Satz eins bezieht sich auf Objektives, Satz zwei auf Subjektives.

Ich denke, wir müssen die objektiven Möglichkeiten - die festzustellen kein Problem sein dürfte - vom subjektiven Wollen, das die energeia für die dynamis ist und zur Verwirklichung der Möglichkeit führt, trennen.
Oder auch: notwendige und hinreichende Bedingung.
Auf jeden Fall muss beides vorhanden sein: Möglichkeit und Willen (ob frei oder nicht).

Meint, vorbehaltlich vernünftigen Protestes, erst mal Abrazo.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 15. Aug. 2005, 23:20 Uhr
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@ Jonny:
Ich werde diese Entscheidung Punkt ein Uhr spontan fällen. Beide Richtungen sind bis dahin möglich.
Spontan fällen - würde sich da der Willen nicht darauf beschränken, die Entscheidung um ein Uhr einem mehr oder minder biologischen Impuls zu überlassen?

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 16. Aug. 2005, 16:52 Uhr
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Hallo allerseits,

Abrazo hat recht: die Fähigkeit, etwas Bestimmtes zu tun, besteht unabhängig vom Willen, dies zu tun. Insofern fragt der Berliner zu Recht: "Kannste nich oder willste nich?"

Ob mir ein bestimmtes Tun möglich ist im dem Sinne, dass ich dazu fähig bin, ist zu unterscheiden von "möglich sein" in dem Sinne, dass ich ein bestimmtes Tun wählen kann.

Bei meinem Kopfdreh-Beispiel wird meine Fähigkeit, den Kopf zu drehen, stillschweigend vorausgesetzt. Es kommt hier allein auf die Wahlmöglichkeit zwischen Linksdrehung (Möglichkeit x) und Rechtsdrehung (Möglichkeit y) an.

Mit dem Gedankenexperiment soll bewiesen werden:

“Es gibt (um 1 Uhr) mindestens zwei alternative Möglichkeiten des Handelns für mich, x und y, zwischen denen ich wählen kann.“

Wenn dies gelingt, ist offenbar die folgende Position widerlegt:

"Welche Handlung ein Mensch ausführt, ist durch die jeweils gegebenen Bedingungen festgelegt. Es ist deshalb ein Irrtum, wenn ein Mensch annimmt, er könne zwischen Handlungen wählen.“

Die Frage ist, ob eine derartige Position überhaupt vertreten wird.

Eine andere Position würde sagen: „Ich gebe zu, dass Du um 1 Uhr Deinen Kopf drehen kannst, wohin Du willst, und insofern wählst Du die Handlung, Du wählst jedoch nicht Deinen Willen, das was Du willst.“

Die Folgerungen für die ethischen Fragen in Bezug auf Verdienst und Schuld, Belohnung und Bestrafung will ich erstmal auslassen. Nur soviel, dass meiner Ansicht nach diese Kategorien ansetzen, sobald man sagen kann: „Du hättest anders handeln können, wenn Du es gewollt hättest.“

Soweit meine Klärungsversuche – die mich selbst allerdings nicht recht befriedigen. Andererseits habe ich doch das Gefühl, dass es - wenn auch mühsam -vorangeht.

Es grüßt Euch Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 16. Aug. 2005, 17:24 Uhr
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Unter entsprechend günstigen Umständen, kann ich sicher das tun was ich will. You can get it, if you realy want, but you must try.... Die Frage ist aber etwas pointiert formuliert: "Kann ich auch wollen was ich will?
Will ICH? Oder will ES mir?"
Der freie Wille wird mir immer suspekter. Ein nicht denkbarer Begriff.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 16. Aug. 2005, 22:23 Uhr
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Hi zusammen,

klar kommen wir vorwärts.

Überschrift: Kann ich auch wollen was ich will - anders gesagt, nicht die Möglichkeit des Könnens ist unser Problem, sondern die Möglichkeit des Wollens. Haben wir da Alternativen? Sieht schwierig aus, ne?

Du beschließt, um ein Uhr deinen Kopf zu drehen, entweder nach rechts oder nach links. Würde ich als Determinist sofort darauf eingehen. Punkt ein Uhr werfe ich etwas neben deinen Sitz - und selbstverständlich wirst du deinen Kopf in diese Richtung drehen, denn darauf bist du biologisch programmiert.
Du hast zwar entschieden, deinen Kopf zu drehen (könnte man sagen, manipuliert durch den Deterministen), aber du hast nicht entschieden, in welche Richtung. Das heißt, du überlässt die Entscheidung dem Zufall, lässt dich also steuern.

Ich denke, mit spontanen Entscheidungen lässt sich nichts beweisen.

Welche Handlung ein Mensch ausführt, ist durch die jeweils gegebenen Bedingungen festgelegt. Es ist deshalb ein Irrtum, wenn ein Mensch annimmt, er könne zwischen Handlungen wählen.
Nehmen wir an, du entscheidest folgendes: um ein Uhr werde ich meinen Kopf in die eine Richtung drehen, 10 Sekunden später in die andere. In welche Richtung, entscheiden wir jetzt: du wirfst eine Münze, Kopf heißt rechts, Zahl heißt links. Wenn du Zahl wirfst, drehe ich meinen Kopf um ein Uhr nach links, 10 Sekunden später nach rechts.
Selbst wenn der Determinist den Fall der Münze manipuliert, so hat er doch nicht dich manipuliert, denn du hast dich ja entschieden, dich nach dem Fall der Münze zu richten. Und auch die Bedingungen um ein Uhr zu manipulieren hat nicht viel Sinn (unmöglich darf er es ja nicht machen), denn die sind zum Zeitpunkt der Entscheidung ja noch gar nicht vorhanden, können also nicht einwirken.
Was ließe sich nach der Verwirklichung dagegen sagen, dass das eine freie willentliche Entscheidung war?

Wenn ich beide Beispiele zusammen fasse: kann ich frei wählen, ohne einen Grund für meine Wahl zu haben, selbst wenn der Grund nur im Fall einer Münze besteht? Ich denke, nein. Eine Wahl ohne Grund ist eine Scheinwahl. Als wenn ich sage: ich komme dich morgen besuchen, wenn ich Lust habe. Ob ich dich besuchen komme, hängt dann nicht von meinem Willen ab, sondern von meinem - letztlich biologischen - Befinden.

Wenn ich aber sage: ich komme dich morgen besuchen, egal wie das Wetter ist oder wie ich mich fühle, dann habe ich jetzt eine willentliche Entscheidung getroffen für eine Zukunft, deren Bedingungen ich nicht kenne und die zum Zeitpunkt der Handlung deswegen keinen Einfluss auf mich haben können, wenn ich meiner willentlichen Entscheidung gemäß handle.

Wir kennen so etwas als Versprechen oder Vertrag. Und sehen gleich die Crux an der Sache: die Handlung kann nämlich infolge des Versprechens zum Zwang gegen unseren Willen werden. Also eine weitere Komplikation. Aber ich möchte so etwas nicht ganz außen vor lassen, immerhin befassen wir uns ja mit Phänomenen, mit denen die Menschheit seit paar tausend Jahren umgeht und entsprechende Regelungen gefunden hat.

Dennoch scheint mir wichtig zu sein, dass der Willen der Handlung in der Zeit vorausgeht.

Die Frage nach den möglichen Alternativen bei diesem Willensentscheid wäre die Frage, ob es alternative Gründe gibt, unter denen ich wählen kann:

1. ich besuche dich nicht
2. ich besuche dich, wenn ich Lust habe
3. ich besuche dich auf jeden Fall.

Gründe heißt: ob ich dich morgen besuche oder nicht hängt davon ab, welcher Grund für eine dieser Möglichkeiten mir einleuchtet oder welchem ich Priorität zuweise.

Das scheint mir im Moment das größte Problem zu sein: für jeden Grund, den ich wähle, kann man einen Grund finden, warum gerade der gewählt wird. Eine freie willentliche Entscheidung wäre nur das Auswürfeln - aber das macht natürlich keiner.

Mal gucken, was euch dazu einfällt; mit Blick auf den letzten Absatz zweifle ich nämlich, ob dieser Ansatz fruchtbar ist. Andererseits komme ich auf keine andere Möglichkeit

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 16. Aug. 2005, 23:16 Uhr
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Wir müssen zwei vollkommen symmetrische Möglichkeiten konstruieren, in der es keinen Grund mehr gibt die eine Möglichkeit vor der anderen zu bevorzugen. Roboter würden vor dieser Situation scheitern, kämen in eine endlos Schleife...

Abrazo: "Dennoch scheint mir wichtig zu sein, dass der Willen der Handlung in der Zeit vorausgeht. "
jonny W: Dennoch scheint mir wichtig, daß der Willen zur Handlung und die Handlung selbst identisch sind. Das nenn ich Spontanität.

Im Zen muß der Schüler ein sogenanntes Koan lösen. Das ist eine Aufgabe die rational unlösbar ist, für deren Lösung es keine Begründung gibt.
z.B: Laß mich das Klatschen deiner einen Hand hören.
Die Lösung kann nur spontan erfolgen - und frei!
Alles Rationalisieren und Klügeln wird zurückgewiesen.
Wiederum müßte jeder Roboter, jeder Rechner, jede KI scheitern. Der Mensch kann diese Aufgaben lösen.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 16. Aug. 2005, 23:57 Uhr
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"Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches?" Eberhard

Hallo Eberhard,

wie meinst Du das eigentlich? Glaubst Du Möglichkeiten flitzen wie Atomkügelchen durch die Gegend und man braucht sie nur aufzuschnappen auch wenn sie aus Bereichen kommen die man gar nicht kennt oder gar mit dem Willen diese Kügelchen beinflussen kann damit sie sich hier oder dort präsentieren?

Du fragst doch nicht etwa eigentlich danach, ob Möglichkeiten Teile der Welt sind, die für sich ein Eigenleben führen können?

Nacht
Lina

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 17. Aug. 2005, 01:18 Uhr
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@ Jonny:

jonny W: Dennoch scheint mir wichtig, daß der Willen zur Handlung und die Handlung selbst identisch sind. Das nenn ich Spontanität.

Es geht nicht um Spontaneität, es geht um den Willen.
Der Mensch ist nicht mit einem Computer vergleichbar. Ein Computer ist ein geschlossenes System. Der Mensch aber ist von vielfältigen unberechenbaren Umweltereignissen beeinflusst. In Sachen Spontaneität würde jeder Determinist umgehend einen Beweis für seine Thesen finden. Denn wo ein Computer wg Geschlossenheit in eine Endlosschleife gerät, genügt beim Menschen ein kleiner Umwelteinfluss, um seine Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu zwingen - wenn er das wg 'Nichtaktivierung' des Willens zulässt.

Es geht auch nicht um Problemlösungen, sondern eben um Willen.

Und schließlich ist zumindest religiöse Mystik regelmäßig auf das Gegenteil des freien Willens aus, nämlich auf die 'Abgewöhnung' des Willens.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 17. Aug. 2005, 05:11 Uhr
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Hallo miteinander!

Der Begriff des freien Willens lädt zu Missverständnissen ein. Man könnte sich darunter so etwas wie ein elementares „Vermögen“ oder ein zentrales Steuerungsorgan vorstellen, das irgendwo „in der Psyche“ seinen wohlbestimmten Ort hat – neben anderen Vermögen wie dem Verstand, der Einbildungskraft, dem Begehrungsvermögen, dem Vermögen von Lust und Unlust usw. Man kennt diese Aufgliederung des „Gemüts“ z.B. von Kant (sie ist natürlich älter), weiß aber auch, dass schon Hegel sich über den „Seelensack“ lustig gemacht hat, in dem jenes Sammelsurium von Vermögen angeblich zu unterscheiden und - nach der Analogie von Körperorganen – bei der Arbeit zu beobachten sei. Die „Beobachtung“ wäre dann freilich eine mit dem „geistigen Auge“, landläufig auch „Introspektion“ genannt.

Wenn man sich „den“ freien Willen in dieser Weise vorstellt, wird man wohl leer ausgehen. So haben auch die Hirnforscher mit ihren „bildgebenden Verfahren“ festgestellt, dass so etwas wie eine zentrale Steuerungseinheit im Gehirn nicht zu finden ist. Dass sie das schon für einen Beleg gegen den „freien Willen“ halten, ist aber etwas naiv, denn es ist ja nicht ausgemacht, dass ihm eine bestimmte Körperregion als sein „Sitz in der Wirklichkeit“ korrespondieren müsse. Widerlegt ist mit dieser Beobachtung nicht die Existenz eines freien Willens, sondern nur die – ohnehin abstruse - Vorstellung, er ähnele irgendwie einem Körperorgan.
(Analoges ließe sich auch zur „Einheit des Ich“ oder des Bewusstseins sagen.)

Mir erscheint die Rede von der Freiwilligkeit, der Willkürfreiheit oder dem freien Willen nicht als völlig sinn- oder gegenstandslos. Denn es ist ja nicht zu bestreiten, dass wir alle auf Schritt und Tritt die Erfahrung des kontrollierten und zielgerichteten Handelns machen, dass wir uns in vielen Situationen zwischen Handlungsalternativen (aber auch zwischen verschiedenen Zielen) entscheiden können. Ganz besonders wichtig ist dabei die Erfahrung, dass wir bestimmte Handlungsmuster beliebig oft mit Erfolg wiederholen können – d.h. dass wir Ziele, die wir uns selbst stecken, immer wieder erreichen können, in vielen Fällen auch auf verschiedenen Wegen.

Was das Handeln angeht, so ist der Erfolg – das wiederholte Erreichen des Ziels – zugleich der „Beweis“ für seine Möglichkeit bzw. für unser Können. Ich verstehe darum nicht ganz Eberhards Nachbohren an dieser Stelle. Dass ich meinen Kopf beliebig oft nach links wenden kann, wenn ich es will, ist dadurch bewiesen, dass ich es tue. Und wer hier skeptische Bedenken trägt, ob mein Wille oder mein Entschluss zu dieser wiederholten Handlung „wirklich frei“ war oder ob er nicht durch irgendwelche unbewussten Antriebe hinterrücks determiniert sein könnte, soll doch bitte genauer erklären, wonach er fragt: Was meint er mit „wirklich frei“? „Absolute Spontaneität“? Völlige und permanente Abwesenheit von Motiven oder Einschränkungen? – Wenn unter „freiem Willen“ solch ein Metaphysikum zu verstehen sein soll, in dem noch die Vision von Gottes Allmacht vor der Erschaffung der Welt nachklingt, dann halte ich ihn für verzichtbar. Mein profaner Bedarf an Freiwilligkeit ist durchaus gedeckt mit den Handlungsmöglichkeiten, die ich nachweislich habe (bzw. die ich noch erlernen kann), auch wenn ich dabei immer wieder an Grenzen stoße und so mancherlei zu wünschen übrig bleibt (so ist das Leben).


Der Begriff des freien Willens hat also durchaus einen brauchbaren Sinn. Aber ich neige dazu, ihn als einen Sammel- und Reflexionsbegriff zu verstehen. Mit ihm wird nicht ein irgendwie empirisch abgrenzbares „Vermögen“ bezeichnet, das neben anderen Vermögen einen „Sitz“ in der Psyche oder im Gehirn hätte. Vielmehr beziehen wir uns mit diesem Begriff abstrahierend auf viele beobachtbare (Einzel-) Handlungen, die wir zielgerichtet vollziehen oder in der Vergangenheit vollzogen haben, und denen gemeinsam ist, dass wir sie bejahen, kontrollieren und zu bestimmten Zwecken einsetzen oder auch unterlassen können.

Es dürfte schlicht unmöglich sein, „den Willen“ als solchen zu beschreiben und zu lokalisieren. Aber es ist ein Leichtes, absichtliche Handlungen von unabsichtlichen Reflexen zu unterscheiden. Und wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass wir ein Ziel über längere Zeiträume gegen alle möglichen Widerstände anstreben und erreichen können. Ebenso kennen wir die umgekehrte Erfahrung, nämlich dass wir auf ein Ziel hin handeln, aber an den Umständen scheitern. In beiden Fällen kommt mit den Schwierigkeiten und Widerständen, die das Erreichen des Ziels vereiteln (oder zu vereiteln drohen), auch so etwas wie ein Wille zur Abhebung – als eine „Kraft“, die sich gegen die Widrigkeiten anzustemmen scheint.


Mit meinen Bemerkungen unterstütze ich Abrazo, der die Rede vom Wollen jeweils an bestimmte Handlungen und ihre Ziele zurückbinden möchte (oben im Beitrag Nr. 45). Das Wollen wird also erkennbar an beobachtbaren Handlungen. Und dort hat dieser Begriff auch eine intersubjektiv verifizierbare Referenz.


Es grüßt Euch
Urs





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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 17. Aug. 2005, 08:50 Uhr
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Hallo Lina,

Zu Deinen Fragen:

“Glaubst Du Möglichkeiten flitzen wie Atomkügelchen durch die Gegend und man braucht sie nur aufzuschnappen ,,,?“

Nein.

“ Du fragst doch nicht etwa eigentlich danach, ob Möglichkeiten Teile der Welt sind, die für sich ein Eigenleben führen können?“

Nein.

Moin.

Eberhard.


Hallo allerseits,

Halten wir fest, bevor wir zur Frage der Freiheit des Handelns und Wollens kommen:

Eine Fähigkeit („A kann x tun“ z.B. „Andrea kann Russisch“) wird unter Beweis gestellt, indem sie tatsächlich praktiziert wird.

Eine Wahlmöglichkeit; („A kann entweder x oder y tun“ z.B. „A kann E entweder in den Kopf oder in die Beine schießen“ = „A hat die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: E in den Kopf zu schießen oder E in die Beine schießen“ . Anmerkung: Es können auch mehr als zwei Möglichkeiten sein.)

Eine Wahlmöglichkeit kann z.B. durch das Kopfdreh-Experiment unter Beweis gestellt werden.

Menschen können in bestimmten Situationen – nicht immer – wählen, wie sie handeln.

Einverstanden? Gibt es dagegen deterministische Einwände, die nicht ausgeräumt werden können?

fragt Eberhard.

p.s.: Ich halte meinen Beitrag bewusst kurz, denn mit immer mehr Bällen gleichzeitig in der Luft verliert jeder Jongleur irgendwann die Übersicht.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 17. Aug. 2005, 09:42 Uhr
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Abrazo: "Der Mensch ist nicht mit einem Computer vergleichbar. Ein Computer ist ein geschlossenes System."
jonny:der Mensch ist kognitiv ein geschlossenes System. Er interagiert nur mit seinen eigenen Zuständen. (v.Foerster, v. Glasersfeld, Maturana...)
Das Gehirn ist in gewissen Aspekten vieleicht tatsächlich mit einem Computer vergleichbar, grundsätzlich aber etwas ganz anderes.
Den Willen finden wir nirgends im Körper als Organ. Der Wille ist nicht lokal.
Theoretisch sollte sich aber jede Handlung bis ins Gehirn zurückverfolgen lassen. Dort werden die entsprechenden Aktionspotentiale aufgebaut. Wie kommt nun das Gehirn dazu Potential A statt Potential B aufzubauen. Und an dem Punkt müssen wir wieder die Quantentheorie zu Rate ziehen.
Ich bin mir ganz sicher, daß das Gehirn nur quantenmechanisch zu beschreiben ist. (Die Neurologen, die sich auf dem Gebiet als Fachleute fühlen, sind da allerdings ganz anderer Meinung.)

Abrazo: "Es geht nicht um Spontaneität, es geht um den Willen."
jonny: Wille ist Spontaneität.

Abrazo: " Denn wo ein Computer wg Geschlossenheit in eine Endlosschleife gerät, genügt beim Menschen ein kleiner Umwelteinfluss, um seine Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu zwingen"
jonny: Eben nicht. Wir sind hier im Zentrum des Problems. Das Gehirn ist, da es ein quantenmechanisches System ist, nicht durch Umwelteinflüße determiniert. Es existieren für das Gehirn Möglichkeiten!!!!!!!!!!!
Diese Möglichkeiten sind WIRKLICH. Das Gehirn arbeitet mit klassischer Information(bits), aber auch - und das ist entscheidend - mit Quanteninformation (Qbits).

Abrazo: "Und schließlich ist zumindest religiöse Mystik regelmäßig auf das Gegenteil des freien Willens aus, nämlich auf die 'Abgewöhnung' des Willens."
jonny: na ja, ich stimm dem nicht zu, aber das ist ne andere Baustelle.

Urs:"Und wer hier skeptische Bedenken trägt, ob mein Wille oder mein Entschluss zu dieser wiederholten Handlung „wirklich frei“ war oder ob er nicht durch irgendwelche unbewussten Antriebe hinterrücks determiniert sein könnte, soll doch bitte genauer erklären, wonach er fragt: Was meint er mit „wirklich frei“? „Absolute Spontaneität“? Völlige und permanente Abwesenheit von Motiven oder Einschränkungen? – Wenn unter „freiem Willen“ solch ein Metaphysikum zu verstehen sein soll, in dem noch die Vision von Gottes Allmacht vor der Erschaffung der Welt nachklingt, dann halte ich ihn für verzichtbar."
jonny: Genau darum gehts (mir zumindest) aber. Diese "metaphysische" Frage kann vielleicht streng naturwissenschaftlich geklärt werden.
Und da schwingt tatsächlich noch die Allmacht Gottes beim Erschaffen der Welt mit. Nur daß wir es sind die diese Welt schaffen. Jeden Moment neu.

urs: "Es dürfte schlicht unmöglich sein, „den Willen“ als solchen zu beschreiben und zu lokalisieren."
jonny: der Wille ist sicher nicht in Raum und Zeit zu lokalisieren. Aber genau diese Tatsache weist wieder hin zur Quantentheorie, die eine nichtlokale Theorie ist. Das ist ganz, ganz wichtig!

Sheelina:“Glaubst Du Möglichkeiten flitzen wie Atomkügelchen durch die Gegend und man braucht sie nur aufzuschnappen ,,,?“
jonny: Um die Verwirrung - oder besser gesagt meine Disqualifikation in euern Augen - vollständig zu machen, im Prinzip, ja.

Eberhard: "Eine Wahlmöglichkeit kann z.B. durch das Kopfdreh-Experiment unter Beweis gestellt werden."
jonny: Niemals!


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 17. Aug. 2005, 10:07 Uhr
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Hallo.

Ich frage mich eher, ob der Wille, den wir als unsrigen bezeichnen überhaupt einer körperlichen Handlung bedarf. Inwiefern wir durch unseren Willen schon mit der Welt verbunden sind. Ob nicht der reine Wille im Sinne eines Kraftfeldes nicht ansich schon wirklich ist. Gesteigerte Emotionen Einfluss auf Dinge haben können ohne dass diese mit uns in sinnlicher Wahrnehmung stehen, weil sie keine Sinne haben, wir aber mit bzw. zu ihnen.

liebe Grüße
Lina

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 17. Aug. 2005, 10:28 Uhr
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.... sollte jemand tat sächlich
das gehirn als stätte des willens be greifen ?????
nicht als tastatur des geistes

dann hat er keinen ......



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 17. Aug. 2005, 10:30 Uhr
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Der Wille ist sicher nichts mit einem Kraftfeld vergleichbares.
Zur Begründung könnte ich auf Theorien und Experimente der Parapsychologie verweisen.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 17. Aug. 2005, 10:36 Uhr
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.... der wille ist der nicht materielle geist
so jemand hat einen

andern falls
ist das gehirn die tastatur der macht ..................



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 17. Aug. 2005, 12:05 Uhr
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Hallo Johnny!

Zu Deinem letzten Beitrag ließe sich eine Menge sagen. Ich will mich so kurz fassen, wie es angesichts des schwierigen Themas vertretbar ist.


Quote:Den Willen finden wir nirgends im Körper als Organ. Der Wille ist nicht lokal.
Theoretisch sollte sich aber jede Handlung bis ins Gehirn zurückverfolgen lassen. Dort werden die entsprechenden Aktionspotentiale aufgebaut. Wie kommt nun das Gehirn dazu Potential A statt Potential B aufzubauen. Und an dem Punkt müssen wir wieder die Quantentheorie zu Rate ziehen.
Ich bin mir ganz sicher, daß das Gehirn nur quantenmechanisch zu beschreiben ist. (Die Neurologen, die sich auf dem Gebiet als Fachleute fühlen, sind da allerdings ganz anderer Meinung.)



Das Gehirn ist auf sehr vielfältige Weise zu beschreiben. Offenbar ist es uns Menschen möglich, Ausschnitte der Welt jeweils anhand verschiedener Modelle zu analysieren und dabei die analysierte Einheit auch jeweils anders abzugrenzen. Die Auswahl aus den uns zur Verfügung stehenden Beschreibungsmodellen steht uns frei und richtet sich jeweils nach den Zielen, die wir dabei verfolgen. Den Beweis für diese Möglichkeit liefern unsere vielstimmigen Wissenschaften.

Es fragt sich aber, ob dieser vielstimmige Chor unbedingt auf EINE Stimme (z.B. die Quantenphysik), die dann ALLES sagt und ALLEIN wahre Sätze vorbringt, reduziert werden kann und soll. Bis jetzt scheint eine solche Reduktion unmöglich zu sein. Und ich halte sie auch nicht für wünschenswert.

Grundlegend ist aber der Unterschied zwischen wissenschaftlicher Analyse und lebensweltlichem Handeln zu beachten und zu respektieren. Dieser Unterscheid ist auch ERKENNTNISTHEORETISCH relevant.

Ein Gehirnforscher hat es in seiner Arbeit mit einem bestimmten (von ihm so und so definierten) Körperorgan zu tun, dessen Bau und Funktion er untersucht. Aber wenn ich handle oder mit anderen handelnden Subjekten kommuniziere, handelt nicht mein Gehirn (sondern ich) und kommuniziere ich nicht mit Gehirnen (sondern mit anderen Subjekten). Ich würde es mir auch verbitten, dass mich jemand im alltäglichen Umgang wie ein Körperteil oder ein „geschlossenes System“ behandelt.

Die erkenntnistheoretische Relevanz des Unterschieds zwischen lebensweltlicher Praxis und wissenschaftlicher Beschreibung zeigt sich daran, dass jeder Wissenschaftler in seinem wissenschaftlichen Tun ein handelndes und erkennendes Subjekt ist und bleibt. Menschliche Subjekte treiben Wissenschaft, nicht subatomare Teilchen oder Gehirne. Das besagt: Die zweckorientierte wissenschaftliche Beschreibung bestimmter Ausschnitte der Welt, die Konstruktion und Auswahl der dabei genutzten Modelle liegt in einer methodischen Analyse des Erkennens den jeweils erbrachten Erkenntnissen zugrunde. Das ist schon daran zu sehen, dass „das Gehirn“ an der Konstruktion JEDES dieser verschiedenen Modelle beteiligt ist. „Das Gehirn selbst“ macht offenbar keine Vorgaben und liefert keine Kriterien dafür, welcher Gebrauch der richtige ist. Den Gebrauch, den wir von unserem Gehirn machen, verantworten wir, die handelnden und erkennenden Subjekte.

Das ist auch meine Antwort auf Deine Frage:


Quote:Wie kommt nun das Gehirn dazu Potential A statt Potential B aufzubauen. Und an dem Punkt müssen wir wieder die Quantentheorie zu Rate ziehen.



Wir müssen das ganz und gar nicht! Wir können es. Und wir können uns fragen, ob das überhaupt sinnvoll ist und zu wahren Aussagen führt.

„Das Gehirn“ baut seine Potentiale zu einem großen Teil dadurch auf, dass wir von ihm einen bestimmten Gebrauch machen – z.B. indem wir eine Sprache lernen oder eine Berufsausbildung machen, Wissenschaft treiben oder ein Musikinstrument spielen. Wenn ich am Klavier sitze, setze ich andere Teile meines Körpers anders in Aktion als beim Holzhacken. Mein Körper macht aber beides willig mit – was allerdings gewisser Lernprozesse bedurfte.

Relativ zu diesen Lernprozessen und ihren jeweiligen Zielen ist es sinnvoll, das Gehirn (oder andere Körperteile) als Potential zu bezeichnen. Auch die Quantentheorie mag etwas mit Potentialen zu haben, aber es sind offenbar Potentiale relativ zu völlig anderen Beschreibungsmodellen und –zwecken.


Quote:Genau darum gehts (mir zumindest) aber. Diese "metaphysische" Frage kann vielleicht streng naturwissenschaftlich geklärt werden.
Und da schwingt tatsächlich noch die Allmacht Gottes beim Erschaffen der Welt mit. Nur daß wir es sind die diese Welt schaffen. Jeden Moment neu.



Ganz offenbar verfolgst Du andere Erkenntnisziele als ich. Aber metaphysische Fragen mithilfe eines Wissenschaftstyps beantworten wollen, der eigens konzipiert wurde, um metaphysische Spekulationen ZU ERÜBRIGEN, finde ich paradox.

Interessant ist aber, dass es Naturwissenschaftler gibt, die sich von ihrer Wissenschaft einen vollgültigen Metaphysik-Ersatz erhoffen.

Schönen Gruß
von Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 17. Aug. 2005, 12:57 Uhr
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Lieber Urs,
ich danke dir.
(Hab nämlich keinen Bock, mich auch noch um so was zu prügeln. Ich bin nicht so lieb wie Eberhard [angry])

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 17. Aug. 2005, 17:17 Uhr
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kleines Intermezzo zum Thema Metaphysik.
Schon dein Verlangen nach wahren Aussagen, mein lieber Urs, ist Sehnsucht nach Metaphysik.
Alle Naturwissenschaften und speziell die Physik sind auf metaphysischen Fundamenten gebaut. Gerade die Physik wird als Ersatzreligion von fast allen Wissenschaftlern und Nichwissenschaftlern metaphysisch vergewaltigt. Wir sind mit den metaphysischen Annahmen die im Fundament der Physik verborgen sind aufgewachsen, sie sind uns in Fleisch und Blut übergegangen. Als da wären: es gibt Dinge, Dinge haben Eigenschaften, es gibt Raum und Zeit, Dinge sind manipulierbar, Kausalität....Wir sind Subjekte, die Objekte wahrnehmen...
Es wird uns nie gelingen eine metaphysikfreie Naturwissenschaft zu treiben.
Das Programm des Positivismus darf als gescheitert gelten.

Meine Devise: ohne Metaphysik gehts nicht, man sollte sich diese Tatsache aber immer vor Augen halten: Alle naturwissenschaftliche Erkenntnis ist metaphysikverseucht.
Das Verlangen nach Wahrheit, nach wahren Sätzen ist ein Verlangen nach Metaphysik und hat in den Naturwissenschaften nichts verloren. Hier gehts nicht um Wahrheit.
Wenn ich mit metaphysischem Pathos daherkommend sage, wir würden die Welt jeden Augenblick neu schaffen, dann bilde ich mir ein zu wissen wovon ich rede und hoffe das physikalisch begründen zu können. Und zwar mit einer speziellen Theorie des quantenmechanischen Messprozesses, die in der Physik zwar umstritten aber nicht exotisch ist.
usw, usw,...
zurück zu Möglichkeiten , Wirklichkeit und freiem Willen.




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 17. Aug. 2005, 17:52 Uhr
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Hallo allerseits, hallo jonny,

ich kann in 3 Minuten mehr behaupten als 100 promovierte Philosophen in 3 Jahren widerlegen können. Wenn wir also irgendwelche bleibenden Resultate erzielen wollen, sollten wir uns in der Diskussion jeweils auf eine These (und deren Begründung) konzentrieren.

Im Unterschied zu Dir geht es mir um die Wahrheit und Unwahrheit von Behauptungen, Wahrheit dabei verstanden als ein begründeter, gerechtfertigter Geltungsanspruch von Behauptungen.

Worum geht es denn hier sonst? Um den Unterhaltungswert? Um Möglichkeiten, sich risikolos öffentlich in Szene zu setzen? Um die Bekehrung Ungläubiger?

Du schreibst:

"Eberhard: 'Eine Wahlmöglichkeit kann z.B. durch das Kopfdreh-Experiment unter Beweis gestellt werden.'
jonny: Niemals!"

Eben weil es hier um Wahrheit geht, kann ich von Dir verlangen, eine Behauptung nicht nur in den Raum zu stellen, sondern sie auch zu begründen,

meint der liebe Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 17. Aug. 2005, 18:37 Uhr
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Hallo Johnny!

Offenbar gebrauchst Du den Begriff der Metaphysik etwas anders als ich, wenn Du bereits das Streben nach Wahrheit für ein metaphysisches hältst.

Nach meiner Auffassung braucht man den Wahrheitsbegriff ebenso wenig metaphysisch aufzuladen wie den des freien Willens. Ich gebe mich damit zufrieden, „wahr“ solche Aussagen zu nennen, auf die so weit Verlass ist, dass wir mit ihrer Hilfe unsere Zwecke (im weitesten Sinne: Lebensbewältigung) erreichen können. Von einer „absoluten“ Wahrheit, die uns sagt, wie die Welt „an sich“ (also jenseits unserer möglichen Erfahrung) ist, träume ich nicht.


Quote:Alle Naturwissenschaften und speziell die Physik sind auf metaphysischen Fundamenten gebaut.



Wenn Du mit „metaphysischen Fundamenten“ gewisse empirisch nicht ausweisbare Prinzipien und Normen meinst, gebe ich Dir Recht. Aber solange sich solche Grundsätze nachvollziehen lassen und solange sie indirekt dazu beitragen, sichere Aussagen über Gegenstände der Erfahrung zu gewinnen, sollte man sie nicht „metaphysisch“ nennen. Denn das lädt zu Missverständnissen ein.


Quote:Gerade die Physik wird als Ersatzreligion von fast allen Wissenschaftlern und Nichtwissenschaftlern metaphysisch vergewaltigt.



Ist das ein Argument für die Metaphysik? Oder nicht eher eine implizite Aufforderung, solchen Vergewaltigungen entgegenzutreten?


Quote:Wir sind mit den metaphysischen Annahmen die im Fundament der Physik verborgen sind aufgewachsen, sie sind uns in Fleisch und Blut übergegangen. Als da wären: es gibt Dinge, Dinge haben Eigenschaften, es gibt Raum und Zeit, Dinge sind manipulierbar, Kausalität....Wir sind Subjekte, die Objekte wahrnehmen...



Wenn Du meine argumentative Strategie über mehrere Beiträge verfolgst, wirst Du feststellen, dass ich auch versuche, von diesen klassischen erkenntnistheoretischen „Selbstverständlichkeiten“ weg zu kommen. Das tue ich ja z.B., wenn ich vorschlage, „Möglichkeit“ und „Wirklichkeit“ oder „Willensfreiheit“ als Reflexionsbegriffe zu verstehen, denen nicht irgendwelche „wirklichen Dinge“ korrespondieren, sondern die ihren Realitätsgehalt in unserem Gebrauch haben.

Aber ich will auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Nur weil „der Wille“ kein organähnliches, lokalisierbares und beobachtbares Vermögen ist, müssen wir nicht sofort behaupten, dass die Rede von Freiwilligkeit sinn- und gegenstandslos ist. Nur weil „Strukturen der Subjektivität“ nicht wie physikalische Strukturen zu beschreiben sind, müssen wir Subjektivität nicht sofort zum Phantom erklären.
Stattdessen kann man solche traditionellen Begriffe überprüfen und sich fragen, unter welchen Bedingungen man sie noch sinnvoll gebrauchen oder sogar auf sie nicht verzichten kann. (Was die Begriffe „Ich“, "Person“,„Subjekt“ angeht, plane ich übrigens die Eröffnung einer Diskussion mit dieser Zielrichtung hier im Forum.)


Quote:Hier gehts nicht um Wahrheit.
Wenn ich mit metaphysischem Pathos daherkommend sage, wir würden die Welt jeden Augenblick neu schaffen, dann bilde ich mir ein zu wissen wovon ich rede und hoffe das physikalisch begründen zu können.



Auch in diesen Sätzen schüttest Du das Kind mit dem Bade aus.
Dagegen halte ich: Es geht hier sehr wohl um Wahrheit und Erkenntnis. Nur sollten wir auf dem Teppich bleiben und von solchen Erkenntnissen sprechen, die wir mit unseren menschlichen Möglichkeiten erreichen können. Und wir haben doch riesige Wissensbestände, auf die wir uns bei unserer gemeinsamen Lebensbewältigung verlassen können und die von unseren Erfahrungen immer wieder bestätigt werden. Nun, gemessen daran, was ein Schöpfergott alles wissen mag, mögen das Kinkerlitzchen sein. Aber wir müssen ja nicht unbedingt „Fischers Fru“ nacheifern.

Schönen Gruß
von
Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 17. Aug. 2005, 19:44 Uhr
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Warum löschen? Lass es doch stehen. Zumindest dieser eine Leser (ich) hat keinerlei Probleme mit Fussnoten. Im Gegenteil, sie geben Aufschluss über die Beweggründe, die Motivation warum jener dieses will. Dass, so habe ich es in meinen vergangenen Beiträgen zu diesem Thread wiederholt kundgetan ist das Entscheidende, denn ich würde kaum ernsthaft postulieren, dass es eine vom Willen losgelöste Verstandestätigkeit geben soll, die sich in Unkenntnis über ihre Absicht anmasst eine vom Willen isolierte Wahrheit zu finden. Erkenntnis findet intuitiv statt und um den rhetorischen Prügelknaben zuvorzukommen, die meinen gleich einen Beweis eintreiben zu können, ich kann diese subjektive Gewissheit nicht objektiv beweisen. Ich kann nur soviel sagen, dass Erkenntnis der Verstandestätigkeit vorsteht und diese sich im glücklichen Fall, das heisst in der Wahrheit der Erkenntnis mit dem Willen verbindet. Der Beweis hinkt der Erkenntnis immer hinterher. (Wie sag ichs meinem Kinde? Und das Kind ist der Verstand oder die wittgenstein'sche Leiter die man wegwirft, wenn man verstanden hat.)

ludovico



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 17. Aug. 2005, 19:51 Uhr
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Hi, zusammen,

@ Urs: [(Was die Begriffe "Ich", "Person", "Subjekt" angeht, plane ich übrigens die Eröffnung einer Diskussion mit dieser Zielrichtung hier im Forum.) - plane das bitte nicht kurzfristig, ein vernünftiger Thread reicht./i] [nosee]

Zu Eberhards Fragen:
[i]Eine Fähigkeit ("A kann x tun" z.B. "Andrea kann Russisch") wird unter Beweis gestellt, indem sie tatsächlich praktiziert wird
Einverstanden. Sehe nichts, was dagegen spräche.

Eine Wahlmöglichkeit kann z.B. durch das Kopfdreh-Experiment unter Beweis gestellt werden
Ebenfalls einverstanden.

Menschen können in bestimmten Situationen - nicht immer - wählen, wie sie handeln.
Quod est demonstrandum, also nein.
Dagegen steht die deterministische These (deswegen ja Uhrzeit und Münzenwurf), dass unser willentlicher Entscheid nur eine Illusion ist. Die These, dass wir zuerst zu einer Entscheidung veranlasst werden durch die Kooperation der Umwelt mit unseren physiologischen Prägungen und erst, nachdem diese Entscheidung getroffen ist, uns die Gründe dafür überlegen. Damit wird die Möglichkeit der Wahl abgelehnt.

Ich bin mir nicht sicher, ob meine Version des Kopfdrehexperimentes - Experiment gewählt, zufälliger Grund gewählt (Münze), späteren Zeitpunkt der Durchführung gewählt, Ausführung der Handlung gewählt (besteht ja immer noch die Möglichkeit, das nicht zu tun) ausreicht, um das zu widerlegen.

@ Urs:
Ich bin nicht damit einverstanden, dass Können quasi gleichbedeutend mit der gleichartigen Wiederholung einer Handlung ist. Das kann zutreffen, aber auch nicht. Ich kann etwas auch dann, wenn ich es zum ersten Mal mache. Und eine Einübung kann auch zu Reflexhandeln führen, siehe das automatische Bremsen beim Autofahren. Dann kann ich Auto fahren, ich kann auch bremsen, aber ich mache es nicht mehr willentlich, weil ich gar nicht merke, dass ich vorhabe zu bremsen. In so einem Falle ist also von einem freien Willen nicht mehr zu reden.

Umgekehrt der Satz (besonders bei Kindern oft angewandt): versuch mal, ob du das kannst. Gelingt der Versuch, kommt der Kommentar: du kannst es.

Zum Willen möchte ich desweiteren anmerken:
a) es gibt dafür ein Wort, sogar ein Verb, und die sind nicht neu erfunden, es wurde also auch in vorwissenschaftlicher Zeit schon etwas damit gemeint,
b)der Wille ist oft mit einem psychischen Erleben verbunden.
Ich melde also Zweifel an, ob deine Auffassung, Urs Vielmehr beziehen wir uns mit diesem Begriff abstrahierend auf viele beobachtbare (Einzel-) Handlungen zutrifft.

Grüße,

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 17. Aug. 2005, 23:57 Uhr
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Hallo Abrazo!


Quote:@ Urs: Was die Begriffe "Ich", "Person", "Subjekt" angeht, plane ich übrigens die Eröffnung einer Diskussion mit dieser Zielrichtung hier im Forum.
- plane das bitte nicht kurzfristig, ein vernünftiger Thread reicht.[nosee]



:-) Keine Sorge! Vor übernächster Woche komme ich schon mal gar nicht dazu. Und dann muss ich mal sehen...

Auf Deine inhaltlichen Einwände gehe ich noch ein. Finde sie interessant.

Schönen Gruß
Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 18. Aug. 2005, 10:02 Uhr
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Hallo allerseits, hallo abrazo,

Du bestreitest die von mir aufgestellte These:

“Menschen können in bestimmten Situationen - nicht immer - wählen, wie sie handeln.“

Nehmen wir ein aktuelles realistisches Beispiel.

Ich habe an meinem Computer eine Tastatur, mit der ich Texte eingeben kann.

Ich habe jedoch auch ein Programm, das gesprochene Sätze in Texte umwandelt.

Beide Möglichkeiten zur Erstellung eines Textes funktionieren. Beide haben ihre Vor- und Nachteile.

Ich behaupte, dass ich zwischen beiden Möglichkeiten wählen kann.

Für die folgende Diskussion einige Hinweise zu der von mir benutzten Terminologie.

Ich verstehe den Ausdruck: „ich kann zwischen den Möglichkeiten x und y wählen“ in dem Sinne, dass die Realisierung von x oder y nur von meiner Bewertung der beiden Möglichkeiten (einschließlich ihrer Konsequenzen) abhängt.

Eine Wahl nenne ich „fremdbestimmt“ (und in diesem Sinne nicht selbstbestimmt und frei), wenn mir jemand für den Fall, dass ich nicht so wähle, wie er es mir vorschreibt, Reaktionen seinerseits ankündigt, die für mich von Vorteil oder Nachteil sind (Sanktionen). Diese Sanktionierung kann auch wortlos wirksam werden.

Wenn der andere z. B. bei Wahl der Alternative x eine Strafe androht, so habe ich nicht mehr die Wahl zwischen den Alternativen x und y, sondern nur noch zwischen den Alternativen (x mit Strafe) und y.

Eine Wahl nenne ich „zwanghaft“, wenn ich eine Alternative wähle, obwohl ich weiß, dass sie mir schadet und ich die Wahl bereuen werde. Dies ist ein Versagen der Selbststeuerung (Sucht)..

Wenn jemand reflexartig oder automatisch reagiert, handelt es sich nicht um eine Wahl.

Eine Wahl nenne ich „aufgeklärt“, wenn ich von richtigen Annahmen über die Welt ausgehe und wenn ich mir über die Motive meiner Wahl im Klaren bin. Menschen können über ihre Motive und deren Herkunft nachdenken.

Als „Motiv“ bezeichne ich einen faktischen Beweggrund des Handelns. Motive haben verschiedene Herkunft (angeborene oder erlernte Triebe bzw. Bedürfnisse) können sehr komplex gemischt sein und müssen nicht immer bewusst sein.

Das Vorschieben anderer Motive als der tatsächlich wirkenden Motive nenne ich „Rationalisierung“. Sie kann auch auf einer Selbsttäuschung beruhen.

Also: Habe ich eine Wahl?

Grüße von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 18. Aug. 2005, 11:21 Uhr
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...... natür lich hast du eine wahl !

du könntest an fangen die wahr heit er gründen
über die tat säch lichen realitäten !

dann die tabus brechen dieser ge meinen schafft !

also
warum selektiert eine frau
einen welt aus plündernden gauner ?
keinen ver ant wort lichen homo sapiens ...

warum ist staat liche zwangs arbeit er laubt ?
warum arbeit schaffen ?
warum keine 10 stunden woche ?

der weil mit andern menschen eine mensch heit gründen
aber das alles scheitert

an deinem zer brochenen geiste .........



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 18. Aug. 2005, 11:36 Uhr
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Eberhard: " Eine Wahl nenne ich „zwanghaft“, wenn ich eine Alternative wähle, obwohl ich weiß, dass sie mir schadet und ich die Wahl bereuen werde. Dies ist ein Versagen der Selbststeuerung (Sucht).. "
Bleiben wir bei der Sucht. Nehmen wir mal einen Alkoholiker.
Die anonymen Alkoholiker werden nicht müde zu betonen, daß das Aufhören keine Willenssache sei. Trockenwerden ist keine Sache eines starken oder schwachen Willens zum Nicht-Trinken.
Sondern: An erster Stelle steht die Kapitulation!
Unter Willen ist hier aber nur das einem Ich bewußte Wollen gemeint: ICH will aufhören!
Es ist nun außerordentlich aufschlussreich zu sehen, daß dieses Wollen keine Konsequenzen hat. Erst wenn das ICH das wollen aufgibt, scheint Rettung möglich.
Ich zitiere den ersten und dritten der 12 Schritte der AA:

1.Wir haben zugegeben, daß wir Alkohol gegenüber machtlos sind und unser Leben nicht mehr meistern konnten.

3. Wir fassten den Entschluß, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes - wie wir ihn verstanden - anzuvertrauen.

Wie schon Ludovico in Bezug auf Schopenhauer bemerkte, ist vernünftiges Abwägen und einen Entschluss fassen noch kein Willensakt. Die Handlung selbst ist identisch mit dem Willen. Dieser ist immer spontan. Inwieweit dieser Wille durch Vernunft zu beherrschen oder zu lenken ist, das ist die große Frage.
IMHO: überhaupt nicht, siehe AA.
Allerdings: das ICH kann sich in spontane Bewegungen einmischen. Diese werden dann holprig und verlieren ihre Anmut und Effiziens.
Ein Fußballspieler, der allein mit dem Ball auf den gegnerischen Tormann zu läuft, darf nicht genug Zeit haben um mit dem Denken anzufangen.
Eine Tänzerin darf nicht anfangen sich vorzustellen, wie ihr Tanz wohl auf die Zuschauer wirkt...



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 18. Aug. 2005, 15:39 Uhr
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Hallo jonny,

ich finde das, was Du zum Willen schreibst, in vielem richtig. Allerdings habe ich absichtlich noch gar nicht vom Willen gesprochen, sondern hatte behauptet, dass es für ein Individuum mehrere Handlungsalternativen geben kann und dass Menschen in manchen Situationen zwischen Handlungsalternativen wählen können.

Kann ich davon ausgehen, dass Du dem zustimmst? Wenn nicht, was sind die Einwände und Gegenargumente zu den beiden Thesen?

fragt Dich und alle andern Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 18. Aug. 2005, 16:36 Uhr
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Hi, zusammen,

ich habe mir gedacht, bevor ich auf Eberhards Ausführungen eingehe, stelle ich mal einige Thesen von Deterministen zusammen, mit einer 'Vorrede' von Einstein:

Albert Einstein: Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich spüre, dass ich meine Pfeife anzünden will, und tue das auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden? Was liegt hinter dem Willensakt, dass ich meine Pfeife anzünden will? Ein anderer Willensakt?

Argumente moderner Deterministen:
Jedermann hat zwar die Erfahrung, in seinem Denken und Handeln bis hin zu Irrtümern frei und unabhängig zu sein, jedoch handelt es sich dabei um eine Illusion. Der freie Wille ist eine Illusion. Wir sollten folglich aufhören, von Freiheit zu reden.
Eine Täuschung ist auch die Vorstellung, wir könnten vernünftige Erklärungen für unser Verhalten ablegen.
Intuitiv gehen wir davon aus, dass wir zuerst eine Entscheidung für eine Handlung treffen, um danach diese Handlung auszuführen. Der Hirnforscher Libet entdeckte jedoch, dass es sich genau umgekehrt verhält.
Niemand kann anders (sein, handeln) als er ist.
Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun (Wolfgang Prinz, Psychologe).
Tu dies, sonst passiert das, mit dieser Erziehungsmethode wird uns schon in jungen Jahren suggeriert, dass wir uns auch anders hätten entscheiden können. So entstehe allmählich die Vorstellung eines freien Willens in unserem Kopf. (lt. Wolf Singer)
Die Ursachen für Straftaten sind entsprechend fehlangelegte neuronale Verbindungen.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 18. Aug. 2005, 18:16 Uhr
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Hi Abrazo,
schade daß wir Einstein hier nicht zur Verfügung haben. Wir , gewappnet mit dem Wissen der Physik nach Einstein könnten ihm ganz schön Feuer unter seinem Arsch machen. Und wie ich (bin großer Verehrer von Albert) Einstein einschätze würde er sein Weltbild einstürzen lassen und dann wäre ich auf seine neuen Argumente gespannt.
Zur Sache: Einstein war Determinist. Natürlich konnte es für ihn keine Willensfreiheit geben. Sein Determinismus gilt heute aber als widerlegt. Einer seiner letzten Sätze zu diesem Thema war sinngemäß, einer der sich wie er groß um die Physik verdient gemacht habe, dürfe sich ja wohl auch mal groß irren. Recht hat er. Wie fast immer. Was für ein Kerl. Und so einer kommt aus Ulm.
Zum Rest später mehr
jonny

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 18. Aug. 2005, 18:31 Uhr
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Einstein war Pantheist. Ich meine das sollte man wissen, wenn mit Aussagen dieser Person als unterstützendes Element gegen die Idee der Freiheit opportuniert wird. Der Seelenbegriff war ihm fremd.

Das Problem ist doch das. Strenge Deterministen betrachten die Materie als Primat. Ihnen fehlt die Idee. Als klügster Ausweg aus einer sich dem Materialisten auftuenden Aporie, bietet sich der Pantheismus mE. geradezu an.

Wohin im moralischen Sinne der Pantheismus führt hat Lichtenberg angedeutet. Zum Machiavellismus. Und man muss ihm wohl darin recht geben.

ludovico





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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 18. Aug. 2005, 20:16 Uhr
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@ johnny

Zum Thema 'Zufall in der Quantenphysik' : Prof. Zeilinger
geht im Buch 'Einsteins Schleier' davon aus, dass beim
'Doppelspaltexperiment' ein prinzipieller Zufall am Werk sei.

andererseits schreibt er aber (S 161) :" ... kommt es zu einer
unvemeidbaren Störung atomarer Systeme bei ihrer Beobachtung, da wir zur Beobachtung ja selbst wieder nur
Quanten verwenden können."
und auf S 216 . "Ist es offenbar sinnlos, über eine Wirklich-
keit zu sprechen, über die man keine Information besitzen
kann."

Wenn es also sinnlos ist, über Dinge zu sprechen, über die
man keine Information haben kann ( und dem stimme ich
vollends zu) , wie kommt man dann dazu, das Wirken eines
Zufalls zu postulieren??
Wenn man nichts darüber sagen kann, kann man weder be-
haupten, dass da ein Zufall am Werk sei, noch irgenetwas
Anderes...

Hat die Physik zu diesem Thema noch etwas zu sagen oder
handelt es sich hier nicht um eine philosophische Frage ?



@Eberhard

Es scheint mir auch sinnvoller, sich bei einer philosophischen
Diskussion auf einige wenige Aussagen zu konzentrieren,
sonst redet man, wie so oft in der Philosophie, nur aneinander
vorbei.

So muss man die Diskussion um die 'Möglichkeiten', eine
Handlung auszuführen natürlich von der Diskussion um den
'freien Willen' trennen.





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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 18. Aug. 2005, 20:34 Uhr
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@ Eberhard

Wie du richtig festellst, ist z. B. bei der Aussage: Ich habe
die Möglichkeit, meinen Kopf nach rechts zu drehen immer
implizit der Zusatz 'wenn ich will' enthalten.

Diese Aussage ist natürlich vollkommen unabhängig davon, ob
der Wille 'frei' oder 'determiniert' ist.

Man kann über das Eine diskutieren und man kann über das
Andere diskutieren, aber führt nur zu Verwirrung, wenn man
diese Themen vermischt.

@ johnny

zitat: '..ist vernünfitges Abwägen u. einen Entschluss fassen
noch keine Willensakt. Die Handlung selbst ist identisch mit
dem Willen.'

Vernünfitges Abwägen ist noch kein Willensakt, denn dazu
gehört noch eine emotionale Komponente; ohne Emotionen
kein Wille !- ( nicht ganz zum Thema passende Nebenbemer-
kung: deshalb hat z.B. auch ein noch so intelligenter Computer keinen eigenen 'Willen').
Jedoch scheint mir mit der Entschlussfassung auch der Wille
gegeben (Entschluss = Wille).
Eine Handlung muss daraus nicht unbedingt folgen -- man
kann ja auch an der Ausführung seines Entschlusses (Willens)
gehindert werden.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 18. Aug. 2005, 21:07 Uhr
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Hi, zusammen,

nach guter alter scholastischer Tradition, die mir hier nutzbringend erscheint, spiele ich mal den advocatus diaboli.

Gegenthese zu Eberhards These:

Du behauptest, du könntest zwischen der Eingabe von gesprochener Sprache und der Eingabe von geschriebenem Text wählen. Ich behaupte, du kannst das nicht. Vielmehr wirst du dich unbewusst für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden aufgrund der aktuellen Umweltbedingungen, die auf deine Physis einwirken. Nachdem du diese Entscheidung getroffen hast, wirst du behaupten, dass du sie getroffen hast, weil du es wolltest und dir im Nachhinein plausible Gründe dafür zurecht legen, also rationalisieren. Du wirst es deswegen tun, weil du einerseits durch deine Erziehung bzw. die Enkulturation darauf programmiert bist (ggf. musst du anderen Entscheidungsgründe plausibel darlegen können), andererseits, weil du einen plausiblen Grund dafür brauchst, deine Entscheidung auch handelnd durchzusetzen. Um deinen Handlungsimpuls zu verstärken, bist du biologisch auf den Willen programmiert, ein triebhaftes psychisches Erlebnis, das die Funktion hat, dass du deine Entscheidung auch durchsetzt.

Ich verstehe den Ausdruck: "ich kann zwischen den Möglichkeiten x und y wählen" in dem Sinne, dass die Realisierung von x oder y nur von meiner Bewertung der beiden Möglichkeiten (einschließlich ihrer Konsequenzen) abhängt
Du hast gar keine Chance zu einer Bewertung, weil die Entscheidung bereits gefallen ist, bevor du bewertest. Deine Bewertung ist a posteriori und dient damit einem Zweck, nämlich den, die getroffene Entscheidung zu rechtfertigen.

Eine Wahl nenne ich "zwanghaft", wenn ich eine Alternative wähle, obwohl ich weiß, dass sie mir schadet und ich die Wahl bereuen werde
Jede Wahl ist zwanghaft, nämlich erzwungen von den dich umgebenden materiellen Umständen. Gegen diesen Zwang kannst du dich nicht wehren, selbst wenn du einsiehst, dass die Handlung dir nicht bekommt. Der Mörder muss morden, ob er will oder nicht. Der Lebensretter muss ins Wasser springen, ob er will oder nicht, auch, wenn er dabei selbst in Lebensgefahr kommt. Die Erwägung der Lebensgefahr tritt bei ihm erst als Rechtfertigung dafür ein, dass er nicht ins Wasser springen kann.

Soweit der advocatus diaboli.

Abrazo hat aber auch Einwände:

Als "Motiv" bezeichne ich einen faktischen Beweggrund des Handelns. Motive haben verschiedene Herkunft (angeborene oder erlernte Triebe bzw. Bedürfnisse) können sehr komplex gemischt sein und müssen nicht immer bewusst sein. Nimm das Beispiel von Pater Maximilian Kolbe, der sich anstelle eines polnischen Familienvaters ermorden ließ. Welcher angeborene oder erlernte Trieb bzw. welches Bedürfnis könnte Motiv seiner Wahl gewesen sein (nehmen wir mal an, dass er eine hatte)? Ich denke, wenn man da nicht gerade einen Todestrieb annimmt wie Freud, der das Loch im Argument füllt, sollte man erwägen, ob die von dir genannten tatsächlich alle möglichen Motive sind.

Grüße an alle!

P.S.: Ich denke, die Zeit spielt bei diesem Problem eine nicht geringe Rolle.




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 18. Aug. 2005, 21:28 Uhr
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@ginger:

Diese Aussage ist natürlich vollkommen unabhängig davon, ob der Wille 'frei' oder determiniert' ist.

Man kann über das Eine diskutieren und man kann über das Andere diskutieren, aber führt nur zu Verwirrung, wenn man diese Themen vermischt.

Wenn das gelten würde: welche Bedeutung hat dann noch der Satz 'ich will das'?
Würde einer, wenn er wegen eines Reflexes, etwa wegen eines Zweiges, der im Weg ist, sagen, ich habe meine Augen kurz geschlossen, weil ich es wollte?
Wir unterscheiden in der Sprache durchaus zwischen einer reflexartigen Handlung - dann sagen wir nicht, ich will bzw. ich wollte - und einer als bewusst angesehenen Handlung. Nur dann sagen wir: ich will das.

Wenn wir aber von Wollen sprechen (ich sehe da keinen relevanten Unterschied zu wählen, außer, dass nach dem Wählen der Wille mit seinem psychischen Erlebnis kommt), setzen wir immer einen Grund dafür voraus. Darum können wir imho keine Diskussion über den Willen/die Wahl führen, ohne uns mit den Gründen für die Wahl zu befassen. Und die Frage frei oder unfrei lässt sich nur aus den Gründen beantworten. Wobei wir eigentlich voraussetzen, dass der Wille immer frei ist. Auch deswegen halte ich es für gefährlich, die Wahl von der Diskussion um den freien Willen abzutrennen. Denn wenn wir sagen, wir haben die Wahl, impliziert das, wir haben die freie, bewusste Wahl - und genau das wird ja von den Deterministen abgestritten.

Grüße

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Titel: welcheRe: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 18. Aug. 2005, 21:45 Uhr
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Das ICH ist impotent, es kann nicht wollen. Es bildet sich nur im nachhinein ein gewollt zu haben und erfindet flugs noch Gründe. Das ICH belügt sich in der Regel selbst, indem es eine zu "seinen" Handlungen konsistente Geschichte erfindet, die es sich selbst und anderen erzählt, überzeugt von deren Wahrheitsgehalt. Experimente mit Brainsplitpatienten (ich werd noch draufeingehen) und die Experimente Libets ec, ec.. belegen dies.
Zum Thema zwei Statements: Das Ich ist nicht wirklich. Es ist Illusion. Möglichkeiten sind wirklich.
Abrazo:"welche Bedeutung hat dann noch der Satz 'ich will das'?"
jonny: keine wirkliche.

Was ist das <Freier Wille> ???

Über Zeit müssen wir unbedingt noch sprechen - versprochen!

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 18. Aug. 2005, 22:41 Uhr
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Hi jonny,
o.k., das Ich kann nicht wollen. Das ES will, unsere Triebe wollen. Dann kommen noch die Anforderungen des Über-Ich hinzu, die Forderderungen und Verbote der Gesellschaft.
Dazwischen sitzt unser Ich ohne eigene Kraft (Freud sagt: Energie)
und

steuert.

?
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 18. Aug. 2005, 23:06 Uhr
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@ Johnny:

Sach mal, wat bist du denn hier für ein komischer Vogel?
Erzählst hier genau dasselbe, wie das, was der advocatus diaboli erzählt hat, also überhaupt nix Neues, drohst auch noch, über die Experimente zu berichten - vielleicht überlegste mal, dass man so was, weil hier unwichtig, mit Absicht weggelassen hat - und versprichst uns dann, über die Zeit zu sprechen? Kannste dir vorstellen, dass wir dann darüber sprechen, wenn es uns passt, und dass wir dich dazu im Zweifelsfalle nicht brauchen?
Haste hier noch nich genug Prügel gekriegt, willste noch mehr?
Menno!

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 18. Aug. 2005, 23:09 Uhr
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Hallo Johnny!



Quote:Das ICH ist impotent, es kann nicht wollen. Es bildet sich nur im nachhinein ein gewollt zu haben und erfindet flugs noch Gründe. Das ICH belügt sich in der Regel selbst, indem es eine zu "seinen" Handlungen konsistente Geschichte erfindet, die es sich selbst und anderen erzählt, überzeugt von deren Wahrheitsgehalt. Experimente mit Brainsplitpatienten (ich werd noch draufeingehen) und die Experimente Libets ec, ec.. belegen dies.



Soso, "Experimente belegen dies". Wer denkt sich Experimente aus? Wer führt die Experimente durch? Wer wertet sie im Lichte von theoretischen Annahmen aus? Wer beruft sich auf Experimente, um - mit dem Anspruch auf wissenschaftliche Wahrheit - die Ohnmacht und Unwissenheit des "Ich" zu belegen?

Bist Du zufällig so ein wissenschafttreibendes Ich? Kann ein Ich, wie Du es hier entwirfst, überhaupt Wissenschaft treiben?

Bitte denke doch einmal darüber nach, welche Kompetenzen Du für Dich selbst in Anspruch nimmst, indem Du solche Sätze äußerst!

Ähnlich ist auch gegen einen Deterministen zu argumentieren, der sich mit seiner Position auf wissenschaftliche Wahrheit stützt: Wäre es überhaupt möglich, Experimente zu ersinnen und durchzuführen - also in einer bestimmten, zielgerichteten Weise zu HANDELN -, wenn die Annahme der vollständigen Determination alles Geschehens zuträfe?

Schöne Grüße
Urs



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 18. Aug. 2005, 23:53 Uhr
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Schalt mal runter Abrazo. Du hast hier in deinen ellenlangen Litaneien auch nichts neues erzählt. Und deine Bemerkung, dass Zeit ein wichtiges Element sei, hab ich schon vor bald 2 Wochen eingebracht. Das hast du in deiner flappsig-rhetorischen Tieffliegerei versucht zu demontieren. Ich glaube du willst dich hier einfach nur ein bisschen wichtig machen. Schaumschläger.

doc_rudi,

das Ich steuert nur bei jenem Menschen, der sich über seine Energien im klaren (bewusst) ist. Ist dies nicht der Fall, so spielen die Energien mit ihm.

Gruss, ludovico

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 19. Aug. 2005, 09:02 Uhr
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Hi, ludovico.

herumlabern über Sein und Zeit und die Menschheit im Allgemeinen und mich und meine Glaubensbekenntnisse im Besonderen, das ist keine Kunst, das kann jeder.
Hier hat Eberhard konkrete Fragen und Thesen auf den Tisch gelegt und ich bitte doch, sich konkret dazu zu äußern. So was nennt man sachliche Methodik. Wem das nicht passt, wer lieber über etwas ganz anderes reden möchte, für den gibt es eine ganz einfache Lösung: der kann seinen eigenen Thread aufmachen.
Ich bin inzwischen so weit, dass ich mir die Beiträge hier auf Festplatte kopiere und erst mal den ganzen Müll rauslösche, weil sonst bei dem Thema, um das es hier geht, gar kein Durchkommen mehr ist. So was habe ich nicht gerne, das macht nämlich Arbeit.
Fazit: ich bitte um etwas mehr geistige Disziplin.

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 19. Aug. 2005, 09:15 Uhr
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Urs: "Wer denkt sich Experimente aus?"
Hinter allem was wir so treiben steckt das Selbst, den diplomatischen Kontakt mit den Mitmenschen pflegt aber in großem Maße das ICH. Es ist unsere Maske, wir spielen eine Rolle. So auch hier in diesem Forum.
Für Kreativität ist das Selbst zuständig. Aber Kreativität allein genügt nicht, ist oft nur Chaos. Zur Kreativität muß nun die Fleißarbeit kommen, die Ordnung schafft. Das ist zum großen Teil das Geschäft des ICH.
So kommen Forumsbeiträge zustande, aber auch Doktorarbeiten und entsprechende Experimente. Und sie alle tragen in wechselnden Anteilen die Handschrift des Selbst und des ICH.
Nun ist ICH nicht gleich ICH. Hat sich ein Mensch gesund entwickelt, steht sein ICH in engem Kontakt mit dem Selbst.
Man spürt das sofort im Umgang mit diesen Menschen. Z.B.: So ein ICH nimmt sich nicht mehr wichtig und tut nicht mehr aufgeblasen wichtig, es sagt nicht ICH sondern ich. [cloud]
Deine Frage in der nötigen Ausführlichkeit zu beantworten, würde aber den Rahmen dieses Threads sprengen. Wie soll der von dir geplante Thread heißen? Vielleicht dort.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 19. Aug. 2005, 10:55 Uhr
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.... es geht aber nicht um ein ICH
oder ein ich .......

sondern um das ziel dieses > ich < !

also
bei diesem homo catastrophicus auf dieser welt
sind es die katastrophen !

und bei einem homo sapiens
ein paradies .......



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 19. Aug. 2005, 11:14 Uhr
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Schon seit Tagen regt sich in mir der Verdacht, daß die Deutung der Libetschen Versuche, so wie ich sie oben (dabei T.Norretranders folgend) zum Besten gab nicht haltbar ist.
Was Norretranders nämlich wiedermal nicht berücksichtigt hat, ist die quantenmechanische Natur des Gehirns.
Muß nun nachdenken und rechnen. Das kann dauern. Ihr seid mich also los.
Danke [applause] und Adios [cry] sagt
euer jonny W.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2005, 11:29 Uhr
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Hallo allerseits,

Was kann man damit meinen, wenn man sagt, dass ein bestimmter Mensch in Bezug auf sein Wollen "frei" ist?

Mein Sprachwörterbuch erläutert die Bedeutung des Wortes „Wille“ mit „feste Absicht, Wunsch, Vorsatz, Entschlossenheit“.

All diese Worte enthalten die Orientierung eines Trägers des Willens auf ein Ziel, d.h. auf einen bestimmten Zustand der Wirklichkeit, der hergestellt oder beibehalten werden soll, bzw. auf ein Ereignis, das herbeigeführt oder vermieden werden soll.

'Etwas zu wollen' bedeutet danach soviel wie 'zielstrebig sein'.

Wenn man bestimmte Aktivitäten eines Individuums A (sein Handeln, Sprechen, Denken, Bewegen) als "frei" bezeichnet, dann meint man damit gewöhnlich, dass A in dieser Aktivität nicht durch andere Individuen oder durch die bestehenden Verhältnisse behindert oder eingeschränkt wird, sondern dass A tun und lassen kann, was es will. Das Wort "frei" bedeutet dann soviel wie 'gemäß dem eigenen Willen' oder 'selbstbestimmt'.

In diesem Sinne ist meine Meinungsäußerung frei, wenn ich äußern kann, was ich will. Wenn meine Äußerung unterdrückt oder verfälscht wird, wenn die Äußerung bestimmter Meinungen mit negativen Folgen für mich verknüpft wird, dann bin ich nicht frei bzw. selbstbestimmt in meiner Meinungsäußerung.

Was ist aber, wenn meine Meinung Einflüssen unterliegt, z. B. wenn mich die Lektüre eines Zeitungsartikels zu dieser Meinung gebracht hat? Bin ich dadurch in meiner Meinungsbildung und Meinungsäußerung nicht mehr frei? Sind meine Meinungsäußerungen dann nicht mehr selbstbestimmt?

Meiner Ansicht nach muss das nicht sein. Dass sich meine Meinung durch verschiedenste – auch äußere - Einflüsse bildet und verändert, beeinträchtig die Freiheit meiner Meinungsbildung solange nicht, wie mir diese Meinung nicht aufgezwungen wird, solange es also meine EIGENE Meinung bleibt, die auf meiner Einsicht beruht.

Solange ich die Einflüsse, die auf meine Meinung einwirken, kritisch beurteilen kann, solange ich sie bejahen oder verneinen kann, solange bleibt meine Meinungsäußerung selbstbestimmt.

Übertragen wir diesen Gedankengang auf das Wollen. Macht es Sinn zu sagen: 'Ich bin in meinem Wollen frei, solange ich in meinem Wollen nicht durch andere Individuen oder durch die bestehenden Verhältnisse behindert oder eingeschränkt werde, solange ich also selbst bestimme, was ich will'?

Kann ein Mensch überhaupt selbst bestimmen, was er will?

Eva will Carlos heiraten, weil sie in ihn verliebt ist. Dass sie sich in Carlos verliebt hat, hat sie nicht gewollt, sondern es hat sich aus bestimmten Eigenschaften des Carlos und den dadurch in ihr ausgelösten Gefühlen ergeben. Ist ihr Wille, Carlos zu heiraten, deshalb unfrei oder zwanghaft?

Wenn ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, bekomme ich Hunger und will etwas essen. Ist dieser Wille, etwas zu essen, "frei" im Sinne von "selbstbestimmt"?

Ich habe keinen Einfluss darauf, ob ich hungrig bin und deshalb etwas essen will oder nicht. Ich kann meinen Willen, etwas zu essen, nicht willensmäßig steuern. Insofern ist dieser Wille nicht selbstbestimmt.

Aber bin ich in diesem Fall unfrei und fremdbestimmt? Mein Hungergefühl gehört ja auch zu mir: Ich bin es doch, der Hunger hat, und essen will. Was macht es für einen Sinn zu sagen, dass ich in meinen ureigensten Willensregungen nicht selbstbestimmt sondern "unfrei" bin?

In gewisser Weise ist ein Mensch in seiner gesamten Person nicht selbstbestimmt. Niemand hat sich selber nach seinem Willen geschaffen und niemand kann sich nach seinem Willen verändern. In dieser Sichtweise gibt es letztendlich jedoch auch kein wollendes "Ich" mehr, dem die übrige Person als etwas Fremdes gegenübertreten könnte, dass heißt, es gibt kein "Ich" mehr, das unfrei sein könnte, womit sich das Problem erledigt hätte.

Wenn jemand Hunger hat und man fragt ihn: "Willst Du etwas essen?" dann wird er das bejahen. Es wäre befremdlich, wenn er antworten würde: "Ich bin gezwungen, etwas essen zu wollen."

Wenn sich jemand in dieser extremen Weise von seinen eigenen Antrieben distanziert, dann würde sich wahrscheinlich der Verdacht auf eine Geisteskrankheit einstellen.

Es macht deshalb wenig Sinn zu sagen, dass mein Wille unfrei ist, weil ich etwas essen will und weil ich dieses Wollen nicht durch meinen Willen erzeugen oder beseitigen kann.

Des Teufels Rechtsanwalt hat dazu die These aufgestellt:

“Jede Wahl ist zwanghaft, nämlich erzwungen von den dich umgebenden materiellen Umständen.“

Wer den Begriff „Zwang“ in dieser Weise benutzt, kann keinen Unterschied mehr machen, zwischen jemandem, der nach grausamster Folter den Verbrechern den Aufenthaltsort eines Menschen verraten hat und dem, der von vornherein sagt: „Ihr könnt von mir alles wissen.“

Ich halte diesen Unterschied jedoch für wichtig, etwa wenn ich mir Personen aussuche, mit denen ich zusammenarbeite.

Von einem unfreien Willen würde ich erst dann sprechen, wenn ich mich mit den Antrieben in mir nicht identifizieren kann und diese Antriebe sich gegen meine vernünftige Einsicht durchsetzen. Ein Beispiel hierfür ist Suchtverhalten. Ich will vom Alkohol loskommen, weil ich sehe, dass er mein Leben ruiniert, aber der Griff zur Flasche ist übermächtig.

Es grüßt Euch Eberhard.

p.s. Dieser Beitrag entstammt größtenteils meiner Website, aber auch Konserven können notfalls den Hunger stillen.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 19. Aug. 2005, 12:52 Uhr
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@ Eberhard

Wenn ich etwas essen will, weil ich Hunger habe --
ist der Wille dann frei? Frei von äusseren Einflüssen?

Nach Deiner Beschreibung ist der Wille frei, wenn er der
'inneren Einstellung' einer Person entspricht und nicht un-
mittelbar von aussen aufgezwungen wurde.
Allerdings bildet sich die Persönlichkeit und Einstellung einer
Person wiederum durch äussere Einflüsse; oft über Jahre
andhaltendem subtilem äusserem Zwang.



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 19. Aug. 2005, 13:50 Uhr
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Hi,

Sprache ist eine Tatsache.
Wenn wir sprechen, meinen wir etwas mit unseren Worten und Sätzen.
Wir unterscheiden zwischen freiem und unfreiem Willen, also meinen wir etwas damit.

Eberhard unterscheidet zwischen dem Willen und dem Zwang, der daran hindert, ihn durchzusetzen. Ich denke, wir können dieser Unterscheidung zustimmen. Allerdings mit einer Einschränkung: der Wille bezieht sich auf das momentante Wollen. Damit ist die Frage ausgeschaltet, warum ich etwas will. Ausgeschaltet ist also die Frage nach dem Grund. Also alles das, was dem bewusst gewordenen Willen voraus geht.

Das trifft im Ergebnis nun allerdings nicht nur auf den Menschen zu, sondern auf alle Lebewesen. Wenn Herr Hund sich prügeln will, dann kann ich auch das als seinen freien Willen bezeichnen. Wenn ich ihn daran hindere, übe ich einen Zwang auf ihn aus. Mit anderen Worten: hier zwischen Freiheit und Zwang zu unterscheiden ist richtig, aber ich denke, es ist nicht das, was wir meinen, wenn wir vom freien Willen sprechen. Zumindest ist es nicht alles, was wir damit meinen.

Eberhard schreibt:
Solange ich die Einflüsse, die auf meine Meinung einwirken, kritisch beurteilen kann, solange ich sie bejahen oder verneinen kann, solange bleibt meine Meinungsäußerung selbstbestimmt
Was heißt kritisch beurteilen? Es heißt, für und wider abzuwägen, bestimmen zu können, welchen äußeren Einfluss man in sich aufnimmt und welchen nicht.
Beziehen wir das auf den Hunger: kann ich beeinflussen, ob ich das Hungergefühl in mich aufnehmen will oder nicht? Natürlich nicht. Also gibt es hier einen Unterschied. Manche Einflüsse kann ich abwehren, manche nicht.

Und eine für mich ganz wichtige Frage: will ich überhaupt die auf mich wirkenden Einflüsse kritisch beurteilen? Wenn ich nachts um 3 laute Musik hören will: mache ich das - oder überlege ich, ob ich deswegen die gesamte Nachbarschaft aus den Betten scheuche? Man könnte sagen, ich werde gezwungen, keine Musik zu hören, denn wenn ich es tue, kann ich damit rechnen, dass erboste Nachbarn meine Wohnung stürmen und die Polizei anrufen. Aber ist das immer und bei jedem der Grund, warum er nachts um 3 die Anlage nicht aufdreht, weil ihm gerade danach ist? Und mancher tut es trotzdem - weil ihm danach ist.

Ich kann in den Hungerstreik treten. Ich kann meinen Willen gegen meine biologisch bedingten Handlungsantriebe setzen. Gäbe es in jeder Situation nur einen einzigen Handlungsantrieb, ich könnte immer nur etwas bestimmtes tun und es nur unter Zwang lassen. Offensichtlich verhält es sich manchmal aber anders.

Deswegen möchte ich die Frage - sofern gegen das bisherige keine Einwände bestehen - umformulieren auf: haben wir wirklich die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Handlungsantrieben / Motiven zu wählen?

(Die anderen wichtigen Punkte in diversen Postings vertage ich erst mal)

Grüße



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2005, 14:41 Uhr
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Hallo allerseits,

noch ein Nachtrag zu meinem letzten Beitrag. Manchmal wird gesagt: „Man kann vielleicht tun, was man will, aber man kann nicht wollen, was man will.“

Und an der Tatsache, dass ich meinen eigenen Willen nicht nach meinem Willen ändern kann, wird die Unfreiheit des Willens festgemacht.

Nehmen wir einmal an, ich könnte das: ich verfügte gewissermaßen über einen Metawillen, der meinen Willen ändern könnte.

Hätte ich dann einen freien Willen?

Auf der Stufe des einfachen Willens: ja.

Aber dann würde sich sofort die Frage stellen: Habe ich einen freien Metawillen? Ich wäre also der Unfreiheit meines gesamten Willens damit nicht entkommen.

Und da sich das Problem auf der Ebene des Metametawillens wiederum stellen würde und auf jeder höheren Stufe wiederum, führt der hier verwendete Freiheitsbegriff zu einem infiniten Regress und ins Absurde,

meint Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2005, 15:12 Uhr
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Hallo Abrazo,

Du willst die Frage umformulieren und fragen:

“Haben wir wirklich die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Handlungsantrieben / Motiven zu wählen?“

D.h.: „Kann ein Mensch zwischen verschiedenen Handlungsantrieben bzw. Motivationen wählen?“

Meine These: „Ein Mensch kann – unter gewissen Bedingungen und innerhalb einer bestimmten Bandbreite – zwischen verschiedenen Handlungen wählen“ steht ja auch noch umstritten im Raum.

Über eins müssen wir uns bei der Frage nach derartigen Möglichkeiten im Klaren sein. Man kann das Bestehen mehrerer Möglichkeiten, zwischen denen man wählen kann, nur nachweisen, indem man das – gleichzeitige - Bestehen der einzelnen Möglichkeiten nachweist.

Wenn man das Bestehen einer Möglichkeit nur dadurch nachweisen kann, dass man diese Möglichkeit realisiert, dann ist es prinzipiell nicht möglich, das gleichzeitige Bestehen mehrerer Möglichkeiten nachzuweisen. Denn insofern es sich bei den Möglichkeiten um Alternativen handelt, können nicht mehrere Möglichkeiten gleichzeitig realisiert werden.

Um wählen zu können, muss man jedoch über mehrere Alternativen verfügen.

Es muss also auf anderem Wege nachgewiesen werden, dass eine bestimmte Möglichkeit „wirklich“ besteht.

Es grüßt Dich und alle andern Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 19. Aug. 2005, 17:59 Uhr
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Hallo Eberhard ,

Du hast es auf den Punkt gebracht.

Wenn wir immer weiter fragen -- und was sollte eine Philosophen daran hindern !? -- führt sich der Begriff des
freien Willens ad absurdum.
Es ist sowieso nicht ganz einsichtig, was der 'freie Wille'
sein sollte. Er müsste aus jeden Fall unabhängig sein von
äußeren Einflüssen ( Mitmenschen und Umwelt); aber auch
von Gefühlen und Wertvorstellungen, da sich diese durch
Umwelteinfüsse gebildet haben.
Der Wille müsste demnach dem Zufallsprinzip --
evtl der Quantenphysik .. - unterliegen und Entscheidungen würden demnach nach rein zufälligen Kriterien und ohne Zu-
sammenhang mit irgenwelchen Einflussfaktoren getroffen.

Abgesehen davon, dass jeder Mensch aus eigner Erfahrung
weiß, dass er seine Entscheidungen nach bestimmten Kriterien
( Gedanken, Gefühle, Ideale etc.) trifft, wäre der Wille im
oben erwähnten Fall vom Zufall a b h ä n g i g und damit
wieder nicht f r e i !!
Der Ausdruck 'freier Wille' scheint in der Tat eine Absurdität.
( eine sinnlose Wortkombination wie das 'Kürbisgen der Sonnenblume' ?? )

Die Frage scheint nur zu sein, ob es überhaupt einen Zufall
gibt, oder ob alles streng nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung abläuft ?



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 19. Aug. 2005, 21:42 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

Du stellst die Frage; „Kann ein Mensch seine Beweggründe wählen?“ Aber bringt uns das weiter? Für die Wahlentscheidung bedarf es ja wieder eines Motivs, das aber nicht gewählt wurde. Hier entwickelt sich wieder eine endlose Kette.

Vielleicht sollten wir einmal das Spezifische der menschlichen Selbststeuerung herausarbeiten.

Warum gibt es für Steine oder Pflanzen keine Beratung und keine Moral?

Warum gibt es für Hunde zwar Verhaltensnormen aber keine Vorwürfe, wenn sie diese Normen verletzen, sondern nur Strafen?

Es grüßt Euch Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 20. Aug. 2005, 00:59 Uhr
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Hi, zusammen,

keine Feigheit vor dem Feind: sehen wir mal zu, ob wir uns nicht vorwärts baggern können.

Wir hatten festgestellt, wir haben objektiv alternative Handlungsmöglichkeiten. Also denke ich, dass deine These Ein Mensch kann "unter gewissen Bedingungen und innerhalb einer bestimmten Bandbreite" zwischen verschiedenen Handlungen wählen, was die Seite der Objekte betrifft, entschieden ist. Unsere Frage ist, ob wir die auch subjektiv wählen können oder ob uns die Wahl, wodurch auch immer, vorgegeben ist.

Ich hatte behauptet, "ich will" ist kein Atomsatz, denn "ich will" erfordert notwendigerweise die Angabe von dem, was ich will, sonst ist dieser Satz ohne Sinn, unverständlich. Ich hatte daraus geschlossen, dass Wollen eine Beziehung ausdrückt zwischen einem Subjekt und einem Objekt, auf das sie sich richtet. Gibt es dagegen Einwände?

Die Seite des Objektes haben wir abgehakt (Handlungsmöglichkeiten). Mit der Frage nach dem freien Willen, die imho die Frage nach dem Grund, dem Motiv des Willens ist, befinden wir uns nun auf der Seite des Subjektes. Einwände?

Die Frage, ob das Subjekt Mensch messbar ist als Objekt (was ich bezweifle), lasse ich mal beiseite. Urs hat bereits darauf hingewiesen, dass die vom Subjekt Mensch über das Subjekt Mensch erbrachten und interpretierten Messergebnisse durchaus zweifelhaft sind. Aber wenn wir diesen Weg weiter verfolgen, kommen wir nicht zu einem positiven oder negativen Ergebnis, sondern zu einer Indifferenz: die Aussagen der Hirnforscher mögen falsch sein, aber damit wissen wir noch lange nicht, was wahr ist.

Ich denke, es gibt eine Tatsache, durch die wir dem Subjekt besser beikommen können als durch Beobachtung von Handlungen: die Sprache. Sie spiegelt zwar nicht die Welt, wie sie ist, wohl aber unser Denken (und darüber dann wieder die Welt, wie wir sie wahrnehmen und denken). Sätze, die nicht sinnvoll und damit nicht verstehbar sind, sind Sätze, die wir nicht denken.

Also zurück zum sinnvollen Satz: "ich will das".
Eberhard schreibt: an der Tatsache, dass ich meinen eigenen Willen nicht nach meinem Willen ändern kann, wird die Unfreiheit des Willens festgemacht.
Geht das? Kann ich dadurch, dass ich etwas, was eine Beziehung ausdrückt, zum Begriff mache, diesen Begriff zum Objekt eben dieser Beziehung machen? Oder ist das nicht unsinnig? Ist es nicht ein Kategoriefehler?
Stellt euch das mal abstrakt vor: I ich-> will D das.
Jetzt macht ihr -> zum Begriff. Also: -> = D.
Und nun?
I -> -> - sieht das nach einem sinnvollen Satz aus?
Oder haben wir hier nicht eher Sprachverhexung vor uns?
Wenn es sich um Sprachverhexung handelt - und das meine ich - sind weitere Erwägungen zum Meta-Meta-ad infinitum-Willen unsinnig.

Wenn man das Bestehen einer Möglichkeit nur dadurch nachweisen kann, dass man diese Möglichkeit realisiert, dann ist es prinzipiell nicht möglich, das gleichzeitige Bestehen mehrerer Möglichkeiten nachzuweisen
Ließen sich diese Möglichkeiten nicht über die Sprache nachweisen? Werden denn nicht unterschiedliche Möglichkeiten und die Gründe für ihre Wahl diskutiert?
(Ich weiß, das ist nicht so einfach, wie es aussieht. Aber erst mal Pfahl in den Sumpf schlagen.)
Ob sie sich durch Beobachtung nachweisen ließen, halte ich ja für prinzipiell zweifelhaft.

Zu Ginger:
Was ich will, will ich als der Mensch, der ich jetzt bin. Ist es sinnvoll zu fragen, ob ich das auch als der Mensch gewollt hätte, der ich vor zehn Jahren war, ohne die zwischenzeitlichen Erfahrungen und Überlegungen? Oder gar: hätte ich es auch gewollt als befruchtete Eizelle, die den Eileiter heruntergetanzt ist? Ich meine, nein. Diese Frage ist nicht sinnvoll. Die implizierte Frage, inwieweit ich mein momentanes So-Sein willentlich korrigieren kann, ist zwar berechtigt, aber zur Zeit andere Baustelle.

Die Frage, die du zuletzt stellst, Eberhard, die ist mir noch ein bisschen zu früh. Dennoch deute ich an, in welche Richtung meine Überlegungen gehen: nämlich, dass wir biologisch bedingte Gefühle als motivierenden Antrieb für unsere Handlungen haben, dass wir aber auch die Möglichkeit haben, uns aus mehr oder minder vernünftigem Grund dagegen zu entscheiden.

Grüße an alle







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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 20. Aug. 2005, 10:57 Uhr
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.... also ich sehe hier
nirgends einen orginären willen !

sondern nur ein bildung
und die be glückung der weit ent fernten macht .....

des halb ihr auch nie wirklich
euerer möglich keiten ent sprechend

handeln könnt !



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 20. Aug. 2005, 13:35 Uhr
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Hallo Eberhard und Abrazzo!

Glaube auch, dass es uns viel weiterbringen würde, wenn wir
uns auf 2 Punkte konzentrieren würden.
Z.B. n. Eberhard: Die menschliche Selbststeuerung -- wie funktioniert sie bzw was unterscheidet
sie von anderen Lebewesen?

-> Abrazzo : Analyse von der Sprache her
Ich glaube, die meisten philiosophischen Unklarheiten ließen
sich durch genaue Definitionen und genauen Gebrauch der
Sprache ausräumen.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 20. Aug. 2005, 14:14 Uhr
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Hi,
da bin ich nicht mit einverstanden, ginger. Unabhängig davon, dass wir uns selbstverständlich um klare Aussagen bemühen müssen - denn wenn wir etwas nicht klar sagen können, haben wir es meist auch nicht kapiert - ist die Sprache das gewachsene Primäre. Wir gewinnen nichts, wenn wir sie nach einer Sollnorm umgestalten (mal abgesehen von wissenschaftlicher Terminologie, die aber auch ihre Grenzen hat). Eine solche Umgestaltung würde zur Einschränkung und Verarmung unseres Denkens führen. Wenn wir die Sprache nutzen wollen, um über sie unserem Denken näher zu kommen, müssen wir sie untersuchen so, wie sie gebraucht wird, nicht Normen aufstellen, wie sie gebraucht werden soll.
Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 20. Aug. 2005, 16:39 Uhr
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Hallo Abrazo!

Ich meinte nicht, dass wir Normen aufstellen sollen, wie
wir die Sprache gebrauchen sollen s o n d e r n dass
wir k l a r s t e l l e n (definieren), in welchem Sinn wir
ein Wort ( das in der Umgangssprache oft verschiedene
Bedeutungen hat) gebrauchen.

Z.B. der 'Wille' oder das 'Ich' etc. sind Worte, unter denen
oft Unterschiedliches verstanden wird. Man müsste
vorher definieren, was man darunter versteht, damit man
sinnvoll darüber reden kann.

Man redet aneinander vorbei, wenn 2 Leute dasselbe Wort
gebrauchen, damit aber etwas Unterschiedliches meinen.

P.s. Man kann natürlich auch über die Definitionen, also was
man unter einem Wort verstehen will, diskutieren.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 20. Aug. 2005, 20:42 Uhr
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Hallo allerseits,

ich habe noch einen Vorschlag zum Nachweis mehrerer Handlungsmöglichkeiten:

Ich behaupte, dass ich unter bei stimmten Bedingungen x, y, z den Kopf nach links drehen kann. Dies kann ich dann demonstrieren, indem ich den Kopf nach links drehe.

Anschließend behaupte ich, dass sich unter genau DENSELBEN Bedingungen meinen Kopf auch nach rechts drehen kann. Auch dies kann ich demonstrieren, indem ich meinen Kopf nach rechts drehe.

Damit habe ich den Beweis erbracht, dass unter den Bedingungen x, y z gleichzeitig zwei Handlungsalternativen für mich bestehen.

Soviel dazu. (Zu einfach?)


Abrazo hat den Vorschlag gemacht, sich mit dem wählenden Subjekt zu befassen.

Meine Thesen dazu war:

Menschen können unter bestimmten Bedingungen zwischen verschiedenen Handlungsalternativen wählen.

Das bedeutet, dass sie ihr Handeln und damit sich selbst steuern können.

Damit wird nicht behauptet, dass Menschen sich beliebig steuern können. Die Selbststeuerung kann auf bestimmte Bandbreiten beschränkt sein.

Damit wird auch nicht behauptet, dass Menschen sich jederzeit steuern könnten. Dafür müssen bestimmte Bedingungen innerer und äußerer Art gegeben sein.

Mit der Fähigkeit zur Selbststeuerung geht einher geht die Fähigkeit des Menschen, seine Handlungen und die eigene Person zu kritisieren und zu bewerten. Menschen können ihre Handlungen bewusst überdenken und zu ihnen Stellung nehmen.

Mit dieser Möglichkeit, zu sich selber in Distanz zu gehen, eröffnen sich dem Handeln vielfältige Möglichkeiten, die das instinktgebundene Tier nicht hat. Gleichzeitig wird es für den Menschen schwieriger, sich selbst zu finden und eine ungebrochene Identität als Person auszubilden.

Damit ist allerdings über die inhaltliche Ausfüllung der Selbststeuerung noch nichts gesagt.

Grüße an alle Mitdenker und Mitdiskutierer von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 20. Aug. 2005, 21:33 Uhr
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Hi Leute,
in diesem thread wird ja ein interessantes Thema beleuchtet, was aus dem Titel gar nicht hervorgeht.

Die Selbststeuerung des Mensch betrifft vor allem das Unterlassen von Wunschbefriedigung aus Rücksicht auf die Gemeinschaft, oder aus Angst vor Bestrafung.
Beispiel: ich möchte einen Apfel essen. Das Naheliegendste wäre, mir den einfach zu nehmen, in zig Supermärkten liegen tausende von Äpfeln. Das tue ich jedoch nicht, sondern ich gehe erst zur Kasse und bezahle.
Diese Steuerung, die einen Verzicht auf Sofortbefriedigung beinhaltet und die Berücksichtigung von gesellschaftlich anerkannten Regeln, ist der Prototyp einer Steuerung, zeigt die Bedingungen der Steuerung und ist daher auch die Grundlage unseres Strafrechts und dessen Freiheitsbegriffs.
Im übrigen ist es gerade für den Menschen typisch, dass er Möglichkeiten möglichst auch realisiert und damit Wirklichkeit schafft.
Der Mensch ist ein Schöpfer. Gott ist eine überflüssige Hypothese. Der Mensch schafft die Welt.
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 21. Aug. 2005, 09:42 Uhr
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Guten Morgen, zusammen!

Zu ginger:
Z.B. der 'Wille' oder das 'Ich' etc. sind Worte, unter denen oft Unterschiedliches verstanden wird. Man müsste vorher definieren, was man darunter versteht, damit man sinnvoll darüber reden kann.
In "normalen" wissenschaftlichen Diskussionen ist das zweifellos richtig, hier aber würde ich keine Definition empfehlen. Es ist richtig, dass unter dem Begriff "Willen" sehr vieles verstanden wird, was sich voneinander in der Bedeutung unterscheidet. Da finde ich die Frage wichtiger, was denn alles darunter verstanden wird, also wie der Begriff gebraucht wird.

Zu Eberhard:
Anschließend behaupte ich, dass sich unter genau DENSELBEN Bedingungen meinen Kopf auch nach rechts drehen kann. Auch dies kann ich demonstrieren, indem ich meinen Kopf nach rechts drehe.
Es können niemals genau die selben Bedingungen sein, weil seither Zeit vergangen ist, in der etwas passiert ist, u.a. dass du den Kopf nach links gedreht hast. Der Moment ist nicht wiederholbar.
Was du damit nachweisen kannst ist imho, dass du die Fähigkeit zum Kopfdrehen hast. Die aber wird gar nicht bestritten.

Ich denke, du hast einen sehr wichtigen Begriff eingeführt: die Distanz. Sie scheint mir logisch notwendig zu sein.Ich kann meinen biologischen Steuerungen ebenso folgen wie Fremdbefehlen. Dann nehme ich die Impulse meiner Umwelt auf und reagiere auf den stärksten. Aber allein schon wenn ich wähle zwischen der Steuerung und einem ihr widersprechenden Befehl, brauche ich beiden gegenüber Distanz. Denn sonst könnte ich gar nicht erkennen, dass es Impulse sind und dass sie einander widersprechen. Um zu erkennen, was auf mich einwirkt, muss ich zu mir selber in Distanz gehen, muss das Subjekt sich als Objekt in der Welt sehen können.

Herr Hund hat Lust, sich zu prügeln. Dem widerspricht mein Befehl. Welcher Impuls ist stärker? Wenn er sich noch nicht der Prügelei hingegeben hat, mein Befehl. Aber nur dann.

Und wenn er darüber nachdenken würde? Dann müsste er erkennen, dass zwei unterschiedliche Impulse auf ihn einwirken. Auf ihn, das heißt, er muss sich als Objekt sehen, als ein Gegenstand, auf den etwas einwirkt. Und je nachdem, welche Möglichkeit er für diesen Gegenstand wählt, wird es - erfahrungsgemäß - die und die Auswirkung auf den Gegenstand haben. Er könnte dann entscheiden, welche Auswirkung für den Gegenstand, der er selbst ist, besser / angenehmer / nützlicher ist.
Oder?

Handeln und damit sich selbst steuern - das setzt doch voraus, dass ich mich selbst als steuerbaren Gegenstand betrachte, oder?

Allerdings nur dann, wenn ich mich als steuerbaren Gegenstand betrachte. Sonst nicht.
Was zu einem methodischen Problem bei unseren Hirnexperimenten führt: befand sich der Proband in Distanz zu sich selbst oder nicht? Und wenn ja: wie verhält es sich, wenn er sich selbst gegenüber die gleiche neugierige Distanz einnimmt wie der Neurologe?

Damit taucht natürlich die Frage auf, wer bin ich und wer ist dieser Gegenstand?

Zu doc rudi:
Die Selbststeuerung des Mensch betrifft vor allem das Unterlassen von Wunschbefriedigung aus Rücksicht auf die Gemeinschaft, oder aus Angst vor Bestrafung.
Das trifft auf Herrn Hund genau so zu.

Im übrigen ist es gerade für den Menschen typisch, dass er Möglichkeiten möglichst auch realisiert und damit Wirklichkeit schafft
Herr Hund hat die Möglichkeit, sein Bällchen mitzuschleppen oder einzubuddeln. Die Realisierung seiner Möglichkeiten liegt ihm viel näher als mir; ich denke nämlich oft erst mal darüber nach. Also ist Herr Hund mehr und unmittelbarer als ich darauf aus, Wirklichkeit zu schaffen.
Schafft er die Welt, weil er sie mit einem Buddelloch versieht?

Grüße


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 21. Aug. 2005, 09:54 Uhr
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richtig abrazo,
der Hund schafft sich seine Welt (nicht nur der Mensch).
Diese - im übrigen eine Geruchswelt - besteht schließlich aus einem System von verbuddelten Knochen.
Selbstverständlich gehört auch ein Mensch dazu, der sich selbst "Herrchen" oder "Frauchen" nennt, der aber in Wahrheit der Effektor des Hundes ist (ein anderes Wort für Sklave, nur nicht so demütigend), dessen Funktion darin besteht, dem Hund Nahrung zu besorgen und ihm eine Unterkunft zu verschaffen.

Ohne menschliche Sprache zu beherrschen, ist der Hund in der Lage, das Verhalten seines "Herrchens" durch Knurren, Bellen und einige Belohnungen, wie z.B. Männchenmachen, zu steuern.
Es gibt also auch eine große Zahl von Menschen, die ihr Verhalten von einem Hund steuern lassen. Das ist nichts Schlimmes. Jeder Mensch wird von irgendwem gesteuert, die meisten von ihren Kindern. Eheprobleme sind meist Steuerungsprobleme: wer steuert wen?

Der Hund schafft sich also eine Welt, die aus einem "Herrchen", das die Miete bezahlt und ihm regelmäßig Nahrung hinlegt, besteht. Die Buddelöcher sind Beiwerk, Relikte der genetischen Steuerung seines Verhaltens.
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ginger am 21. Aug. 2005, 14:54 Uhr
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@ abrazo
"..finde ich die Frage wichtiger, was den alles darunter verstanden
wird, aslo wie der Begriff ('Wille, Ich etc') gebraucht wird."

Zu dem Ausdruck 'ich' fallen mir spontan verschieden Verwendungen ein. Z.B. bezeichne ich damit
o eine Person, die gestern hier am Computer geschrieben hat
o meinen Körper
o meinen Verstand
o bestimmte Gefühle
.....
unter Wille versteht man
o Gedanken
o Gefühle
o Bedürfnisse
......

Unter dem Ausdruck 'ich will' kann man die vielen möglichen
Kombinationen der Bedeutungsvarianten verstehen.

Ohne nähere Definition wird sich eine Diskussion darüber also
eher mühsam gestalten.




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 21. Aug. 2005, 16:04 Uhr
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Hi, ginger,

ich denke, der Weg, den wir hier beschritten haben, bewahrt uns erst mal vor der Notwendigkeit, herausfinden zu müssen, was wer unter Willen versteht. Da es wenig sinnvoll erscheint, von Willen zu reden, wenn es nur eine einzige Möglichkeit gibt, befassen wir uns mit den Voraussetzungen für den Willen, nämlich, ob es überhaupt alternative Möglichkeiten gibt, zwischen denen man wählen kann. Objektiv gibt es die, aber gibt es die auch subjektiv - oder bilden wir uns die freie Wahl nur ein, weil wir die Entscheidung für eine Handlung nachträglich rationalisieren?

Ich möchte hier doch ein Experiment anführen: ein Epileptiker wurde bei örtlicher Betäubung am Gehirn operiert. Dabei traf der Chirurg den Nerv, der die Armbewegung steuert, so dass der Operierte den Arm hob. Gefragt, warum er den Arm gehoben habe, gab er zur Antwort, weil er es wollte.

Daraus folgt, wir können uns auch darin täuschen, ob wir etwas willkürlich oder unwillkürlich tun bzw. getan haben.

Deswegen müssen wir ein bisschen genauer erkunden, ob es alternative Möglichkeiten gibt, bei denen wir uns nicht darin täuschen können, dass wir sie frei wählen können.

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 21. Aug. 2005, 18:48 Uhr
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Hallo Abrazo,

Du bist nicht der Meinung, dass mein letztes Szenario den Nachweis mehrerer Handlungsmöglichkeiten im einer bestimmten Situation erbracht hat.

Du schreibst:

Es können niemals genau dieselben Bedingungen sein, weil seither Zeit vergangen ist, in der etwas passiert ist, u.a. dass du den Kopf nach links gedreht hast. Der Moment ist nicht wiederholbar.

Dies Argument kann gerade der Determinist nicht anführen, denn sein Konzept des Naturgesetzes beruht ja gerade darauf, dass gleiche Ursachen gleiche Wirkungen haben. Wenn die Situation S1 nicht die gleiche sein kann wie S2 bloß „weil seither Zeit vergangen ist, in der etwas passiert ist“, dann könnte man gar keine empirischen Regelmäßigkeiten und erst recht keine zeitunabhängigen Naturgesetze formulieren.

Zwei Situationen, auf die die gleiche Beschreibung zutrifft, sind insofern gleich. Die Beschreibung der Ausgangssituation ist bei meinem Szenario dem Deterministen überlassen. Wenn ich in beiden Situationen verschieden handle, habe ich damit den Nachweis erbracht, dass ich in jeder der beiden Situationen mindestens zwei verschiedene Handlungsmöglichkeiten habe.

Es grü0t Dich und alle andern ein hartnäckiger Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 21. Aug. 2005, 21:24 Uhr
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Hi, Eberhard,

Nachweis erbracht, dass ich in jeder der beiden Situationen mindestens zwei verschiedene Handlungsmöglichkeiten habe.
Wie gesagt, m.E. betrifft das die objektiven Möglichkeiten, und ich meine, dass da Alternativen bestehen, sei bereits geklärt. Oder habe ich da irgendwo nicht verstanden, was du meinst?

Dies Argument kann gerade der Determinist nicht anführen
Urs hat imho durchaus überzeugend die Lücken in der Argumentation der Deterministen angeführt. Aber genügt es dir, die Argumente der Deterministen zu widerlegen und die Frage mangels Antwort im Raum stehen zu lassen? Denn auch wenn du die Behauptung der Deterministen durch ihre Methodik widerlegst, so bleibt doch der Zweifel am Willen bestehen.

Wenn die Situation S1 nicht die gleiche sein kann wie S2 bloß 'weil seither Zeit vergangen ist, in der etwas passiert ist', dann könnte man gar keine empirischen Regelmäßigkeiten und erst recht keine zeitunabhängigen Naturgesetze formulieren.
Das kannste bei Steinen machen, Eberhard, aber bei Lebewesen wird das problematisch, alldieweil, die sind lernfähig und speichern Erfahrungen. Und ich denke, selbst bei der Quantenphysik kommste mit dem Argument in Schwulitäten.

Ich behaupte, dass ich unter bei stimmten Bedingungen x, y, z den Kopf nach links drehen kann. Dies kann ich dann demonstrieren, indem ich den Kopf nach links drehe.

Anschließend behaupte ich, dass sich unter genau DENSELBEN Bedingungen meinen Kopf auch nach rechts drehen kann. Auch dies kann ich demonstrieren, indem ich meinen Kopf nach rechts drehe.
Wieviele Willensentscheidungen sind das tatsächlich? Ich behaupte, nur eine, nämlich, ich zeige dir nach diesem Plan, dass ich meinen Kopf so und so drehen kann. Du hast also nur die Alternativen, diesen Plan durchzuführen oder nicht. Dass du ihn durchführen willst liegt, so advocatus diaboli, daran, dass du mit ihm etwas widerlegen willst, was dir nicht passt, dass du Recht haben willst, von mir aus aufgrund biologisch bedingter Rangkämpfe. Ergo: Motiv ist fremdbestimmt. Kein freier Willen.

Wie willst du die Entscheidungssituation wiederholen? Wann und unter welchen Bedingungen du sie auch immer wiederholst, es wird nichts daran ändern, dass deine vorherige Entscheidung in deiner Erinnerung gespeichert ist - und damit ist die Situation nach naturwissenschaftlichen Maximen nicht mehr die gleiche.

Und schließlich muss ich Urs noch einmal zustimmen: ich glaube auch nicht, dass man Subjektives durch objektives Zählen, Messen, Wiegen vollständig in den Griff kriegen kann.

Grüße

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 21. Aug. 2005, 21:49 Uhr
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Hallo allerseits,

kann ein Mensch zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten wählen und sich selbst steuern?

Dass es einen – manchmal sehr schwierigen – Entscheidungsprozess in einem Menschen geben kann, weiß wohl jeder aus der Erfahrung mit sich selbst.

Welchen Beruf will ich einmal ausüben? Welches Fach soll ich studieren? Soll ich ihn bzw. sie heiraten?: All das sind wichtige Fragen, wie ich mich angesichts verschiedener Möglichkeiten entscheiden soll.

Dass die Wahl sogar zur Qual werden kann, ist sprichwörtlich. Und manchmal ist man geradezu verzweifelt, weil man sich nicht entscheiden kann. Es gibt Entscheidungen, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können, von denen vieles abhängt. Gerade ein sensibler und nachdenklicher Mensch tut sich mit Entscheidungen oft schwer und hat Angst, eine Fehlentscheidung zu treffen.

Diese empirischen Aussagen zur menschlichen Psyche stelle ich einmal in den Raum, ohne sie weiter mit psychologischen Forschungsergebnissen zu belegen, was methodisch sicher angebracht wäre. Ich verlasse mich hier jedoch auf meine Selbstbeobachtung, und habe nicht die Absicht, den Psychologen ins Handwerk zu pfuschen.

Die Frage ist, ob andere diese Aussagen aus ihrer Erfahrung bestätigen können.

Dass die menschliche Motivation und Selbststeuerung komplex und konfliktreich ist, zeigen schon die zahlreichen, sehr differenzierten Wörter unserer Sprache, mit denen wir verschiedene Ebenen und Quellen der Motivation vom dumpfen Triebimpuls bis zur reiflich überlegten Willenserklärung unterscheiden können.

Wir sprechen von Trieben, Impulsen, Leidenschaften, Ängsten und Hoffnungen, Vorlieben und Abneigungen, Bedürfnissen, Wünschen, Affekten, Gefühlen, Einstellungen, Gewohnheiten, Süchten, Beweggründen u. a. m., die alle unsere Entscheidungen und unser Handeln bestimmen.

Wir stehen als Individuen vor der Aufgabe, all diese Motivationen, die keineswegs alle in die gleiche Richtung weisen sondern auch innerpsychische Konflikte darstellen können, in eine Entscheidung umzusetzen, die wir möglichst nicht bereuen oder wieder umschmeißen müssen.

Da ist es verständlich, wenn sich Individuen in Gemeinschaften flüchten, wo Autoritäten ihnen diese Entscheidungen abnehmen, wo alles bereits feststeht und wo alle in der Gemeinschaft es so machen.

Hier will ich erstmal Schluss machen. Grüße an alle mehr oder weniger entscheidungsfreudigen Philtalker von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 21. Aug. 2005, 22:32 Uhr
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Abrazo, über deine debilen Gedankengänge mag ich mir keine selbigen mehr machen. Das verursacht nämlich Arbeit.

Zum Lösungsansatz. Wenn man den Willen als notwendigerweise frei erklärt, schliesst diese Artikulation die moralische Implikation die der Begriff des Willens mit sich führt mit ein.

Gott zum Gruss
ludovico



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 22. Aug. 2005, 00:00 Uhr
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Hi, ludovico,

Zum Lösungsansatz. Wenn man den Willen als notwendigerweise frei erklärt, schliesst diese Artikulation die moralische Implikation die der Begriff des Willens mit sich führt mit ein.

Toll. Großartig. Genial. Ich bin zutiefst beeindruckt. Darauf wäre ich von selber nie gekommen.

Wer von uns beiden ist eigentlich debil?
[grin]


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 22. Aug. 2005, 10:54 Uhr
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..... jetzt stellt euch einmal vor !

ihr wäret in einem irren haus
und nur der wahn sinn wäre er wünscht

das wären dann die möglich keiten von welchen ihr spricht ........



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 22. Aug. 2005, 15:47 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

mein Szenario (ich kann unter gleichen Bedingungen verschiedene Handlungsmöglichkeiten realisieren) war noch ein Nachtrag zum Bestehen mehrerer „objektiver“ Möglichkeiten des Handelns.

Dabei will ich nicht mehr und nicht weniger nachweisen, als dass ich berechtigt bin zu sagen:

“Ich kann in dieser Situation die Handlungsalternative h1 tun, wenn ich es will, oder ich kann die Handlungsalternative h2 tun, wenn ich es will.“

Oder etwas salopper ausgedrückt:

“Ich kann jetzt x tun oder x lassen, ganz nach meinem Belieben.“

Das Szenario dient dem Nachweis, dass diese Formulierungen keine Illusionen darstellen, sondern der Sache angemessen sind.

Es dient dem Nachweis, dass es unangemessen ist zu sagen: „Alles was Du tust, das musstest Du tun, weil Dein Tun - so wie alles Geschehen - nach unveränderlichen Naturgesetzen abläuft.“

Wenn soweit keine ernsthaften Gegenargumente auftauchen, können wir uns dem wählenden Individuum zuwenden.

Am Beispiel der Erschießung eines Flüchtenden (E) durch C könnte ich dann formulieren:

C hatte (mindestens) die zwei (objektiven) Möglichkeiten, E in den Kopf zu schießen oder E in die Beine zu schießen.

Wenn C gewollt hätte, hätte er E in die Beine schießen können.

C wollte E jedoch in den Kopf schießen und hat dies getan.

Allgemein gesprochen hieße das:

C hätte anders handeln können, als er es getan hat, wenn er nur gewollt hätte.

(Jetzt kommt die für uns zentrale Frage)

Aber hätte C denn anders wollen können?

(Meine Antwort darauf könnte z.B. lauten:)

Ja, wenn C eine andere Kindheit gehabt hätte und nicht nur ungeliebt herumgestoßen worden wäre (dies ist nur ein Beispiel), dann hätte er nicht so bedenkenlos und ohne Mitgefühl ein Menschenleben ausgelöscht.

Das heißt: Auch der menschliche Wille ist im Prinzip veränderbar und unterliegt bestimmten Einflussfaktoren.

Es grüßt Euch Eberhard.

p.s. Noch eine Bemerkung zu der Kontroverse über Begriffsklärung. Ich neige der Position von Ginger zu, bin jedoch der Meinung, dass eine explizite Definition erst dann, notwendig wird, wenn wir tatsächlich aneinander vorbeireden, was bisher zum Glück die Ausnahme ist.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 22. Aug. 2005, 18:51 Uhr
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Und schon wieder bist du am Witz vorbeigerasselt Abrazo. Du nimmst aber auch jedes hingeworfene Stücklein dankbar auf. Also, ich lass es jetzt mal gut sein.

Wenn ihr allerdings weiterhin ohne den Faktor Zeit operiert, werdet ihr euch noch selbst am Hintern kriegen. Das heisst eigentlich habt ihr das schon.

Alsbald, ludovico




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 22. Aug. 2005, 19:53 Uhr
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Hi, zusammen,

ein umfangreiches Thema. Ich möchte zuerst einmal Eberhards Thesen 'abarbeiten'.

Welchen Beruf will ich einmal ausüben? Welches Fach soll ich studieren? Soll ich ihn bzw. sie heiraten?: All das sind wichtige Fragen, wie ich mich angesichts verschiedener Möglichkeiten entscheiden soll
Advocatus diaboli:
Dieses Problem ist ganz einfach zu erklären:
Es resultiert daraus, dass die Gesellschaft einen zu Entscheidungen zwingt, für die noch gar keine individuellen Impulse vorhanden sind.
Der Fehler liegt an der Gesellschaft: du sollst niemanden zu einer Entscheidung zwingen, wenn er dazu gar keine Lust hat.

Die Frage ist, ob andere diese Aussagen aus ihrer Erfahrung bestätigen können
Advocatus diaboli:
Natürlich können sie das. In Schwulitäten kommen alle Menschen, die man grundlos zu Entscheidungen zwingt.

Wir stehen als Individuen vor der Aufgabe, all diese Motivationen, die keineswegs alle in die gleiche Richtung weisen sondern auch innerpsychische Konflikte darstellen können, in eine Entscheidung umzusetzen, die wir möglichst nicht bereuen oder wieder umschmeißen
Advocatus diaboli:
Warum sollten wir denn Entscheidungen nicht umschmeissen, vor allem dann, wenn sie erzwungen wurden? Handelt es sich hier nicht um eine moralische Forderung der Gesellschaft, die der Natur des Menschen nicht angemessen ist?

Da ist es verständlich, wenn sich Individuen in Gemeinschaften flüchten, wo Autoritäten ihnen diese Entscheidungen abnehmen, wo alles bereits feststeht und wo alle in der Gemeinschaft es so machen.
Advocatus diaboli:
Warum zwingt denn unsere Gesellschaft Menschen zu Entscheidungen? Warum zwingt sie sie dann zu Entscheidungen, die sie gar nicht treffen wollen? Ist es nicht besser, ihnen eine Verantwortung abzunehmen, die sie gar nicht haben wollen (Hitler)?


Es dient dem Nachweis, dass es unangemessen ist zu sagen: 'Alles was Du tust, das musstest Du tun, weil Dein Tun - so wie alles Geschehen - nach unveränderlichen Naturgesetzen abläuft.'
Ich glaube, du hast da einen Gedankengang, den ich nicht habe. Nimm an, dein Wille wäre naturgesetzlich determiniert. Was nichts an den objektiven Handlungsmöglichkeiten ändern würde. Wie sähe die Sache mit dem Ablauf dann aus? Ich glaube, irgendwie fehlt mir da noch ein Stück deiner Argumentationskette, um sie ganz zu verstehen.

Das heißt: Auch der menschliche Wille ist im Prinzip veränderbar und unterliegt bestimmten Einflussfaktoren
Gewiss. Aber ist nicht die Frage, ob daraus folgt, dass man von einem freien Willen gar nicht sprechen kann?

Zu deiner ginger-Bemerkung:
Ich stehe dazu gar nicht im Widerspruch, möchte nur darauf hinweisen, dass es da zwei Methoden gibt. Die eine ist die, sich auf eine bestimmte Bedeutung zu einigen. Unverzichtbar für den Dialog. Die andere aber ist, auszubaggern, was denn mit diesem Wort gemeint ist. Die Diskussion über ein solches Thema macht man unmöglich, wenn man da definiert oder sich auf eine Bedeutung einigt. U.U. schneidet man dadurch die wichtigsten Fragen und Probleme ab.
Ich bin zum Beispiel dagegen, hier Willen klar zu definieren.
Ich habe heute einen Beagle beobachtet, dem die Krallen geschnitten wurden. Maul mit einem Tuch zugebunden und den strampelnden, winselnden Kerl auf dem Schoß festgehalten. Zweifelt einer, dass der Beagle das nicht wollte?
Andererseits Sokrates, der, wie Platon berichtet, den Giftbecher trinken wollte und Befreiungspläne ablehnte, aus Achtung vor dem Gesetz.
Schließlich Aristoteles, der meinte, ein Sokrates würde reichen und sich davon machte. Auch sein wohl überlegter Willen.
Bedenken wir, dass sie alle Lebewesen mit der entsprechenden biologischen Programmierung sind, ergeben sich daraus doch erhebliche Unterschiede in puncto Willen.
Wobei ich noch auf das Problem Experimente hinweisen möchte: wenn advocatus diaboli meint, der Willen sei ein psychisches Erlebnis, das dazu dient, eine aus biologischen Gründen getroffene Entscheidung impulsiv zu verstärken, dann dürfen diese Entscheidungen von Lebewesen zu Lebewesen prinzipiell nicht abweichen, von Art zu Art noch weniger, und von Philosoph zu Philosoph müsste man Abweichungen erst mal mühsam erklären können.
Das heißt: die Wiederholbarkeit eines Experimentes unter gleichen Bedingungen ist individuell aufgrund des Einflusses des Faktors Zeit kaum möglich, müsste aber, wenn es Gültigkeit beanspruchen will, bei gleichartigen Individuen, bei denen gleiche Bedingungen herstellbar sind, wiederholbar sein. M.E. ein triftiges Grundsatzproblem bei derartigen Experimenten.

Grüße

P.S.: Ich halte die Distanz für den zentralen Punkt, sowohl beim Thema freier Willen als auch, damit zusammen hängend, beim Thema Bewußtsein.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 22. Aug. 2005, 21:04 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

ich kann den Einwänden von advocatus diaboli nicht folgen.

Es mag sein, dass manche Entscheidungen gar nicht dringlich sind und „ausgesessen“ werden können. Aber die meisten Entscheidungen stehen unter einem Termindruck, weil im Zeitverlauf Alternativen verschwinden.

So ist für eine Frau die Frage, ob sie Kinder haben will, aus biologischen Gründen nicht unbegrenzt aufschiebbar. Diese Zeitbegrenzung hat keine sozialen Gründe.

Es mag sein, dass es manchmal besser ist, eine Entscheidung wieder rückgängig zu machen, als an ihr starr festzuhalten. Aber manche Entscheidungen lassen sich gar nicht oder nur unter großen Nachteilen für einen selbst rückgängig machen.

Außerdem ist ein Mensch, der seine Entscheidungen immer wieder umschmeißt, der also „nicht weiß, was er will“, kein Partner, mit dem man kooperieren oder Vereinbarungen treffen möchte.

Du bringst dann die Frage ins Spiel, „ob man von einem freien Willen überhaupt sprechen kann“, wenn dieser Wille sozialen und anderen Einflüssen unterliegt

Da muss ich Dich doch fragen, wie Du die zwei Worte „freier Wille“ verstanden wissen willst.

Außerdem scheint es mir unumgänglich, dass wir uns mit dem „ehernen Gesetz der Kausalität“ näher befassen. Dies ist ja die Quelle für die These vom illusionären Charakter der Wahlmöglichkeiten. Vielleicht kann jemand mal dies Prinzip darstellen und begründen.

Grüße an alle von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 22. Aug. 2005, 23:27 Uhr
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Hi, Eberhard,

was hast du denn mit unserem Advokaten für Probleme?
Wenn einer den Menschen als Objekt der Natur ansieht, der mit anderen Objekten der Natur reagiert (und das tun de facto viele), dann muss er das auch durchziehen. Und wenn man das durchzieht, kommt man nun mal zu dem Ergebnis, dass die biologisch gesteuerten Reaktionen mit den gesellschaftlichen Forderungen kollidieren. Dann kann eine Entscheidung ohne biologische Steuerung gar nicht getroffen werden, d.h. entweder man folgt einer gesellschaftlichen Forderung oder man 'lost', wenn man dazu gezwungen wird.

So ist für eine Frau die Frage, ob sie Kinder haben will, aus biologischen Gründen nicht unbegrenzt aufschiebbar. Diese Zeitbegrenzung hat keine sozialen Gründe.
Was ist die Ursache des Problems? Die Empfängnisverhütung, nicht wahr? Und wie lange gibt es die? Lange genug, dass die Biologie sich mit einem Reiz-Reaktions-Schema anpassen konnte???
Qua Natur werden solche Entscheidungen nicht getroffen. Da kommen die Kinder, produziert durch den Sexualtrieb, einfach so, ohne dass man das entscheiden muss. Können Kinder verhindert werden, richtet sich die Entscheidung nach der Stärke eines Muttertriebes (falls es den gibt) oder nach gesellschaftlichen Anforderungen. Wenn beides ausfällt, gibt's eben keine.

kein Partner, mit dem man kooperieren oder Vereinbarungen treffen möchte.
Sag ich doch: sozialer Zwang. Belohnung und Strafe, das alte Prinzip, das auch bei Herrn Hund funktioniert.

Was ich unter freiem Willen verstehe? Gute Frage. Lass mich kurz antworten, frei ist mein Wille dann, wenn ich nicht das will, was ich qua biologischer oder gesellschaftlicher Steuerung wollen soll, sondern das, was ich aus eigener Überlegung für das Richtige halte - und eben das setzt Distanz voraus, Distanz zu den Forderungen der Biologie, der Gesellschaft usw. und damit die Fähigkeit, sie überhaupt als Forderungen zu erkennen.
Die Voraussetzung dafür, dass das Subjekt überhaupt Entscheidungsmöglichkeiten hat: es muss sie als Möglichkeiten erkennen können. Wenn es das nicht kann, dann kann es auch nicht wählen, sondern lässt sich vom stärkeren Impuls leiten.

Ich weiß nicht, ob es nötig ist, sich hier mit dem Kausalitätsprinzip zu befassen. Ich bezweifle das.

Nachtgruß,


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 23. Aug. 2005, 10:50 Uhr
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> Der Fehler liegt an der Gesellschaft: du sollst niemanden zu einer Entscheidung zwingen, wenn er dazu gar keine Lust hat.



.... katastrophen sind aber keine privat sache
auch wenn die regierung gerade zu dies vor gibt .........



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 23. Aug. 2005, 19:43 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

Du schreibst:

“Frei ist mein Wille dann, wenn ich nicht das will, was ich qua biologischer oder gesellschaftlicher Steuerung wollen soll, sondern das, was ich aus eigener Überlegung für das Richtige halte.“

Hier stellt sich die Frage, wieweit man sich von biologisch bestimmten Motiven, die zu unserem genetischen Erbe gehören, distanzieren kann.

Und es stellt sich die Frage, wieweit man sich von der eigenen Erziehung und Sozialisation frei machen kann.

Es heißt: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, …

… aber wir sind keine Äpfel.

Wir können uns selbst beobachten, wir können uns die Motive unseres Handelns bewusst machen, wir können Rationalisierungen und Selbsttäuschungen aufdecken.

Wir können die uns anerzogenen Verhaltensweisen kritisch überdenken, wir können die eigenen Eltern und bestimmte Traditionen kritisch sehen, wir können selber neue Werte und Normen formulieren und wir können andere Lebensformen ausprobieren, die den veränderten Lebensbedingungen besser Rechnung tragen.

Das heißt: Wir können uns - in Grenzen – selbst erziehen.

Eine solche Autonomie der Individuen ist erst in den modernen Gesellschaften möglich geworden und auch dort alles andere als die Regel.

Die Frage ist, wo die Grenzen und Gefahren dieser experimentellen Art zu leben liegen.

Die menschliche Natur ist nicht beliebig formbar und jede Generation baut notwendigerweise auf den Leistungen früherer Generationen auf.

Es grüßt Dich und alle Interessierten Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 24. Aug. 2005, 09:48 Uhr
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> Das heißt: Wir können uns - in Grenzen – selbst erziehen.



........ es gibt natürlich grenzen
diese selbst er ziehung an andere weiter zu geben !

wie ge habt .....

aber prinzipiell keine grenzen der eigen er zieh bar keit !
dies setzt ein wesen sich selbst .........



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 24. Aug. 2005, 17:00 Uhr
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..... jetzt stellt euch einmal vor !

ihr wäret in einem irren haus
und nur der wahn sinn wäre er wünscht

das wären dann die möglich keiten von welchen ihr spricht ........
Es geht aber nicht darum, was erwünscht ist, homo sapiens, es geht darum, was wahr ist. Um das zu erkennen braucht man Distanz, sowohl sich selbst gegenüber als auch anderen gegenüber. Denn beide, du und die anderen, können sich irren. Doch um das festzustellen, muss man aus seinem eigenen Kreis heraustreten können. Man muss mit anderen reden. Man muss Argumente austauschen und sorgfältig prüfen, was denn nun stimmt. Und darf dabei keine Rücksicht nehmen auf das, was man sich selbst wünscht oder was man selbst gerne hätte. Und auch nicht auf das, was andere wünschen oder gerne hätten. Denn, wie gesagt, irren können sich beide.

........ es gibt natürlich grenzen
diese selbst er ziehung an andere weiter zu geben !

wie ge habt .....

aber prinzipiell keine grenzen der eigen er zieh bar keit !
dies setzt ein wesen sich selbst .........
Warum soll man denn seine Selbsterziehung an andere weitergeben? Doch wohl nur, wenn man meint, die absolute Wahrheit gepachtet zu haben. Das aber ist ein Irrtum. Niemand kennt die absolute Wahrheit, auch du nicht. Wer glaubt, er kenne die absolute Wahrheit und habe deswegen das Recht, andere zu ihr zu erziehen, ist anmaßend und bekommt deswegen von anderen zu Recht Tritte vors Schienbein. Manchmal sind solche Tritte heilsam, denn manchmal zwingen sie zu überlegen, ob man sich nicht irrt.

Es ist immer schlecht, die Welt, wie sie ist, abzulehnen und sich statt dessen in eine irreale Scheinwelt zu flüchten. Man braucht Essen und Trinken und Luft zum Atmen, schon das kann eine Scheinwelt nicht bieten. Man kann in ihr nicht leben. Und weil die meisten Menschen das genau wissen, ist der Versuch sinnlos, sie in die eigene Scheinwelt hinein erziehen zu wollen. Wenn Menschen etwas absolut nicht mitmachen wollen, sollte das ein Anlass sein zu überlegen, ob man nicht mit seinen Vorstellungen völlig falsch liegt.
[balloon]


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 24. Aug. 2005, 20:55 Uhr
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Hi, Eberhard,

Eine solche Autonomie der Individuen ist erst in den modernen Gesellschaften möglich geworden und auch dort alles andere als die Regel.
Damit wäre ich vorsichtig. Ich denke, autonom waren Menschen auch in früheren Zeiten.

Liegt nicht in dem simplen Satz 'ich habe Hunger' bereits eine Distanzierung? Denn ich betrachte mich hier selbst als Objekt, an dem ich ein bestimmtes Gefühl wahrnehme.

Andererseits kann dieser Satz weitergegeben werden. Er kann gelehrt und gelernt werden. Und kann, wenn er gelernt wurde, die gleiche Funktion haben wie 'Sitz' oder 'Fuß' beim Hund: ein Signal, von dem bestimmte Reaktionen erhofft werden oder das bestimmte Reaktionen gewohnheitsmäßig zur Folge hat.

Wenn mein Hund Hunger hat, sagt der dasselbe in anderer Sprache: er stuppst mich mit der Schnüss an. Ein Signal, Ausdruck eines Gefühls. Es erfordert keine Selbstdistanzierung.

Ich frage mich, ob nicht die freie Willensentscheidung sich auf die Entscheidung für oder wider die Selbstdistanzierung beschränkt.

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 25. Aug. 2005, 10:02 Uhr
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> Es geht aber nicht darum, was erwünscht ist, homo sapiens, es geht darum, was wahr ist.


....... das genau ist meine ganze aus sage !

daß ihr von einem massen irr glauben aus geht
und euch nur mit andern irr gläubigen unter hält

anstatt die wahr heit zu suchen ......



> Warum soll man denn seine Selbsterziehung an andere weitergeben? Doch wohl nur, wenn man meint, die absolute Wahrheit gepachtet zu haben.



.... natür lich sollte mensch
eine weiter ent wickelung weiter geben !

wenn es denn je eine mensch heit geben sollte .....



> Doch wohl nur, wenn man meint, die absolute Wahrheit gepachtet zu haben. Das aber ist ein Irrtum. Niemand kennt die absolute Wahrheit, auch du nicht.


.... be weisen !!!! ...... argumente !!!
keine dumme polemik .....

wider lege eine meiner aus sagen !



> Wer glaubt, er kenne die absolute Wahrheit und habe deswegen das Recht, andere zu ihr zu erziehen, ist anmaßend und bekommt deswegen von anderen zu Recht Tritte vors Schienbein.


..... sagen immer die irr gläubigen !
die in einem massen schwach sinn ge fangen ....



> Manchmal sind solche Tritte heilsam, denn manchmal zwingen sie zu überlegen, ob man sich nicht irrt.



...... dann tue es doch end lich !

frage dich ?
ob du dich nicht mit allen andern zu sammen

> irrst < ....

weil ich denke seit einer ewig keit darüber nach
und er kenne mich immer als

der einzig richtige ............



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 25. Aug. 2005, 12:55 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

vielleicht ist es sinnvoll, noch einmal zu fragen, warum es überhaupt wichtig ist zu wissen, ob unser Willen frei ist oder unfrei.

Der Gedanke, dass das, was ich will, bedingt ist durch meine biologische Natur und meine Lebensgeschichte, hat für mich erstmal nichts Negatives.

Es wird nur dort zum Problem, wo ich mich mit Bereichen meiner Person nicht identifizieren kann. Zum Beispiel, wenn ich in bestimmten Situationen Hemmungen, Ängste oder Schuldgefühle habe, die ich bei nüchterner Überlegung für völlig unbegründet halte, die ich mir aber aus meiner Kindheitsgeschichte erklären kann.

Oder wenn ich in mir „atavistische“ Neigungen zum „Stammesdenken“ verspüre, die ich bei nüchterner Überlegung für unangebracht halte, die ich mir aber als Erbschaft aus Millionen Jahren Menschheitsgeschichte gut erklären kann.

Problematisch empfinde ich es also, wenn ich mich selber nicht in der Weise steuern kann, wie ich es bei vernünftiger Überlegung eigentlich möchte. Oder anders ausgedrückt: Probleme bestehen dort, wo ich im Konflikt liege mit „eigenen“ Motiven in mir, mit denen ich mich nicht identifizieren kann.

Außerdem spielt die Freiheit des Willens eine Rolle bei der Rechtfertigung von Strafen.

Gewöhnlich sieht man die Bestrafung eines Menschen für eine Normverletzung nur dann als gerechtfertigt an, wenn dieser die Normverletzung auch hätte unterlassen können. Wenn der menschliche Wille jedoch durch die gegebenen Bedingungen festgelegt ist, hatte der Täter keine Möglichkeit, anders zu handeln als er es getan hat.

Nach dieser Auffassung ist sinnlos, jemandem für ein normwidriges Handeln zur Verantwortung zu ziehen, ihm dafür die Schuld zu geben und ihn zu bestrafen, wenn er dies normwidrige Handeln gar nicht unterlassen konnte.

Diese Auffassung halte ich in dieser Form nicht für richtig.

Eine Norm, die ein bestimmtes Verhalten, z.B. Körperverletzung, als gegen das allgemeine Interesse gerichtet verbietet, soll durchgesetzt werden. Eine Möglichkeit hierfür ist die Sanktionierung dieser Norm durch eine Strafandrohung gegen mögliche Normverletzer.

Die Strafandrohung beeinflusst den Willen zur Normverletzung. Sie verringert die Attraktivität einer Normverletzung und verringert damit die Häufigkeit von Normverletzungen.

Die Bestrafung von Normverletzern ist dadurch bereits gerechtfertigt, denn eine Verringerung der Normverletzungen ist im allgemeinen Interesse.

Ich benötige also für die Rechtfertigung einer Bestrafung keine Annahmen über die Willensfreiheit.

Allerdings macht die Bestrafung keinen Sinn, wenn dadurch die Häufigkeit von Normverletzungen nicht verringert wird, weil der Normverletzer bereits den Willen zur Befolgung der Norm hat, und die Normverletzung versehentlich oder unwissentlich begangen wurde.

Es grüßt Dich und alle Interessierten Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von ludovico am 25. Aug. 2005, 18:23 Uhr
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Zitat Eberhard:
"Allerdings macht die Bestrafung keinen Sinn, wenn dadurch die Häufigkeit von Normverletzungen nicht verringert wird, weil der Normverletzer bereits den Willen zur Befolgung der Norm hat, und die Normverletzung versehentlich oder unwissentlich begangen wurde."


Und das Eberhard kommt im wesentlichen daher, dass du die Zeit unberücksichtigt gelassen hast. Der Wille zur "Befolgung der Norm" nach einer nachgewiesenen Straftat dem zutreffenden Kanditaten bezüglich, hat allenfalls strafmilderne Folgen. Auch schützt Nichtwissen der "Norm" nicht vor einer Strafe. Auch hier kann allenfalls eine Strafmilderung zum tragen kommen. Bei einem Versehen spricht man üblicherweise von einem Unfall.

Ein so am Rande mitlesender ludovico


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 25. Aug. 2005, 20:15 Uhr
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Hi, Homo Sapiens,

nein, schau mal hier:
daß ihr von einem massen irr glauben aus geht
und euch nur mit andern irr gläubigen unter hält
Das ist eine Behauptung von dir. Die musst erst mal du beweisen.
Und auch diese Behauptung von dir:
.... natür lich sollte mensch
eine weiter ent wickelung weiter geben !
Und dann solltest du noch erklären, wieso du von Menschheit reden kannst, wenn du meinst, es gäbe sie gar nicht. Oder erklären, was du mit Menschheit meinst.
So sind hier die Spielregeln.
[smiley=wavey.gif]

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 25. Aug. 2005, 20:57 Uhr
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Hi, zusammen, hi Eberhard,

interessant wäre es doch, mit welchen Bereichen der eigenen Persönlichkeit man sich nicht identifizieren kann - ich würde sagen, nicht einverstanden ist - und warum. Wobei die Frage nach dem Warum noch viel interessanter ist. Warum sollst du denn einem Fremden keinen Tritt in den Hintern verpassen? Warum sollst du dir denn nicht das nehmen, was du haben willst, wenn dich keiner daran hindern kann? Gibt es dafür einen vernünftigen Grund? Klar, wenn man will, kann man alles begründen. Aber nur dann, wenn man unterschlägt, dass es vielleicht auch andere Möglichkeiten gibt.

Oder wenn ich in mir 'atavistische' Neigungen zum 'Stammesdenken' verspüre, die ich bei nüchterner Überlegung für unangebracht halte, die ich mir aber als Erbschaft aus Millionen Jahren Menschheitsgeschichte gut erklären kann
Meinst du nicht, dass es für diese Erbschaft einen vernünftigen Grund geben könnte? Warum lehnst du sie dann ab? Warum ist sie ein Problem für dich?
Ist das, was du dir dazu vernünftig überlegst, wirklich vernünftig? Oder könnte es sein, dass du das, was dir 'die Natur' sagt, einfach ganz unvernünftig nicht willst? Dass alles, was wir Humanität nennen, diesem unvernünftigen, unnatürlichen Willen entstammt?

Und auch mit den Rechtsnormen scheint das gar so einfach nicht zu sein. Es gibt da so einen Ausdruck im Strafrecht, der nennt sich untauglicher Versuch. Zum Beispiel, wenn ein Mann seiner Ex, die ihm vorgegaukelt hat, schwanger zu sein, in den Bauch tritt, um das Kind abzutreiben. Geht gar nicht. Weil sie nicht schwanger ist. Ist aber trotzdem strafbar. Warum? Weil, nun, eine böser Wille dahinter steckt. Umgekehrt ist Irrtum in der Nothilfe nicht strafbar, weil da ein guter Wille hinter steckt.

Warum ist es wichtig zu wissen, ob unser Wille frei ist oder unfrei?
Ich denke, es ist ein altes Problem der Philosophie, das in unterschiedlichen Gewändern immer wieder aufgetaucht ist (und heimlich verschwiegen wurde): wenn der Wille nicht frei ist, dann gibt es auch keine Ethik. Dann gibt es zwar gesellschaftliche Moralen, aber die sind bekanntlich wandelbar und verschieden.
Plastisch gesagt: wenn der Wille nicht frei ist, dann sind gesellschaftliche Systeme wie der Nationalsozialismus ok. Ich weiß nichts, was dagegen spricht - außer, dass Menschen das nicht wollen.

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 26. Aug. 2005, 07:09 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,


Du schreibst in Deinen letzten Beiträgen:

"Frei ist mein Wille dann, wenn ich nicht das will, was ich qua biologischer oder gesellschaftlicher Steuerung wollen soll, sondern das, was ich aus eigener Überlegung für das Richtige halte.

Wenn der Wille nicht frei ist, dann gibt es auch keine Ethik. Dann gibt es zwar gesellschaftliche Moralen, aber die sind bekanntlich wandelbar und verschieden."


Ich will versuchen, meine eigene Sicht dagegen zu setzen, im zu sehen, ob unsere Ansichten differieren.

Zu den Rahmenbedingungen unseres Daseins, unseren Antrieben und Fähigkeiten.

Einig sind wir uns wohl darin, dass das, was ein Mensch will, von den verschiedensten Bedingungen abhängt: vor allem von seinem biologischen Erbe und seiner sozialen Umwelt. Wir haben angeborene Triebe wie Hunger, Sexualität, Angst, Ekel, Eifersucht, Geltungsstreben und wir verinnerlichen in einem Sozialisationsprozess Normen und Werte der Gesellschaft und ihrer Subkulturen, in denen wir aufwachsen.

Außerdem haben wir angeborene Fähigkeiten des Spracherwerbs, der sinnlichen Wahrnehmung und der Informationsverarbeitung, die es uns ermöglichen, in einem Lernprozess das kulturell angehäufte Wissen uns anzueignen. Wir haben die Fähigkeit, über uns selbst und über unsere Stellung in der Gesellschaft und in der Natur nachzudenken. .

Unter diesen Rahmenbedingungen können wir uns als Individuen ein eigenes Bild von der Welt machen und uns eigene Ziele setzen, die mit denen unserer Eltern, Lehrer oder Nachbarn nicht identisch sind.

Wenn diese grobe Skizze der condition humaine akzeptiert wird, kann ich weiter gehen.

Einen Willen, der frei von Einflüssen aus der uns umgebenden Welt ist, kann es für ein menschliches Individuum danach nicht geben.

Frei kann mein Wille nur insofern sein, als er selbstbestimmt und nicht fremdbestimmt ist.

Dabei kann „selbstbestimmt“ nicht heißen, dass das was wir wollen, nur von uns selber bestimmt wird, ohne jegliche Einflüsse von außen. Denn das Individuum hat sich ja nicht selbst erzeugt, es hat sich aus den Genen seiner Eltern und den Hilfestellungen seiner sozialen Umwelt zum selbständigen handlungs- und denkfähigen Menschen entwickelt, der sagen kann: Das bin ich, So bin ich. Das ist meine soziale und kulturelle Herkunft. Das hat mich beeinflusst und zu dem gemacht, was ich heute bin.

Da ein Mensch denkfähig ist, kann er auch fragen, wie diese verschiedenen Einflüsse, die er durch seine Umwelt mitbekommen hat, zueinander passen.

Ich bemerke dann z.B. eine emotionale Gruppen- und „Wir“- Orientierung und ein „Stammesdenken“ in mir, die angesichts der großen Probleme, die nur im globalen Maßstab zu lösen sind, eher hinderlich und schädlich ist. Ich denke da an die Zerstörung der Ozonschicht, den Treibhauseffekt oder die Arsenale an Wasserstoffbomben und Raketen.

Diese Stammesmentalität steckt in mir drin, und sie hatte in den Jahrmillionen, in denen meine Ahnen in Stammesverbänden lebten, sicherlich ihre Funktion in der Daseinsbewältigung und Selbsterhaltung. Aber wenn man heute diese archaischen Emotionen und Verhaltensmuster ungebremst weiter auslebt, dann ist unser Raumschiff Erde bald unbewohnbar. Also lebe ich meine atavistischen Emotionen lieber beim Volleyball aus, wo mit dem Gegner gekämpft wird und am Ende Siegesgeschrei zu hören ist. Außerdem ist das eine Möglichkeit, der modernen Bewegungsarmut entgegenzuwirken, für die unser Körper nicht geeignet ist und die ihn krank macht.

Dies als ein Beispiel, wie das Individuum sich aufgrund vernünftiger Einsicht von genetisch verankerten eigenen Motivationen distanzieren kann.

Um Deine Formulierung abzuwandeln:
Frei im Sinne von selbstbestimmt ist mein Wille dann, wenn ich nicht das will, was ich qua biologischem Erbe mitbekommen habe, sondern das, was ich aus eigener Überlegung für das Richtige halte.

Soviel fürs Erste. Zur Möglichkeit von Ethik komme ich noch.

Bis dann, Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 26. Aug. 2005, 09:47 Uhr
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> nein, schau mal hier:
daß ihr von einem massen irr glauben aus geht
und euch nur mit andern irr gläubigen unter hält
Das ist eine Behauptung von dir. Die musst erst mal du beweisen.


..... du be weist sie doch selber jetzt
und immer fort
und be vor !

warum sollte ich das auch noch tun ?
ich könnte das genauso mit einem dr mengele ver suchen ....


> Und auch diese Behauptung von dir:
.... natür lich sollte mensch
eine weiter ent wickelung weiter geben !
Und dann solltest du noch erklären, wieso du von Menschheit reden kannst, wenn du meinst, es gäbe sie gar nicht. Oder erklären, was du mit Menschheit meinst.


..... wie dumm kannst du denn noch werden ?
ach ja
es helfen dir doch so viele millionen damit !

weil sicher bin > ich< mensch !
und eine mensch heit gibt es auch
aber leider nicht auf dieser welt .....


> So sind hier die Spielregeln.


....... ein menschen würdiges leben ist aber kein spiel !
nur spieler wie euer bundes kanzler
haben spiel regeln !

menschen haben charakter
und eine ethik ...........

euer ganzes problem be steht darin ...

daß ihr leider
wider euerer ein ge bildeten be schreibung
keine homo sapiens seid !

sondern kriminelle wesen
die mit ihrer kriminellen gruppe
damit konkurieren jeden homo sapiens zu ignorieren
defamieren
ver zweifeln

deshalb der kriminelle verein weiter perpetiert werden kann !
und natür lich die welt zer stört ..........



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 26. Aug. 2005, 22:34 Uhr
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Hi, zusammen, hi Eberhard,

so ganz bin ich mit dem nicht einverstanden, was du im ersten Teil schreibst. Du drückst es aktivisch aus; ich meine, man sollte es überwiegend passivisch ausdrücken, sonst kommt man aufs falsche Gleis.

Einen Teil des kulturellen Wissens eigenen wir uns an. Der größere Teil aber wird uns angeeignet. Ebenso machen wir uns kein Bild von der Welt. Unser (klar, individuelles, aber in groben Zügen auch gesellschaftliches) Weltbild entsteht. Denn es hängt zunächst einmal davon ab, was wir überhaupt von der Welt wahrnehmen.

Wir nehmen die Daten wahr und damit auf, die uns von der Außenwelt geboten werden. Oder die Reaktionen unserer Innenwelt auf Reize aus der Außenwelt. Aus diesen Daten konstruieren wir ein logisches Weltbild, aber nicht, weil wir das so wollen, sondern weil wir gar nicht anders als logisch denken können. Das logische System Weltbild, das sich aus unseren Daten ergibt, ist zwingend.

Unsere aktiven Fähigkeiten liegen m.E. darin, dieses Weltbild kritisch zu betrachten, zu prüfen auf Übereinstimmung mit den uns jetzt zugänglichen Wahrnehmungen und Tatsachen und es ggf zu korrigieren. Von daher können wir mit unserem Weltbild so verfahren, wie mit der Welt selbst: überlegen, ob wir damit einverstanden sind, wie es ist, oder ob wir es nicht lieber ändern wollen. Was allerdings die Fähigkeit zur Distanz voraussetzt. Denn wenn mir mein Weltbild so selbstverständlich ist, dass mir die Möglichkeit von Alternativen gar nicht in den Sinn kommt, komme ich gar nicht auf die Idee, dass es da etwas zu prüfen geben könnte.

Einen Willen, der frei von Einflüssen aus der uns umgebenden Welt ist, kann es für ein menschliches Individuum danach nicht geben.
Es kann ihn nicht nur danach nicht geben, es kann ihn überhaupt nicht geben. Denn 'ich will das' geht nur, wenn es ein Das gibt. Ohne Welt kein Wille. Ohne Hunger kein Säuglingsgeschrei. Davon auszugehen, ein freier Wille setze im Idealfalle ein von nichts beeinflusstes leeres Bewusstsein voraus, ist danach Unsinn, weil Bewußtseinsinhalte die Voraussetzung dafür sind, überhaupt etwas wollen zu können. Ein leeres Bewußtsein will nichts.

Exkurs: kritischer Punkt in der Mystik. Aber darauf will ich hier nicht eingehen.

Das heißt: wenn wir von einem freien Willen sprechen wollen, müssen wir voraussetzen, dass er sich auf etwas Vorhandenes bezieht, auf dessen Vorhandensein wir primär keinen Einfluss haben. Anders gesagt: der freie Wille muss sich notwendigerweise auf etwas bereits Gegebenes beziehen. Weil es sonst Unsinn wäre, vom Willen zu reden. Daraus folgt: das Gegebene negiert den freien Willen nicht, es schafft ihn geradezu.

Frei kann mein Wille nur insofern sein, als er selbstbestimmt und nicht fremdbestimmt ist.
Was ist, das Vorhergehende bedacht, damit gemeint? Ich muss gestehen, dass ich es nun eigentlich nicht mehr verstehe. Selbstbestimmt und fremdbestimmt schnurren sozusagen zu Bezeichnungen für zwei unterschiedliche psychische Eindrücke zusammen. Ist denn mein Wille fremdbestimmt, wenn ich den Eindruck habe, er wäre es? Ist er selbstbestimmt, wenn ich den Eindruck habe, er wäre es? Habe ich es hier erwähnt, den Epileptiker, der bei einer Gehirnoperation aufgrund eines entsprechenden Reizes den Arm hob und, gefragt warum, sagte, weil er es gewollt habe? Offenbar hatte er den psychischen Eindruck 'selbstbestimmt' - und der war falsch. Umgekehrt könnte Kants kategorischer Imperativ den psychischen Eindruck fremdbestimmt hervorrufen; wäre der richtig? Mir erscheint es jedenfalls nicht zuverlässig, sich darauf zu verlassen.

Das bin ich, So bin ich.
Das bin ich nicht. Ich bin der, der das sagt. Bin ich auch der, der will? Was die Frage nach dem Was und Warum außerordentlich schwierig machen würde.

Schau, was du tust, wenn du lieber Volleyball spielst: du steuerst deine erkannten natürlichen und damit ohne Schaden nicht abstellbaren Bedürfnisse in vernünftige Bahnen. Mache ich mit Herrn Hund auch. Ich regiere Herrn Hund. Und ich regiere mich - eigentlich nicht viel anders.

Und immer wieder komme ich zu dem Ergebnis, dass die Distanz der zentrale Begriff ist. Und dass genau sie die Voraussetzung für den freien Willen ist, denn im Grunde ist es egal, ob ich mich zur Außenwelt in überlegende Distanz begebe oder zu mir selbst bzw dem, was ich als zu mir selbst gehörend erkannt habe. Und dass die primäre Willensentscheidung die Entscheidung für die Distanz ist.

Womit sich die Frage nach der Alternative stellt und unter welchen Voraussetzungen ich das eine oder andere überhaupt wollen kann.

Ich weiß es nicht, aber ich fürchte die Möglichkeit, in meinem Schrieb könnten ein paar schwierige Sachen drin sein. Deswegen reicht mir das für heute.

Gruß an alle, die sich so was antun wollen

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 27. Aug. 2005, 10:32 Uhr
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..... für menschen gibt es nur eine möglich keit
frei zu sein menschen würdig leben ......

und das wäre in einer mensch heit !

die in einer öffent lichen diskusion
sinn volle lösungen aus arbeitet für die zu kunft !

aber das interessiert kein schwein ............



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 27. Aug. 2005, 12:40 Uhr
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Hi, Homo sapiens,

na, was machen wir denn gerade?
Aber bedenke, die Welt ist groß und vielfältig und kompliziert. Niemand weiß alles und niemand kann alles machen.
Die Philosophie baut keine Luftschlösser und gibt keine Gesetze. Die hockt unten im Keller und passt auf, dass das Ganze auch auf soliden Fundamenten steht.
Deswegen: wenn du was behauptest, kriegst du die Antwort: beweis mal.
Und wenn du einem Philosophen sagst, er sei dumm, kriegst du die Antwort: gut möglich, aber dann erklär das doch mal einem Dummen.
:-)

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 27. Aug. 2005, 21:41 Uhr
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Hallo allerseits, hallo Abrazo,

ich will noch mal zurückkommen auf Deinen Satz:

"Wenn der Wille nicht frei ist, dann gibt es auch keine Ethik. … dann sind gesellschaftliche Systeme wie der Nationalsozialismus ok. Ich weiß nichts, was dagegen spricht - außer, dass Menschen das nicht wollen."

Meiner Ansicht nach kann überhaupt nicht mehr gegen etwas sprechen, als dass Menschen das nicht wollen.

Jedes Sollen entspringt doch einem Wollen. Wenn ich sage: "Ich will nicht, dass du weggehst", so kann ich den Inhalt dieses Wollens durch ein Sollen ausdrücken: "Du sollst nicht weggehen."

Ein Sollen, das nicht von irgendeinem Subjekt gewollt wird, ist absurd.

Um es zugespitzt zu formulieren:

Was wir als Einzelne ethisch sollen, ist das, was wir alle gemeinsam wollen.

Das ist das ganze Mysterium der Moral, wenn man davon ausgeht, dass es keine übermenschlichen Wesen gibt, deren Wille uns Befehl ist.

Mit dieser ketzerischen These grüßt Dich und alle Interessierten Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 28. Aug. 2005, 06:13 Uhr
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Hallo Eberhard, Abrazo incl. Herrn Hund u.a.,
die von Abrazo genannte Distanz ist die eine Voraussetzung für das Erkennen der Wirklichkeit. Da haben wir Menschen ein gutes Instrument.
Wir versauen uns jedoch meines Erachtens den klaren Blick, wenn wir nicht willenlos und neutral auf das schauen, was wir dann sehen. Mit Ethik, Moral, Wollen und Sollen sehen wir wir dann genau das, was wir vermutet hatten.
Lasst uns doch mal ohne irgendwelche Erwartungen die Welt und uns betrachten.
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 28. Aug. 2005, 07:55 Uhr
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Hallo Doc Rudi,

wenn wir die Welt mal ganz ruhig und aus der Distanz sehen, dann sehen wir, dass Menschen wollende Wesen sind, dass sie sich mit ihrem Wollen in die Quere kommen und dass dies zu Ereignissen führt wie Weltkrieg I und II.

Und wenn wir die 25 Millionen Toten aus der Distanz und ganz in Ruhe betrachten, dann dämmert es vielleicht, dass man sich über das, was Menschen können, wollen und sollen Gedanken machen muss,

meint (Doc) Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 28. Aug. 2005, 09:20 Uhr
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ja Eberhard,
da stimme ich zu.
Mein Nicht-wollen bezog sich ja auf den Zustand des Betrachters.
Wenn wir die Welt betrachten, sollten wir neben der räumlichen auch eine emotionale Distanz haben, um neutral zu sehen.
Was das Beobachtete oder das Zubeobachtende (die Menschen) anbetrifft, würde ich erst einmal sagen: die Menschen bewegen sich da und schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein.
Dann kommt jedoch bereits Hypothetisches ins Spiel: die Annahme des Willens. Auch das kann man machen, ich mache es ja auch, dass ich sage: wenn sich etwas bewegt, muss da etwas sein, was die Bewegung verursacht (von außen oder innen), und das nenne ich
Kraft (wenn es sich um nichtlebende Objekte handelt)
oder
Willen (wenn es sich um lebende Objekte handelt),
die ich als Subjekt betrachte.
Die nächste Frage wäre: wo kommt das Wollen, der Wille her?
Da kennst Du meine Antwort bereits:
Der Wille kommt aus unserer genetisch gespeicherten Verhaltensprogrammierung.
Das Ziel dieses Willens ist: die Weiterexistenz, das Überleben und das Weiterentwickeln dieser Gene. Denn diese überleben immer, egal, welche Kriegspartei die andere ausrottet.
Da wird mir dann schnell Sozialdarwinismus unterstellt.
Da kann ich nur sagen: Das Urteil emotional beobachtender Zeitgenossen ist zwar aller Ehren wert, aber so werden sie die Wirklichkeit nie sehen können.
Du kennst auch meine nächste Schlussfolgerung, die da lautet:
Dieses Morden (der Krieg) ist das Instrument der Evolution genetisch gespeicherter Daten, und es ist überflüssig, da der Mensch inzwischen Wissenschaft betreibt und seine Erkenntnisse hirnextern speichert. Damit ist die Evolution der genetischen Datenspeicherung und ihre Methoden: Staatenbildung, Waffenprodukton und Kriegsführung, überflüssig.
Und alles, was überflüssig geworden ist, wird verschwinden.
Die Verwirklichung (Entwirklichung) der Wahrheit schreitet voran und Staaten in ihrer außenpolitischen Funktion werden verschwinden.
Gruß
rudi




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 28. Aug. 2005, 12:38 Uhr
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Hallo Eberhard und Doc Rudi!

Nur ein kurzer Einwurf:

So unscharf, wie Ihr den Begriff des Wollens verwendet, geht er fließend über in "bedürfen", "begehren", "brauchen", "nötig haben", "umgetrieben werden"... Aber was sagt man dann, wenn man den Menschen als "wollendes Wesen" bezeichnet? Ist dann nicht auch eine Qualle ein "wollendes Wesen"?

Mir scheint, dass der Begriff des Willens nur dann einen spezifischen Sinn hat, wenn man ihn an die Fähigkeit des Überlegens, des Abwägens und Entscheidens bindet und ihn damit in den Umkreis des Handelns stellt. Dabei sollte aber auch das unterlassbare "Handeln" vom "blinden", "triebhaften" oder reflexartigen "Verhalten" unterschieden werden.

Schöne Grüße
Urs




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 28. Aug. 2005, 13:57 Uhr
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Hi, zusammen,

Urs hat schon recht: wir müssen sorgfältig bestimmen, wovon wir gerade reden.

Eberhard schreibt:
Was wir als Einzelne ethisch sollen, ist das, was wir alle gemeinsam wollen
Damit habe ich eine Schwierigkeit: ich habe nämlich noch kein ethisches Sollen ausmachen können. Das einzige, auf das ich mich hier festlegen kann, ist das ethische Nein, das ethische Nicht-Wollen.
Beispiel: die Moral verlangte über Jahrhunderte freudige Kampfbereitschaft im Krieg für Volk und Vaterland. Nicht nur bei uns. Nach Ansicht der Islamisten geht der Märtyrer umgehen ins Paradies ein. Also eine hoch moralische Angelegenheit: du sollst dein Leben im Kampf für den Islam opfern (und dabei so viele wie möglich mitnehmen). Normal. Kennen wir eigentlich aus der eigenen Kultur.
Denken wir an die Kriegsdienstverweigerer vergangener Zeiten. Was hatten die in der Gewissensbefragung letztlich der allgemeinen Moral anderes entgegen zu setzen als ihr Nicht-Wollen?

Moral und Ethik werden meist synonym verwendet. Dass das nicht richtig ist zeigt sich, wenn die Ethik sich gegen die Moral, gegen das moralische Sollen wendet.

Ich würde dir, Eberhard, also nur teilweise Recht geben: Ethik ist das, was wir alle gemeinsam nicht wollen.

Im Gegensatz zur Moral. Die ist das, was alle gemeinsam wollen. Damit ist noch lange nicht gesagt, ob Moral das ist, was wir alle gemeinsam wollen. Was die bürgerliche Gesellschaft gemeinsam will unterscheidet sich von dem, was z.B. die Junkie-Szene gemeinsam will und entsprechend unterscheiden sich die Moralen. Welche Moral die herrschende ist, wird dann letztlich zu einer Machtfrage.

Du meinst, 'ich will nicht, dass du weggehst' ist gleichbedeutend mit ' du sollst nicht weggehen'. Klar. Für dich. Aber nicht für den anderen, der aufbrechen will. Der will nämlich vielleicht etwas anderes. Und ob dein 'du sollst' verwirklicht wird, hängt ab von deiner Einflussnahme - oder von deiner Macht.

Danke für die Grüße an Herrn Hund, doc Rudi. Der meint allerdings, er erkenne die Wirklichkeit auch, sonst könnten wir nicht Stöckchen spielen. Ich zweifle aber, ob er fähig ist, sich selbst als Objekt dieser Wirklichkeit zu erkennen und nur das setzt die Distanz voraus. Die Distanz, die ich meine, heißt gerade, die Welt ohne unsere Erwartungen zu betrachten. Denn wer sich selbst als Objekt der Welt sieht, sieht eben auch dessen Erwartungen in Bezug auf Moral, Wollen, Sollen, Emotionen usw.

Das Ziel dieses Willens ist: die Weiterexistenz, das Überleben und das Weiterentwickeln dieser Gene. Denn diese überleben immer, egal, welche Kriegspartei die andere ausrottet.Wenn das Ziel des Willens das Überleben der Gene ist, warum wollen dann Menschen keine Kinder kriegen? Und warum bekommt man dann Ärger mit anderen Menschen, wenn man nach eigener und vielleicht sogar ihrer Ansicht auf dieser Welt überflüssige Menschen um die Ecke bringt? Denn von der genetischen Programmierung her ist gegen letzteres nichts einzuwenden, während ersteres dem widerspricht.

Dieses Morden (der Krieg) ist das Instrument der Evolution genetisch gespeicherter Daten
Damit machst du die Evolution zum handlungsfähigen Subjekt. Ist sie das - oder handelt es sich hier nicht eher um Sprachverhexung?

Urs meint:
Dabei sollte aber auch das unterlassbare 'Handeln' vom 'blinden', 'triebhaften' oder reflexartigen 'Verhalten' unterschieden werden
Das geht mir fast schon etwas zu weit.
Unterscheiden sollte man. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass wir genau das in der Umgangssprache nicht tun. Es ist nicht das einzige Wort unserer Umgangssprache, das in diesem Sinne doppeldeutig ist. Wittgenstein hat z.B. auf die unterschiedliche Bedeutung des Wortes 'gut' hingewiesen: das ist ein guter Stuhl vs. das ist ein guter Mensch.
Der Begriff 'Willen' hat durchaus auch ohne Bindung an diese Fähigkeiten einen Sinn in der Sprache.

Grüße an alle


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 28. Aug. 2005, 14:35 Uhr
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Hallo,
zu Urs: das "bedürfen", "begehren", "brauchen", "nötig haben", "umgetrieben werden"..., in das Du differenzieren möchtest, ist meines Erachtens nicht mehr objektiv, sondern subjektiv, von Deinem Erleben bestimmt. Zunächst sollten wir jedoch erst einmal nur beobachten und uns einigen, ob wir eine Kraft (Willen) als Ursache von Bewegung annehmen.
zu Abrazo: ich denke, Herr Hund sieht in Dir ein Objekt genau wie umgekehrt. Und Du (ich u. alle) sollten sich realisieren, dass wir alle Objekte für unsere Mitmenschen sind.
Der Hund erkennt genau Dein Wollen und ist deshalb in der Lage, Dich abzurichten. Das ist nur eine Frage des Standpunkts.

Du meinst weiterhin, ich mache die Evolution zum handlungsfähigen Subjekt. Du meinst sicher die genetische Verhaltensprogrammierung, deren Folge dann die Evolution ist.

Lass mich den Standpunkt erklären:

Menschliches (und hundisches) Verhalten ist Handlung innerhalb von Regelkreisen. Ein Regelkreis mit negativer Rückkopplung hat immer einen Sollwert, bei lebenden Systemen ist dies ein Sollwertbereich. Nehmen wir die Sauerstoffkonzentration im Blut. Du hast Rezeptoren, die Dir melden, dass die Sauerstoffkonzentration ineinen kritischen Bereich absinkt. Das setzt bewegung in Gang (Atmung), der Effekt ist, dass die Sauersoffkonzentration wieder steigt. Von all dem merkst Du nichts.
Frage: wer oder was hat den Sollwertbereich festgelegt?
Antwort: der ist bereits in Deiner genetischen Programmierung festgelegt.
Das wäre ein Beispiel für einen Selbsterhaltungsregelkreis (das gleiche kannst mit Hunger und Essen durchdenken). Solche Regelkreise haben immer eine negative Rückkopplung.
Es gibt aber auch Regelkreise mit positiver Rückkopplung: das erwünschte Verhalten wird belohnt.
Beispiel: Sexualtrieb. "Erwünscht" ist, dass der Samen in der Scheide deponiert wird. Belohnt wird dieses Verhalten mit dem Orgasmus. Der Endeffekt ist die Vermehrung (Vervielfältigung) der Gene.
Nun kommt aber der Mensch und setzt dem seinen Willen entgegen. Der Mensch kann Nein-sagen zur Vermehrung (und das kann der Hund nicht). Der Mensch kann die genetische Verhaltensprogrammierung austricksen, die Belohnung (den Orgasmus) nehmen und die Vermehrung vermeiden.
Aus dieser Regelkreisbetrachtung ist auch der Ramen für Entscheidungsfreiheit ableitbar. (ich kann eine Zeit lang hungern, ich kann wählen, was ich esse, ich kann den Partner wählen usw.)

Ich meine also: der Eindruck, dass ich die Gene zum Subjekt mache, ist mir zwar nachvollziebar, aber wie erklärst Du Dir denn, dass wir atmen, essen und einen Vermehrungstrieb haben? Oder meinst Du, diese Beobachtung ist falsch?
(Nicht ausgeführt habe ich hier, dass das kriegerische Verhalten das Ziel hat, konkurrierende Gene zu eliminieren. Aggressivität ist genauso natürlich wie der Sex)
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 28. Aug. 2005, 15:39 Uhr
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[smiley=boxen.gif]

Hi, Doc Rudi!

Würdest du dich bitte erst einmal von deinen eigenen Vorstellungen distanzieren?

Es geht nicht darum, ob Herr Hund mich als Objekt der Wirklichkeit ansehen kann, sondern ob ich selbst mich als Objekt der Wirklichkeit ansehen kann!

Ich, ich, ich!
[smash]
Klaro?
Dat is wat anderes!

Und du hast auch nicht die Gene zum Subjekt deines Satzes und damit zum handelnden Subjekt gemacht, sondern die Evolution!

Du, du, du!
[smash]
Klaro?

Dat wir unseren Willen dagegen setzen können, wissen mir ald lang.
Die Frage is: warum. Und die beantwortest du nicht.
Klaro?

Himmeldonnerwetternochemol.

[smiley=casanova.gif]

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 28. Aug. 2005, 16:38 Uhr
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doc rudi: "Zunächst sollten wir jedoch erst einmal nur beobachten und uns einigen, ob wir eine Kraft (Willen) als Ursache von Bewegung annehmen."

Rudi, sag mir, wie hältst du es mit dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik, der Erhaltung der Energie ?

frägt jonny W

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 28. Aug. 2005, 17:52 Uhr
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Hallo Abrazo!

Du wendest ein:


Quote:Unterscheiden sollte man [nämlich zwischen "Handeln" und "Verhalten" (Urs)]. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass wir genau das in der Umgangssprache nicht tun. Es ist nicht das einzige Wort unserer Umgangssprache, das in diesem Sinne doppeldeutig ist. Wittgenstein hat z.B. auf die unterschiedliche Bedeutung des Wortes 'gut' hingewiesen: das ist ein guter Stuhl vs. das ist ein guter Mensch.
Der Begriff 'Willen' hat durchaus auch ohne Bindung an diese Fähigkeiten einen Sinn in der Sprache.



Die Umgangssprache, als DAS elementare Medium unserer Lebensbewältigung, ist sicherlich eine wichtige Quelle für "sachdienliche Hinweise". Aber wir müssen sie deshalb doch nicht zur unkritisierbaren Autorität erheben. Denn in ihr tummeln sich ja doch alle möglichen Begriffe aus zweifelhaften, wenn nicht trüben Quellen, und uns geht es um Klarheit. :-)


Übrigens meine ich, dass man höheren Tieren manchmal durchaus mit Recht so etwas wie "Abwägung" und "Entscheidung" - und damit auch "Wollen" in rudimentärer Form - zuschreiben kann. Und das wiederum hängt mit ihrer individuellen Lernfähigkeit zusammen.

Wenn etwa ein jagendes Rudel Löwen seine Beute aus einer Antilopenherde ausspäht und -wählt, wenn es sich mit einer bestimmten Taktik koordiniert und - sollte es nötig werden - diese Taktik blitzschnell abwandelt, dann hat solches "Verhalten" durchaus ein Moment von "Handlung". Es ist jedenfalls mehr als nur das "blinde" Abspulen eines genetischen "Programms" (d.h. buchstäblich einer "Vorschrift").

Bei den Orcas (den so genannten "Killerwalen") hat man beobachtet, dass sie in verschiedenen Teilen der Welt so etwas wie eigene Traditionen ausbilden können. Denn während die jungen Orcas vor der Küste Patagoniens von ihren Eltern lernen, wie man Robben im seichten Wasser eines Sandstrandes jagt, erlernen sie in den Fjorden Norwegens eine völlig andere Fangmethode - nämlich das Zusammentreiben und "Pflücken" von Heringsschwärmen. Wieder andere Orca-Kolonien - an der amerikanischen Westküste - ziehen umher und machen Treibjagd auf große Wale usw.

Diese Flexibilität - also Lernfähigkeit - macht die Tiere bis zu einem gewissen Grade "frei" von einem starr verankerten "Programm". Fangmethoden können an unterschiedliche Umweltbedingungen angepasst und an die jüngeren Generationen weitergegeben werden. Und es scheint mir: Je größer die Flexibilität/Lernfähigkeit von Lebewesen, desto zahlreicher ihre Möglichkeiten der Initiative und der Reaktion auf Umweltfaktoren, und desto signifikanter ihre Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, die dem einzelnen Individuum zugerechnet werden können.

Denn "Entscheidung" ist ja eine Auswahl, die wir Individuen - oder Kollektiven von Individuen - zurechnen, im Unterschied zu starr "programmierten" Verhaltensweisen, die bei allen Exemplaren einer Spezies gleich ausfallen. Darum sollte man auch nur dort von einem "Wollen" sprechen, wo es Individuen - und zwar entscheidungsfähigen Individuen - zugerechnet werden kann.


Schönen Gruß
von
Urs




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 28. Aug. 2005, 18:35 Uhr
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Hallo Rudi!


Quote:zu Urs: das "bedürfen", "begehren", "brauchen", "nötig haben", "umgetrieben werden"..., in das Du differenzieren möchtest, ist meines Erachtens nicht mehr objektiv, sondern subjektiv, von Deinem Erleben bestimmt. Zunächst sollten wir jedoch erst einmal nur beobachten und uns einigen, ob wir eine Kraft (Willen) als Ursache von Bewegung annehmen.



Diesen Einwand verstehe ich nicht. Wieso ist es nur eine Frage des „subjektiven“ Erlebens, wenn ich Handeln, das entscheidungsfähigen Individuen zugerechnet werden kann, von „programmiertem“ Verhalten unterscheide, auf das Individuen keinen Einfluss haben?

Ein Beispiel: Wir alle haben Hunger und müssen geeignete Nahrung aufnehmen und verdauen. Auf diese Notwendigkeit können wir reagieren – z.B. durch Fasten oder Hungerstreik -, aber wir können sie nicht abstellen.
Welche Nahrung wir aufnehmen und wie wir sie zubereiten, das ist bei uns Menschen weitgehend dem Einzelnen überlassen. Der Rahmen unseres Bedarfs mag natürlich abgesteckt sein, aber innerhalb dieses Rahmens können wir erfinderisch sein und uns je nach Laune oder nach ethischen oder diätetischen Regeln entscheiden. D.h. hier können wir handeln. Ob ich heute Abend eine Schale Muesli zu mir nehme oder mir ein Steak brate, ist eine mir und niemandem sonst zurechenbare Entscheidung.

Sobald ich das Essen gekaut und geschluckt habe, setzt die unwillkürliche Verdauung ein, und die dürfte wohl in jedem menschlichen Körper – so weit „ungestört“, also „gesund“ – auf dieselbe Weise ablaufen. Ich könnte mich, wie ein genusssüchtiger Römer oder ein Essgestörter zwar noch zum Erbrechen des Gegessenen bringen, aber was hinter dem „Pförtner“ geschieht, entzieht sich meinem Einfluss.


Ich denke, das Kriterium für den Unterschied zwischen "Handeln" und "Verhalten" ist so weit klar und sachlich bestimmt. Es mag zweifelhafte Grenzfälle geben, aber das ist bei allen Kriterien so.
Nochmals: Wieso soll die so gefasste Unterscheidung eine nur „subjektive“ sein?

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Das Wollen als eine „Kraft“ anzusprechen, die Bewegungen antreibt, halte ich für schon im Ansatz verfehlt. Damit wäre das Wollen von vornherein nach der Analogie physikalischer „Kräfte“ oder „Impulse“ interpretiert. Klar: Dir ist an einer solchen „Naturalisierung“ menschlichen Handeln und Entscheidens gelegen. Das ist sozusagen Dein Programm, zu dem Du Dich aus bestimmten Gründen entschieden hast. Ich entscheide mich aus anderen Gründen gegen eine solche Verwischung der Unterschiede.

Immerhin scheinst Du uns die Fähigkeit noch zuzugestehen, verschiedene Interpretationsmodelle gegeneinander abzuwägen und sie zu begründen. Und an genau dieser Stelle fragt sich dann, ob Deine Interpretation menschlichen Handelns als Vollzug genetischer Vorschriften noch greift. Aber vermutlich überlässt Du es der „Evolution“, welche Gründe sich durchsetzen werden. Die Theorie, die „überlebt“, ist dann die „wahre“, weil "stärkere"...
:-)

Schönen Gruß
von Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 28. Aug. 2005, 21:16 Uhr
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Hallo Rudi,

Du schreibst: „(Der Krieg) ist das Instrument der Evolution genetisch gespeicherter Daten, und es ist überflüssig, da der Mensch inzwischen Wissenschaft betreibt und seine Erkenntnisse hirnextern speichert. Damit ist die Evolution der genetischen Datenspeicherung und ihre Methoden: Staatenbildung, Waffenproduktion und Kriegführung, überflüssig.
Und alles, was überflüssig geworden ist, wird verschwinden.“

Ich teile Deinen Optimismus hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung nicht. Die Evolution ist kein Wesen, das bestimmte Ziele verfolgt und dazu rationell die geeigneten Mittel auswählt und überflüssig gewordene Mittel abschafft.

Die Evolution ist ein zielloser Prozess von Mutation und Selektion. Es gibt keinen Grund, von der evolutionär entstandenen genetischen Programmierung zu erwarten, dass diese in der Lage ist, auch historisch neuartige Gefahren wie die atomare Kriegführung zu bewältigen,


Hallo Urs,

Ich hatte mein Verständnis des Willens schon einmal indirekt eingebracht. Zur Vermeidung von Missverständnissen deshalb hier meine Bestimmung des Willens.

Wir sprechen von Trieben, Impulsen, Leidenschaften, Ängsten und Hoffnungen, Vorlieben und Abneigungen, Bedürfnissen, Wünschen, Affekten, Gefühlen, Einstellungen, Gewohnheiten, Süchten, Beweggründen u. a. m., die unsere Entscheidungen und unser Handeln beeinflussen.

Wir stehen als Individuen vor der Aufgabe, all diese Motivationen, die keineswegs alle in die gleiche Richtung weisen müssen, in ein Handeln umzusetzen, das wir möglichst später nicht bereuen müssen.

Das, was sich nach versuchter Aufklärung und Abwägung der eigenen Motive an relativ dauerhafter Zielstrebigkeit ergibt, nenne ich den Willen eines Menschen. Damit bin ich nicht weit von Deiner Definition entfernt.

Ich ordne den Willen dem Handeln zu, das immer gewollt ist. „Verhalten“ ist der Oberbegriff, der auch unwillkürliche Reaktionen wie z.B. Niesen oder Gähnen umfasst.


Hallo Abrazo,

Du scheibst, dass Du noch kein ethisches Sollen ausmachen konntest. Ich meine z.B. die Verpflichtung, wenn möglich, Menschen zu helfen, die unverschuldet in große Not geraten sind.

Gruß an alle und die Bitte, die Kurve zum Thema „können – wollen – sollen“ zu kratzen, von Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 28. Aug. 2005, 23:05 Uhr
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Hi, zusammen,

zunächst zu Urs:
Was die Klarheit der Begriffe betrifft, so darf man eines nicht übersehen: So trüb die Quellen auch immer sein mögen, sofern es sich nicht um Unsinn handelt, also um Wörter, mit denen nichts sinnvoll bezeichnet oder ausgesagt wird, müssen wir uns imho der Doppeldeutigkeit gegewärtig sein. Sprache spiegelt unser Denken, und das ist angesichts der Doppeldeutigkeit offenbar verschieden. Diese Verschiedenheit ist ein wichtiger Aspekt (übrigens auch für die Verständlichkeit von dem, was wir so zusammen schreiben).

Bezüglich der Tiere wird Herr Hund dir sofort zustimmen. Prophylaktisch bei Fuß gehen, wenn ein großer fremder Rüde kommt, weil er in Kenntnis meiner Vorlieben schon weiß, dass ich wahrscheinlich etwas dagegen habe, wenn er sich mit ihm prügelt, ist ihm ebenso wenig angeboren wie mir mitzuteilen, dass er jetzt aber, bitte schön, mal an nen Baum muss. Und die in unserem Revier geltenden Hundemanieren haben dem hoffnungsvollen Nachwuchs zwei dominante olle Haudegen beigebracht. Man braucht also nicht erst die sieben Meere nach Orcas abzusuchen.

@ all:
Zusammenfassend würde ich sagen, da das Wetter schön ist und auch bleiben soll, empfiehlt es sich für die Fans der Naturwissenschaften, mit unserem Problem in einem schönen Baggerloch baden zu gehen.
[smiley=fische.gif]

Hi, Eberhard,
ich habe das durchaus bedacht. Aber ich habe doch erhebliche Zweifel, ob das der Fall ist.

1. Was die Verpflichtung betrifft, so erinnere ich an Wittgensteins Einwand: du sollst - na schön. Und was ist, wenn ich es nicht tue?

2. Unverschuldet in Not geraten ist sehr theoretisch. Verschuldet oder nicht hat mich nie interessiert. Haste auch gar keine Zeit zu zu eruieren, ob und inwieweit so'n armseliges Würstchen nun Schuld an seinem Elend ist oder nicht. Im Kopf hat man da andere, weitaus pragmatischere Gedanken.

3. Vielleicht kann man die Sache aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Aber ich sehe es (aus praktischer Erfahrung) nun mal so, dass die Not, in die ein Mensch geraten ist, zu einem bestimmten Ablauf der Dinge führen wird. Wenn beispielsweise einer sturzbesoffen im Schnee liegt, wird er sich Erfrierungen holen (hat sich schon manch einer Hände und Füße bei abgefroren). Das will ich nicht, also greife ich in den Ablauf der Dinge ein und sehe zu, dass ich ihn auf die Füße und an irgendeinen Ort kriege, wo ihm selbiges nicht passieren kann. Ich sehe da also nicht so sehr das Positive, also Schaffen, Bewirken (das machen andere Leute von Berufs wegen, wobei die Motive durchaus verschieden sind), sondern das Negative, die Rebellion gegen den natürlichen Ablauf der Dinge.

Schaffen, Bewirken, Verbessern, Planen sind ja nun auch willensgesteuerte Handlungen. Sie können moralisch gut sein, auch von einer menschenfreundlichen Grundhaltung geprägt sein, meinetwegen auch von Pflichtbewußtsein zeugen, aber ethisch, in dem strengen Sinne, wie ich es meine, ohne erkennbare Motivation, nur durch einen besonderen Willen angetrieben, würde ich sie nicht nennen.

Grüße


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 28. Aug. 2005, 23:35 Uhr
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Hi Eberhard,
Deiner Bitte, die Kurve zum „können – wollen – sollen“ zu kratzen, komme ich gern nach.
Ich habs ja schon versucht, es anhand eines Regelkreises mit negativer Rückkopplung zu machen und hätte wohl nicht sagen sollen, dass meines Erachtens der Sollwertbereich genetisch festgelegt ist. Nehmen wir die Nahrungsaufnahme:
Im Blut muss die Glucosekonzentration (quasi Zucker als Energielieferant) sich in einem bestimmten Bereich liegen, damit wir nicht bewusstlos werden. Sinkt diese ab, bekommen wir Hunger.
Daraus resultiert aus meiner Sicht ein biologisch festgelegtes Sollen. Es ist ein Muss, dass wir nun langsam daran denken sollen, uns Nahrung zu besorgen und demnächst zuzuführen damit die Glucosekonzentration wieder ansteigt. Je doller die sinkt, desto stärker wird der Hunger, bis wir schließlich zum Tier werden. So weit lassen wir es aber nicht kommen. Wir haben längst vorgesorgt und braten uns ein Ei, das wir im Kühlschrank finden. Das ist unsere Entscheidung. Falls wir noch was anderes Essbares im Kühlschrank haben, können wir zwischen verschiedenen Sachen wählen. Wir können uns aber auch entscheiden, etwas später zu essen, weil wir noch was wichtiges anderes vorhaben.
Das Essen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens ist ein Muss, das biologisch vorgegeben ist, und dieses Muss ist aus meiner Sicht die Grundlage des Wollens.
Oder: das Wollen ist die Subjektive Seite der Abweichung vom Sollwert. Je stärker der Istwert vom Sollwert abweicht, desto stärker wird mein Wunsch, mein Wille, mein unbedingter Wille, bis es schließlich sein muss, dass ich etwas esse. Genauso ist es mit dem Durst, der immer stärker wird, je mehr mein Wasser-Istwert vom Sollwert abweicht.
Und: je stärker der biologisch begründete Wille wird, also je mehr der Istwert vom Sollwert abweicht, desto kleiner wird meine Entscheidungsfreiheit. Kurz vorm Verdursten trinken ich sogar Dreckwasser oder Salzwasser.
Mein Fazit: mein Gefühl des Wollen und dessen Intensität ist biologisch gesteuert, es ist ein subjektives Gefühl, dessen Stärke davon abhängt, wie viele Rezeptoren meinem Hirn ein Absinken meines Wasserdrucks im Körper melden.

Und so ist es übrigens auch mit der Evolution: tritt eine Dürrekatastrophe ein, überleben die Menschen, die mit Hilfe ihres Gehirns auf die besten Ideen kommen, wo sie Wasser herkriegen können oder wie sie Wasserverbrauch reduzieren können. Die überleben und vermehren sich weiter, die Ideenlosen werden ausselektiert. Dieses Prinzip funktioniert nur, weil selbst die Nachkommen eines Elternpaares bei zweigeschlechtlicher Vermehrung alle unterschiedlich sind. Da benötige ich nicht einmal die "Mutation" als Faktor für die Evolution.
Eine weitere Voraussetzung für dies alles ist natürlich ein Wille zum Leben, den ich Selbsterhaltung nenne. Wer nicht leben möchte oder nicht leben will, braucht selbstverständlich nichts zu trinken oder zu essen.
Alles in Allem kommt natürlich auch keine Energie hinzu. Ich kann auf Dauer nicht mehr Energie durch Bewegung verbrauchen als ich mir durch Essen und Trinken zuführe. So weit zur Frage, wie ichs mit dem Energieerhaltungssatz halte.
Dennoch erlaube ich mir, diesen Willen zur Selbsterhaltung mit einer physikalischen Kraft zu vergleichen. Diese ist biologisch begründet, ich selbst kann sie nicht erschaffen oder vergrößern, ich kann nur die Befriedigung der aus ihr resultierenden Bedürfnisse (z.B. Hunger, Durst) in einem gewissen Rahmen steuern. Insofern habe ich "Freiheit", nämlich Wahlfreiheit.
Gruß
rudi






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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 29. Aug. 2005, 10:24 Uhr
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....... wenn jemand nicht inteligent

dann hat er irgend wann auch physikalische probleme

wenn aber jemand weise
wird er nie zum tier .........

das problem dieser welt ist also
daß es keine mensch heit gibt !



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 29. Aug. 2005, 13:11 Uhr
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Hallo Rudi,

dass biologisch verankerte Triebe wie z.B. Hunger eine Grundlage unseres Wollens sind, ist wohl kaum zu bestreiten. Allerdings gibt es daneben auch andere Motivationen, die sozial erworben sind.

Dass die ausreichende Versorgung mit Nahrung notwendig für das Überleben des Organismus ist, ist wohl ebenfalls klar. Aber das „Sollen“, das sich daraus ergibt, ist nicht das moralische Sollen. Dies tritt erst im Verhältnis mehrerer Individuen zueinander auf.


Hallo Abrazo,

was meinst Du mit „ethisch im strengen Sinne“? Welche Handlungen sind das, die nur durch einen besonderen Willen angetrieben sind, ohne erkennbare Motivation?

Denkst Du an Menschen, die sich in einem solchen Maße für andere aufopfern, dass es für die allermeisten Menschen eine moralische Überforderung darstellen würde, wollte man das Gleiche von ihnen verlangen?

Es grüßt Euch Eberhard,


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 29. Aug. 2005, 16:23 Uhr
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Hi, Eberhard,

ne, so romantisch bin ich nich. :-)

Ethisch im strengen Sinne, wie ich es verstehe, ist eine Handlung, die wir anerkennen, meist - nicht immer - als gut, der aber kein vernünftiges (im Sinne von rational, logisch) Motiv zugrunde liegt.

Wir kennen biologisch gesteuerte Motive.
Wir kennen auch sozial vermittelte Motive. Die Moral gehört dazu. Du sollst einem helfen, der unverschuldet in Not geraten ist, ist eine moralische Norm. Aber auch Motive, die sich aus der rationalen Kalkulation herleiten.

Für die Ethik, meine ich festgestellt zu haben, gibt es keine Vorschriften und keine Normen. Dem ethischen Willen sind Normen und Vorschriften völlig gleichgültig. Eine Soll-Vorschrift kann noch so vernünftig begründet sein, wenn der ethische Wille widerspricht, wird sie gebrochen.

Oder möchtest du Beispiele? Nun, ich meine, für unsere ethischen Grundwerte - nicht lügen, nicht stehlen, nicht töten - gibt es keine vernünftige Begründung. Zwar lässt sich aus unserer Gesellschaftsordnung eine solche Begründung herleiten. Das ist aber unzulässig, weil die Gesellschaft, die sich unter dem Vorhandensein solcher Werte entwickelt hat, diese nicht im Nachhinein begründen kann.

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 29. Aug. 2005, 17:10 Uhr
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Hallo Abrazo, hallo miteinander!


Quote:Und immer wieder komme ich zu dem Ergebnis, dass die Distanz der zentrale Begriff ist. Und dass genau sie die Voraussetzung für den freien Willen ist, denn im Grunde ist es egal, ob ich mich zur Außenwelt in überlegende Distanz begebe oder zu mir selbst bzw dem, was ich als zu mir selbst gehörend erkannt habe.



Ich glaube, ich verstehe schon, was Du mit dem Begriff der Distanz meinst, und kann Dir so weit auch zustimmen, dass diese Distanz die Voraussetzung für das „Überblicken“ von bestehenden Handlungsmöglichkeiten und -motiven ist. Aber lässt sich dieser Begriff mit seiner räumlichen Metaphorik noch weiter aufklären und auf etwas Elementareres zurückführen? Wie kommt diese „Distanz“ zustande? Finden wir sie einfach in uns vor?

An einer anderen Stelle erklärst Du die Distanz als eine „Betrachtung“ der Welt ohne Erwartungen und als eine Selbst-Objektivierung:


Quote:Die Distanz, die ich meine, heißt gerade, die Welt ohne unsere Erwartungen zu betrachten. Denn wer sich selbst als Objekt der Welt sieht, sieht eben auch dessen Erwartungen in Bezug auf Moral, Wollen, Sollen, Emotionen usw.



Damit gibst Du der „Distanz“ eine „theoretische“ Wendung. Es geht um ein abgelöstes, unberührtes „Sehen“, und als solches wurde seit alters die „theoria“ (die „Schau“) begriffen. Und von da aus ist es nicht mehr weit zur Idee des „geistigen Auges“ und einer Aufspaltung des Menschen in einen körperlichen und einen geistigen Teil.

Noch einmal meine Frage: Wie lässt sich die „überlegende Distanz“ präzisieren, allerdings ohne dabei auf den traditionellen Dualismus von Handeln/Erkennen bzw. Körper/Geist zurückzugreifen?

Ich habe hier selbst noch keine befriedigende Antwort.

Schöne Grüße
Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 29. Aug. 2005, 17:32 Uhr
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Hi Eberhard, Abrazo,
schön Eberhard, dass Du nachvollziehen kannst, dass Gefühle und Bedürfnisse die subjektiv empfundene Seite von körperlichen organisch messbaren Abweichungen des Istwertes verschiedener lebensnotwendiger Sollwertbereiche sind.
Nun führst Du ein moralisches Sollen an.
Auch diesbezüglich würde ich vorschlagen, dass Du konkrete Handlungsweisen benennst, die Du Dir damit erklärst, dass der Betreffende aus moralischen Motiven heraus handelt, also Handlungsweisen, von denen Du annimmst, zuerst sei eine moralische Wertung im Individum verankert (da können wir dann auch überlegen, wo diese herkommt), und dieseWertung sei die Ursache des Handelns.
Ich verspreche Dir, für jede derartige Handlung einen profanen, nicht-moralischen Grund anführen zu können.
Abrazo hat ja bereits solche Handlungen angeführt, von denen er meint, sie seien moralisch begründet: nicht lügen, nicht stehlen, nicht töten.
Was das Stehlen und Töten anbetrifft: dies sind, da stimme ich zu, zunächst einmal naheliegende natürliche Handlungen, wenn ich etwas haben will, und der Eigentümer des Begehrten diese mir nicht freiwillig gibt, was ich haben will. Lebende Systeme haben eine ständige Vergrößerungstendenz, die sich nach Abschluss der Körperwachstums in der Vergrößerung seines Eigentums zeigt.
Den Verzicht auf derartige Handlungen, die der Vergrößerung des Eigentums dienen, betrachtet Abrazo also als moralisch.
Da kann man leicht einige Gründe finden, warum ein Mensch aus vernünftigen Gründen darauf verzichtet (Angst davor, aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden, die Überlegung, andere könnten mit einem selbst in dieser Weise verfahren usw.)
Außerdem sind Stehlen und Morden unter Strafe gestellt. Da kann man dann darüber diskutieren, ob die Menschen sich nur der Strafen wegen an die Gesetze halten. Wie auch immer.
Falls ein Mensch jedoch behaupten würde, das alles wäre ihm egal, er stehle und morde nur deshalb nicht, weil es ihm ein moralisches Bedürfnis sei, wäre das erstens nicht nachweisbar, also eine reine Behauptung, zweitens käme in Betracht, das der Betreffende lügt (das ist ja nicht strafbar, leider auch selten nachweisbar), drittens käme in Betracht, dass er seine wahren Motive selbst gar nicht kennt und sich selbst etwas vormacht.
Auf einen derart unsicheren Boden möchte ich keine Philosophie stellen.
Also ich schlage vor, ihr benennt mal ein konkretes Handeln, das keinen anderen Schluss zulässt als den, moralisch begründet zu sein.
Gruß
rudi



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 29. Aug. 2005, 17:41 Uhr
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Hallo Urs,
ich nenne dies "Sehen".
Um es zu präzisieren: einfach nur zu betrachten, was an beobachbarem Handeln geschieht, ohne vorher eine Wertung vorzunehmen. Einfach wertungsfrei beobachten.
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 29. Aug. 2005, 18:57 Uhr
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Hallo Rudi!


Quote:Einfach wertungsfrei beobachten.



Kannst Du mir - wohlgemerkt: im Rahmen Deiner Theorie! - erklären, wie "lebende Systeme", deren Verhalten vollständig determiniert/programmiert ist, zu einer "wertungsfreien" Beobachtung gelangen können? Und kannst Du mir auch erklären, nach welchen allgemein verbindlichen Kriterien dann die Wertungsfreiheit im Einzelfall festgestellt werden kann (und von wem)?

Schönen Gruß
Urs



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 29. Aug. 2005, 19:09 Uhr
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PS.


Quote:Ich verspreche Dir, für jede derartige Handlung einen profanen, nicht-moralischen Grund anführen zu können.



Ja, "anführen" vielleicht. Aber kannst Du Deine Behauptungen dann auch streng naturwissenschaftlich beweisen? Oder genügt es Dir, ein paar naturwissenschaftliche Kategorien anzuwenden, deren Zutreffen Du einfach mal voraussetzt?



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 29. Aug. 2005, 20:34 Uhr
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Hallo urs,
zur 1. Frage: im Rahmen meiner Theorie ist das Handeln des Menschen nicht vollständig determiniert. Das hast Du falsch verstanden. Richtig ist: ich sagte, dass die Sollwertvorgaben, die Sollwertbereiche genetisch determiniert sind.
Dies ist eine Zielprogrammierung, keine Programmierung der einzelnen Handlungen. Vorgegeben ist das Ziel "Selbsterhaltung" und das Ziel "Selbstentfaltung". Wie das Individum diese Ziele erreicht, kann es frei entscheiden. Die Natur ist übrigens voller unterschiedlicher Lösungen bei dem Erreichen dieser Ziele und der Mensch ist zu unserem Glück am wenigsten von allen Lebewesen festgelegt in der Wahl seiner Wege zu Selbsterhaltung und Selbstentfaltung.
zu 2.: ob ich meine Interpretation der Ursachen des Handelns im Einzelfall streng wissenschaftlich beweisen kann, wird sich zeigen.
Selbsteinschätzungen der Art, dass die Person ihr eigenes Verhalten als moralisch empfindet und so begründet, kann in meinen Augen jedenfalls keinesfalls als Beweis gelten.
Das lebende System Mensch (Individuum) ist jedenfalls in der Lage, Bewegungen zu beobachten und darauf zu verzichten, Selbsteinschätzungen des Objekts (emotionale oder rationale) als Erklärung für die der Bewegung zu benutzen. So machen es die Physiker mit der Beobachtung ihrer Objekte (die natürlich auch gar nicht sprechen können), und nach diesem Vorbild philosophiere ich so gut es geht. Ich kann allerdings mit meinen lebenden Objekten nicht experimentieren und meine Vermutungen experimentell falsifizieren.[nixweiss]
Den Beweis, dass eine Handlung moralisch begründet ist, sollte allerdings der antreten, der eine solche Handlung für möglich hält. Ich behaupte lediglich, dass ich in der Lage bin, jede menschliche Handlung, erscheine sie auch noch so moralisch, auch anderweitig erklären zu können. Nämlich als Handlung, die innerhalb eines Regelkreises dazu führt, einen genetisch vorgegeben Sollwertbereich zu erreichen.
Das ist der Punkt. ;-)
Gruß
rudi


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 29. Aug. 2005, 23:07 Uhr
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Hallo allerseits,

was ist Moral?

Ich bin als Letzter allein im Umkleideraum, Da sehe ich unter der Bank einen Geldschein, einen 50-Euro-Schein. Den muss einer der Mitspieler verloren haben. Soll ich den Schein klammheimlich für mich behalten oder soll ich den Verlierer ausfindig machen, um ihm das Geld zurückzugeben?

Ich entscheide mich für das Letztere. Warum?

Weil ich es für richtig halte, gefundene Wertsachen zurückzugeben?
Weil ich ein moralischer Mensch bin, und es meine Selbstachtung beschädigen würde, wenn ich das Geld nicht zurückgeben würde?
Weil ich vor den andern als guter Mensch glänzen will?
Weil ich in meiner Kindheit diese Regel eingeimpft bekommen habe?
Weil ich genug Geld habe und Geld mir wenig bedeutet?
Weil ich mir den Verlierer verpflichten will?

Mit diesen Fragen grüßt Euch Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 29. Aug. 2005, 23:55 Uhr
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Hi, zusammen,

Urs fragt:
Wie kommt diese "Distanz" zustande? Finden wir sie einfach in uns vor?
Das weiß ich auch nicht. Vor allem, sie besteht ja nur zeitweise. In unseren normalen alltäglichen Aktionen finden wir keine Distanz zu uns selbst. Da handeln wir automatisch, ohne zu überlegen. So muss es auch sein, sonst kämen wir zu nichts. Auch wenn wir vernünftig überlegen, also Daten der Außenwelt kalkulieren, distanzieren wir uns nicht von uns selbst. Dann konzentrieren wir uns einzig und allein auf solche vernünftigen Überlegungen.
Allerdings, wenn wir überlegen, was will ich eigentlich, welche Möglichkeiten habe ich, wie empfinde ich das, dann kommen wir ohne Distanz nicht aus.

abgelöstes, unberührtes "Sehen"
Mit einer kleinen entscheidenden Veränderung: ich kann nicht einfach beschließen, die Welt jetzt 'abgelöst', 'unberührt' zu sehen. Die Voraussetzung dafür, dass ich das einigermaßen kann, ist die Erkenntnis dessen, was mich berührt. Ich muss wissen, was mich beeinflusst, um mich von diesem Einfluss lösen zu können. Und eben dazu muss ich mich selbst als Objekt betrachten und untersuchen können. Das Eine geht also nicht ohne das Andere. Ich gehe davon aus, dass das Tier das nicht kann. Das handelt immer spontan und mit sich selbst im Einklang. Ich glaube nicht, dass der Hund denken kann, wenn ich keinen Herrn hätte, wäre ich nicht auf seine Worte programmiert und könnte auch anders handeln (warum tu ich es dann nicht?).

Wie lässt sich die "überlegende Distanz" präzisieren
Es genügt mir erst mal festzustellen, dass sie da ist (sonst hätte man ja nix mehr zu tun :-). Sie zeigt sich auch in der Sprache. Der simple Satz 'ich geh gleich essen' enthält bereits eine Distanzierung, eine Selbstbeobachtung des eigenen Handelns und Vorhabens. Allerdings kommt man dem nicht ohne historische Sichtweise bei. Natürlich kommt uns dieser Satz ohne nachzudenken über die Lippen. Aber Sprache hat sich entwickelt. Der Satz kann nur deswegen gedankenlos gesagt werden, weil sich irgendwann einer Gedanken gemacht hat, was das ist, das er jetzt tun wird. Es passt allerdings zu Wittgensteins Überlegungen zum metaphysischen Ich, das an der Grenze der Welt steht und seine ganze Welt als einen geschlossenen Komplex übersieht, in dem er selbst Objekt und Akteur ist.

Doc Rudi schreibt:
Da kann man leicht einige Gründe finden, warum ein Mensch aus vernünftigen Gründen darauf verzichtet (Angst davor, aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden, die Überlegung, andere könnten mit einem selbst in dieser Weise verfahren usw.)
Außerdem sind Stehlen und Morden unter Strafe gestellt. Da kann man dann darüber diskutieren, ob die Menschen sich nur der Strafen wegen an die Gesetze halten. Wie auch immer.

Abrazo schrieb:
Zwar lässt sich aus unserer Gesellschaftsordnung eine solche Begründung herleiten. Das ist aber unzulässig, weil die Gesellschaft, die sich unter dem Vorhandensein solcher Werte entwickelt hat, diese nicht im Nachhinein begründen kann.
(Vertauschen von Ursache und Wirkung [sly])

Doc Rudi schreibt:
Vorgegeben ist das Ziel "Selbsterhaltung" und das Ziel "Selbstentfaltung".
Frage 1: was meinst du mit Selbstentfaltung - und wie soll sie biologisch begründet sein?
Frage 2: wie erklärst du damit das Verhalten eines Selbstmordattentäters (was selbstverständlich nur rein spekulativ möglich ist) - um mal mit einfachen Sachen anzufangen?
Zusatzfrage: wie und warum wurde der Begriff Moral gebildet?

Zu Eberhard:
Da ich kein moralischer Mensch bin, rühren mich diese Überlegungen nicht. Mir passt jedoch der Gedanke nicht, dass in Kürze einer meiner Mitspieler seinem Fuffi nachtrauern wird. Das lässt sich ändern.
:-)

Grüße




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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 30. Aug. 2005, 09:43 Uhr
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.... ein tier wird nie einen menschen be greifen !

sondern ihn für ein dummes tier halten
weil er nicht mit andern tieren wett eifert

aus zu sterben ..........

weil es eine einzige blamage !



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 30. Aug. 2005, 12:33 Uhr
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Hallo Rudi,

Meine Frage war: Wie kommt ein lebendes System zu einer „wertungsfreien Beobachtung“? Darauf gehst Du, so weit ich sehe, nicht ein. Im Gegenteil, Deine Antwort scheint die Möglichkeit einer wertungsfreien Beobachtung sogar prinzipiell auszuschließen. Denn wenn ein System prinzipiell, d.h. in jedem gegebenen Fall, seine Selbsterhaltung anstrebt, ist dieses Ziel auch stets sein einziger (oder zumindest oberster) Maßstab der Bewertung. Dieses System kann also keine Handlung ausführen, die es nicht im Hinblick auf seine Selbsterhaltung bewertete.
Wovon redest Du also, wenn Du empfiehlst: „Einfach wertungsfrei beobachten!“


Des weiteren sehe ich in Deiner Antwort einen Widerspruch. Im ersten Teil behauptest Du, nur das Ziel (Selbsterhaltung, Selbstentfaltung) sei für ein lebendes System programmiert, die Art und Weise seiner Erreichung sei frei, besonders für uns Menschen. D.h. es ist also nicht auszuschließen, dass Menschen ihr Handeln, so weit es frei ist, nach moralischen Regeln beurteilen. Moral ist also grundsätzlich möglich und damit auch eine moralische Verantwortung der persönlich zurechenbaren Handlungen.

Im zweiten Teil Deiner Antwort heißt es dagegen abschließend:


Quote:Den Beweis, dass eine Handlung moralisch begründet ist, sollte allerdings der antreten, der eine solche Handlung für möglich hält. Ich behaupte lediglich, dass ich in der Lage bin, jede menschliche Handlung, erscheine sie auch noch so moralisch, auch anderweitig erklären zu können. Nämlich als Handlung, die innerhalb eines Regelkreises dazu führt, einen genetisch vorgegeben Sollwertbereich zu erreichen.



Du willst also nachweisen, dass KEINE menschliche Handlung moralisch motiviert sein kann, also die Möglichkeit der Moral, die Du im ersten Teil Deiner Antwort zulässt, wieder ausschließen.

Im übrigen bestreitest Du hier implizit noch einmal die Möglichkeit der wertungsfreien Beobachtung. Denn „wertungsfrei“ wäre eine Beobachtung, die nicht immer nur am Vorteil des Beobachters selbst orientiert ist und daher „unparteiisch“ oder „selbstlos“ genannt zu werden verdient. Moralische Bewertungen haben mit wissenschaftlichen Beobachtungen das Prinzip der Unparteilichkeit gemein.

Die Möglichkeit von Wissenschaft räumst Du allerdings ausdrücklich ein. Du schreibst:


Quote:Das lebende System Mensch (Individuum) ist jedenfalls in der Lage, Bewegungen zu beobachten und darauf zu verzichten, Selbsteinschätzungen des Objekts (emotionale oder rationale) als Erklärung für die der Bewegung zu benutzen. So machen es die Physiker mit der Beobachtung ihrer Objekte (die natürlich auch gar nicht sprechen können), und nach diesem Vorbild philosophiere ich so gut es geht. Ich kann allerdings mit meinen lebenden Objekten nicht experimentieren und meine Vermutungen experimentell falsifizieren.



„Wertungsfreie Beobachtung“ erklärst Du hier freilich so, dass dabei die (emotionale oder rationale) Selbsteinschätzung des beobachteten OBJEKTS ignoriert wird. Meine Frage ist aber: Wie können lebende Systeme andere lebende Systeme so beobachten, dass sie ihre Beobachtung nicht immer nur an ihrem persönlichen Vorteil orientieren? Ich frage also nach den SUBJEKTEN der Beobachtung, nach DEREN Zielen und IHRER Rationalität. Oder „gildet das nicht“ – Physiker als „lebende Systeme“ zu betrachten, und zwar ohne Rücksicht auf ihre emotionale und rationale Selbsteinschätzung?


Was Du hier sagst, verdient es, wiederholt zu werden. Es ist geradezu decouvrierend:


Quote:So machen es die Physiker mit der Beobachtung ihrer Objekte (die natürlich auch gar nicht sprechen können), und nach diesem Vorbild philosophiere ich so gut es geht. Ich kann allerdings mit meinen lebenden Objekten nicht experimentieren und meine Vermutungen experimentell falsifizieren.



Warum kannst Du nicht mit lebenden Objekten in der angemessenen Weise experimentieren? Weil Du persönlich nicht die nötigen Mittel hast? Oder weil es moralisch verwerflich wäre, mit Menschen umzugehen wie mit physikalischen Objekten? Vorbilder für einen solchen menschenverachtenden Umgang gibt es ja, auch in der Wissenschaft und Medizin. Und was wäre auch dagegen einzuwenden, wenn doch „Selbsterhaltung“ und „Selbstentfaltung“ die von der Natur programmierten (und damit legitimierten) höchsten Ziele der Experimentatoren sind?

Schöne Grüße
von Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von nicht_ich am 30. Aug. 2005, 14:57 Uhr
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Hallo miteinander,

ich denke die Diskussion beginnt sich wieder dem eigentlichen Problem zu nähern. Worum es geht ist ist nämlich die Frage:

Was ist das Bewusstsein? Was ist das Ich?

Alles Entscheiden, Handeln, Wollen und damit alle "Möglichkeit", geht von der stillschweigenden Implikation aus, dass das Ich, etwas objektives ist, d.h. ein vom Rest der Welt getrenntes, abgeschlossenes System.
Diesen Befund kann man, sobald er einem Bewusst wird, z.B. als "Distanz" bezeichnen. Letzten Endes geht es aber um die völlig irrationale und unbewiesene Annahme, das an allem Anfang die Betrachtung der Welt steht, und nicht die Welt selbst.
Das wir es freilich so halten und nicht anders, ist durch tradierte Denkmuster zu erklären, und lässt sich kulturgeschichtlich schon sehr früh fassen. Ich denke hier an die Bibel:

"Am Anfang war das Wort...".

In philosophische Kategorien übersetzt, heist das doch: "Am Anfang war das Ich", das betrachtende, objektivierte und distanzierte Bewusstsein. Auf dieser Aussage baut das menschliche Selbstverständnis seit 4000 Jahren.
Und es muss so sein, diese Qualität unterscheidet uns vom Tier.

Ich aber bin kein religiöser Mensch, Ich meine:

"Am Anfang war die Tat."

Der Mensch ist vom Rest der Welt nicht getrennt. Sein Ich-Bewusstsein ist nichts transzendentes, das im Reich der Freiheit, vom Kausalprinzip losgelöste existiert. Wie alles andere ist der Mensch eine Wirkung von Ursachen, er ist reines Subjekt, denn sofern es um ihn selbst geht, ist Distanzierte Betrachtung ein religiöses Hirngespinnst.

Der Mensch IST einfach, er ist schlechthin. Alles Begründen, alles Beobachten und Entscheiden, kommt als soches erst im Nachhinein hinzu: Nachträglich, und nicht losgelöst von der Welt und ihren Ursachen.
Spätestens seit dem 19. Jhr., seit Darwin und Nietzsche, ist diese Einsicht bekannt. Doch ihre praktischen Konsequenzen sind beinahe nicht durchzuhalten, wir kämpfen noch immer damit.

Für den weiteren Diskussionsverlauf möchte Ich eine weitere Umformulierung der Fragestellung anregen:

"Ist das menschliche Bewusstsein etwas wirkliches?"

fragt und zweifelt nicht ich

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 30. Aug. 2005, 17:18 Uhr
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[smiley=contra2.gif]

Da ich nicht weiß, was Bewußtsein ist, sehe ich keinen Sinn darin zu diskutieren, ob es wirklich ist.

Wüsste ich, was es ist, bräuchte ich nicht zu diskutieren, ob es wirklich ist.

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 30. Aug. 2005, 18:38 Uhr
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"philosophische Rodungsarbeiten"

Hallo Abrazo,
darf ich mal fragen, wo Deine philosophischen Rodungsarbeiten bleiben? Ich hab Dich bisher nur von Baum zu Baum schwingen gesehen. Echt.

Gruߎ
Lina :-)

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 30. Aug. 2005, 19:04 Uhr
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Hallo „nicht ich“!


Quote:Alles Entscheiden, Handeln, Wollen und damit alle "Möglichkeit", geht von der stillschweigenden Implikation aus, dass das Ich, etwas Objektives ist, d.h. ein vom Rest der Welt getrenntes, abgeschlossenes System.



Hier regt sich bei mir sofort Widerspruch gegen Dein „das heißt“. Ist etwas nur dann „etwas Objektives“, wenn es als ein vom Rest der Welt getrenntes, abgeschlossenes System angesehen werden kann? Keineswegs. Etwas „objektivieren“ bedeutet m.E. es auf nachvollziehbare Weise beschreiben, so dass seine Realität allgemein eingesehen werden kann.

Eine solche Beschreibung kann auf die begrifflichen Mittel der Systemtheorie zurückgreifen, muss es aber nicht. Es gibt durchaus andere Wege, die Realität von etwas nachzuweisen. Und nicht alles, was wirklich ist, bedarf überhaupt des expliziten Nachweises. Dass ich z.B. „wirklich“ die Fähigkeit habe, Deutsch zu sprechen und zu schreiben, „beweise“ ich hier implizit auf Schritt und Tritt. (Allerdings kann dies nur von denen eingesehen werden, die selbst Deutsch können. Einem Besucher von Alpha Centauri würde meine Absonderung von Schallwellen zunächst einmal wenig „beweisen“; aber wenn er schlau ist, wird er mit der Zeit zumindest gewisse Regelmäßigkeiten in meinen Lauten erkennen.)

Fazit: Ich sehe keinen Grund, das „Ich“ ausschließlich als ein abgeschlossenes System zu interpretieren.



Quote:Letzten Endes geht es aber um die völlig irrationale und unbewiesene Annahme, dass an allem Anfang die Betrachtung der Welt steht, und nicht die Welt selbst.



Wie Du zu diesem Satz kommst, ist mir nicht ganz klar.

Wir sprechen doch immer noch vom „Objektiven“ oder „Objektivierbaren“ – oder? Oder anders gesagt: Wir sprechen von UNSEREM gesicherten WISSEN um die Welt. Dass es eine Welt jenseits unseres Wissens gibt, will ich nicht bestreiten, im Gegenteil. Aber alles was WIR von der Welt wissen, wissen wir nur aufgrund UINSERES handelnd-erkennenden Umgangs mit (Teilen!) der Welt.

Dass die Welt vor unserem Wissen von der Welt da war, dieser – nach unserem Ermessen wahre – Sachverhalt ist wiederum UNSER WISSEN. Und wenn wir danach fragen, wie wir überhaupt zu solchem gesicherten, also wahren Wissen gelangen, betreiben wir keine Physik oder Chemie oder Astronomie, sondern Erkenntnistheorie. D.h. wir fragen nach unseren allgemein verbindlichen Methoden und Regeln, mit deren Hilfe wir zu gesicherten Aussagen über „die Welt, wie sie unabhängig von uns existiert“ gelangen (z.B. auf dem Gebiet der Physik, der Chemie, der Astronomie).

Im Rahmen einer solchen methodischen Fragestellung – „Was müssen wir können und beachten, um zu gesichertem Wissen zu gelangen?“ – hat nun allerdings unsere „Betrachtung“ der Welt einen (methodischen) Vorrang vor dem Betrachteten. Denn hier wollen wir UNS als erkennende Wesen erkennen. Wir überlegen z.B., welche Bedingungen WIR erfüllen müssen, damit wir eine wissenschaftliche Aussage über einen Teil der Welt machen können.

Die Sprachbegabung übrigens wird in einer Liste solcher von uns zu erfüllenden Bedingungen ziemlich weit oben rangieren, so dass wir – im Rahmen einer erkenntnistheoretischen Untersuchung! – in der Tat sagen müssten: „Im Anfang war das Wort...“ Denn eine sprachlose Wissenschaft ist ja wohl ein Unding.


Quote:In philosophische Kategorien übersetzt, heißt das doch: "Am Anfang war das Ich", das betrachtende, objektivierte und distanzierte Bewusstsein. Auf dieser Aussage baut das menschliche Selbstverständnis seit 4000 Jahren.
Und es muss so sein, diese Qualität unterscheidet uns vom Tier.



Du verwechselst hier die beiden grundverschiedenen Perspektiven einer a) sachgerichteten, also „objektsprachlichen“ Beschreibung und einer b) (analytischen) Reflexion auf die Methode des Beschreibens überhaupt.
Dieser Verwechslung sind auch manche Philosophen erlegen, die allen Ernstes Sätze behaupteten wie „Im Anfang war das Ich“ und glaubten, damit (objektsprachliche) Tatsachenfeststellungen zu machen. Aber die Ansichten dieser Philosophen sind nicht gleichzusetzen mit dem „menschlichen Selbstverständnis seit 4000 Jahren“. Nicht alle Menschen hatten nur Unsinn im Kopf.

Allerdings wirst Du doch zugeben müssen: Unsere Erkenntnisleistungen übersteigen die der uns bekannten Tiere ganz erheblich. Allein aufgrund unserer Erkenntnisfähigkeiten – zu denen die Sprachbegabung ganz elementar gehört -, wissen wir z.B. überhaupt von der Welt, wie sie war, bevor es uns gab. Nur wegen dieser Erkenntnisfähigkeiten kannst Du z.B. behaupten: „Im Anfang war gar nicht das Wort.“ Oder: „Alles Begründen, alles Beobachten und Entscheiden, kommt als solches erst im Nachhinein hinzu: Nachträglich, und nicht losgelöst von der Welt und ihren Ursachen.“
Also pass auf, dass Du Deinen eigenen sachlichen Behauptungen nicht den Boden entziehst, indem Du das Erkennen-Können kleinredest!


Quote:Der Mensch ist vom Rest der Welt nicht getrennt. Sein Ich-Bewusstsein ist nichts transzendentes, das im Reich der Freiheit, vom Kausalprinzip losgelöste existiert. Wie alles andere ist der Mensch eine Wirkung von Ursachen, er ist reines Subjekt, denn sofern es um ihn selbst geht, ist Distanzierte Betrachtung ein religiöses Hirngespinst.



Wieder die gleiche Perspektivenverwechslung! Daneben rennst Du gegen eine These an, die Du selbst aufstellst und umstandslos als „das menschliche Selbstverständnis seit 4000 Jahren“ unterstellst (aber fälschlich, wie gesagt). Außerdem starke Thesen über die Unmöglichkeit der Selbsterkenntnis...

Ist es nicht eine „distanzierte Betrachtung“, wenn wir die Bedingungen unseres Wissens von der Welt zum Gegenstand der Analyse machen? Du machst ja immerhin auch Aussagen über „das Subjekt“, und zwar sehr bestimmte, weitgreifende. Aber wird durch diesen Perspektivenwechsel – von der Aussage über Sachen zu den Voraussetzungen des Aussagens – „das Subjekt“ zwingend in eine „transzendente“ Angelegenheit verwandelt? Wo siehst Du das Religiöse in einer solchen methodischen Reflexion?

Schöne Grüße
Urs



PS. Ich sehe, der Thread „Ich, Person, Subjekt“ kann nicht mehr lange aufgeschoben werden...
:-)


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 30. Aug. 2005, 21:39 Uhr
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Hi, Urs,

jau, dat mach mal.
Und ich wünsche dir viel Spaß mit den Physikern, Psychofans, Esoterikern, bibeltreuen Christen, Tierfreunden, Zen-Buddhisten, Neohinduisten ...

Dat is absolut nix gegen dich. Ich weiß nur, worauf die Brüder am meisten abfahren.
:-)

Hi, Sheelina,
wie soll ich deine Frage jetzt verstehen? Gehört sie eher zum Themenkomplex Möglichkeit und Wirklichkeit oder bereits zur Möglichkeit Moral?

Grüße

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 30. Aug. 2005, 22:16 Uhr
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Hi, Eberhard,

versuchen wir mal, weiter zu machen.

Du fragst:
Weil ich es für richtig halte, gefundene Wertsachen zurückzugeben?
Weil ich ein moralischer Mensch bin, und es meine Selbstachtung beschädigen würde, wenn ich das Geld nicht zurückgeben würde?
Weil ich vor den andern als guter Mensch glänzen will?
Weil ich in meiner Kindheit diese Regel eingeimpft bekommen habe?
Weil ich genug Geld habe und Geld mir wenig bedeutet?
Weil ich mir den Verlierer verpflichten will?


Unterschiedliche Aussagen, die alle den gleichen Zweck haben: zu begründen, warum du etwas tun sollst.

Was in mir den Verdacht erweckt,
a) dass es dafür gar keinen Grund gibt,
b) dass damit erreicht werden soll, dass man etwas tut, was man gar nicht will. Wer das sowieso will, braucht nämlich solche Begründungen nicht.
c) Und damit du das auch gewisslich tust, wird dir eine Belohnung versprochen.
Eigentlich nicht das, was man so mit Moral meint. Aber ich denke, mit moralischen Aussagen verhält es sich immer so.

Es zwingt mich jetzt zu Kant.
Gut ist nur der gute Wille. Eine Handlung, die mir Vorteile bringt, mag richtig sein, ist damit aber nicht gut. Folgerichtig musste sein zentraler moralischer Satz eine prinzipielle Aussage ohne konkreten Inhalt sein.

Auf jeden Fall bringt die Moral eine Entscheidungsalternative hinein. Ich kann den Fuffi einstecken, ich kann ihn aber auch dem Verlierer geben.

Kann ich oder muss ich?
Deterministen würden sagen, das hängt davon ab, welcher Reiz für ein spezielles Individuum der stärkere ist. Hängt letztlich von den Prägungen durch Kultur und Erziehung ab. Je nachdem wird es sich entscheiden (oder auch nicht. Denn einstecken und weitergeben kann man auch ohne tiefsinnige Überlegungen).

Die von dir angeführten Begründungen sprechen also imho für die Moral als soziale Norm, die sich entwickelt hat und von den meisten Individuen verinnerlicht ist, so dass sie automatisch danach handeln.

Bloß, dass sie das gerne nicht tun.

Weswegen man sie teils mit Lob und Belohnung, teils mit Knast und Höllenfeuer dazu zu bringen trachtet. Mit anderen Worten: man traut ihr und ihrer Überzeugungskraft tatsächlich nicht.

Und wieder komme ich zu Kant: moralisch gut ist eine Handlung dann, wenn man sie auch gegen seinen eigenen Willen tut, wenn man statt dessen etwas anderes will: nämlich den vernünftigen Notwendigkeiten / Pflichten folgen, die der Verstand erkennt.

Auch danach sind deine Sätze nicht in dem Sinne, wie wir es eigentlich meinen (gut), moralisch.

(Ich hab mit der Materie etwas Schwierigkeiten, weil ich auf der Seite der Ethik stehe, und solche Leute haben meist für Moral wenig bis gar nichts übrig.)

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Sheelina am 31. Aug. 2005, 06:15 Uhr
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on 08/30/05 um 21:39:05, Abrazo wrote:Hi, Sheelina,
wie soll ich deine Frage jetzt verstehen? Gehört sie eher zum Themenkomplex Möglichkeit und Wirklichkeit oder bereits zur Möglichkeit Moral?

Grüße


Du brauchst mir nicht zwei Wörter vorzugeben mit denen Du mich in einen Komplex sperren willst:-)Also ich hätte einfach gerne eine Antwort auf die Frage, was "philosophische Rodungsarbeiten" sind. Ich las vor kurzem etwas über Popper und seine erkenntnistheoretische Einteilung in 1.2.u.3. Welt. "Du" passest irgendwie in die 3. Welt, wie eben jemand, der von Baum zu Baum hangelt. Aber, ohne Antwort auf meine Frage, nun auch keine weitere Antworten mehr auf Deine Fragen.

Gruß an alle
Lina

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 31. Aug. 2005, 08:22 Uhr
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Hallo Urs,
Du fragst: "...wenn ein System prinzipiell, d.h. in jedem gegebenen Fall, seine Selbsterhaltung anstrebt, ist dieses Ziel auch stets sein einziger (oder zumindest oberster) Maßstab der Bewertung. Dieses System kann also keine Handlung ausführen, die es nicht im Hinblick auf seine Selbsterhaltung bewertete.
Wovon redest Du also, wenn Du empfiehlst: „Einfach wertungsfrei beobachten!“"
o.k., logisch richtig. Nur: mit Handlungen meine ich aktive Taten, sozusagen den output des Systems. Das Beobachten ist in dem Sinn keine Handlung, sondern ein input.
Von der (automatischen, reflexhaften) Bewertung unter dem Gesichtspunkt: ist das Objekt als Futter geeignet oder umgekehrt, kann ich mich natürlich distanzieren.
"Wertungsfrei" setzt also die Kenntnis der Bewertungskriterien voraus. Die Distanzierung von ihnen ist der zweite Schritt, über den Du dann entscheiden kannst.

Dazu solltest Du Dein Unbewusstes kennenlernen.

Beispiel: Dir gefällt eine Frau. Wenn Du Deine Bewertungskriterien kennst, zum Beispiel die Eigenschaften Deiner Mutter, weißt Du zumindest, warum sie Dir gefällt.

Desweiteren fragst Du nach moralischen Handlungen.

Wenn ich sage, ich experimentiere nicht mit lebenden Systemen, kannst Du das selbstverständlich als moralisches Handeln bewerten. Meine eigene Erklärung, dass ich nur beobachten will und nicht durch einen aktiven Eingriff (Experiment) das System nach meinen Vorstellungen verändern will, weil ich ja zu objektiven Ergebnissen kommen will und nicht das finden will, was ich vorher vermutet hatte, kannst Du aus Deiner Sicht natürlich als Selbsttäuschung interpretieren.

Umgekehrt bin ich skeptisch, wenn mir jemand erzählt, seine Handlung sei moralisch motiviert gewesen. Da vermute ich meinerseits eine Selbsttäuschung.

Was meinst Du, wie man aus diesem Dilemma herauskommt?

Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 31. Aug. 2005, 08:41 Uhr
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Hallo Abrazo,
Du sagst, Moral ist eine soziale Norm. Völlig richtig.
Da erfüllt sie einen einfachen Zweck, nämlich das friedliche Zusammenleben der Menschen zu gewährleisten.
Moral ist also nicht etwas, was von Gott kommt, etwas Religiöses,
sondern etwas ganz weltlich Zweckmäßiges.
Eine Regelwerk, das das Zusammenleben von Menschen garantiert.
Moral ist die Spielregel für das menschliche Zusammenleben in einem System höherer Ordnung (einer Gemeinschaft). Sie hat den Zweck, aus einer Menschenmasse eine funktionierende Gemeinschaft zu machen.
Da könnte ich mich sogar mit dem Moralbegriff anfreunden.
Gruß
rudi

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 31. Aug. 2005, 09:44 Uhr
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.... eine schein heilige moral
hat den zweck katastrophen kreieren zu können
und sich etwas darauf ein zu bilden

aus zu steben !

eine ethik ent standen aus einer öffent lichen wahr heit
hat den zweck un end lich lange

menschen würdig zu leben ........



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 31. Aug. 2005, 10:40 Uhr
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Hallo allerseits,

Hallo Urs, ich denke, eine gesonderte Diskussion zur Klärung des Subjektbegriffs könnte uns weiterbringen.

Hallo Abrazo,

Ich hatte gefragt: Warum habe ich den gefundenen 50-Euro-Schein zurückgegeben?
Diese Warum-Frage ist doppeldeutig:

Es kann einmal eine Frage nach den Beweggründen (Motiven) sein, mit denen ich mein Handeln kausal erklären kann.

Es kann aber auch eine Frage nach den Vernunftgründen (Argumenten) sein, mit denen ich mein Handeln rechtfertigen kann.

Vernunftgrund wäre in meinem Beispiel: "Ich habe den Schein zurückgegeben, weil dies moralisch richtig ist." D.h. ich habe das getan, weil es eine allgemeingültige Norm gibt, die beinhaltet, dass ich das tun soll.

Die Angabe eines Vernunftgrundes für mein Handeln kann mein Handeln nicht kausal erklären. Dazu muss der Vernunftgrund zu einem Beweggrund werden. Es muss der Wille vorhanden sein, gültige moralische Normen auch zu befolgen, und dieser Wille muss eine gewisse Stärke haben, damit er sich auch gegen das vorhandene Eigeninteresse (an zusätzlichen 50 ? in meinem Portemonnaie) durchsetzen kann.

Diesen Willen zu stärken, ist meiner Ansicht nach eine der dringendsten Aufgaben, vor denen wir heute stehen. Eine Voraussetzung hierfür ist die glaubwürdige, nachvollziehbare Begründung der behaupteten Normen. (Deshalb will ich in diesem - übrigens meinem 1000. Beitrag zu Philtalk - ein ethischesThema zur Diskussion stellen.)



Die Frage dieser Runde, inwiefern Möglichkeiten "real" bestehen, ist offensichtlich zu eng geworden. Wir sollten sie gegebenenfalls später wieder aufnehmen.

Ich hätte stattdessen Interesse, unser (hoffentlich) verbessertes Verständnis von Wahlfreiheit und Willensfreiheit auf eine konkrete moralische Frage anzuwenden.

Eine Frage, die ich unter den heutigen Verhältnissen für besonders diskussionswürdig halte, ist die, ob jeder das Recht haben sollte, über sich selbst zu bestimmen bis hin zu der Freiheit, sich selbst zugrunde zu richten.

Es ist für mich keineswegs entschieden, wo die Grenzen der Verfügung des Einzelnen über sich selber liegen sollten. Einerseits heißt es: "Jeder Mensch weiß selber am besten, was für ihn gut ist." Andererseits kann es einer Gesellschaft doch wohl nicht gleichgültig sein, was aus ihren Mitgliedern wird.

Die Haltung in dieser Frage hat Konsequenzen für die Behandlung zahlreicher Einzelprobleme wie: Anschnallpflicht im Auto, Freigabe von Rauschmitteln und Genussgiften, Werbung für Suchtmittel, Zwangsentzug für Süchtige, erhöhte Krankenversicherungsbeiträge für Raucher, Verlust des Versicherungsschutzes bei bestimmten Sportarten, Obdachlosigkeit als Folge von Alkoholismus, Verbot von Medien wegen schädlicher Inhalte, Altersgrenze für die Mündigkeit in Bezug auf Wahlberechtigung und Geschäftsfähigkeit, Entmündigung von geistig behinderten oder verwirrten Personen, Bewertung der Selbsttötung als Selbstmord oder Freitod, Freigabe von Glücksspielen, u.a.m..

Ich denke, dass anhand dieses Themas Fragen wie: "Kann ein Mensch sich selbst steuern?" und "Hat er verschiedene Handlungsalternativen?" eine konkrete Bedeutung erhalten.

Mit diesem Thema begeben wir uns offensichtlich auf das Gebiet der normativen Ethik. Nach vorherrschender Meinung können Fragen der normativen Ethik nicht allgemeingültig beantwortet werden. Deshalb wird es von besonderer Bedeutung sein, sich klarzumachen, von welcher Art die von den Diskussionsteilnehmern eingebrachten Argumente sind und insbesondere zu fragen, inwieweit die vorgetragenen Argumente allgemein nachvollziehbar sind.

Also: Soll jeder die Freiheit haben über sich selbst zu bestimmen, auch wenn er sich dabei selber zugrunde richtet?

fragt Eberhard.


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 31. Aug. 2005, 11:19 Uhr
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Hallo Rudi!


Quote:Nur: mit Handlungen meine ich aktive Taten, sozusagen den output des Systems. Das Beobachten ist in dem Sinn keine Handlung, sondern ein input.
Von der (automatischen, reflexhaften) Bewertung unter dem Gesichtspunkt: ist das Objekt als Futter geeignet oder umgekehrt, kann ich mich natürlich distanzieren.
"Wertungsfrei" setzt also die Kenntnis der Bewertungskriterien voraus. Die Distanzierung von ihnen ist der zweite Schritt, über den Du dann entscheiden kannst.



Zustimmung zum letzten Satz! Um sich von der eigenen Wertung distanzieren zu können, muss man sie zunächst einmal kennen. D.h. man muss die Kriterien oder Regeln kennen, nach denen man bewertet. Diese Erkenntnis bewirkt, dass die eigene Wertung nicht mehr alternativlos ist: Man kann nun so oder auch anders werten, zumindest in der Reflexion. (Dass man die aktive Bewertung damit auch schon verändern kann, ist oft fraglich, denn lang eingespielte Gewohnheiten kann man nicht im Handumdrehen ablegen. Aber zweifellos ist es in vielen Fällen möglich, sich zu ent-wöhnen oder umzugewöhnen. Bei dieser Anstrengung kommt dann in der Tat etwas zur Abhebung, was man einen „starken“, weil ausdauernden „Willen“ nennt...)

Distanzierung von der eigenen Wertung hängt also offenbar mit dem Erkennen von/Verfügen über alternative/n Bewertungsmöglichkeiten zusammen. Noch etwas grundlegender ist die Einsicht, dass die eigene Bewertung einer Regel folgt: „Immer wenn... dann werte ich so und nicht anders.“ Eine einmalige, spontane Bewertung ist dagegen schwer zu durchschauen.

(Darum fällt es auch schwer zu durchschauen, ob ich in den wenigen, locker an einer Hand abzählbaren Fällen von heftiger (folgenschwerer) Verliebtheit einem bestimmten Muster gefolgt bin, ob ich also einem ganz bestimmten „Typ“ von Frau erlegen bin und immer wieder erliege. Die Datenbasis ist für sichere statistische Erhebungen einfach zu schmal... In puncto „Liebelei“ oder „Affäre“ oder „Flirt“ ist sie größer, aber da kann ich sicher sagen, dass es kein Muster gibt. „Ob blond, ob braun...“)



Widerspruch allerdings zur Einsortierung des Beobachtens unter dem „Input“ des Systems!

„Beobachten“ oder „beachten“ ist doch zweifellos eine gezielte Handlung, im Unterschied zum „abwesenden Starren“ oder „glasigen Blick“. Worauf wir den Blick richten oder auf welches Geräusch wir hören, unterliegt unserer Willkür. Sonst könnte man nicht auffordern: „Schau mal dort!“ – „Hör mal ganz genau auf diese Stelle!“ – „Achte an dieser Stelle jetzt mal nicht auf die Melodie, sondern nur auf den Rhythmus!“ – „Kneif mal die Augen zusammen und richte den Blick auf nichts Bestimmtes: Entdeckst du dann nicht ein Muster?“ Usw.

Offenbar können wir unsere Aufmerksamkeit willkürlich „fokussieren“ und dabei die Kriterien bestimmen, nach denen sie sich richtet. Das tun wir schon im Alltag dauernd, und für Beobachtungen „höheren Grades“ – also z.B. wissenschaftliche Untersuchungen – ist diese Fähigkeit erst recht unerlässlich. Insofern ist die Rede vom „Input“ nicht nur schief, sondern sogar falsch. Denn es lässt sich tausendfach belegen, dass wir auf der Grundlage immer „derselben“ Datenbasis jeweils etwas anderes wahrnehmen oder „beobachten“ können. Unser Wahrnehmen folgt also nicht nur natürlichen Gesetzen, sondern auch erlernten Regeln. Und: Wir könnten weder die naturgesetzlichen noch die erlernten Regelmäßigkeiten erkennen und von einander unterscheiden, wenn unser Wahrnehmen nicht nach von uns selbst gesetzten Kriterien lenkbar wäre. Denn ohne diese Fähigkeit der kontrollierten (und damit auch „distanzierten“) Beobachtung wäre schlechterdings keine Wissenschaft möglich.

(Bei „Naturalisten“ immer wieder zu beobachtender, regelmäßiger Kurschluss: Die Beschreibung des Systems „Mensch“ mit wissenschaftlichem Anspruch fällt so aus, dass dieses System nicht in der Lage wäre, genau das zu tun, was der Beschreibende gerade tut: nämlich Wissenschaft treiben... Wäre unser Wahrnehmen in der Tat als „Input“ zutreffend oder erschöpfend beschrieben, könnten wir gar nicht wissenschaftlich beobachten.)



Quote:Meine eigene Erklärung, dass ich nur beobachten will und nicht durch einen aktiven Eingriff (Experiment) das System nach meinen Vorstellungen verändern will, weil ich ja zu objektiven Ergebnissen kommen will und nicht das finden will, was ich vorher vermutet hatte, kannst Du aus Deiner Sicht natürlich als Selbsttäuschung interpretieren.



Die Annahme, dass „objektive“ Erkenntnisse dadurch zustande kommen, dass man „einfach nur hinsieht“ oder „einfach sieht, was ist“, sollte doch gerade einem Systemtheoretiker leicht als Irrtum durchschaubar sein. Die Bedingungen, unter denen ein System seine Umwelt wahrnimmt, stellt das System und nicht die Umwelt. Oder schlichter gesagt: Das System nimmt nur wahr, was es wahrnehmen kann. Darum bedarf es gerade einer besonderen Anstrengung – also einer gezielten Aktivität - , diese von Natur aus eingegrenzte Wahrnehmung zu erweitern und zu Aussagen über die Umwelt zu gelangen, die nicht durchweg standortbedingt oder „perspektivisch“ verkürzt sind.

Ob diese Anstrengung in Form von Experimenten erbracht wird oder in Form von kontrollierten, kriteriengesteuerten Beobachtungen, macht nur oberflächlich einen Unterschied: Beides ist methodisches Vorgehen, beides „modelliert“ den Untersuchungsgegenstand, beides blendet immer gewisse Aspekte daran aus, um andere Aspekte hervortreten zu lassen usw. Das „objektive“ Bild von diesem Gegenstand ergibt sich dann als Resultat aus der kontrollierten Erkenntnisleistung. Wäre es anders, müsste doch jede wissenschaftliche Untersuchung die Wahrnehmung verfälschen, dann würde nur der „erste, unverstellte, unschuldige Blick“ uns die Wahrheit offenbaren...

Also, ich sehe schon eine „Selbsttäuschung“ bei Dir am Werk, allerdings keine moralische, sondern eine erkenntnistheoretische.



Auf die Moralfrage gehe ich ein andermal ein. Dieser Beitrag ist schon wieder sehr lang geworden.

Schönen Gruß
Urs


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 31. Aug. 2005, 11:41 Uhr
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Hi Eberhard,
Du bist hier der Chef, gibst das Thema vor, das seinerseits schwierige Fragen aufwirft. (wer was über die Philosophie lebender Systeme wissen wil, z.B. Urs oder Abrazo, kann ja seine Fragen dort stellen: - praktische Philosophie - Sozialphilosophie)

Du beziehst das Thema, nebenbei bemerkt, auf Friedenszeit.
Im Krieg verlangt die Gesellschaftsmoral vom Individuum, sich für das Wohl der Gesellschaft zugrunde zu richten, sich im Krieg zu opfern und möglichst viele Feinde dabei zu töten. Einige religiös definierte Gesellschaften auf der Erde befinden sich im Kriegszustand und verlangen von ihren Individuen Selbstmordattentate.
Das Individuum, das sich gesellschaftlich anerkannten Regeln unterwirft, handelt in meinen Augen nicht frei, wenn es sich im Auftrag der Gesellschaft selbst als Soldat oder Selbstmordattentäter zugrunde richtet.

Aber zurück zum Frieden. Der Auftrag der Gesellschaft ist zu solche Zeiten der gegenteilige.
Lebe gesund, erhalte Deine Arbeitskraft und setze sie zum Wohl aller (Mitglieder deiner Gesellschaft) ein. Die Freiheit, sich selbst zugrunde zu richten, steht dem entgegen.

Meine Antwort resultiert natürlich aus meiner Philosophie und die besagt, dass kein Individuum (hier lebendes System Mensch) den natürlichen Impuls hat, sich zugrunde zu richten.
Jeder Mensch hat als lebendes System die Selbsterhaltungs- und die Selbstentfaltungstendenz.
Aus diesen beiden Kräften resultieren zwar Handlungen, die anderen Individuen Schaden zufügen können, wogegen diese sich wehren können und man sich auf allgemeinverbindliche Umgangsformen einigt,
aber kein lebendes System würde sich ohne Einwirkung von außen selbst schädigen (genauso, wie kein physikalischer Körper ohne Einwirkung von außen seine Bewegungsrichtung ändern würde.)
Beobachte ich also an einem Menschen selbstschädigende Handlungen, wie zum Beispiel auch an mir, dann müssen diese irgendwie durch Einwirkung von außen verursacht worden sein (wie z.B. eine Infektionskrankheit durch die Invasion von Bakterien in den Körper). Eine Selbstschädigende Handlung ist also Indiz für Unfreiheit.
Deshalb enthält Dein Fragesatz für mich einen inneren Widerspruch:
Eine freie Bestimmung über sich selbst kann nicht zu einer Verkleinerung des Selbst führen (es sei denn, sie wäre vorübergehend oder taktisch), ein Sich-selbst-zugrunde-richten kann per se nicht auf freier Entscheidung beruhen.
Wie Du siehst, benötige ich nicht die Konstruktion einer Rücksichtnahme auf die Mitmenschen.
Dass Selbstschädigung gesetzmäßig auch eine Schädigung der Gesellschaft enthält, hält nach meiner Beobachtung niemanden davon ab, sich zugrunde zu richten.
Insofern enthält Selbstschädigung auch immer eine Rachetendenz gegen die Gesellschaft.
Gruß
rudi


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von doc_rudi am 31. Aug. 2005, 14:23 Uhr
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Hallo Urs,
Du beschreibst den Wahrnehmungsakt sehr richtig als aktive Leistung zum Erkennen der Umwelt. Wir können unsere Aufmerksamkeit fokussieren usw.. "...ohne diese Fähigkeit der kontrollierten (und damit auch „distanzierten“) Beobachtung wäre schlechterdings keine Wissenschaft möglich."
Auf diese Weise kommen wir auch zu objektiven, wissenschaftlichen Ergebnissen. Richtig. Wir benutzen auch Instrumente, um unsere begrenzte Wahrnehmungsfähigkeit zu erweitern.
"Das „objektive“ Bild von diesem Gegenstand ergibt sich dann als Resultat aus der kontrollierten Erkenntnisleistung. Wäre es anders, müsste doch jede wissenschaftliche Untersuchung die Wahrnehmung verfälschen,..."
Stimmt zwar schon, aber die Resultate unserer Naturwissenschaften sind ja aus diesem Grund immer nur Scheuklappenresultate. Deshalb haben wir ja auch so viele Wissenschaften, die ihre Bedingungen selbst gesetzt haben und Ergebnisse bekommen, die nicht mit den Ergebnissen aus anderen Wissenschaften vergleichbar sind. Wie willst du Physik und Chemie vereinigen? Jede Wissenschaft sieht die Welt aus ihrer Perspektive.
Deshalb hat schon Fichte gesagt, die Wissenschaft muss mit dem Ich beginnen, der Trennung von Ich und Nicht-Ich.
Und wenn ich das möglichst ohne Voreinstellungen, Erwartungen, Hypothesen usw., also neutral, beobachte, sehe ich mich und andere lebende Systeme, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie begrenzt und offen sind.
Das lebende System ist nicht ein geschlossenes System, sondern es hat eine Grenze, die in beiden Richtungen durchlässig ist,
es hat eine offene Grenze.
Es nimmt Substanzen und Ideen von außen auf und gibt Materie und Ideen nach außen ab. Obwohl es seine Materie ständig austauscht und neue Zellen bildet, bleibt es gleich (Homöostase). Gleich bleibt objektiv nur sein Bauplan, also etwas Geistiges. Und der überlebt auch den Tod des Individuums, wird genetisch gespeichert an die nächste Generation weitergegeben. Dabei ist das Individuum Teil (Baustein, Element) einer Gesellschaft (eines lebenden Systems höherer Ordnung) und erfüllt in dieser Gesellschaft Aufgaben. Daraus kann sich ein Interessenkonflikt zwischen dem Individuum und der Gesellschaft ergeben. Die Gesellschaft vermittelt dem Individuum seine Interessen durch Moral, Gesetze, ein Über-Ich und ein schlechtes Gewissen, durch negative Rückkopplung (Bestrafung) bei gesellschaftsschädigendem Verhalten, je nachdem, ob ich das aus religiöser oder psychoanalytischer Sicht usw. (z.B. aus der Sicht der Philosophie lebender Systeme) interpretiere.
Womit wir hoffentlich wieder beim Thema wären.
Gruß
rudi


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 31. Aug. 2005, 16:05 Uhr
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Hi, zusammen,

Lasst uns die Frage nach Willensfreiheit und Moral doch mal kurz an einem konkreten Beispiel erläutern:

Stellen wir uns vor, es gibt ein paar - so ganz wenige - Leute, die von Philosophie eine etwas altertümliche Vorstellung haben. Die meinen nämlich, Philosophie befasse sich mit Sätzen, also mit Aussagen, die in ihrer Bedeutung, ihrem Sinngehalt und ihren Begründungen zu klären sind. Zu diesem Behufe diskutieren die über ein stinklangweiliges Thema.

Stellen wir uns vor, es gibt da eine ganze Menge andere Leute, die von Philosophie eine ganz andere Auffassung haben. Die meinen nämlich, Philosophie sei der Bereich, in dem man seine persönlichen Meinungen, sein Weltverständnis, seine persönliche Auffassung, was danach richtig und was falsch sei und wie man überhaupt die Welt und die Menschheit im allgemeinen und die Mitdiskutanten im besonderen viel lieber hätte, propagieren und nach Möglichkeit seine lieben Mitmenschen dahigehend missionieren kann.

Da sie ihre Meinung aber viel mehr interessiert als die anderer Leute, finden sie, die müsse auch überall diskutiert werden. In jedem Thread. Alles andere sei langweilig und uninteressant. Und so gehen sie denn auch zu Werke, lesen nach, wo sie das entsprechende Stichwort finden, um ihre persönliche Auffassung hinein zu psalmodieren.

Nun, die Freiheit dazu hat man. Wie aber ist dies moralisch zu bewerten? Ließe sich da überhaupt eine moralische Bewertung finden? Und wie sieht das aus, wenn man mal dem ollen Kant seinen kategorischen Imperativ dran hält?

Nun sind die altmodischen Philosophieanhänger aber auch keine Engel. Neigen schon etwas zur Intoleranz, was möglicherweise moralisch verwerflich sein könnte. Die behaupten z.B. frech, Meinungen würden in der Philosophie seit den Zeiten des ollen Platon als vorwissenschaftlich gelten und hätten in der Philosophie nix zu suchen. Zudem reagieren die mit grimmem Zähnefletschen, wenn eine Diskussion durch einige Protagonisten vom Thema (den Sätzen) ab ins Uferlose schweift. Sie sind auch nicht dankbar für die freundlichen Informationen, die man ihnen gibt, sondern behaupten, dabei handle es sich um Allgemeinplätze, die ohnehin längst bekannt sind. Am Ende sind sie sogar so bösartig, die hoch wichtigen Diskussionen um die spezifischen Denk- und Persönlichkeitsstrukturen einzelner Diskussionsteilnehmer als Weibergeschwätz abzuqualifizieren.

Wie wäre denn das moralisch zu bewerten?

Sollte man daraus nicht die moralische Konsequenz ziehen, den Philosophen die Philosophie zu untersagen, weil sie darauf bestehen, Philosophie nicht daran auszurichten, was die Mehrheit wünscht?

Sch-meine, man könnte natürlich auch fragen, inwiefern Menschen soweit mit freiem Willen ausgestattet sind, dass sie fähig wären, den Labertrieb zu disziplinieren oder zumindest den einen oder anderen Thread damit zu verschonen ...

mit grübelnden Grüßen

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Titel: Und icRe: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 31. Aug. 2005, 18:04 Uhr
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Abrazo: "Und ich wünsche dir viel Spaß mit den Physikern, Psychofans, Esoterikern, bibeltreuen Christen, Tierfreunden, Zen-Buddhisten, Neohinduisten ... "
und das schreibt einer, der nicht, wie noch von Sheelina großzügig vermutet, sich elegant von philosophischem Baum zu philosophischem Baum schwingt, sondern festgebunden an einem Bäumchen namens Tractatus (naja, is ja auch nich allzudick, kann man schon mal durchblättern...) banalst plappert um des Plapperns willen. Würd ich auch gar nix gegen sagen,Spaß muß sein, aber verbunden mit einer Intoleranz bar jeden Fachwissens, ist das zuviel des Schlechten.
meint
jonny W. ( Physiker,Psychofan, Esoteriker, Bibelfan, Tierfreund und deshalb gegen Hundehaltung, Zenbuddhist.......Anarchodenker.........)

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 31. Aug. 2005, 18:25 Uhr
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Hi, Jonny,

schau, ich bin eine ganz miese Type, ein unbelehrbarer, unmissionierbarer, altmodischer Sturkopp, der auch noch die Unverschämtheit besitzt, dass es ihm völlig gleichgültig ist, was andere von ihm halten.

Warum verschwendest du deine kostbaren Energien an so ein übles Subjekt und suchst dir nicht andernorts geeignetere Opfer?

Gruß

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Jochen43 am 31. Aug. 2005, 18:42 Uhr
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Au weia Johnny, da hast Du Dich aber schlimm geoutet! Bibelfan, Esoteriker, Zenbuddhist, Physiker und Anarchodenker! Kann's denn nicht noch fürn Fuffy mehr sein? Da ist mir um Deutschland nicht mehr bange! Nur, was sagen die Bibelautoren zu diesem Tante-Emma-Laden?

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Abrazo am 31. Aug. 2005, 23:10 Uhr
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Hi, Eberhard,

Soll jeder die Freiheit haben über sich selbst zu bestimmen, auch wenn er sich dabei selber zugrunde richtet?

Nein.
Warum nicht?
Weil ich es nicht will (und diesen Willen teile ich mit zahllosen Menschen).

Es tut mir leid, aber ich habe dafür keine andere Erklärung. Ich habe des öfteren vor Menschen gestanden, die sich zugrunde richteten, die dem eigenen Leben keinen Wert beimaßen oder sich gar selbst insgeheim zum Tode verurteilt hatten. Hab mich durchaus mit ihren Aussagen abgequält. Und auch der Spruch der anderen Seite "lassen Sie sie doch verrecken, wenn sie unbedingt wollen" hat sich mir eingeprägt. Ich will es nicht, ohne es vernünfig begründen zu können, und das seltsame ist, dass diejenigen, die diesen Willen nicht haben, ihn überhaupt nicht begreifen. Als wären sie eine andere Menschenart. Offenbar bestehen da grundlegende Unterschiede, aber worin bestehen sie?

Immerhin rechtfertigt das die Notwendigkeit normativer Spielregeln. Nicht allen sind sie von selbst einsichtig.

Wäre übrigens eine Frage für die Verfechter sozialer Determination: würde das nicht heißen, dass man Spielregeln (mal abgesehen von Straßenverkehrsregeln) nicht braucht?

Ich habe den ernsthaften Verdacht (und bin da nicht die einzige), dass sich die Ethik überhaupt nicht vernünftig begründen lässt.

Du stellst fast die gleiche Frage zuvor in leicht geänderter Formulierung:

ob jeder das Recht haben sollte, über sich selbst zu bestimmen bis hin zu der Freiheit, sich selbst zugrunde zu richten.

Da nun würde ich entschieden bejahen.
Also: Recht ja, Freiheit nein.
Warum dieser Widerspruch?

Ich denke, es zeigt sich in der Struktur des Satzes "ich will das". Also Wollen als eine Beziehung zwischen einem Subjekt und einem Objekt. Das menschliche Subjekt in seinen Rechten und in seiner Freiheit einzuschränken ruft den Widerstand der Ethik auf. Aber ebenso ruft es den Widerstand der Ethik auf, wenn in Bezug auf die Objekte (auch wenn das Subjekt sich selbst zum Objekt seines Willens macht), auf die sich der Willen richtet, alles freigestellt wird. Nicht wer etwas will, ist entscheidend, sondern was gewollt wird.

Bezieht sich die Ethik immer auf das Gewollte und nie auf den Wollenden? Bei der Moral scheint das anders zu sein.

Gruß



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Eberhard am 01. Sept. 2005, 08:38 Uhr
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Hallo allerseits,

hier mein persönliches Fazit aus unserer Diskussion zu der Frage: Sind (Wahl)Möglichkeiten etwas Wirkliches?

Oder anders ausgedrückt: Gibt es Situationen, in denen ein Mensch zwischen verschiedenen Handlungen wählen kann?

Ob eine Handlung einem Menschen offen steht, ist eine Frage nach seinen Fähigkeiten.

Eine Fähigkeit wird dadurch erwiesen, dass sie ausgeübt wird.

Schwieriger ist der Nachweis einer Unfähigkeit etwas zu tun. Wenn jemand aber gewillt ist, etwas zu tun, und er tut es dann nicht, so ist der Schluss berechtigt, dass ihm die Fähigkeit dazu fehlt.

Außerdem ist niemand fähig, logisch Unmögliches, naturgesetzlich Unmögliches oder Technisch unmögliches zu tun, also z.B. schwarze Schimmel zu züchten, ein perpetuum mobile zu bauen oder in fünf Sekunden von Berlin nach Paris zu gelangen.

Wenn ich die Fähigkeit habe, meinen Kopf nach links und nach rechts zu drehen, und mich nichts an der Ausübung dieser Fähigkeit hindert, dann bestehen für mich zwei alternative Möglichkeiten, meinen Kopf zu drehen. Oder anders ausgedrückt: wenn ich will, kann ich den Kopf nach rechts oder nach links drehen. D. h. ich habe eine Wahlmöglichkeit.

Dagegen wird der Einwand erhoben, dass dies keine „wirkliche“ Wahlmöglichkeit sei, weil ich nicht auch die Beschaffenheit meines Willens wählen könne.

Daran ist richtig, dass ich nicht auswählen konnte, wer und wie ich bin. Ich habe mich nicht selbst erschaffen, ich bin eingebettet in die Wirkungszusammenhänge dieser Welt, aber ich habe damit keine Probleme.

Das schließt nicht aus, dass ich mit manchen meiner Motive unzufrieden bin. Aber damit muss man leben, so wie man mit einer gesundheitlichen erblichen Belastung leben muss.

Soviel abschließend von meiner Seite. Dankeschön an all jene, die sich hier mit eigenen Gedanken beteiligt haben, sagt Eberhard.

p.s.: Die Diskussion über moralische Grenzen der Selbstbestimmung läuft der Ordnung halber unter "Ethik".


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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 01. Sept. 2005, 10:42 Uhr
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> Außerdem ist niemand fähig, logisch Unmögliches, naturgesetzlich Unmögliches oder Technisch unmögliches zu tun,oder in fünf Sekunden von Berlin nach Paris zu gelangen.


.... ich brauche dafür nicht eine !

und hättet ihr einen geist
dann wüßtet ihr das auch .............



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 01. Sept. 2005, 12:11 Uhr
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Hallo miteinander,

die angekündigte Diskussion über "Ich, Person, Subjekt" berührt zwar auch Erkenntnistheorie und Ethik, ich habe sie aber unter "Philosophische Anthropologie" einsortiert.

Schöne Grüße
Urs

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von homo_sapiens am 02. Sept. 2005, 09:34 Uhr
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> Wenn jemand aber gewillt ist, etwas zu tun, und er tut es dann nicht, so ist der Schluss berechtigt, dass ihm die Fähigkeit dazu fehlt.


........ also wenn ich die welt retten will
vor dem homo catastrophicus

und ich tue es nicht
dann bin ich nicht un fähig

sondern ihr alle .......



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 08. Okt. 2005, 12:35 Uhr
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Die Welt der klassischen Physik besteht aus eindeutiger Realität, es gibt keine Möglichkeiten. Die Welt der klassischen Physik bildet ein Blockuniversum, das alle Vergangenheit und Zukunft in eindeutiger Form enthält.Das gilt auch noch für Einsteins SRT und ART.
Hier gibt es keine Wahl.

Die Welt der modernen Quantentheorien besteht aus Möglichkeiten. Sie bilden einen Vektorraum, genauer gesagt einen unitären Hilbertraum.
Beobachter (noch zu definierender Begriff) können durch den Akt der Beobachtung (=Wahrnehmung) die Anzahl der existierenden Möglichkeiten reduzieren. Möglichkeiten werden also gelöscht.
Alles Wahrgenommene bildet eine Teilmenge der Menge der Möglichkeiten. (Darf man das sagen?)
Unter speziellen Umständen können bereits gelöschte Möglichkeiten wiederhergestellt werden. (Quantenradierer)
Beobachtung = Wahrnehmung = Auswahl = Löschung von Möglichkeiten
Nach bisheriger Quantentheorie gibt es keine gezielte Auswahl. Dieser Prozess verläuft statistisch.
Experimentel ermittelte Daten der Parapsychologie sind aber ein nicht zu unterschätzender Hinweis darauf, daß wohl doch eine gewisse Auswahl stattfindet.
Wer oder was wählt dann aber aus?

Laut Weizsäcker besteht die Welt der Quantentheorie aus Information. Diese läßt sich aufteilen in einen klassischen Teil, den er Faktizität nennt und einen nichtklassischen, den er Potentialität nennt.Zeit entspricht dem Übergang von Potentialität zu Faktizität.
Faktizität entspricht klassischer Information, gemessen in bits, Potentialität entspricht Quanteninformation gemessen in Qubits.
Wie klassisch ist aber Faktizität tatsächlich?
Ist sie vielleicht nichts anderes als reduzierte Potentialität?

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von mbl am 09. Okt. 2005, 08:02 Uhr
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Quote:Die Welt der modernen Quantentheorien besteht aus Möglichkeiten. Sie bilden einen Vektorraum, genauer gesagt einen unitären Hilbertraum.
Beobachter (noch zu definierender Begriff) können durch den Akt der Beobachtung (=Wahrnehmung) die Anzahl der existierenden Möglichkeiten reduzieren. Möglichkeiten werden also gelöscht.
Alles Wahrgenommene bildet eine Teilmenge der Menge der Möglichkeiten. (Darf man das sagen?)
Unter speziellen Umständen können bereits gelöschte Möglichkeiten wiederhergestellt werden. (Quantenradierer)
Beobachtung = Wahrnehmung = Auswahl = Löschung von Möglichkeiten
Nach bisheriger Quantentheorie gibt es keine gezielte Auswahl. Dieser Prozess verläuft statistisch.
Experimentel ermittelte Daten der Parapsychologie sind aber ein nicht zu unterschätzender Hinweis darauf, daß wohl doch eine gewisse Auswahl stattfindet.
Wer oder was wählt dann aber aus?



Ja, die Auswahl dessen, was wahrgenommen wird, bildet die sogenannte Realität. Diese Möglichkeiten werden realisiert und wahrgenommen. Alle anderen unzähligen Möglichkeiten werden nicht gelöscht sondern ebenfalls realisiert, aber nicht wahrgenommen. Die Realität ist eigentlich keine "Teilmenge", sondern eher der Bereich, den man mit dem Spotlight der Wahrnehmung sieht. Ändert man die Orientierung, können andere Bereiche der realisierten Möglichkeiten wahrgenommen werden.

Wer entscheidet, was wahrgenommen wird? Es ist natürlich das Individuum, das die Wahl trifft, welche Möglichkeiten wahrgenommen werden sollen. Diese Auswahl ist sehr stark durch die Definitionen und Überzeugungen des Individuums beeinflusst. Gewöhnlich wird aufgrund von Voreinstellungen gewählt. Die Welt, so wie sie allgemein wahrgenommen wird, ist eine dieser Voreinstellungen. Nur leben wir jetzt in einem Zeitalter, in dem diese voreingestellten Überzeugungen zunehmend abbröckeln und die Rolle des Individuums erkannt wird, das sehr viel mehr Macht und Fähigkeiten hat, als dies bisher geglaubt wurde. Tatsächlich ist das Individuum so machtvoll wie das in vielen Varianten projizierte Gottesbild, das immer schon ein gefühlter Ausdruck des Individuums war.


Quote:Wie klassisch ist aber Faktizität tatsächlich?
Ist sie vielleicht nichts anderes als reduzierte Potentialität?



Die Faktizität ist nur der temporäre Ausdruck einer Auswahl von Wahrscheinlichkeiten. Man könnte jederzeit auch ganz andere Wahrscheinlichkeiten auswählen. Bleibt nur noch herauszufinden, wie das in der Praxis geht. Eben "Magie als Strategie" oder v+e=m (Vision + Emotion = Manifestation).

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von jonny_W. am 09. Okt. 2005, 10:37 Uhr
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mbl: " Die Realität ist eigentlich keine "Teilmenge", sondern eher der Bereich, den man mit dem Spotlight der Wahrnehmung sieht."
Was ist das "Spotlight der Wahrnehmung" ?
Wenn du der Meinung bist alle Möglichkeiten würden realisiert, befindest du dich in seriöser Gemeinschaft. Die sog. Many Worlds Interpretation - kurz MWI - findet unter den Physikern immer mehr Anhänger.
Unser Leben wäre in deinem Spotlightbild der Weg des Bewußtseins durchs Labyrinth der unendlich vielen real existierenden Möglichkeiten.
Nicht gelebte Möglichkeiten sind aber so gut wie gelöscht - sie können nicht alternativ nochmal gelebt werden. Oder siehst du das anders?
Deshalb sage ich lieber, sie sind gelöscht.

Bewußtsein wäre in deinem Modell etwas zur Welt zusätzliches, oder gar außerweltliches - eben dein Spotlight.
In meinem Modell ist Bewußtsein der Prozess der Reduktion der Wellenfunktion.( = Löschung der nicht realisierten Möglichkeiten). Flapsig gesprochen:
Bewußtsein ist Kollaps der Zustandsfunktion.

mbl: "Es ist natürlich das Individuum, das die Wahl trifft, welche Möglichkeiten wahrgenommen werden sollen."
So einfach kann das nicht sein. Es deckt sich nicht mit unseren Alltagserfahrungen. Kann ich den Fall der Würfel beim Würfelspiel beeinflußen, die Kugeln im Roulett, den Zerfall der Atomkerne im Zufallsgenerator?
Die Parapsychologie sagt "ja aber" in sehr engen Grenzen. Es gibt bereits gute mathematische Modelle, die diese Grenzen beschreiben.
Was passiert z.B. wenn ein Individuum A will und ein anderes will B.?

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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von mbl am 09. Okt. 2005, 13:55 Uhr
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Mein Spotlight ist einfach der Bereich, wo meine Aufmerksamkeit liegt. Das nehme ich wahr. Der Rest bleibt im Dunkeln, obwohl er ebenso präsent ist. Deshalb denke ich auch, dass man auch die verworfenen Wahrscheinlichkeiten sehen kann, obwohl das schon eine sehr große Bewusstseinsausdehnung erfordert. Z.B. sind "vergangene Wahrscheinlichkeiten" extrem schwierig zu sehen - noch.

Und nein, ich habe keine zwei Bewusstseinsebenen. Ich sehe nur eine, die alles umfasst und das, was ich davon wahrnehmen kann, entspricht meinen aktuellen Überzeugungen, die hartnäckig behaupten - immer noch - dass z.B. die Materie ziemlich fest ist und dass es Raum und Zeit außerhalb von mir gibt obwohl ich intuitiv weiß, dass es so nicht ist. Es sind die Überzeugungen - quasi Voreinstellungen, welche es nicht so ohne Weiteres zulassen, dass man sich selbst erlaubt, die Würfel gezielt zu werfen und den Tisch schnell in ein Tischlein-deck-dich umzuwandeln. Aber ich halte das für absolut möglich.

Außerdem denke ich, dass jeder Mensch die ganzen Ressourcen - einfach Alles - zur Verfügung hat und nichts geteilt werden muss. Deshalb nehme ich mit meiner Entscheidung einem anderen Menschen nichts weg. Wenn er weniger hat, dann liegt das nur an seinen Überzeugungen, die nicht mehr zulassen. (Entwicklungshilfe müsste deshalb zusätzlich zur physischen Hilfe vor allem Selbsterkenntnis sein: Was hindert mich, um meine Wünsche zu erfüllen. Tatsächlich sind es die Überzeugungen des Menschen, warum er sich selbst als arm oder reich, krank oder gesund... wahrnimmt.)



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Titel: Re: Sind Möglichkeiten etwas Wirkliches? II
Beitrag von Urs_meinte_Euch am 18. Apr. 2006, 22:34 Uhr
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